Wie voll ist das Boot? - Fakten zur Zuwanderung Vortrag im Sozialseminar der evangelischen Kirchengemeinde Jöllenbeck am Mittwoch, den 11.11.2015 PD Dr. E.-Jürgen Flöthmann Fakultät für Gesundheitswissenschaften Institut für Bevölkerungs- und Gesundheitsforschung Universität Bielefeld Raum T5 – 149, Tel. (0521) 106-5160 email: [email protected] Flöthmann, WiSe 2015/16 Daten: United Nations 2013. Quelle: Eigene Darstellung. Flöthmann, WiSe 2015/16 Daten: United Nations 2013. Quelle: Eigene Darstellung. Flöthmann, WiSe 2015/16 Flöthmann, WiSe 2015/16 Wanderungen über die Grenzen Deutschlands 1991 - 2014 1.600.000 1.500.000 1.400.000 Zuzüge 1.300.000 Fortzüge 1.200.000 Saldo 1.100.000 Personen 1.000.000 900.000 782.071 800.000 700.000 600.000 500.000 400.000 550.500 428.600 602.523 397.935 462.096 300.000 369.000 282.197 314.998 200.000 100.000 0 272.723 219.288 201.975 93.664 47.098 167.120 279.330 82.542 127.677 43.912 78.953 22.791 142.645 -12.782 -55.743 19 91 19 92 19 93 19 94 19 95 19 96 19 97 19 98 19 99 20 00 20 01 20 02 20 03 20 04 20 05 20 06 20 07 20 08 20 09 20 10 20 11 20 12 20 13 20 14 -100.000 Daten: Statistisches Bundesamt. Daten: Statistisches Bundesamt. Jahr Quelle: Eigene Darstellung Deenst GmbH, Bielefeld 2013 Quelle: Eigene Darstellung Deenst GmbH, Bielefeld 2015 Flöthmann, WiSe 2015/16 Flöthmann, WiSe 2015/16 Flöthmann, WiSe 2015/16 Flöthmann, WiSe 2015/16 Zur langfristigen Entwicklung der internationalen Migration nach bzw. von Deutschland • Weltweite Zunahme des Migrationspotenzials. Immer mehr Bevölkerungen/Länder der Welt beteiligen sich am internationalen Wanderungsgeschehen. • Die internationale Migration bzw. die räumliche Mobilität nimmt weiter zu; zugleich verändern sich die Wanderungsformen. • Wandel der Wanderungsmuster von überwiegend ökonomisch orientierten Wanderungen zu anderen, vielfältigeren Mustern (u.a. politische, private, bildungsinduzierte Wanderungen) • In den Zielländern entwickelt sich zunehmend eine Kettenmigration. • Immer mehr Länder reagieren auf die Zuwanderungen mit restriktiven Maßnahmen. • 5 wellenförmige Wanderungsphasen seit der Nachkriegszeit • Zunehmende Bedeutung für die Bevölkerungsentwicklung • Von 1992 bis 2008 Abnahme der Wanderungsgewinne auf ein relativ (im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt) niedriges Niveau • Seit 2009 erneuter Anstieg der Wanderungsgewinne. Das Niveau von 1992 ist (wahrscheinlich) noch nicht erreicht. Flöthmann, WiSe 2015/16 Wanderungen bilden einen sehr heterogenen Prozess Differenzierung der Wanderungstypen nach folgenden Merkmalen • Ursachen, Motiven (Bildungsmigration, Arbeitsmigration) • Grad der Freiwilligkeit (Flucht, Vertreibung) • Zeitlicher Perspektive (temporäre Migration) • Distanz (globale versus nahräumige Wanderungen) • Der Art der überschrittenen Grenzen (Außen‐ versus Binnenwanderungen) Flöthmann, WiSe 2015/16 Zuordnung der Flüchtlingsmigration zu den Merkmalen der verschiedenen Wanderungstypen • Ursachen, Motiven (Bildungsmigration, Arbeitsmigration) • Politische Verfolgung, Bürgerkrieg, ökologische Katastrophe • Grad der Freiwilligkeit (Flucht, Vertreibung) • Letzte Möglichkeit, Lebensgefahr • Zeitliche Perspektive (temporäre Migration) • Solange wie erforderlich • Distanz (globale versus nahräumige Wanderungen) • Soweit wie erforderlich bzw. wie möglich • Der Art der überschrittenen Grenzen (Außen‐ versus Binnenwanderungen) • Nach Möglichkeit internationale Migration Flöthmann, WiSe 2015/16 Ein wenig Theorie: Schema der Wirkungsweise eines klassischen Push-Pull-Modells nach der Theorie von E.S. Lee Everett S. Lee: A Theory of Migration, Demography, Bd. 3, 1966, S. 47-57. Flöthmann, WiSe 2015/16 Flöthmann, WiSe 2015/16 Flöthmann, WiSe 2015/16 Flöthmann, WiSe 2015/16 Flöthmann, WiSe 2015/16 Flöthmann, WiSe 2015/16 Flöthmann, WiSe 2015/16 Zahl der Asylanträge, die in den 10 Hauptaufnahmeländern eingereicht wurden Flöthmann, WiSe 2015/16 Flöthmann, WiSe 2015/16 Quelle: Eurostat 2015 Flöthmann, WiSe 2015/16 Ergebnisse der 13. KBV Quelle: Statistisches Bundesamt. 2015 Flöthmann, WiSe 2015/16 Ergebnisse der 13. KBV Quelle: Statistisches Bundesamt. 2015 Flöthmann, WiSe 2015/16 Pro: Die Wirtschaft braucht Facharbeiter, doch oft werden qualifizierte Asylbewerber abgeschoben. Der Chef des Chemiekonzerns Evonik will das ändern ‐ und fordert ein Einwanderungsgesetz. Die Opposition aus Grünen und Linken ist ohnehin dafür, der Koalitionspartner von der SPD ebenfalls ‐ und auch vonseiten der Wirtschaft wächst der Druck auf die Union, ein Einwanderungsgesetz zu schaffen. Nun hat der Chef des Chemiekonzerns Evonik, Klaus Engel, mit deutlichen Worten dafür geworben, abgelehnte Asylbewerber nicht einfach so abzuschieben. Stattdessen solle geprüft werden, ob sie der deutschen Wirtschaft als Arbeitnehmer nützlich sein könnten, fordert Engels in einem Gastbeitrag für die "Bild am Sonntag" ("BamS"). Die nordrhein‐westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) wies zudem darauf hin, dass die meisten der aktuellen Bürgerkriegsflüchtlinge etwa aus Syrien, bei denen eine große Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie Asyl erhalten, dauerhaft in Deutschland bleiben würden ‐ "wahrscheinlich für immer". Daher sei es wichtig, zum Beispiel in Sprachförderung oder Kita‐Plätze für Flüchtlingsfamilien zu investieren: "Am Ende sind es alle Nordrhein‐Westfalen.„ (11.11.2015) Flöthmann, WiSe 2015/16 Kontra: Stärken die Flüchtlinge den Standort Deutschland oder kommen hohe Kosten auf die Sozialkassen zu? Der Ökonom Raffelhüschen warnt vor massiven Steuererhöhungen und steigender Altersarmut. Schon heute gebe es in Deutschland Hunderttausende unqualifizierte Arbeitslose. "Es kommen jetzt bis zu 1,5 Millionen Menschen dazu, von denen etwa 70 Prozent ebenfalls unqualifiziert sind", sagte Raffelhüschen der Nachrichtenagentur dpa. Der Ökonom bezweifelt, dass die Mehrzahl der Zuwanderer in den Arbeitsmarkt integriert werden kann. "Es wird eher eine Integration in die sozialen Sicherungssysteme." Da diese Kosten nicht den Beitragszahlern angelastet werden könnten, müssten die Steuerzahler dafür aufkommen. Eine Alternative sehe er nicht: "Das Kind ist in den Brunnen gefallen." Raffelhüschen rechnet in den kommenden Jahrzehnten zudem mit einer starken Zunahme der Altersarmut. Hintergrund sei, dass die Menschen, die als 30‐Jährige ins Land kämen, kaum eine Chance hätten, 45 Jahre in die Rentenversicherung einzuzahlen. Er erwarte deshalb, dass die steuerfinanzierte Grundfinanzierung des Alters deutlich ausgebaut werden muss, so Raffelhüschen. "Das einzige Einwanderungsland ohne Regeln" Deutschland ist seiner Ansicht nach ein Einwanderungsland. "Es ist aber das einzige Einwanderungsland der Welt ohne Regeln." Eine Regel müsse lauten: "Zuwanderung gerne, aber bitte in den Arbeitsmarkt." (15.10.2015) Flöthmann, WiSe 2015/16 Die Polarisierung der Welt Wir hassen einander, weil nichts bleibt, wie es ist ….. Die Erde ist auf dem Weg, ein globalisiertes Silicon Valley zu werden. Es ist nur eine Frage der Zeit. Die die Menschen gerade damit verbringen, mit Mistgabeln aufeinander loszugehen, während das, wofür sie angeblich kämpfen, schon geraume Zeit nicht mehr existiert. Eine Kolumne von Sibylle Berg (Spiegel, 07.11.2015) Flöthmann, WiSe 2015/16 Wie voll ist das Boot? - Fakten zur Zuwanderung Vortrag im Sozialseminar der evangelischen Kirchengemeinde Jöllenbeck am Mittwoch, den 11.11.2015 PD Dr. E.-Jürgen Flöthmann Fakultät für Gesundheitswissenschaften Institut für Bevölkerungs- und Gesundheitsforschung Universität Bielefeld Raum T5 – 149, Tel. (0521) 106-5160 email: [email protected] Flöthmann, WiSe 2015/16 Bevölkerungsentwicklung/Demographie im sozioökonomischen Kontext Interdependente Ursache-Wirkungs-Bezüge demographischer Prozesse demographische Umwelt Bevölkerungsentwicklung ökonomische Umwelt wirtschaftliche Entwicklungen Migration Fertilität Mortalität Gesellschaftliche Entwicklungen Ökologische Entwicklungen soziale Umwelt Quelle: eigene Darstellung nach Birg, H., Weltbevölkerung, München 1997. natürliche Umwelt Flöthmann, 2006 Flöthmann, WiSe 2011/12 1. Definitionen Räumliche oder geographische Mobilität (Bewegungen • zwischen verschiedenen Punkten in einem räumlichen System) Wanderungen • (Verlagerung eines Funktionsstandortes) Migration • (Immigration, Emigration) Zahlreiche Sonderformen • • Zirkuläre Mobilität, Pendlermobilität Ständige, periodische Wohnsitzwechsel, z.B. Nomaden Flöthmann, WiSe 2011/12 2. Interdisziplinarität der Wanderungsforschung • • • • • Demographie Soziologie Ökonomie Geographie Gesundheitswissenschaft (Krämer, A., Prüfer-Krämer, L. (Hrsg.): Gesundheit von Migranten – Internationale Bestandsaufnahme und Perspektiven, Weinheim/München (Juventa), 2004. • Geschichtswissenschaft Analyseebenen: Wanderungen als • • • • Demographischer Prozess Anpassungsprozess Rationaler Handlungsprozess Biographischer Prozess Flöthmann, WiSe 2011/12 4. Migration im demographischen Übergang Zur unterschiedlichen Bedeutung einzelner Wanderungstypen im Übergangskonzept von W. Zelinsky Flöthmann, WiSe 2011/12
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