Vermisstenfall Elias: Initiative Vermisste Kinder beurteilt bisherige

Vermisstenfall Elias: Initiative Vermisste Kinder beurteilt bisherige Polizeiarbeit
Weitere Erkenntnisse: Erste positive Ansätze, jedoch bleibt Deutschland im Bereich der
Öffentlichkeitsarbeit im Vergleich zu Nachbarländern rückständig. Wichtige Entscheidungen auf
politischer Ebene fehlen.
Hamburg, 30. Juli 2015. Der aktuelle Fall des vermissten Elias, der am 08. Juli in Potsdam von einem
Spielplatz verschwand, sorgt deutschlandweit für hohe Aufmerksamkeit. Auch die Arbeit der Polizei
wird dabei in der Öffentlichkeit kritisch diskutiert. Zum heutigen Start des facebook-Accounts der
Brandenburger Polizei hat die Initiative Vermisste Kinder die Polizeiarbeit in dem aktuellen Fall bewertet
– und lobt das schnellere und umfassendere Handeln im Vergleich zum Fall Inga. Optimierungsbedarf
besteht hingegen weiterhin in der Nutzung aller Potenziale im Bereich der digitalen Medien. Die
Initiative fordert eine stärkere Unterstützung der Polizeiarbeit durch die Politik.
Die zuständige Polizeibehörde in Potsdam habe im Fall Elias schnell und umfassend agiert – so lautet das Fazit
der Initiative Vermisste Kinder: „Die kurze Reaktionszeit sowie die Arbeit der Beamten war durchgehend
hochprofessionell und hat alle wichtigen Bereiche abgedeckt“, so Lars Bruhns, Vorstand der Initiative Vermisste
Kinder. Bei der Öffentlichkeitsarbeit zu Fällen vermisster Kinder, in denen mutmaßlich eine akute Gefahr für Leib
und Leben des Kindes vorliegt, sind schnelles Handeln und die umfassende Information der Bevölkerung die
wichtigsten Kriterien. Die Initiative lobt daher den zentral positionierten Hinweis auf der Webseite der
Internetwache Brandenburg, die eigene Unterseite zum Fall Elias als Landingpage, die gesonderte Hinweishotline
sowie das Suchplakat, das sowohl über die Medien als auch auf Infoscreens publiziert wurde. „Die Polizei hat
unserer Einschätzung nach auf den Erfahrungswerten aus dem Fall Inga aufgebaut und Maßnahmen zeitnah und
vorbildlich umgesetzt.“ Ein weiterer positiver Aspekt: die Unterstützung der Polizei Berlin auf Twitter. „Über Kanäle
wie Twitter lassen sich insbesondere Multiplikatoren sehr schnell erreichen. Daher sollten sie noch stärker in die
Polizeiarbeit einbezogen werden“, ergänzt Bruhns.
Fehlende Strukturen verhindern bestmöglichen Schutz der Kinder
Trotz der grundsätzlich positiven Bewertung der Arbeit der Polizei Brandenburg, sieht die Initiative Vermisste
Kinder weiterhin Optimierungsbedarf: „Digitale Informationswege, insbesondere soziale Medien, werden von
offizieller Seite bislang zu wenig genutzt. Es fehlt an einem einfachen öffentlichen Kanal, der die Bevölkerung
alarmiert und über aktuelle Entwicklungen gebündelt informiert. Aus Datenschutzgründen sollte die
Vermisstenmeldung dabei stets auf einer Landingpage veröffentlicht werden, die sich auf einem Server der
Behörde befindet. Soziale Netzwerke und alle anderen Kanäle, dienen im Alarmierungsfall ausschließlich als
Multiplikatoren. Da die Überlebenschancen in Akutfällen erfahrungsgemäß sehr gering sind, sind die
Ermittlungsbehörden zwingend auf Zeugenhinweise unmittelbar nach dem Verschwinden eines Kindes
angewiesen. „Letztlich beschränkt sich die Anzahl potenzieller Zeugen in diesen Fällen auf einen äußerst kleinen
Personenkreis. Je mehr Zeit zwischen der Kenntnis über einen akuten Vermisstenfall und der eigentlichen
Beobachtung vergeht, desto geringer ist die Chance, diesen potenziellen Zeugen überhaupt erreichen zu können.
Dabei kann eine von dem Zeugen als belanglos wahrgenommene Situation für das Kind lebensrettend sein, wenn
sie den Behörden rechtzeitig bekannt ist“, so Bruhns. „Es ist daher wichtig, in diesen Fällen, innerhalb weniger
Stunden eine nahezu 100-prozentige Informationsabdeckung der Bevölkerung im betreffenden Bundesland und
gegebenenfalls in den angrenzenden Ländern zu erreichen.“ Bislang werden Öffentlichkeitsfahndungen
insbesondere mittels Pressemitteilungen versendet. Die heute startende Testphase des facebook-Accounts der
Brandenburger Polizei bewertet die Initiative als sinnvollen ersten Schritt. Eine weitreichende Kooperation mit den
wichtigsten deutschen Medien könnte ebenso ein erfolgsversprechender Ansatz sein: „Warum sollte die Polizei
hier nicht mit den Redaktionen der ARD, BILD, SZ, FAZ, SPIEGEL etc. kooperieren? Es gibt heutzutage unzählige
Möglichkeiten, eine schnelle und umfassende Alarmierung der Bevölkerung zu erreichen, die bereits erfolgreich in
Nachbarändern wie Polen oder den Niederlanden genutzt werden. Deutschland sollte den Anspruch haben,
Vorreiter eines solchen Systems zu sein – und nicht nur wie bislang ein lethargischer Nachzügler“, so Lars Bruhns.
Konkrete Forderung: Zentralisierte Einheit zur Unterstützung der Beamten
Die Initiative Vermisste Kinder fordert daher weiterhin eine zentralisierte Einheit für vermisste Kinder, die die
Beamten vor Ort unterstützend beraten und insbesondere diese Kanäle zur öffentlichen Alarmierung etablieren
und bedienen kann. Durch eine einheitliche Steuerung könnte auch die vielgestaltige und unabgestimmte private
Suche via facebook eingeschränkt werden. Der Fall Elias hat zudem gezeigt, wie schnell Unterstützung in Form
einer neuen Bürgerbewegung entstehen kann. Während das Engagement der Bevölkerung grundsätzlich positiv
zu bewerten ist, hat es in gleichem Maße eindrucksvoll gezeigt, wie schnell durch privates Engagement polizeiliche
Begriffe adaptiert wurden, Einzelakteure als offizielle Ansprechpartner aufgetreten sind und als diese
Polizeiaufgaben übernommen haben. „Bezeichnungen wie ‚Einsatzleitung’ und ‚Soko’ sind polizeiliche Begriffe,
die einzig der Polizei zustehen. Das Suggerieren eines offiziellen Suchtrupps bei einer privaten Initiative kann im
schlimmsten Fall die Suche behindern“, so Lars Bruhns. „Hier hat uns eine stärkere Anleitung der privaten Teams
durch die offiziellen Behörden gefehlt. Solche Situationen entstehen in Extremsituationen, wenn Experten mit
langjähriger Erfahrung fehlen, die frühzeitig mögliche Entwicklungen über die reine Polizeiarbeit hinaus antizipieren
können.“
Über die Initiative vermisste Kinder
Die Initiative Vermisste Kinder ist die größte Organisation zur Suche nach vermissten Kindern in Deutschland und vertritt das
Land als Mitglied des Global Missing Children’s Network. Die Organisation bietet seit 1997 Unterstützung für betroffene
Eltern und Familien und hilft bei der Suche nach vermissten Kindern. Zusammen mit einem Netzwerk aus
Partnerorganisationen setzt sie sich für die Rechte von Kindern und Jugendlichen ein – auch präventiv und über die
Grenzen von Deutschland hinaus. Zu ihren Unterstützern gehören die Ströer Out-of-Home Media AG und die Kuck &
Schmidt GmbH und Co. KG. Gemeinsam mit allen Kooperationspartnern verwendet die Initiative u.a. Werbeflächen, soziale
Netzwerke, E- Mail und SMS-Nachrichten, um Bürger über vermisste Kinder zu informieren. Die Organisation betreibt die
EU- weit einheitliche europäische Notrufhotline für vermisste Kinder unter der Telefonnummer 116000 in Deutschland und
ist der Partner, über den für Deutschland der nationale Amber Alert ausgelöst werden kann. Weitere Informationen zu der
Initiative finden Sie unter http://www.vermisste-kinder.de sowie unter facebook.com/deutschlandfindeteuch.
Pressekontakt
Initiative Vermisste Kinder
Ansprechpartner: Daniel Kroll
fischerAppelt, relations
Telefon (040) 899 699-992
Telefax (040) 899 699 – 30
E-Mail: [email protected]