Sport.

Sport.
| Dienstag, 19. Januar 2016 | Seite 40
Steffen in Marbella
Schock in Melbourne
Marbella. Renato Steffen spricht am Rande des
Trainingslagers des FCB in Marbella erstmals über seinen
Wechsel zum Tabellenführer der Super League. Seite 3
Melbourne. Hiobsbotschaft zum Auftakt der
Australian Open: Auf der Tennis-Tour sollen breitflächige
Wettbetrügereien stattgefunden haben. Seite 38
«Was für eine Überraschung!»
Wie bereits im 2008 ist die Rollstuhl-Badminton-Spielerin Karin Suter-Erath Basler Sportlerin des Jahres
Champions-Klatsch
Schläpfer in Fahrt,
Wilson im Stress
Von Dominic Willimann
«2020 möchte ich nochmals an die Paralympics.» Preisträgerin Karin Suter-Ehrat (rechts) im Gespräch mit Moderatorin Catherine Thommen.
Von Domnic Willimann, Basel
und Andreas W. Schmid, Melbourne
Es ist wie immer im Januar. Die Bühne
in der Kleinen St. Jakobshalle gehört an
diesem Montag ganz den Basler Sportlern – und zwar all jenen, die im 2015
mindestens einen Schweizer Meistertitel für sich beanspruchen konnten und
dafür von Regierungsrat Christoph
Eymann geehrt werden. Am grössten ist
die Spannung an diesem Treffen des
Basler Sports stets dann, wenn die
Sportlerin des Jahres auserkoren wird.
Denn: Solange Roger Federer aktiv ist
und der FC Basel Meistertitel an Meistertitel reiht, ergibt sich der Sieger in der
Kategorie Sportler des Jahres und Team
des Jahres in der Regel von alleine – so
auch im 2015. Anders bei den Frauen,
wo am Montagabend in der Laudatio
von Franz Nietlispach die Rollstuhl-Badminton-Spielerin Karin Suter-Erath als
Titelträgerin gewürdigt wird.
Diese hatte keine Ahnung von dem,
was sie in der Brüglinger Ebene erwarten würde. «Was für eine Überraschung!
Damit rechnete ich nicht», sagte Suter-
Erath. Künftig möchte sich die Spitzensportlerin noch mehr dem Badminton
widmen. Deshalb hat sie ihr Arbeitspensum als Sportartenmanagerin von 50 auf
30 Prozent reduziert. Schliesslich hat
Suter-Erath ein grosses Ziel vor Augen.
«Ich möchte 2020 in Tokio nochmals an
den Paralympics teilnehmen.» Dann ist
ihre Disziplin erstmals olympisch.
Beste Spielerin Europas
Suter-Ehrat kennt das Gefühl, auf
der Bühne dieser Halle im Rampenlicht
zu sein. Bereits 2008 durfte sie die
Glückwünsche des Basler Sportministers entgegennehmen – wie auch der
FCB und Roger Federer. Damals war
Suter-Ehrat aber noch als Rollstuhl-Tennis-Spielerin unterwegs und nahm
zweimal an den Paralympics teil (2004
und 2008). In beiden Turnieren bedeutete für die 45-Jährige der Sechzehntelfinal im Einzel das Aus, in Athen 2004
holte sie im Doppel die Bronzemedaille.
Nach den Paralympics in Peking
wollte die Paraplegikerin eigentlich mit
Leistungssport aufhören, fand im Rollstuhl-Badminton aber eine neue Heraus-
forderung. Auch weil diese Disziplin
immer besser organisiert wurde und vermehrt internationale Turniere im Angebot waren. Bereits vor ihrem Unfall 1997
übte die frühere ATV-NLA-Handballerin
die schnelle Racketsportart aus. «Einmal
pro Woche war ich in der Regel auf
einem Badminton-Court anzutreffen.»
Noch heute spielt sie zu Trainingszwecken manchmal gegen Fussgänger.
Dass Suter-Erath von den Basler
Sportjournalisten nun zum zweiten Mal
zur Sportlerin des Jahres gekürt wird, ist
auf ihr erfolgreiches 2015 zurückzuführen: In Paris wurde sie erst als beste Rollstuhl-Badminton-Spielerin Europas ausgezeichnet, danach holte sie an der WM
in England die Bronzemedaille. An den
Schweizer Meisterschaften führen die
Titel in den Konkurrenzen, in der sie mitspielt, fast immer über sie. Auch dafür
erntet sie in der Joggelihalle viel Applaus.
Federers Freude aufs Neue
Roger Federer hingegen erfährt aus
der Ferne, in Melbourne, von der
Ehrung. Auch wenn er die Auszeichnung nun schon zum 14. Mal erhalten
Foto Florian Bärtschiger
hat – die Eltern Robert und Lynette
Federer informieren jedes Mal darüber,
wenn sie wie gestern Abend an der Veranstaltung teilnehmen; manchmal
mussten sie jedoch andere Ersatzleute
aufbieten, wenn sie selber ebenfalls in
Melbourne weilten. «Natürlich freue ich
mich immer aufs Neue», erklärt der
Baselbieter, der wegen seiner Clubmitgliedschaft beim TC Old Boys auch als
Basler durchgeht, gegenüber der BaZ.
In besonderer Erinnerung bleibt
2004, als Federer leer ausging. Zwar
wurde er damals zum Weltsportler des
Jahres gewählt, doch die Basler kürten
den Fechter und Olympia-Goldgewinner Marcel Fischer zu ihrem Champion.
«Ich fand das in Ordnung», sagt Federer, «gestutzt habe ich einzig, als ich
hörte, dass er gar kein Basler ist, sondern nur in Basel die Universität
besuchte.» Um nicht nochmals Gefahr
zu laufen, dass er 2016 übergangen
wird, gibt es für den Tennis-Star nur
eines: Er muss an den Olympischen
Spielen in Rio de Janeiro Gold holen.
«In Ordnung», sagt Federer, «ich werde
mich anstrengen.»
Basler Sport-Champions
Die Preisträger
Basler Sportler des Jahres 2015
Roger Federer (TC Old Boys/Tennis).
Basler Sportlerin des Jahres 2015
Karin Suter-Erath (Rollstuhlclub beider Basel/
Rollstuhl-Badminton).
Basler Team des Jahres 2015
FC Basel (Fussball).
Nachwuchssportler des Jahres 2015
Florian Faber (Bogenschützen Juventas
Basel-Riehen/Bogenschiessen).
Nachwuchssportlerin des Jahres
Salome Lang (LAS Old Boys/Leichtathletik).
Nachwuchs-Team des Jahres
Freespeed Basel (Ultimate Frisbee).
Sport Basel Preis 2015
Beat Vollenweider (Bogenschützen
Basel).
beider
Basler Sportchampions 2015
Behindertensport-Fussball. Monica Gomes,
Andrea Rellstab (PluSport Behindertensport
Basel/2. Rang an den World Summer Games in
Los Angeles mit dem Frauen-Nationalteam).
Billard. Hans Koevoets, Edi Koevoets, Heinz
Mangold (Basler Billard-Club/Team Schweizer
Meister Carambole). Hans Koevoets (Basler Billard-Club/Schweizer Meister Carambole).
Bogenschiessen. Claudio Dioguardi (Bogenschützen beider Basel/Schweizer Meister Field).
Dominik Faber (Bogenschützen Juventas
Basel-Riehen/Schweizer
Meister
Outdoor,
Recurve). Adrian, Dominik und Florian Faber
(Bogenschützen Juventas Basel-Riehen/Team
Schweizer Meister Indoor, Recurve).
Boxen. Sarah-Joy Rae (Box Ring Basel/Schweizer Meisterin –54kg).
Degenfechten. Max Heinzer (Fechtgesellschaft
Basel/EM-Silber Einzel). Benjamin Steffen (Fechtgesellschaft Basel/Schweizer Meister Einzel).
Laura Stähli (Fechtgesellschaft Basel/Schweizer
Meisterin Einzel). Max Heinzer, Benjamin Steffen,
Florian Staub, Giacomo Paravicini (Fechtgesellschaft Basel/Schweizer Meister Team). Max Heinzer, Benjamin Steffen (Fechtgesellschaft Basel/
EM-Bronze und WM-Bronze Team). Laura Stähli,
Anina Hochstrasser, Alexandra Blum, Kim Büch
(Schweizer Meisterinnen Team).
Fussball. FC Basel (Schweizer Meister).
Judo. Florian Droux (Judoschule Nippon Basel/
Schweizer Meister –81kg).
Kanu. Iris Huber, Sabine Eichenberger, Uwe
Müller (Drachenboot-Club beider Basel/EMGold Mixed Gross- und Kleinboot). Sabine
Eichenberger, Iris Huber (Drachenboot-Club
beider Basel/ EM-Gold 200, 500 und 2000 Meter
Frauen Small Boat). Uwe Müller (Drachenboot-Club beider Basel/ EM-Gold 200, 500 und
2000 Meter Mixed Small Boat). Lukas Werro,
Simon Werro (Slalom Region Basel/Team
Schweizer Meister Slalom Kanadier Zweier).
Manuel Munsch (Rennpaddler Basel/Schweizer
Meister Slalom Kajak Einer).
Kung Fu. Andreas Trefzer (Freies Dojo Basel/
Schweizer Meister Sanda Adults –75 kg). Markus
Glutz (Ning Mui Gong Fu Schule Basel/Schweizer Meister Qingda Adults +90 kg).
Leichtathletik. Gregori Ott (LAS Old Boys/
Schweizer Meister indoor, Kugel). Simone Werner (LAS Old Boys/Schweizer Meisterin U23,
400 Meter). Salome Lang (LAS Old Boys/
Schweizer Meisterin Hoch). Alex Wilson (LAS
Old Boys/Schweizer Meister 100 und 200
Meter). Silvan Wicki (LAS Old Boys/Schweizer
Meister U23, 200 Meter). Silvan Wicki, Romuald
Iselin, Alexander Ham, Stefano Ariis (LG Basel
Regio/Team Schweizer Meister 4-mal 100
Meter). Neil Burton, Ludwig Ruder, Gabriel Lombriser, Christian Hohl (LG Basel Regio/Team
Schweizer Meister Cross). Matthias Kyburz (LC
Basel/Schweizer Meister Berglauf).
Rhönrad. Cheyenne Rechsteiner (Züri 12/WMGold Geräteturnen).
Rollkunstlauf. Fabienne Bachmann (Zürcher
Rollschuh-Club/Leistungssportförderung BS/
EM-Silber, Schweizer Meisterin Kür, Pflicht und
Kombination).
Rollstuhl-Badminton. Karin Suter-Erath (Rollstuhlclub beider Basel/Schweizer Meisterin Einzel und Doppel, WM-Bronze Einzel). Sonja Häsler (Rollstuhlclub beider Basel/Schweizer Meisterin Doppel).
Rollstuhl-Tischtennis. Michael Fässler (Rollstuhlclub beider Basel/Schweizer Meister Männer
Para Einzel). Silvio Keller, Valentin Kneuss (Rollstuhlclub beider Basel/Schweizer Meister Team).
Rudern. Simon Niepmann, Lucas Tramèr (Basler Ruder-Club/WM-Gold und EM-Gold Leichtgewicht-Vierer ohne Steuermann).
Ultimate Frisbee. Freespeed Basel (Schweizer
Meister Team und EM-Silber Team).
Wasserfahren. Luzia Zimmermann (Wasserfahrverein Birsfelden/Schweizer Meisterin Einzel).
Basler Nachwuchssportler 2015
Bogenschiessen. Florian Faber (Bogenschützen Juventas Basel-Riehen/Schweizer Meister
U21 Recurve indoor).
Eiskunstlaufen. Jérômie Repond (Eislaufclub
beider Basel/Schweizer Meisterin Einzellauf).
Judo. Luc Heitz (Judoschule Nippon Basel/
Schweizer Meister U18/U21).
Kung Fu. Mesud Zeka, Moritz Schläfli (beide
SaSchu Ving Tsun (Schweizer Meister Qingda
U20).
Leichtathletik. Salome Lang (LAS Old Boys/
Schweizer Meisterin Hoch und Weit U20). LAS
Old Boys U20 Frauen (Schweizer Vereinsmeister
Team).
Orientierungslauf. Hanna Müller (OLG Basel/
Schweizer Meisterin Mitteldistanz, Bronze am
Junior European Cup in der Staffel).
Rollkunstlauf. Kaja Mustavar (Rollschuh-Sport
Basel/Schweizer Meisterin Pflicht).
Schwimmen. Jessica Helbling (SV beider
Basel/Schweizer Meisterin 50 Meter Brust).
Tolunay Akcay (SV beider Basel/Schweizer
Meister 200 Meter Delfin).
Ultimate Frisbee. Freespeed Basel (Team
Schweizer Meister U20 open).
Den dritten Tag en suite in der Joggelihalle verbrachte Manfred Beckmann
mit seinen Schützlingen der Fechtgesellschaft Basel. Nach den Strapazen
am Junioren-Weltcup durfte der Maître
an den Sport-Champions zurücklehnen
und sich ganz im Stillen als erfolgreichster Trainer des Abends auf die
Schultern klopfen. In allen Kategorien
im Degenfechten holten Max Heinzer,
Benjamin Steffen, Laura Stähli und
Co. den Schweizer Meistertitel. Ganz
im Gegensatz zu ihrem Trainer waren
Steffen und Heinzer mit ihren Gedanken bereits beim Wochenende. Dann
gilt es für sie in Heidenheim im Kampf
um die Olympia-Qualifikation ernst.
«Wir sind auf der Zielgeraden», gab
sich Heinzer beim Apéro nach der fast
zweistündigen Gala optimistisch, während am Nebentisch Catherine Stähli,
die gute Seele der Basler Fechtgesellschaft, ohne Jacke auf die Basler
Erfolge anstiess. Ganz anders also als
beim Junioren-Weltcup in der Grossen
Joggelihalle, «bei dem wir uns richtig
dick einpacken mussten, weil es so
saumässig kalt gewesen war».
Einen warmen Applaus erntete der
Basler Rollstuhl-Tischtennis-Spieler
Michael Fässler. Im 2015 spielte der
Schweizer Meister sein letztes Turnier,
künftig wird er nur noch hobbymässig
an der Tischplatte stehen. «Ich spiele
künftig ohne Rollstuhl Tischtennis»,
sagte der Sportler, der einst Eishockeyprofi werden wollte. Nun hat er sich
zum Sportmentaltrainer ausbilden lassen, «was mir grossen Spass bereitet».
Grossen Spass auf der Bühne zu stehen hatte Kevin Schläpfer. Der
Hockeygott aus Sissach packte auch die
Sport-Champions in seinen dicht
gedrängten Terminkalender und hatte
als Laudator von Roger Federer seinen grossen Auftritt. Dabei tigerte
Schläpfer auf der Bühne hin und her,
als stünde er an der Bande. «Vor zwei
Jahren durfte ich Roger kennenlernen,
das war grossartig», sagte der Baselbieter, ehe er Lynette Federer Blumen
überreichte. Diese verriet, dass sie beim
Erstrundenspiel ihres Sohnes in Melbourne nur den Startsatz geschaut
habe. «Dann ging ich selbst Tennis spielen. Ich spürte, dass er gut drauf war.»
Gut drauf ist praktisch immer auch
Alex Wilson. Natürlich ist dies auch am
Montagabend der Fall. Schliesslich ist
er als Schweizer Meister über 100 und
200 Meter erstmals seit drei Jahren wieder für den Event eingeladen worden.
«Deshalb bin ich extra von Stuttgart
gekommen», sagte der OB-Sprinter.
Gleich nach der Ehrung hatte es Wilson,
der am Samstag in Sindelfingen über
60 Meter triumphiert hatte, eilig: Er
musste zurück nach Stuttgart, um sich
auf das Meeting vom Wochenende in
Karlsruhe vorzubereiten. Dort startet er
über 200 Meter, «Mach mir aber ja keinen Kratzer», mahnte ihn Max Heinzer
zur Vorsicht beim Verlassen des Parkhauses. Der Fechter hatte unmittelbar
neben Wilsons Wagen parkiert.
Wesentlich entspannter wirkte
Daniela Spillmann bei der Laudatio
über den FC Basel. Zwei Stunden vor
dieser Rede hatte ihr Sohn Timm Klose
mit Norwich einen neuen Arbeitgeber
gefunden. «Ich wünsche mir aber, dass
er in drei Jahren zum FCB zurückkehrt.» Ganz genau hingehört hat dabei
Marco Streller, der in der Basler
Transferkommission sitzt und den Preis
für die Rotblauen entgegennahm. Während er zurzeit im kalten Basel die Stellung hält, schuftet das Fanionteam in
der Wärme Andalusiens für die Rückrunde. Strellers Teint sah auch ein
wenig nach Spanien aus. «Nein»,
dementierte er, «ich war in den Bergen
Ski fahren – das erste Mal offiziell.»