13 Missglückter Jahresauftakt an den Kapitalmärkten Stand: 15.02.2016 Der Jahresauftakt an den Finanzmärkten verlief enttäuschend. Weltweit kamen die Aktienmärkte unter Druck. Der deutsche Leitindex DAX ist seit Jahresbeginn um mehr als 13 Prozent gefallen. Die kräftigen Kursrückgänge der letzten Wochen haben so manchen Anleger überrascht, zumal sie während einer Zeitperiode (Winterhalbjahr) erfolgten, die in der Vergangenheit zumeist von positiven Kursbewegungen geprägt war. Wie schätzt die Walser Privatbank die aktuelle Situation ein? zung regulatorischer Vorgaben, anhaltend niedrige Zinsmargen infolge des Niedrigzinsumfelds sowie negative Nominalzinsen in großen Teilen der globalen Anleihemärkte bringen die Erträge von Banken unter Druck. Und nicht zuletzt belasten die weiter ungelöste Flüchtlingsfrage sowie ein möglicher Austritt Großbritanniens aus der EU („Brexit“) die Märkte. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Angst vor einer globalen Rezession zuletzt spürbar gestiegen ist. Wie wahrscheinlich ist ein solches Szenario? Sind die Risiken für die Weltwirtschaft in den letzten Wochen tatsächlich dramatisch gestiegen? Was beunruhigt die Märkte derzeit besonders? Auf den Finanzmärkten herrscht Verunsicherung – und die Stimmung bei Investoren ist weltweit so schlecht wie seit vielen Jahren nicht mehr. Bauchschmerzen bereiten derzeit gleich eine ganze Reihe von Faktoren. War es zu Jahresbeginn noch die Angst vor einem Wachstumseinbruch in China, der die Börsenentwicklung dominierte, gesellten sich im Februar auch noch Zweifel über den Zustand der USWirtschaft hinzu. Viele fürchten, dass nicht nur die chinesische Wirtschaft ins Stocken gerät, sondern auch der US-Konjunktur ein merklicher Dämpfer droht. Zudem verunsichert der Verfall der Rohstoffpreise, der als zusätzliches Indiz für eine globale Wachstumsabschwächung gilt. Der Barrel-Preis der Sorte Brent fiel zwischenzeitlich unter die 30 DollarMarke. Zuletzt notierte er Anfang 2004 auf diesem Niveau. Die positiven Auswirkungen niedrigerer Rohstoffpreise werden derzeit hingegen weitgehend ausgeblendet – ebenso wie die Tatsache, dass die Weltwirtschaft zwar schwächer wächst als in den Jahrzehnten zuvor, trotz allem aber noch immer vergleichsweise solide expandiert. Die aktuelle Investorenstimmung nimmt hier bereits eine negative Entwicklung vorweg, die aber keinesfalls eintreten muss. Ausgehend davon wächst wiederum die Angst bei vielen Investoren, dass sich die Unternehmensgewinne deutlich schlechter entwickeln könnten als erwartet. Hinzu kommt, dass in den letzten Wochen zudem die Stressanzeichen im Bankensektor, dem „Herz“ moderner Volkswirtschaften, kräftig zugenommen haben. Drohende Kreditausfälle (speziell von Rohstoffunternehmen), hohe Aufwendungen zur Umset- Unsere Einschätzung der Situation Zweifelsohne hat die Zahl der Belastungsfaktoren in den letzten Wochen zugenommen. Neben schwächer als erwartet ausgefallenen US-Konjunkturindikatoren ist es vor allem der rapide Ölpreisverfall, der die Märkte in Aufruhr versetzt. Der Preiseinbruch schürt die Sorge vor einer Insolvenzwelle in der nordamerikanischen Fracking-Industrie, die durch niedrigere Ölnotierungen und in die Höhe geschnellte Finanzierungskosten ins Schlingern geriet. Etwaige Zahlungsausfälle bei US-Ölproduzenten werden am Finanzmarkt zu spüren sein, insbesondere im Bereich der hochverzinslichen Anleihen („High Yield“-Segment) könnte es zu Marktverwerfungen kommen. Allerdings entfallen lediglich 120 Mrd. USD an hochverzinslichen Anleihen auf den Energiesektor; der gesamte High Yield-Markt in den USA hat dagegen ein Volumen von gut 1,5 Billionen USD. Banken halten wohl nur einen geringen Teil davon. Sie haben allerdings auch direkt Kredite an die Ölbranche vergeben. Sollten diese ins Wanken geraten, könnte dies zu Problemen führen. Für die Bankenwirtschaft erscheint dies dennoch beherrschbar. Schließlich ist das entsprechende Kreditbuch deutlich kleiner als das Hypothekenkreditbuch am Vorabend der Krise von 2008. Nichtsdestotrotz wäre eine Stabilisierung des Ölpreises in der ganzen Thematik eine willkommene Entwicklung. Ferner sind wir der Meinung, dass in der aktuellen Diskussion die positiven Aspekte der niedrigen Energiepreise deutlich zu kurz kommen. Natürlich stellt der Preisverfall die ölexportierenden Länder und die Missglückter Jahresauftakt an den Kapitalmärkten Ölproduzenten vor massive Probleme. Gleichzeitig darf jedoch nicht unterschlagen werden, dass billiges Öl zugleich ein Schmiermittel erster Klasse für die Weltwirtschaft ist. Gerade die Industrieländer sind aufgrund ihrer Position als Nettoimporteure von Rohstoffen Profiteure der niedrigen Energiepreise. Auch in der Vergangenheit führten Phasen strukturell niedrigerer Ölpreise aufgrund von Einkommens- und Vermögenseffekten zu einem Wachstumsschub in den etablierten Volkswirtschaften. Billiges Öl erhöht die Kaufkraft der Konsumenten und mindert zugleich die Kosten der Unternehmen. Zu den eindeutigen Gewinnern gehören neben Europa, Japan, China und Indien auch die USA, um nur die großen Regionen zu nennen. Zusammen stehen diese Regionen für rund 75 Prozent der Weltwirtschaft. Da die beschriebenen positiven Effekte üblicherweise jedoch eher zeitverzögert wirksam werden, überrascht es nicht, dass derzeit nur die negativen Begleiterscheinungen in den rohstoffexportierenden Ländern im Vordergrund stehen und zur Verunsicherung an den Finanzmärkten beitragen. Zu guter Letzt bleibt die Frage, inwieweit wir die aktuellen Sorgen vor einem Wachstumseinbruch in China bzw. einer Rezession in den USA teilen. In puncto China können wir uns dem herrschenden Pessimismus nicht anschließen. Zwar befindet sich die chinesische Wirtschaft in einem fundamentalen Umbruch und das Wachstum geht strukturell zurück, aber dafür, dass ein konjunktureller Einbruch, ein „hard landing“ oder eine Rezession in vollem Gange wären, gibt es keine schlüssigen Anhaltspunkte. Sicher, Chinas boomende Jahre mit teils zweistelligen BIP-Zuwachsraten gehören der Vergangenheit an und das Wachstum wird auf absehbare Zeit tendenziell weiter zurückgehen. So dürfte China in diesem Jahr mit rund 6,5 Prozent expandieren, 2015 stand in der BIP-Statistik noch ein Plus von 6,9 Prozent zu Buche. Dieser Normalisierungseffekt sinkender Wachstumsraten im Reich der Mitte wird von Investoren unseres Erachtens derzeit zu sehr überbewertet. Schließlich sprechen wir auch bei Niveaus von über 6 Prozent noch von hohen Zuwachsraten der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Die Angst vor einem ChinaCrash, der in weiterer Folge auch die Weltwirtschaft mit nach unten ziehen könnte, ist aus unserer Sicht übertrieben. Ohnehin hat sich die Quelle der größten Sorgen an den Finanzmärkten in den vergangenen Tagen von China nach Nordamerika verlagert. Das Vertrauen in die wirtschaftliche Entwicklung der größten Volkswirtschaft der Welt scheint zu schwinden. Amerikas Wachstumsdynamik hat sich im zweiten Halbjahr 2015 abgekühlt. Ein Blick auf die konjunkturelle Lage offenbart ein zweigeteiltes Bild der US-Wirtschaft. Während die Industrie unter der Stärke des USDollars und den niedrigen Rohstoffpreisen leidet, blicken die Unternehmen des Dienstleistungssektors 23 sowie die amerikanischen Privat-Haushalte weiter optimistisch in die Zukunft. Mit den zuletzt nochmals niedrigeren Öl- und Rohstoffpreisen kann diese Zweiteilung der amerikanischen Volkswirtschaft weiter andauern. Nichtsdestotrotz verbleibt beim Blick auf die Schwäche im verarbeitenden Gewerbe ein gewisses Unbehagen. Bis auf Weiteres bleiben wir aber bei unserer moderat positiven Einschätzung der Perspektiven für die US-Wirtschaft. Ein echtes Warnsignal wäre gegeben, wenn sich die Schwäche in der Industrie auf den Arbeitsmarkt auswirken würde. Denn dies würde sowohl Konsumenten als auch Dienstleister treffen und so die beiden wichtigsten Wachstumssäulen der Vereinigten Staaten in die Zange nehmen. Dafür gibt es bislang allerdings keine Anzeichen. Ausblick Die Sorge vor einer globalen Wachstumsabschwächung hat die Finanzmärkte derzeit fest im Griff. In einem von großer Verunsicherung und Angst dominierten Umfeld stehen risikobehaftete bzw. konjunktursensitive Anlageklassen wie Aktien, Rohstoffe und High Yield-Unternehmensanleihen unter Abgabedruck, während vermeintlich sichere Anlagehäfen wie Staatsanleihen oder Gold gesucht sind. Die Investorenstimmung hat sich in den vergangenen Wochen stark eingetrübt. Kurzfristig ist davon auszugehen, dass die Schwankungsanfälligkeit der Aktienmärkte hoch bleibt. Entscheidend für die mittelfristige Aktienmarktentwicklung dürfte hingegen sein, ob die derzeit vorherrschenden Wachstumsängste gerechtfertigt sind und tatsächlich eine Rezession bevorsteht. Mittel- und langfristig stellt sich der globale Wachstumsausblick sicherlich weniger robust dar als noch vor zwölf Monaten. Die US-Wirtschaft hat gegenwärtig mit Gegenwind zu kämpfen. Eine Rezession zeichnet sich gleichwohl nicht ab, schon gar nicht eine so schwere Wirtschaftskrise wie 2008. Die USRezessionsängste dürften daher in den nächsten Monaten wieder nachlassen. Die Probleme der chinesischen Wirtschaft werden sich wohl nicht so rasch lösen lassen. Allerdings ist die Angst vor einem Wachstumseinbruch auf nur noch zwei bis drei Prozent, wie ihn einige skeptische Beobachter für möglich halten, aus unserer Sicht überzogen und wird von den vorliegenden wirtschaftlichen Indikatoren auch nicht bestätigt. Unter Berücksichtigung des derzeit mäßigen Wachstums im Euroraum besteht für die globalen Märkte wenig Anlass zur Euphorie. Gleichwohl ist aus heutiger Sicht ein massiver Einbruch analog 2008/2009 unwahrscheinlich. Wir halten die Marktstimmung daher für zu pessimistisch. Die langfristigen Argumente für Aktieninvestments (hohe Dividendenrendite, kaum vorhandene Anlagealternativen infolge des Niedrigzinsumfelds, positives Weltwirtschaftswachstum) sind nach wie vor gültig und auch die Bewertung der etablierten Märkte hat sich im Zuge Missglückter Jahresauftakt an den Kapitalmärkten der Korrektur deutlich verbessert. Von einer generellen Überbewertung der Aktienmärkte kann aktuell keine Rede sein. Sollten insbesondere die USKonjunkturindikatoren die Erwartungen in nächster Zeit erfüllen, dürfte die Nachfrage nach Aktien mittelfristig wieder steigen. Unterstützung für die Aktienmärkte müsste aber auch von der nach wie vor sehr lockeren Geldpolitik der großen Notenbanken ausgehen. Während die japanische Notenbank bereits im Februar die Märkte mit der Einführung von Negativzinsen überraschte, wird die Europäische Zentralbank aller Voraussicht nach im März weitere expansive Maßnahmen beschließen. Darüber hinaus dürfte sich auf der anderen Seite des Atlantiks die US-Notenbank Fed im aktuellen Umfeld mit Zinsanhebungen vorerst zurückhalten. Somit könnte die Notenbankpolitik die Aktienmärkte ein weiteres Mal positiv inspirieren. Rechtliche Hinweise Dieses Dokument wurde von der Walser Privatbank AG ausschließlich zu Informationszwecken erstellt und darf nicht als unabhängige Wertpapieranalyse gelesen werden. Die vorliegenden Unterlagen wurden von Capital Markets, einem Bereich der Walser Privatbank AG, auf der Grundlage öffentlich zugänglicher Informationen, intern erstellter Daten und Daten aus weiteren Quellen, die von uns als zuverlässig eingestuft wurden, erstellt. Die Walser Privatbank AG hat keine Garantie für die Richtigkeit von Daten erhalten. Alle Aussagen, Angaben, Analysen, Prognosen und Meinungen stellen eine Einschätzung zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dar und können sich jederzeit unangekündigt ändern. 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