DR. ARMIN FRÜHAUF Offener Brief

DR. ARMIN FRÜHAUF
Rechtsanwalt / VPräsLG a.D.
RA Dr. Fruehauf, Infanterieweg 5, 26129 Oldenburg, TEL: 0441 - 72699
An
DB Netz AG
Regionalbereich Nord
Joachimstraße 8
30159 Hannover
FAX 0511 286 5418
Oldenburg, den 10.11.2015
AZ: Interimsschutz
Offener Brief
Betr.: Erstattung von Aufwendungen zum passiven Lärmschutz in Oldenburg,
hier: Ihre Briefkampagnen vom 26 und 29. Oktober 2015
Sehr geehrte Damen und Herren,
Wie Ihnen bekannt ist, haben die Vereine IBO und LiVe mehr als 20 Objektbeurteilungen der
regelmäßig für sie arbeitenden FA AIT durch den unabhängigen, öffentlich bestellten und
vereidigten Sachverständigen für Lärmimmission, Bau- und Raumakustik, Dipl-Physiker Dr.
Nocke, Oldenburg, überprüfen lassen. In allen Fällen ist der Sachverständige Dr. Nocke zu
dem Ergebnis gekommen, dass die AIT-Beurteilungen grob fehlerhaft sind und nicht
Grundlage eines Entschädigungsangebotes sein können. Gleichwohl weigern Sie sich
beharrlich, dieser Kritik nachzugehen und die AIT- Beurteilungen von einem unabhängigen
„Obergutachter“ fachlich überprüfen zu lassen. Stattdessen versuchen Sie, die Sache
„auszusitzen“. Dr. Nocke ist ein hoch angesehener Fachmann auf dem Gebiet der
Lärmimmissionen und Bauakustik. Hingegen ist die AIT weder ein zugelassener
Sachverständiger noch verfügt sie über irgendwelche Zertifikate auf diesem Gebiet. Schon
dieser qualitative Unterschied muss Ihnen Anlass geben, Ihre sture Haltung zu ändern. Es ist
ein Skandal, dass sie offenbar darauf setzen, dass der Bürger sich nicht mit Ihnen streiten
möchte.
Nun haben Sie sogar in einer sehr groß angelegten Briefkampagne die Oldenburger
Bahnanlieger am 26.10.2015 und in weiteren Schreiben vom 29.10.2015 darauf
hingewiesen, dass Sie nicht daran denken, Ihren Standpunkt zu verändern. Dabei haben
www.rechtsanwalt-dr-fruehauf.de E-mail: [email protected]
Bankverbindung: IBAN DE19 3006 0601 0005 4349 20, BIC: DAAEDEDDXXX ; Apobank Düsseldorf
1
Sie erneut falsche Behauptungen aufgestellt und Fehlinformationen verbreitet. Offenbar
haben Sie die Absicht, die betroffenen Bahnanlieger von ihren Rechten und Chancen
abzuhalten.
Zu Ihren falschen Behauptungen:
Zum Kostenrisiko:
Kommt es zwischen der DB und dem Bahnanlieger zu keiner Einigung über die
Entschädigung, muss das zuständige Innenministerium entscheiden. Dieses Verfahren ist für
den Bürger grds. kostenfrei. Sie behaupten allerdings wider besseres Wissen das Gegenteil.
Nach § 42 Abs. 1 NEG haben Sie als Vorhabenträger die Kosten und notwendigen Auslagen
der Betroffenen zu tragen, und zwar unabhängig davon, ob im Ergebnis der Bürger oder Sie
Recht bekommen. Diese gesetzliche Regelung schließt ausdrücklich Gutachterkosten und
die Kosten des Anwalts des Betroffenen ein. Sogar die Kosten eines Privatgutachtens
müssen von ihnen erstattet werden, wenn das Ministerium das Gutachten in seiner
Entscheidung berücksichtigt. Diese für den Bürger günstige Regelung ist der Tatsache
geschuldet, dass der Bürger in öffentlichen Interesse gehalten ist, Immissionen
hinzunehmen, die den Wert und den Gebrauch seiner Immobile beeinträchtigen. Der
Gesetzgeber wollte dem Bürger dann nicht auch noch zumuten, gegenüber einem mächtigen
Vorhabenträger wie etwa die DB, ein Kostenrisiko, einzugehen. Aber all das müsste Ihnen
bekannt sein. Wenn nicht, können Sie das im Gesetz und in den im Netz verfügbaren
ministeriellen Erläuterungen zum NEG auch nachlesen:
http://www.recht-
niedersachsen.de/53/3,11502,33.htm Auch die einschlägigen juristischen Kommentar zum
NEG bestätigen sehen das genauso. (siehe u.a. Behre u.a. Rn 9 zu § 42 NEG).
Natürlich hat jede Kostenerstattung dort as ihre Grenze, wo ein Anwalt absolut unsinnige
Forderungen und Anträge stellt. Denn das wäre ein Rechtsmissbrauch. Nach meiner
Kenntnis sind solche Fälle – jedenfalls anwaltlich - bisher nicht vorgekommen. Mir ist kein
einziger Fall bekannt, in dem ein Bürger mit den Kosten des behördlichen Verfahrens
belastet wurde. Im Gegenteil. Die Schwere des enteignungsgleichen Eingriffs und das Gebot
der Fairness und der Waffengleichheit gebieten eine sehr großzügige Übernahme der
Kosten ( s.a. Behre aaO). Dies gilt in unserem Fall umso mehr, als wir sachverständig
fundierte Kritik an Ihrem Regulierungsverhalten angebracht haben und Sie sich trotzdem
weigern, Ihr Vorgehen zu überprüfen. Wie soll denn Ihrer Meinung nach der Konflikt
aufgelöst werden, wenn nicht durch das vorgesehene Verfahren ? Sie verursachen unnötige
Kosten, weil Sie sich der gebotenen Einsicht verschließen. Im übrigen wäre ich Ihnen
www.rechtsanwalt-dr-fruehauf.de E-mail: [email protected]
Bankverbindung: IBAN DE19 3006 0601 0005 4349 20, BIC: DAAEDEDDXXX ; Apobank Düsseldorf
2
dankbar, wenn Sie mir zumindest eine e i n z i g e Entscheidung nachweisen, in der das
Ministerium nicht der DB, sondern dem Antragsteller die Kosten auferlegt hat.
Zur sachlichen Seite:
Nach Auffassung des Gutachters DR. Nocke zeigen alle bislang überprüften
„Objektbeurteilungen“ der Fa. AIT massive inhaltliche Mängel, da von einschlägigen
Vorgaben sowohl im Bereich der Schallimmissionsbetrachtung (Stichwort: Schall03) wie
auch beim baulichen Schallschutz (Stichwort Akustik23) abgewichen wird. Die Dokumente
sind als Serie derart oberflächlich gehalten, dass eine Nachvollziehbarkeit oder gar
Überprüfung der Schlussfolgerungen aus gutachterlicher Sicht nicht möglich ist. Die
„Objektbeurteilungen“ erfüllen damit nicht auch nur ansatzweise die aus fachtechnischer
Sicht notwendigen Mindeststandards schalltechnischer Gutachten zur Bestimmung passiver
Lärmschutzmaßnahmen im Sinne der 16. BImSchV sowie der 24. BImSchV.
......,
Zur rechtlichen Seite:
Ihnen ist bekannt, dass keines Ihrer Entschädigungsangebote dem nach §§ 3,41 BImSchG
gebotenen Stand der Technik entsprechen. Es ist unstreitig, dass Ihre Berechnungen mit
einer Software des Jahres 1999 erfolgen und die AIT nicht die aktuelle Fassung der Schall
03 verwendet und Ihre vorgeschlagenen Baumaßnahmen unzulässig sind, weil Sie zB nicht
der derzeitigen EnEV 2014 entsprechen. Darüber hinaus ist der Schienenbonus 2013
abgeschafft worden, weil er nach dem Stand der Wissenschaft nicht gerechtfertigt ist. Auch
insoweit liegt ein eindeutiger gesetzlicher Verstoß vor. Daran ändert auch die
Übergangsregelung nichts, weil sie gegen §§ 3,41 BImSchG verstößt und zudem im Hinblick
auf Art 2 GG verfassungswidrig wäre. Trotz der von mir nachgewiesenen Rechtsprechung
des OLG Hamm verweigern Sie auch weiterhin die Erstattung der notwendigen laufenden
und zukünftigen Aufwendungen zum Schallschutz. Das verstößt gegen § 42 Abs. 2
BImSchG. Ich fordere Sie auf, mir zumindest ein einziges Obergerichtliches Urteil (OLG oder
BGH nach 2003) nachzuweisen, das dem Bürger die Erstattung dieser Kosten verweigert.
Spätestens die Enthüllungen zum VW-Skandals wegen vorsätzlich manipulierten
Immissionsangaben sollte Sie nun veranlassen, die AIT-Beurteilungen zumindest einmal
extern durch einen unabhängigen Sachverständigen zu überprüfen.
Beste Grüße
Dr. Frühauf
www.rechtsanwalt-dr-fruehauf.de E-mail: [email protected]
Bankverbindung: IBAN DE19 3006 0601 0005 4349 20, BIC: DAAEDEDDXXX ; Apobank Düsseldorf
3