Liebe Feuerwehrkameraden und – kameradinnen, liebe Gemeinde! 40 Jahre Jugendfeuerwehr Bellersdorf – das ist ein Grund zu feiern. Und feiern wollen wir heute. 40 Jahre Jugendfeuerwehr Bellersdorf, das bedeutet 40 Jahre Jugendarbeit: Jugendliche lernen etwas miteinander und füreinander zu tun und haben noch eine Menge Spaß dabei. 40 Jahre Jugendfeuerwehr Bellersdorf, das bedeutet 40 Jahre Nachwuchspflege für die aktive Einsatzabteilung. Ohne solche Nachwuchspflege kann eine Feuerwehr heute auf Dauer nicht mehr bestehen. 40 Jahre Jugendfeuerwehr Bellersdorf, das bedeutet auch: 40 Jahre Arbeit für eine funktionierende Dorfgemeinschaft. Gemeinschaft im Dorf kommt heute nicht mehr von selbst. Sie muss gewollt und gepflegt werden. Auch dazu leistet die Jugendfeuerwehr einen wichtigen Beitrag. Einen großen Dank an alle, die über all die Jahre hinweg Kraft, Zeit und Herzblut dafür eingesetzt haben! Übrigens, wisst ihr was Feuerwehr und Kirche gemeinsam haben? Den meisten fällt das ganze Jahr über nicht auf, dass es sie gibt. Aber wenn sie dann gebraucht werden und sie sind nicht rechtzeitig da, dann ist das Geschrei groß und alle haben schon immer gewusst, wie wichtig es ist eine Feuerwehrwache bzw. eine Kirche im Dorf zu haben. Also ihr als Feuerwehr seid jedenfalls da und wir als Kirche sind auch da. Gott sei Dank! „Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr“ ist ein Motto der Feuerwehr. „Retten, Löschen, Bergen, Schützen“ ist ein anderes. „Retten, Löschen, Bergen, Schützen“ ist übrigens auch das Motto Gottes, zumindest wenn man „Löschen“ sinnbildlich nimmt. „Retten, Bergen, Schützen“ kann man durchaus wörtlich nehmen. Ich lese das Evangelium für diesen Sonntag, also wörtlich übersetzt die „gute Nachricht“ dieses Sonntags, bei Lukas im 15. Kapitel: „Es nahten sich Jesus allerlei Zöllner und Sünder, um ihn zu hören. Und die Pharisäer und Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen. Er sagte aber zu ihnen dies Gleichnis und sprach: Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat und, wenn er "eins" von ihnen verliert, nicht die neunundneunzig in der Wüste lässt und geht dem verlorenen nach, bis er's findet? Und wenn er's gefunden hat, so legt er sich's auf die Schultern voller Freude. Und wenn er heimkommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn und spricht zu ihnen: Freut euch mit mir; denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war. Ich sage euch: So wird auch Freude im Himmel sein über "einen" Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.“ Liebe Gemeinde! Ich sagte es bereits: „Retten, Löschen, Bergen, Schützen“ ist das Motto Gottes. Jesus erzählt ein Gleichnis von einem Hirten, der eins seiner Schafe, für die er verantwortlich ist, verloren hat und alles einsetzt um dieses eine Schaf wiederzufinden und in Sicherheit zu bringen. Und er erzählt von der unbändigen Freude dieses Hirten, wenn er´s endlich wieder hat, eine Freude, die er mit allen Leuten teilen muss. „So ist Gott“, sagt Jesus, „so wie dieser Hirte. Gott hat ein Auge auf uns geworfen. Und wenn wir uns selbst verloren haben, weil wir uns in Schuld verstrickt haben oder weil vor Tränen unsere Augen ganz blind geworden sind oder weil wir so mit Arbeit zugeschüttet sind, dass wir gar keinen Blick mehr haben für Andere und für Gott, dann sucht Gott leidenschaftlich nach uns und hat nur einen Wunsch, dass wir wieder zu ihm, dass wir wieder zu uns, dass wir wieder zu den Anderen finden. „Retten, Löschen, Bergen, Schützen“ ist das Motto Gottes. Wie Gott das macht? Da schauen wir gleich nochmal hin. Liebe Schwestern, liebe Brüder! Die Welt der Hirten mit ihren umherziehenden Schafherden ist eine weitgehend vergangene Welt, zumindest hier in Mitteleuropa. Wenn Jesus diese Geschichte heute im Jahr 2015 erzählen würde, vielleicht würde sie so gehen: „Welcher Feuerwehrmann, welche Feuerwehrfrau ist unter euch, der vor einem brennenden Haus steht, und die Hände in die Hosentaschen steckt? Den Mann und die Frau habt ihr schon rausgeholt. Sie liegen im Rettungswagen, Abschürfungen im Gesicht, rußschwarz am ganzen Körper! Vor lauter Husten kriegen sie kaum einen zusammenhängenden Satz heraus. Das Schwerste habt ihr hinter euch. Die Leute sind raus – immerhin! Aber das Haus scheint nicht mehr zu retten. „Wo ist unsere Tochter?“ Der Notarzt rennt zum Einsatzleiter: „Da muss noch ein Kind drin sein!“ „Wie ein Kind? Welches Kind?“ „Die zwei haben ein Kind! Das ist noch drin!“ Welcher Feuerwehrmann, welche Feuerwehrfrau ist unter euch, die jetzt sagen würde: „Immerhin, zwei haben wir gerettet, mehr kann man nicht erwarten! Lasst uns nach Hause gehen!“ Nein, ihr geht noch mal rein! Auch wenn ihr wisst: Der Dachstuhl hält nicht mehr lange durch. Das ist jetzt wirklich gefährlich! Ihr geht rein – mit Atemschutz, das Treppenhaus voller Rauch, erster Stock, zweite Tür links, Kinderzimmer, verdammt nochmal, man sieht kaum noch was! Wo ist das Kind? Es muss doch hier sein. Unterm Bett hört ihr schwaches Hüsteln. Da liegt sie! Sie lebt noch. Einer wirft sie sich auf die Schulter, der zweite vorneweg, räumt den brennenden Schutt zur Seite, der von oben runtergefallen ist, der dritte hinterher, deckt den Rückzug. Der Rauch wird dichter. Ihr findet den Weg nach draußen – irgendwie! Notarzt und Rettungssanitäter übernehmen. Ihr seid durchgeschwitzt und völlig fertig, sprecht kein Wort. Jeder hängt seinen Gedanken nach. „Sie kommt durch“, sagt der Notarzt ein paar Minuten später. „War echt knapp! Klasse Arbeit!“ Wie endet das Gleichnis von Jesus? „Und wenn er zurück ist in der Feuerwache, ruft er seine Freunde und Nachbarn und spricht zu ihnen: Freut euch mit mir; denn wir haben das Kind gefunden, das verloren war.“ „So ist Gott“, sagt Jesus, „so wie dieser Feuerwehrmann, so wie diese Feuerwehrfrau.“ Voller Leidenschaft sucht er uns und gibt uns nicht verloren, selbst wenn um uns die Luft brennt. Er lässt sich die Suche nach uns alles kosten! Er würde das letzte Hemd für uns geben. So unendlich wichtig sind wir ihm, jeder einzelne von uns. Liebe Gemeinde! „Das Gleichnis hinkt“, mag mancher sagen.“ „Ich bin nicht in Lebensgefahr. Mich muss niemand retten! Darum muss ich auch nicht umkehren zu Gott. „Buße tun“ heißt das in der Bibel. Seltsamerweise sind das nicht die Gottlosen, die so mit Jesus reden, sondern die Frommen, Pharisäer und Schriftgelehrte, mit denen Jesus immer wieder in Konflikt kommt. „Wir haben Umkehr nicht nötig, weil wir schon längst auf der richtigen Seite stehen. Jesus du biederst dich den Sündern und Zöllnern an. Du setzt dich mit ihnen an einen Tisch. Du isst und trinkst mit ihnen. Du machst dich mit ihnen gemein. Das sollte unter deiner Würde als frommer Mensch sein!“ Den Frommen macht Jesus im Gleichnis deutlich, dass Gott seine vermeintliche Würde einen Dreck wert ist. Gott hat eine solch unbeirrbare Leidenschaft zu uns Menschen, die keinen, auch den Verlorensten nicht, aufgeben will. Gott geht den Weg, den Jesus selber gehen wird: Ohne Rücksicht auf die eigene Würde, voller Hingabe an Gott und die Menschen scheut er sich nicht den untersten Weg zu gehen, den Weg ans Kreuz. „Der gute Hirte gibt sein Leben für die Schafe“, sagt Jesus im Johannesevangelium von sich selbst. Wir gehen also noch mal rein, auch wenn das Haus schon voll schwarzem Rauch ist und der Dachstuhl einzustürzen droht. Wir gehen noch mal rein. Das ist uns dieses Mädchen da drin wert. Wir geben nicht auf bis wir sie gefunden haben. Liebe Gemeinde! Es gibt eine fromme und eine gottlose Selbstsicherheit. Beide verachten die Leidenschaft Gottes für uns Menschen, weil sie Hingabe für Schwäche und Unberührbarkeit für Stärke halten. „Ich brauche keine Rettung. Ich lass mir nichts schenken. Ich hab das nicht nötig!“ Freilich: „Retten, Löschen, Bergen, Schützen“ ist nicht nur das Motto der Feuerwehr. Es ist auch das Motto Gottes. Nötig haben wir das alle, so oder so! Eine Frage war noch offen: Wie macht Gott das, retten, löschen, bergen, schützen? Gott kann das auf vielerlei Weise tun. Mit jedem von uns geht er seinen eigenen Weg. Bei mir z.B. ist es mein Konfirmationsspruch, der mir seit 35 Jahren nicht aus dem Kopf geht: „Siehe ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt!“ Das hilft mir auf die Beine, wenn ich ins Straucheln komme. Manche bleiben an einem anderen Wort hängen, das sie in der Bibel gelesen haben, das sie tröstet, aufrichtet, korrigiert. Manche schauen morgens aus dem Fenster, wenn gerade die Sonne aufgeht und den Himmel zum Leuchten bringt. Gott sei Dank für den neuen Tag! Manche erkennen in einem Menschen, der am richtigen Ort zur richtigen Zeit für sie da ist einen Engel, den Gott ihnen geschickt hat. Manche nehmen sich Zeit zur Stille und zum Gebet und auf einmal klären sich Dinge, die bisher ganz ungeklärt waren. „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas einen Sinn hat, egal wie es ausgeht“, hat mal einer geschrieben. Gott brüllt uns nicht ins Ohr. Er redet meist leise mit uns. So sucht Gott. So rettet Gott. Liebe Gemeinde! Wir feiern heute 40 Jahre Jugendfeuerwehr Bellersdorf. „Retten, Löschen, Bergen, Schützen“ ist das Motto der Feuerwehr. Es ist auch Gottes Motto: „Der Menschensohn ist gekommen zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.“ AMEN
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