Auf Augenhöhe mit der NASA

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Auf Augenhöhe
mit der NASA
Die Engineering-Sparte der Rapid Technic AG forciert ihren Aussenauftritt. Vor allem die
über die Jahre erarbeitete, beeindruckende Expertise rund ums Rührreibschweissen soll in
Zukunft verstärkt anderen Unternehmen zu wirtschaftlich und technologisch positiven
Effekten verhelfen. TR-Chefredaktor Wolfgang Pittrich hat sich die Einzelheiten in einem
Vor-Ort-Gespräch näher erläutern lassen.
Das Unternehmen Rapid Technic
und seine Marke «Rapid» kennt
man in der Schweiz primär von den
Einachsgeräten, die in der Landwirtschaft und im kommunalen Bereich allgegenwärtig sind. Weniger
bekannt ist die Engineering-Sparte
mit den Segmenten «Engineering
Solutions» und «Contract Manufacturing». Beide Dienstleistungsangebote besitzen mittlerweile eine
grosse Expertise und ein Renommee; das zeigen auch die namhaften
Kunden aus dem In- und Ausland.
Jetzt möchte man dem Rührreibschweissen oder Friction Stir
Welding (FSW) zum Durchbruch
verhelfen. Ziel: Anwender sollen
technologisch und wirtschaftlich
in eine verbesserte Wettbewerbsposition gebracht werden.
Der eine oder andere mag vom
Rührreibschweissen gehört haben;
technologisch spielt das Verfahren bis dato kaum eine Rolle. Max
Hossfeld, Leiter Engineering bei
Rapid Technic und ausgewiesener
FSW-Spezialist, kennt die Gründe:
«Das Verfahren gibt es erst seit etwas mehr als 20 Jahren. Und erst in
den letzten Jahren haben wir einen
Status erreicht, wo man die experimentelle Ecke verlassen und den
Weg in die industrielle Anwendung
gefunden hat.»
Vor allem ihrer Arbeit ist es
zu verdanken, dass sich Rapid in
diesem Bereich als einer der füh-
Optisch einwandfrei: Bei diesem Kühler sind die innenliegenden Rippen und
der Deckel rührreibgeschweisst und anschliessend überfräst. (Bilder: Rapid/TR)
renden FSW-Anbieter in Europa
bezeichnet. Hossfeld sieht das
Verfahren mittlerweile in der Poleposition, wenn es um neue Technologieansätze geht: «Das Rührreibschweissen setzt, befeuert durch
die ständige Kostendiskussion in
Mitteleuropa, neue Denkprozesse
in Gang. Alte Zöpfe werden abgeschnitten, um anderen Verfahren
eine Chance zu geben, zu beweisen,
dass sie wirtschaftlicher sind.»
Diesen Beweis hat man bei Rapid Engineering längst angetreten.
«Wir sind», sagt Max Hossfeld,
«insbesondere bei Nichteisenmetallen deutlich wirtschaftlicher
im Vergleich zu herkömmlichen
Schweissverfahren, aber auch zum
Laserschweissen.» Wobei er zugesteht, dass die reinen Prozesskosten
höher ausfallen können («aber nur
vielleicht»), was sich allerdings bei
einer gesamtheitlichen Sichtweise
deutlich relativiert: «Betrachten wir
alle Prozessschritte, entfällt beim
Rührreibschweissen häufig der
Grossteil der Schweissvorbereitung
wie etwa Reinigung der Bauteile
oder Endbearbeitung. Wir geben
das Werkstück so zum Kunden, wie
es von der Maschine kommt.
Zudem verweist er auf eine im
Schweissbereich unerreichte Qualität der Schweissnaht, die Festigkeit
der Verbindung und das nahezu
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Sucht ihresgleichen: Die FSW-Anlage bei Rapid Technic bietet eine grosse
Aufspannfläche und genügend Platz für Bewegungen im Raum.
verzugsfreie Fügen sowohl dicker
als auch dünner Materialien. Nicht
umsonst ist er überzeugt: «FSW
wird in naher Zukunft in vielen
Unternehmen Einzug halten.»
Haupteinsatzgebiete für das
Rührreibschweissen sieht er überall dort, wo es um innenliegende
Strukturen geht, wo unterschiedlich starke Materialien verbunden
werden müssen und wo es um eine
qualitativ hochwertige, auch optisch einwandfreie Oberfläche geht.
Bestes Anwendungsbeispiel sind
für ihn die tischgrossen Kühlsegmente für die Eisenbahnindustrie,
die äusserlich wie aus einem Block
gefertigt aussehen: «Seit 2008 haben wir rund 5000 dieser Kühler
geliefert – bis heute ohne eine einzige Reklamation.»
Und noch einen weiteren grossen Vorteil sieht er für das Verfahren: «Wir können Mischverbindungen wie Aluminium und Kupfer
genauso verbinden wie Aluminiumknet- und -gusslegierungen, die
sonst kaum zu fügen sind.»
Beim Rührreibschweissen haben
wir es mit einem rein mechanischen
Prozess zu tun. Der Maschinenaufbau ähnelt einem Bearbeitungszentrum: Ein in einer Maschinenspindel rotierendes Werkzeug wird in
Z-Richtung in den Stossspalt der
zu fügenden Materialien eingefahren und kann dann CNC-gesteuert
jede beliebige Kontur abfahren. Im
Gegensatz zum Schweissen, wo bei
hoher Temperatur und unter Zugabe von Schweissmitteln die Naht
erzeugt wird, erfolgt beim Rühr-
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Rührreibschweissen/Friction Stir Welding (FSW)
• Ideal für Buntmetalle geeignet
• Schweissen in fester Phase (nach EN
ISO 4063), daher geringer Verzug
und wenig Werkstoffbeeinflussung
• keine aufwendige Vor- und Nachbereitung wie bei konventionellen
Schweissverfahren
• sehr gute statische und dynamische Festigkeitseigenschaften
• hochfeste Mischverbindungen
herstellbar (Alu/Stahl, Alu/Kupfer,
Alu-Knet- und -Gusslegierung)
• porenfreie Schweissnaht
• Wirtschaftlich bei Klein- und
Grossserien
• 3D-Konturen bis 50 mm Einschweisstiefe möglich
• Umweltfreundlich im Vergleich zu
herkömmlichen Schweissverfahren, da keine Ausgasung und kein
Schweissrauch
• Stahlwerkstoffe können nur bedingt verschweisst werden
• quasi plane Schweissnaht
Ventiltechnik
Messtechnik
SIRAG AG, 6312 Steinhausen
www.sirag-ag.ch
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reibschweissen nur eine lokale
Plastifizierung des Werkstoffs, die
in der Fügezone bei rund 60 bis 85
Prozent der absoluten Schmelztemperatur liegt.
Laut EN ISO 4063 handelt es
sich also um Schweissen in fester
Phase. Der Vorteil: Geringer Verzug, wenig Werkstoffbeeinflussung,
porenfreie Schweissnaht und eine
fast plane Schweissfläche. Nicht
nur die fehlende Schweissraupe
charakterisiert daher die Naht einer Rührreibschweissung, sondern
auch die hochfeste Verbindung.
«Je nach Anwendungsfall und Legierung können wir bereits ohne
Nachbehandlung die mechanischen
Eigenschaften des Grundwerkstoffes erreichen», weiss Max Hossfeld.
Messungen im hauseigenen Labor
zeigen: «Zugproben versagen damit
nicht in der Naht, sondern im umgebenden Werkstoff.»
Entscheidend für das Endergebnis ist das Zusammenspiel von
Werkzeug, Maschinensteifigkeit
und Aufspannung. Speziell dem
Werkzeug kommt eine grosse Bedeutung zu. Der Hauptwärmeeintrag findet an der Werkzeugschulter statt, spezielle Strukturen in der
Oberfläche des Werkzeugs beeinflussen ganz gezielt den Prozess.
Auch die grosse FSW-Anlage, die
neben anderen in Killwangen zum
Einsatz kommt, sucht im Umkreis
von einigen Hundert Kilometern
ihresgleichen. Denn die Prozesskräfte, die für den Plastifiziervorgang notwendig sind, müssen nicht
nur aufgebracht, sondern auch ab-
geleitet werden. So wirkt bei einem
Schweissvorgang in 20 mm dickem
Aluminium eine Kraft von rund 35
bis 45 kN auf das Werkzeug. Bei einem Vorschub von 6 m/min belasten zusätzlich enorme Kräfte den
Stossspalt und folglich die gesamte
Aufspannsituation.
Dieses tiefe Prozesswissen sowie
das Maschinen- und WerkzeugKnow-how beschert Rapid Technic
aktuell einen grossen Technologievorsprung beim Rührreibschweissen. Zudem ist das Unternehmen
Mitglied in den führenden Forschungsverbänden zum Thema und
beteiligt sich an industrienahen
Forschungsprojekten, beispielsweise zum Leichtbau. Darüber hinaus
besteht ein reger, weltweiter Austausch mit anderen FSW-Experten.
Vier Fragen an Lukas Zumsteg, Rapid Technic AG
«Dem Kunden helfen, wirtschaftlicher zu produzieren»
Herr Zumsteg, das Rührreibschweissen Bei den hydrostatischen Einachsgeräzählt zu den Kernkompetenzen der En- ten sind wir weltweit die Nummer 1,
gineering-Sparte von Rapid. Was hat mit rund 2000 produzierten Geräten
es damit auf sich?
pro Jahr. Und um diese Produktion
Bei Rapid gewinnt das Engineering, wirtschaftlich in einem Hochlohnland
das sich aus den Bereichen Enginee- wie der Schweiz darstellen zu könring Solutions und Contract Manufac- nen, haben wir uns schon frühzeitig
turing zusammensetzt, immer mehr um einen grossen Automatisierungsan Bedeutung. Wir bieten den Kun- grad bemüht. Wir sind mittlerweile
den von der ersten Berechnung bis hocheffizient aufgestellt - und genau
hin zur seriengerechten Produktion dieses Know-how bieten wir jetzt verein komplettes und durchgängiges stärkt auch externen Kunden an.
Paket. Mit diesem Angebot sind wir
genauso innovativ unterwegs, wie Worin unterscheidet man sich von anman das von unseren Produkten für deren Lohnfertigern?
die Land- und Kommunaltechnik Genau darin, dass wir eben keine
kennt. Bestes Beispiel ist das Rühr- Lohnfertiger sind. Unsere Stärke ist,
reibschweissen: Wir haben in den die komplette Dienstleistung von der
letzten Jahren grosse Anstrengun- ersten Beratung bis hin zum fertigen
gen unternommen, um dieses Ver- Teil aus einer Hand zu liefern. Würden
fahren gezielt im Sinne von Anwen- wir nur Späne machen, wären wir ausdereffizienz und -wirtschaftlichkeit tauschbar. Aber mit unserem grossen
weiterzuentwickeln.
Prozesswissen können wir den Kunden
helfen, wirtschaftlicher zu produzieWie ist man überhaupt auf die Idee ren. Wir beliefern übrigens bereits seit
gekommen, Engineering- und Produk- Jahren sehr erfolgreich Unternehmen
tionsdienstleistungen für Dritte anzu- aus der Luft- und Raumfahrt, der Automobilindustrie und der Eisenbahnbieten?
Lukas Zumsteg, Leiter Marketing,
Rapid Technic AG.
branche. Auch und gerade mit Produkten, die durch das Rührreibschweissen
hergestellt werden.
Welchen Weg würden Sie einem Anwender empfehlen, der sich für das
Rührreibschweissen interessiert?
Unsere Beratung auf diesem Gebiet
ist so orientiert, dass der Anwender
selbst entscheiden kann, ob er entweder auf einen externen Dienstleister zurückgreifen möchte, wie wir es
sind. Oder, ob er, wenn der Durchsatz
hoch genug ist, mit uns als Engineeringpartner eine eigene Anlage installiert und dann sofort durchstarten
kann.
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Ohne Verzug: Bei extrem unterschiedlichen Stärken der zu verbindenden Teile
kann das FSW-Verfahren seinen Vorteil voll ausspielen.
Wie weit Rapid hierbei ist, zeigt laut
Hossfeld ein Besuch bei den Kollegen der NASA in den USA: «Auch
wenn man es sich schwer vorstellen
kann: Wir agieren auf Augenhöhe
mit der NASA, sowohl in Technologie als auch Anlagentechnik.»
Trotz so viel Euphorie kann die
Frage nach möglichen Einschränkungen des Verfahrens nicht ausbleiben. Ein limitierendes Element
ist die notwendige, sichere Fügeund damit Aufspannsituation der
zu verbindenden Teile. Die wirkenden Kräfte müssen aufgefangen
und abgeleitet werden. Auch allzu
dünne Bleche sind für FSW nur bedingt geeignet: «Wenn es um Folien oder Bleche im Bereich unter 0,5
Millimeter Dicke geht, würde ich
mir schon überlegen, ob Rührreibschweissen das richtige Verfahren
ist», sagt Hossfeld.
Ebenfalls einschränkend wirkt
die Tatsache, dass das Werkzeug
immer im Eingriff sein muss; Hinterschneidungen oder ähnlich verdeckte Fügespalte sind deshalb ein
No-Go. Auch die Wahl der zu verbindenden Materialien unterliegt
gewissen Limiten. Während sich
vor allem Buntmetalle ausgezeich-
net rührreibschweissen lassen, gehört das Schweissen von Stahl, speziell Edelstahl, momentan noch zur
Kür bei Rapid Technic. Man könnte, aber man möchte damit nicht
zu sehr nach aussen gehen. Nur so
viel: Aktuell läuft ein grösseres Projekt, das auch für Edelstahlverbindungen den Durchbruch bringen
soll.
Für Max Hossfeld steht die Notwendigkeit, auch Edelstahl rührreibschweissen zu können, ausser
Frage: «Unsere Berechtigung ist
dort, wo es um verzugsarme Verbindungen geht. Das gilt vor allem
für Teile, die keine anschliessende
Wärmebehandlung mehr erlauben.»
Kein Wunder, wenn er für das
Rührreibschweissen eine mehr als
positive Zukunft erwartet: «Ich
denke, dass vor allem bei den Buntmetallen zweistellige Zuwachsraten
möglich sind.» Allfällig könnte der
Name «Rapid» dann nicht nur in
der Landwirtschaft, sondern auch
beim Rührreibschweissen zur Marke werden.
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Rapid Technic AG
8956 Killwangen, Tel. 044 743 11 11
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