Hartz und die Folgen für Selbstständige Selbstständig

Hartz und die Folgen für Selbstständige – mehr Fragen als Antworten
Hartz und die Folgen für Selbstständige
Problemaufriss und Fragen an die
Vorsitzenden Mitglieder der Geschäftsführung der BA-Regionaldirektionen
Selbstständig Erwerbstätige erfüllen schon jetzt ein viel beschworenes Ziel der HartzReformen: Sie stellen sich den Anforderungen der gewünschten Flexibilität am Arbeitsmarkt – und: Sie arbeiten so, wie sich mancher „moderne“ Erwerbsformen vorstellt. Anders als diese Erwerbstätigen orientiert sich die Hartz-Gesetzgebung in zahlreichen Gesetzen und Ausführungsbestimmungen eindeutig an traditionellen Beschäftigungsformen, am „Normalarbeitsverhältnis“. Daraus ergeben sich für Selbstständige spezifische
Fragen an den Umgang mit Hartz:
1) Unplanbare Aufträge und Honorarzahlungen
Zahlreiche (vor allem künstlerische) Berufe können nur in selbstständiger Tätigkeit ausgeübt
werden. Selbstständige arbeiten nicht – wie fest Angestellte – im von Hartz gedachten Turnus
(Monatsturnus = Arbeitsturnus = Lohnauszahlung am Monatsende). In der Regel erhalten sie,
wenn sie einen Auftrag abarbeiten, nicht im selben Monat ihr Honorar. Sie sind damit möglicherweise in Monaten auf ALG-II-Bezug angewiesen, in denen sie in ihrem Beruf arbeiten, und
könnten damit in berufsfremde „zumutbare“ Beschäftigungen verwiesen werden.
Daraus ergeben sich folgende Fragen:
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A) Wie wird die Arbeitsagentur darauf Rücksicht nehmen, wenn Selbstständige trotz ALG-IIBezug in ihrem Beruf (ohne planbaren Honorarbezug) tätig sind und somit dem Arbeitsmarkt
im klassischen Sinn nicht zur Verfügung stehen?
B) Wie wird die Arbeitsagentur damit umgehen, dass Selbstständige bei (regulärer auf drei
Monate angelegter) Beantragung des ALG II eventuelle Aufträge oder auch Honorare nicht
einplanen können?
C) Welche Meldeformalitäten erwarten die Arbeitsagenturen bei Annahme eines Auftrages
oder Gutschrift eines Honorars durch einen Selbstständigen während des Bezuges von ALG
II?
D) Wie werden eventuelle Honorarzahlungen aus vorangegangener selbstständiger Arbeit
während des Bezuges von ALG II verrechnet?
Hartz und die Folgen für Selbstständige – mehr Fragen als Antworten
2) Umgang mit Arbeitsmitteln und Werken
Die Grundphilosophie der Hartz-Gesetzgebung (§ 1 SGB II) setzt auf die Unterstützung der Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit. Selbstständige schaffen sich – anders als es fest Angestellte
tun müssen – im Laufe ihrer Erwerbstätigkeit selbst finanzierte Arbeitsmittel an.
Daraus ergeben sich folgende Fragen:
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A) Werden Arbeitsmittel bei der Anrechnung von Vermögen einbezogen?
B) Sind (für den Beruf notwendige) Investitionen aus Honoraren, die während des ALG IIBezugs einlaufen, möglich?
C) Zählt etwa ein 20.000-€-Cello eines Musikers als Vermögen oder als Arbeitsmittel? Wie
ist abgesichert, dass der Fallmanager diesen Musiker nicht darauf verweist, dass er auch
auf einem 1000-€-Cello üben könnte?
D) Was passiert mit Kunstwerken, die für den von der Künstlerin avisierten Preis nicht auf
den Markt gebracht werden konnten? Müssen sie diese unter Preis verkaufen? Werden
sie als Betriebsvermögen (ohne deren Existenz etwa eine Beteiligung an Ausstellungen
nicht möglich ist) betrachtet?
E) Was geschieht mit der Bibliothek eines Schriftstellers?
F) Wie wird etwa ein Computerschnittplatz für Filmschnitt eines freien journalistischen Mitarbeiters berechnet?
3) Angemessener Wohnraum – angemessener Arbeitsraum
Selbstständige sind in ihrer Tätigkeit vielfach auf gesonderte Arbeitsräumlichkeiten angewiesen.
Ausgehend von der genannten Grundphilosophie, die die Beibehaltung der Erwerbstätigkeit
unterstützen soll, stellen sich folgende Fragen?
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A) Wie wird sichergestellt, dass Arbeitszimmer von Selbstständigen in der Wohnung nicht in
die Berechnung von angemessenem Wohnraum einbezogen werden ?
B) Wie werden externe Arbeitsräumlichkeiten wie etwa schallisolierte Übungsräume für Musiker oder spezielle Trainingsräume für Artisten oder auch Ateliers für Bildende Künstlerinnen (und wie lange) bei Bezug von Arbeitslosengeld II in die Berechnung der Arbeitsmittel einbezogen?
Hartz und die Folgen für Selbstständige – mehr Fragen als Antworten
4) Informationsstriptease
§ 58 (2) im SGB II verlangt, dass, wer Leistungen bezogen hat, bezieht oder beantragt hat, dies
dem Auftraggeber mitteilen muss. Wer Leistungen des ALG II bezieht, ist verpflichtet, dem Auftraggeber einen "für die Bescheinigung der Vergütung vorgeschriebenen Vordruck unverzüglich
vorzulegen". Selbstständige, die Leistungen beziehen, bzw. Leistungsempfänger, die – wie allenthalben propagiert – versuchen, über selbstständige Tätigkeiten einen Ausweg aus ihrer Beschäftigungs- Misere zu finden, werden damit verpflichtet, jede Kundin und jeden Auftraggeber
sofort darüber zu informieren, dass sie ALG II beziehen. Die Chance, je wieder einen Auftrag zu
bekommen, dürfte damit rapide sinken. Professionelles, selbstbewusstes Auftreten gegenüber
(potenziellen) Kunden ist ein wesentlicher Teil des selbstständigen Geschäfts.
Daraus ergibt sich folgende Frage:
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A) Wie werden die Arbeitsagenturen mit dem Gesetzestext umgehen? Welche Rolle wird
die bisherige Praxis der Selbstauskunft durch ALG-II Bezugsberechtigte spielen
5) Der Einstieg in den Umstieg
Empfängerinnen und Empfänger des Arbeitslosengeldes II haben ab 2005 weder Rechtsanspruch auf Existenzgründungszuschuss (Ich-AG) noch auf Überbrückungsgeld. Ihnen steht
stattdessen ein so genanntes Einstiegsgeld zur Verfügung, das die Fallmanager nach Ermessen
zuteilen.
In der Praxis könnte Selbstständigen, die sich umorientieren wollen, der Zugang zu Existenzgründungsfördermitteln erschwert werden, da es in der Natur ihrer Erwerbsform liegt, dass sie –
anders als Angestellte – in ihrer Selbstständigkeit einen Anspruch auf ALG I nicht erwerben
konnten.
Daraus ergibt sich folgende Frage:
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A) Wie werden die Arbeitsagenturen Selbstständigen, die sich aus einem Beruf in eine andere – existenzfähigere – Branche umorientieren wollen, den Existenzgründungszuschuss
(Ich-AG- Förderung) zuteilen?
Es fehlt das Anschreiben der AA,
daher ist der Beginn auf S. 2 korrekt...