Freitag, 26.&6.&2015*5. Jahrgang* www.tageswoche.ch Nr. Gerbergasse 30 4001 Basel T 061 561 61 61 26 5.– PLATZ Steinwüsten statt Orte der Begegnung – Basels Planer tun sich schwer mit Plätzen. Seite 6 FOTO: HANS-JÖRG WALTER FÜR MEHR Wohnen Die Mieten müssten sinken – doch die Mieter kämpfen nicht für ihr Recht. Seite 14 ANZEIGE Frank Stella Malerei & Zeichnung, 09.05. – 30.08.2015 Sonntag, 28. Juni 2015, 10 – 12 Uhr, MGK Mit Nichte, Neffe, Paten- oder Enkelkind Ein etwas anderer Besuch bei Stella Generationenworkshop mit Studierenden des Instituts für Lehrberufe Gestaltung & Kunst (FHNW) CHF 10.–, keine Anmeldung erforderlich REISSEN SIE IHRE FENSTER NICHT HERAUS, WIR SANIEREN SIE! 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TagesWoche 26/15 Seite 26 Seite 20 Rasenthiran Velayutham Bestattungen Kulturflash Sie, er, es Impressum Kultwerk Wochenendlich Zeitmaschine Seite 36 S. 4 S. 40 S. 41 S. 43 S. 43 S. 44 S. 45 S. 46 EDITORIAL PORTRÄT Auf die Plätze, fertig, los! Dani Winter Redaktionsleiter Rasenthiran Velayutham P latz zum Versauen gibt es im engen Basel wahrlich nicht. Umso erstaunlicher ist es, wie lieblos viele Plätze gestaltet sind. Oder trifft es mutlos besser? Manche Plätze erkennt man nur am Strassenschild. Wer käme schon auf die Idee, beim Holbeinplatz von einem Platz zu sprechen? Oder beim Erasmusplatz, der, notabene, nicht in den 1960er-Jahren verbrochen wurde – ihn hat man in diesem Jahrtausend neu gestaltet. Haben Sie nicht gemerkt? Eine lässliche Sünde, man braucht schon ein geschultes Auge, um es zu erkennen. Ampereplatz: Nie gehört? Kein Wunder, es ist der unscheinbare Platz vor der Voltahalle, der so heisst. Ob Messe-, Münster- oder Marktplatz: Nirgends kollidieren die unterschiedlichen Bedürfnisse und Interessen so heftig wie bei der Gestaltung dieser Flächen. Mal sind es kommerzielle Gründe, mal steht der Wunsch nach Sauberkeit und Ruhe im Vordergrund – und dann kommen auch noch jene, die ein Bedürfnis nach mehr Freiraum anmelden. Darum macht man als Stadtplaner am besten: gar nichts. Vielleicht ist es auch besser so. So wird wenigstens nichts Intaktes zerstört. Denn auch das gibt es: schöne, romantische, lauschige, mehr oder weniger frequentierte Plätze, die prima funktionieren. Bei anderen – dem Aeschenplatz zum Beispiel, um nur einen zu nennen – weiss jeder Stadtplaner, dass akuter Handlungsbedarf besteht. Doch dieses verworrene Geflecht traut sich offenbar keiner anzurühren. Wir haben uns auf Basels Plätzen umgesehen, sind ihrer Geschichte und ihren Geschichten nachgegangen, um herauszufinden, was einen guten Platz ausmacht. Überraschendes Fazit dieser Untersuchung: Am besten funktionieren die Plätze, die eigentlich keine sind. Das Rheinufer etwa. Oder die Rheingasse. tageswoche.ch/+lmzo9 4 × von Jeremias Schulthess Er hat einen der schlimmsten Jobs in Basel: Rasenthiran Velayutham putzt an Wochenenden die Toiletten bei McDonald’s am Barfüsserplatz. R asenthiran Velayutham steht neben der jungen Frau, die mit ihrem Kopf im Mülleimer hängt. Es ist kurz vor zwei Uhr nachts im McDonald’s am Barfüsserplatz. Zwei Minuten zuvor hat die Frau in den Mülleimer im zweiten Stock des Restaurants erbrochen, jetzt sucht sie nach ihrem Ohrring. Wie dieser aussehe, will Velayutham wissen, das Mädchen antwortet nicht. Dann geht er auf die Frauentoilette und kommt mit einem silbernen Ring zurück. Velayutham legt den Ring auf das Tablett über dem Mülleimer und schüttelt den Kopf. Solches erlebe er jedes Wochenende, sagt er und lächelt. Velayutham arbeitet als Reinigungskraft bei McDonald’s, immer freitags und samstags von 17 bis 2 Uhr. Er fegt hinter dem Partyvolk her, wischt das Erbrochene von den Tischen, putzt in den Toiletten den Urin vom Boden. Das Schlimmste seien weggeworfene Tampons auf dem Boden des Frauenklos, erzählt Velayutham. Dann ist es wieder da, sein Lächeln. Weiterlesen, S. 6 «Vergebene Chancen», tageswoche.ch/ +jvvc3 Putzen für den Familiennachzug Im Fast-Food-Restaurant am Barfi treffen jedes Wochenende Welten aufeinander. Hier die Partygänger, die einen Zwischenstopp einlegen, um ihre Blase oder ihren Magen zu entleeren, dort der Angestellte, der Toiletten putzt, um seine Familienangehörigen in die Schweiz zu holen. Seit 2007 lebt der Tamile in der Schweiz. Er flüchtete vor dem Regime in Sri Lanka, kam über Katar in die Schweiz und wurde vorläufig aufgenommen. Etwa 20)000 Franken habe er für seine Flucht bezahlt, sagt Velayutham. 2009 wurde sein Asylantrag abgelehnt. Da die Lage in Sri Lanka aber angespannt blieb, durfte Velayutham als vorläufig Aufgenommener in der Schweiz bleiben. Später erhielt er eine B-Niederlassungsbewilligung, seine Situation wurde als Härtefall eingestuft. Das heisst: Er wurde zwar nicht als Flüchtling anerkannt, weil er aber genug verdiente, um sich selbst über die Runden zu bringen, durfte er bleiben. Seine Aufenthaltserlaubnis wird jedes Jahr neu geprüft, wenn er keine Arbeit mehr hat, wird der B-Ausweis nicht erneuert. Der 46-Jährige wohnt in Möhlin und arbeitet neben seiner Stelle bei McDonald’s in einem Altersheim in Tecknau, ebenfalls als Reinigungskraft. Er sei dankbar, eine Stelle TagesWoche 26/15 5 Eine Rückkehr nach Sri Lanka wäre zu riskant: Rasenthiran Velayutham ist dankbar, in der Schweiz einen Job zu haben. FOTO: B. BORNAND und einen Lohn zu haben, sagt Velayutham. nur deshalb die Toiletten putzen, weil er Seine Frau lebt noch in Sri Lanka, er hat Von der Sozialhilfe sei er nur kurze Zeit ab- eine dunkle Hautfarbe habe. «In solchen sie sieben Jahre lang nicht gesehen. Seit MoMomenten lächle ich äusserlich, innerlich naten sei sie so krank, dass er den Besuch in hängig gewesen, das ist ihm wichtig. Beim Gespräch, das wir auf der Integrati- bin ich aber wütend.» seine Heimat wagen wollte. Im April hatte er onsstelle Freiplatzaktion führen, ist ein einen Flug gebucht, kurz vor Abflug sagte er Angst vor der Rückkehr Übersetzer dabei. Velayutham spricht nur jedoch ab. Er hatte gelesen, dass Landsleute wenig Deutsch. «Kein Problem» und «DanEr erlebe aber auch positive Momente, in Colombo verhaftet worden waren. Die ke vielmol» gehen ihm leicht über die Lip- sagt Velayutham. Etwa wenn sich Jugend- Angst war stärker als der Wunsch, seine Frau pen, lange Sätze fallen ihm schwer. Auf- liche auf der Restauranttoilette bei ihm be- wiederzusehen. Er wird nun weiter die Bögrund der Sprachbarriere fühle er sich noch danken und ihm Trinkgeld anbieten. Dieses den und Toiletten wischen. So kann er sei«sehr eingeschränkt», wie ein sechsjähriger nimmt er nicht an, denn Trinkgeld fliesst bei ner Frau immerhin Geld zukommen lassen. Bub, sagt er lachend. Obwohl er fast alles McDonald’s als Spende an Kinderprojekte. Um 2 Uhr hat Velayutham Feierabend. verstehe, könne er sich kaum unterhalten. Dass alles bestimmten Regeln folge, je- Während die Partygänger in der SteinenvorWelche negativen Erfahrungen hat des Tram pünktlich abfahre und die Ange- stadt ihre Cocktails schlürfen, eilt er zum Velayutham in der Schweiz gemacht? Er stellten im Coop ihn mit einem freundli- Bahnhof. Um 3 Uhr fährt der letzte Zug nach überlegt kurz. Einmal habe ihn eine «weisse chen «Grüezi» begrüssen, das gefalle ihm Möhlin, um 4 Uhr wird er daheim sein. Dann, Mitarbeiterin» angewiesen, die Toiletten zu sehr in der Schweiz. Seit Velayutham hier wenn sich auch die Nachtschwärmer langputzen. Sie sei nicht seine Vorgesetzte gewe- lebt, war er nie mehr in seinem Heimatland – sam auf den Heimweg machen. sen, Velayutham hatte das Gefühl, er müsse aus Angst vor dem Regime. tageswoche.ch/+7t94r × TagesWoche 26/15 6 Stadtplanung Manche Basler Plätze sind wenig belebte Steinwüsten, die nicht zum Verweilen einladen. Die Stadt hat Besseres verdient. VERGEBENE CHANCEN TagesWoche 32/14 7 TagesWoche 32/14 8 von Dominique Spirgi D der Kanton in den Wohnquartieren rund um die Kernstadt herum etliche wenig attraktive Orte und Unorte in «Begegnungszonen» umgewandelt. Mit höchst unterschiedlichem Erfolg. Auf unbestritten positive Resonanz stiess zum Beispiel die Claramatte, die nun nicht mehr eine eingezäunte, verwahrloste Grünfläche ist, sondern als einladendes und lebendiges Quartierzentrum von der ansässigen Bevölkerung und aussenstehenden Beobachtern gleichermassen geschätzt und gelobt wird. Ein stimmiges Bild vermittelt auch der Vogesenplatz, der langsam, aber sicher seiner Rolle als Zentrum des neuen Quartiers beim Bahnhof St. Johann gerecht wird. Den Platzgestaltern ist es gelungen, in der nicht einfachen Umgebung, die unter anderem von der Rampe der Luzernerring-Brücke dominiert wird, eine ansprechende Lösung zu finden. Der samstägliche St.-JohannsMarkt unterstreicht die Zentrumsfunktion, die der Platz einnimmt. ie Herbstmesse macht alle gleich. Wuselnde Menschenmassen, Vergnügungsbahnen, Wurstbuden und Marktstände verwandeln sie alle in Rummelplätze: den würdevollen Münsterplatz, den Barfüsserplatz als Sammelbecken der urbanen Eventkultur, den zurückhaltend vornehmen Petersplatz, das Kasernenareal als sich ewig neu erfindender Ort der Multi-, Alternativund mittlerweile auch Militärkultur – und den Messeplatz. Auf dem Messeplatz hat es die Herbstmesse nicht mehr so leicht, seit der mächtige Neubauriegel die Hälfte des Platzes überdeckt und diesen in eine schwer definierbare Mischung aus Foyer und überdimensionierter Unterführung verwandelt hat. Nachts oder bei bedecktem Himmel dringt trotz imposanter Öffnung in der Mitte kein oder kaum Licht ein. Und die Vergnügungsbahnen, die sich darunter drehen, werden vom schweren Deckel schier erSinnbild für eine Fehlplanung drückt. «City Lounge» hat die Messe Schweiz den Auf sehr viel weniger Zuspruch stiess daüberdeckten Teil des Platzes etwas über- gegen der umgestaltete Rütimeyerplatz im mütig getauft. Lounge-Stimmung kommt Bachlettenquartier. Die bewusst zurückhalallenfalls dann auf, wenn die Messeverant- tende Gestaltung – im Jurybericht zum Gewortlichen den Platz während der Leitmes- staltungswettbewerb war von einer Kombise Baselworld mit Zierbäumchen und nation der «funktionalen Ansprüche eines Sitzbänken schmücken und möblieren. Platzes mit denjenigen einer durchgehenSonst ist vom «hellen Ort mit einer warmen den Strasse» die Rede – und die seltsam verAtmosphäre», wie es in einem Beschrieb der schlungenen Wege sorgten für viel Spott Messe Schweiz heisst, wenig bis gar nichts und Hohn. Der Platz wurde in weiten Teilen zu spüren. der Bevölkerung zum Sinnbild einer Fehlplanung. Ein klotziger Riegel teilt die Stadt Das änderte sich, als die Platzgestaltung Der 2013 eingeweihte neue Messeplatz ist auf Anregung der Anwohnerschaft nachkein Produkt minutiöser Stadtplanung, son- gebessert wurde. So wurde die Verkehrsfühdern ein Resultat, das sich aus dem Diktat rung vereinfacht, zudem wurden zehn zuder Funktion ergeben hat. Er ist so, weil die sätzliche Bäume gepflanzt. Mittlerweile Messe den Neubau so gross wollte, so dass er strahlt der Platz nicht mehr ganz die Atmonun als Querriegel die wichtige Strassen- sphäre einer überdimensionierten Kreuund Platzachse zwischen Mittlerer Brücke zung aus. und Badischem Bahnhof durchbricht. Ganz unterschiedlich werden andere Aus Furcht, ihr könnten Parkplätze ge- umgestaltete Quartierplätze wahrgenomstrichen werden, wollte die Messe das beste- men. So scheidet der neugestaltete Tellplatz hende Parkhaus nicht abbrechen. Dass sie im Gundeldinger-Quartier nach wie vor die dies nun nachträglich dennoch tun will, Geister, auch wenn er an warmen Tagen mit nimmt ihr der Basler Heimatschutz übel. seinen Strassencafés eigentlich recht belebt Vor knapp einem Jahr stellte die Messe wirkt. Der Tellplatz hat aber mit einem ProbSchweiz die Resultate einer Testplanung für lem zu kämpfen, das in Basel weit verbreitet einen multifunktionellen Neubau anstelle ist: mit dem dichten Tramverkehr, der Strasdes heutigen Parkhauses vor. Präsentiert sen und Plätze durchschneidet. wurden zwei Hochhausprojekte, die den Stillstand in der Talachse nicht überdeckten Teil des Platzes auch dann beleben sollen, wenn keine GrossmesDas tritt besonders deutlich bei den Plätse stattfindet. Die 1400 Parkplätze sollen un- zen der Birsigtalachse zutage. Der Tramverter den Boden verschwinden. kehr und die trotz des neuen VerkehrskonDas Beispiel zeigt: Basel und seine Plätze zepts Innenstadt nach wie vor gut befahrene sind ein Panoptikum von vielen kleinen und Strasse auf der anderen Seite degradieren grösseren Leidensgeschichten. Manche von den Marktplatz – eigentlich das politische ihnen finden aber auch zu einem guten und zivile Zentrum Basels – zur überdimenEnde. Andere Projekte wiederum schiebt sionierten Verkehrsinsel. Und auf dem Barman vor sich her. Oder man findet sich da- füsserplatz schneiden die Tramgleise und das bunkerartige Tramhaus (der Begriff mit ab, dass es keine Lösung gibt. Im Zuge des «Aktionsprogramms Stadt- Häuschen würde hier nicht passen) den leentwicklung», das aus der grossen Mitwir- bendigeren Teil des Platzes mit den Bars kungskampagne «Werkstatt Basel» Ende und Restaurants vom eigentlichen Platz vor der 1990er-Jahre heraus entstanden ist, hat der Barfüsserkirche ab. Vielleicht ist das mit ein Grund, warum die zunehmend verwahrlost wirkenden Plätze entlang der Talachse, die eigentlich dringend eine gestalterische Auffrischung benötigten, seit Jahrzehnten unberührt bleiben. Verschiedene Anläufe zur Neugestaltung blieben ohne Folgen. Folgenloser Wettbewerb Ende der 1970er-Jahre hatte die Basler Regierung einen Projektwettbewerb zur Neugestaltung des Marktplatzes lanciert. Auf dem ersten Platz landete ein Vorschlag des damals noch kaum bekannten jungen Architekturbüros Herzog & de Meuron. Durch eine Öffnung im Boden hätte der unter dem Platz fliessende Birsig sicht- und hörbar gemacht werden sollen. Jacques Herzog ist noch heute überzeugt von seinem Vorschlag, der aber in einer Schublade landete, die bis heute nicht mehr geöffnet wurde. Bis zum nächsten Anlauf zur Neugestaltung des Marktplatzes werden etliche Jahre verstreichen. Der Platz vor dem eigenen Rathaus besitzt im Entwicklungsrichtplan Innenstadt lediglich zweite Priorität. Das heisst konkret, dass der Platz vor dem Zeitraum 2021 bis 2028 weiterhin unberührt bleiben wird. Dasselbe gilt auch für den Barfüsserplatz, der 1979 sein heutiges Gesicht erhielt. Zwar rang sich die Regierung dazu durch, den Platz im Zuge des avisierten Neubaus des Stadtcasinos umzugestalten. Doch mit der wuchtigen Ablehnung des Projekts von Architektin Zaha Hadid wurden auch diese Pläne wieder auf Eis gelegt. Das aktuelle Erweiterungsprojekt des hinteren Traktes mit dem Grossen Musiksaal ist wiederum nicht mit einer Neugestaltung des Platzes verbunden. Eine unverbindliche Idee, wie der Platz gestalterisch aufgefrischt werden könnte, vermittelt eine Visualisierung des holländischen Planungsbüros Okra Landschapsarchitecten aus dem Jahr 2011, die am Gestaltungskonzept Innenstadt mitgearbeitet hatten. Das Bild zeigt einen offenen und durchlässigen Platz, der sich nicht mehr wie ein Hof gegen das rege befahrene Tramtrassee abschottet (ein Hof, der übrigens ausgesprochen rege bespielt wird; die aktuelle Belegungsliste der Allmendverwaltung für den Barfüsserplatz füllt ganze sechs A4-Seiten). Das aus einem Wettbewerb siegreich hervorgegangene Projekt ist offiziell aber lediglich als «Grundlage für die Erarbeitung von konkreten Gestaltungsprojekten für Strassen, Gassen und Plätze der Basler Innenstadt» gedacht, wie es auf der Website des Basler Planungsamtes heisst. Was den Umgang mit den Plätzen im Zentrum angeht, scheint Basel etwas langsam zu ticken. Das gilt auch für das Prunkstück der Basler Plätze, den Münsterplatz. Dieser präsentiert sich heute zwar mit einer nagelneuen und aufwendigen Pflästerung. Es hatte aber Jahrzehnte gedauert, bis der Platz endlich von den dort parkierenden Autos befreit werden konnte. Dass der Münsterplatz schön ist, darüber sind sich alle einig. Bei der Frage aber, wie belebt der Platz sein darf, scheiden sich die TagesWoche 26/15 9 Der Claraplatz ist in den Augen von Ordnungspolitikern ein Schandfleck – obwohl er zu den funktionierenden Plätzen der Stadt zählt. Geister. Während Vereinigungen wie Kul- rungsphase nach dem Zweiten Weltkrieg turstadt jetzt den Platz gerne als Eventort dürfte die Ruhe dem Platz gut getan haben. nutzen würden, kämpfen Anwohner und So ist es nicht zuletzt seiner Abgeschiedenmit ihnen die Evangelisch-reformierte Kir- heit und der Distanz zur lebendigen Talche sowie die Allgemeine Lesegesellschaft stadt zu verdanken, dass der Platz nie dem für dessen «Würde als sakraler und besinnli- Investitionsdruck des Gewerbes ausgesetzt cher Ort», wie es in den Zielsetzungen des war und damit von Verschandelungen verVereins Pro Münsterplatz heisst, der die In- schont blieb, wie der im letzten Jahr verstorteressen der Anrainer vertritt. bene ehemalige Basler Denkmalpfleger Der Verein wehrt sich gegen das Image Alexander Schlatter 2011 in einem Aufsatz als Verhinderer. Er hatte 2010 zwar erfolg- bemerkte. reich die Einrichtung einer Buvette unter Funktionierende urbane Plätze den Bäumen beim Kleinen Münsterplatz verhindert. Gleichzeitig trat der Vorstand im Es gibt sie aber auch noch, die Plätze in vergangenen Jahr aber als Veranstalter eines der Basler Innenstadt, die funktionieren, ohne dass der Staat gestalterisch aktiv einkleinen Musikfestivals auf dem Platz auf. Wie viel Leben dem Platz neben den be- greift. Der lauschige Andreasplatz gehört reits bestehenden Events wie Herbstmesse dazu, auf dem das Nebeneinander von Leoder Open-Air-Kino guttun würden, darü- ben auf dem Platz und Wohnen in den kostber wird man sich wohl noch lange streiten. spieligen Wohnungen darüber zu klappen In der grossen städtebaulichen Erneue- scheint. Oder das Kasernenareal als TagesWoche 26/15 Schmelztiegel der nicht-institutionalisierten Multikultur. Es gibt Strassen und Wege wie das Kleinbasler Rheinufer, die Rheingasse und die Steinenvorstadt, die den wirklichen Plätzen ihre Rolle als Treffpunkte und urbane Aufenthaltsorte streitig machen. Und es gibt Plätze, die auf den ersten Blick zwar einen verwahrlosten Eindruck machen und in den Augen von Ordnungspolitikern ein Schandfleck sind. Dazu gehört der Claraplatz, den Alkoholiker und missionierende Muslime, herausgeputzte Gäste der Baselworld und Kleinbasler aller Nationalitäten auf Shoppingtour miteinander teilen, ohne sich ins Gehege zu geraten. Auf dem Claraplatz, dem wohl grossstädtischsten aller Basler Plätze, zeigt sich, dass es letztlich die Menschen sind, die das besondere und eigenständige Flair eines Platzes ausmachen. tageswoche.ch/+jvvc3 × FOTOS: HANS-JÖRG WALTER 10 Plätze, die wirklich Plätze sind Etwas skeptisch, aber genussvoll Früchte verspeisend blickt der Affe auf dem Brunnen auf das lebendige Treiben auf dem Andreasplatz. Es gibt sie, die Basler Plätze, die als Orte der Begegnung, der Entspannung oder als Horte des pulsierenden Lebens funktionieren. Und dies, ohne dass Stadtentwickler und professionelle Gestalter grosse Eingriffe unternehmen müssen. Der Andreasplatz mitten in der Grossbasler Altstadt gehört dazu. Auf dem lauschigen öffentlichen Hinterhof klappt das Nebeneinander von Leben auf dem Platz rund um den seltsamen Affen, der auf dem Brunnen thront, und Wohnen in den während der 1970er-Jahre aufgewerteten Wohnungen darüber. Ebenso auf dem Kasernenareal, das ein beliebter und belebter Treffpunkt ist. Auf dem Kasernenareal trifft das multikulturelle Kleinbasel auf den kulturaffinen Rest der Stadt. TagesWoche 26/15 11 Der neue Tellplatz scheidet die Geister. Unter dem Strich wirkt das erneuerte Zentrum des Gundeli aber schön lebendig. Der Rütimeyerplatz war vorher nicht viel mehr als eine grosse Strassenkreuzung – und ist dies nach der Neugestaltung geblieben. Plätze vom Reissbrett Unter den Stichworten «Aktionsprogramm Stadtentwicklung» und «Wohnumfeldaufwertung» wandelte die Stadt seit Ende der 1990er-Jahre viele Orte und Unorte in den Wohnquartieren in «Begegnunsgzonen» um. In einigen Fällen, wie etwa auf dem Voge- senplatz beim Bahnhof St. Johann klappte dies gut. Der Platz wird seiner Rolle als Zentrum des neuen Quartiers gerecht. Andere Beispiele, wie etwa der neu gestaltete Rütimeyerplatz, wurden indes in weiten Kreisen zum Sinnbild einer staatlichen Fehlplanung. Der Vogesenplatz wird seiner Rolle als Zentrum des neuen Quartiers beim Bahnhof St. Johann immer mehr gerecht. TagesWoche 26/15 12 Basel tut sich schwer mit seinen Plätzen auf der zentralen Achse von der Heuwaage bis zum Badischen Bahnhof. Der Barfüsserplatz hätte im Zuge des Stadtcasino-Neubaus neu gestaltet werden sollen. Nach dem deutlichen Nein zum Neubauprojekt von Zaha Hadid wurden die Pläne einmal mehr fallen gelassen. Folgenlos blieb auch ein Projektwettbewerb Ende der 1970er-Jahre zur Neugestaltungdes Marktplatzes. Das Siegerprojekt von Herzog & de Meuron landete im hauseigenen Modellarchiv. Es wird noch viel Wasser den unter den Plätzen verborgenen Birsig hinunterfliessen, bis sich die Stadt den heiklen Neugestaltungsaufgaben stellen wird. Und wo wirklich etwas in Bewegung geraten ist wie im Fall des Messeplatzes, musste sich die Platzgestaltung dem Diktat der Funktion unterordnen. Schade. Das Diktat der Funktion Der Barfüsserplatz im Design der 1970er-Jahre – hier liesse sich sehr viel mehr machen. Deckel drauf: Der Messeplatz ist das, was nach dem Neubau des neuen Messebauriegels noch an Platz übrig blieb. Plätze, die keine Plätze sind 13 Wenn er nicht als solcher angeschrieben wäre, käme kaum jemand auf die Idee, den Ampereplatz als Platz zu bezeichnen. In Basel gibt es Plätze, die gibt es gar nicht – auch wenn sie zum Teil Namen von berühmten Persönlichkeiten tragen. So ist etwa der Holbeinplatz, einst weitläufiger Mittelpunkt eines Sterns von Boulevards, heute nicht mehr als ein Stück Cityring. Der Erasmusplatz an der Kreuzung Feldberg- und Breisacherstrasse bietet ausser für die Fahrgäste, die auf den Bus warten, keinerlei Aufenthaltsqualität. Und das schmale Rechteck vor der wenig genutzten Voltahalle, das seit wenigen Jahren mit Ampereplatz angeschrieben ist, ist nichts mehr als ein Stück verbreitertes Trottoir. Er heisst Erasmusplatz, ist aber in Tat und Wahrheit nicht viel mehr als eine Strassenkreuzung mit Busstation. TagesWoche 26/15 14 Wohnen Laut Referenzzinssatz müssten fast alle Mieten um 3 Prozent sinken – doch nur wenige Mieter machen ihr Recht geltend. Die Furcht vor der Kündigung Eine Mietzinsreduktion kommt selten von allein. FOTO: LIVIO MARC STÖCKLI von Jeremias Schulthess H ans Müller* wohnt seit über 15 Jahren in einer Kleinbasler Wohngenossenschaft. Die Genossenschaft wirtschaftet gut, trotzdem sind die Mieten seit Jahren gleich hoch geblieben. Müller liest Anfang Juni in der Zeitung, dass der Referenzzinssatz von 2 auf 1,75 Prozent sinkt. Auch seine Miete müsste deshalb sinken, von 1360 auf 1340 Franken. Er ruft den Genossenschaftspräsidenten an, spricht ihm mehrmals aufs Band, erhält jedoch keine Antwort. Müller macht solange Druck, bis der Präsident einwilligt. Wenig später erhalten alle Mieter einen Brief, in dem sie der Präsident darüber informiert, dass ihre Mieten um zirka 3 Prozent gesenkt würden. Die Senkung habe «aufgrund der finanziellen Möglichkeiten» der Genossenschaft genehmigt werden können. Es ist das erste Mal seit Jahren, dass die Kleinbasler Genossenschaft die Mieten aufgrund des Referenzzinssatzes senkt. Dabei sind Vermieter dazu verpflichtet, jedes Mal die Mieten anzupassen, wenn der Referenzzinssatz sinkt. Und dieser sank in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich – von 6 Prozent im Jahr 1983 auf aktuell 1,75 Prozent. Der Referenzzinssatz leitet sich ab aus den hypothekarischen Durchschnittszinssätzen, welche die Banken festlegen. Er gilt als Orientierung dafür, wie viel ein Hauseigentümer an Hypothekarzinsen bezahlt und wie viel er für eine Miete verlangen darf. Referenzzinssatz sinkt kontinuierlich Wenn der Referenzzinssatz sinkt, sinken für Hauseigentümer tendenziell auch die Ausgaben – je nachdem, ob der Hauseigentümer die Liegenschaft voll finanziert hat oder diese über eine Hypothek besitzt. In jedem Fall steht dem Vermieter weniger zu, wenn die Hypothekarzinsen sinken. Eine Senkung von 0,25 Prozent entspricht einer Mietreduktion von knapp 3 Prozent, so will es das Mietgesetz. Dennoch wehren sich Vermieter gegen die Mietsenkung – wie es bei der einleitend beschriebenen Genossenschaft über Jahre hinweg der Fall war. Wenn Hans Müller und die Mieter der Kleinbasler Genossenschaft jeden Monat zirka 20 Franken weniger zahlen, muss die Verwaltung etwa 60,000 Franken pro Jahr weniger budgetieren. Manche Genossenschaften können sich das nicht leisten – gerade jene, die sehr niedrige Mieten anbieten, sagt Patrizia Bernasconi, Basta!-Grossrätin und Co-Geschäftsleiterin des Mieterverbands Basel. «Wenn die Miete bereits niedrig ist, stellt sich die Frage, ob eine Mietreduktion überhaupt angebracht ist», sagt Bernasconi. Trotzdem seien Mietreduktionen grundsätzlich auch bei Genossenschaften legitim. Ein Problem sind häufig auch die internen Strukturen. Man kennt sich, sieht vordergründig den gemeinnützigen Zweck der Genossenschaft und traut sich nicht, eine Mietzinsreduktion durchzusetzen. TagesWoche 26/15 15 Im Falle der Kleinbasler Genossenschaft sorgte das Thema Referenzzinssatz für Spannungen zwischen Mietern und Vorstand. Als es an Generalversammlungen zur Sprache kam, blockte der Präsident die Forderungen ab. Der Finanzverwalter ebendieser Genossenschaft gibt sich beim Thema Mietreduktionen denn auch zurückhaltend. Zahlen will er keine bekannt geben, er droht vielmehr mit einer Anzeige, sollten Namen oder Zahlen veröffentlicht werden. Der Druck, den Hauseigentümer ausüben, schreckt Mieter nicht nur bei Genossenschaften ab, ein Begehren durchzusetzen. «Einige Mieter hegen die leise Furcht, der Vermieter könnte kündigen, wenn sie einen Antrag auf Mietreduktion schreiben», sagt Beat Leuthardt, Co-Geschäftsleiter des Basler Mieterverbands. Dabei sei diese Furcht unbegründet, es gebe seit Jahren keine Kündigungen mehr wegen Forderungen zur Mietzinssenkung. Laut einem Bericht des Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverbands (SMV) profitieren nur 17 Prozent aller Mieter in der Schweiz von der Senkung des Referenzzinssatzes. Damit gingen Milliarden an den Mietern vorbei, meinte Michael Töngi vom SMV letztes Jahr. tageswoche.ch/+p34ie × *$Name geändert Mietzinssenkung beantragen: So gehts 1. Mit einem formlosen Schreiben können Mieter bei ihrem Vermieter eine Senkung des Mietzinses verlangen. Zum Beispiel: «Hiermit beantrage ich eine Reduktion des Mietzinses gemäss aktuellem Referenzzinssatz.» 2. Wenn die Hausverwaltung vierWochen lang nicht reagiert, heisst es: nachhaken. In manchen Fällen reicht ein Telefonat mit der Hausverwaltung, die dann erklärt, weshalb keine Antwort kam. Sofern die Hausverwaltung den Antrag ablehnt, ist eine juristische Konsultation angebracht. Der Basler Mieterverband bietet für seine Mitglieder kostenlose Rechtsberatung. Im Gespräch mit dem Mieterverband lässt sich rasch klären, ob es sich um einen berechtigten oder unberechtigten Einwand gegen die Mietreduktion handelt. Grosse Immobilienfirmen lehnten die Mietreduktion häufig auch grundlos ab und warteten auf die Reaktion der Mieter, sagt Beat Leuthardt. Manche Hauseigentümer schreiben unberechtigte Antworten wie: Man habe die Mieter doch immer sozial und zuvorkommend behandelt, eine Mietreduktion sei deshalb unangebracht. ANZEIGE TagesWoche 26/15 ~~~~~~~~~~~ Premiumsponsoren: Hauptsponsoren: Berechtigte Einwände gibt es schon, zum Beispiel wenn Forderungen aus vergangenen Mietstreitigkeiten zur Verrechnung vorliegen. In einem solchen Fall klärt der Mieterverband die Chancen auf ein erfolgreiches Durchsetzen der Mietreduktion ab. 3. Wenn sich der Vermieter querstellt und der Mieter eigentlich Anrecht auf eine Mietreduktion hat, muss der Mieter den Fall an die Schlichtungsstelle weiterziehen. Die Schlichtungsstelle macht keinen Rechtsspruch, sie versucht mit den Parteien eine Lösung zu finden. Einige Vermieter würden angesichts des Termins bei der Schlichtungsstelle von sich aus einlenken, oder sie senden an diesem Tag einen Fax an die Schlichtungsstelle, in dem sie der Mietzinssenkung zustimmten, sagt Leuthardt. Der Gang zur Schlichtungsstelle ist deshalb in manchen Fällen unumgänglich. 4. Die nächste Instanz ist das Zivilgericht. Wegen Referenzzinssatz-Anpassungen gelangten aber nur wenig Fälle ans Zivilgericht, so Leuthardt. Es mache nur dann Sinn, wenn der Mieter dies auf sich nehmen will und er Erfolgschancen hat. Warteck-Häuser Da sich der Abriss der Warteck-Häuser verzögert, kam es zu einer Mieterstreckung. Doch diese ist bereits wieder passé. Mieter müssen jetzt doch früher raus 16 von Yen Duong G ross war die Freude bei Marco Suter (Name geändert) und seinen WG-Mitbewohnern, als sie Anfang Juni einen Brief der Immobilienverwaltung Wincasa mit der Nachricht erhielten, dass sie bis Ende März 2017 in ihrer Wohnung am Riehenring bleiben dürfen. Eigentlich würde ihr Mietvertrag bereits Ende September 2015 auslaufen. Als Grund für die Mieterstreckung um 18 Monate gab die Verwaltung weitere Verzögerungen beim geplanten Abriss der Warteck-Häuser an. Anstelle der im Jahr 1860 erbauten Liegenschaften plant der UBS-Immobilienfonds Sima, den 90 Meter hohen Claraturm mit 170 Wohnungen zu bauen. Im November 2013 hatte sich die Basler Bevölkerung nach einem emotionalen Abstimmungskampf knapp für das neue Zu früh gefreut: Statt im März 2017 werden die Warteck-Häuser bereits diesen September geräumt. FOTO: DOMINIQUE SPIRGI TagesWoche 26/15 Hochhaus ausgesprochen. «Nachdem wir den Brief der Verwaltung erhalten hatten, sagte ich einer Person zu, die sich schon länger für unsere WG interessiert», sagt Suter. Er hätte dies lieber nicht getan. Denn bereits wenige Tage später folgte die Enttäuschung: In einem zweiten Schreiben teilte die Wincasa den sechs Mietern im Haus mit, dass sie nun doch schon Ende September ausziehen müssen. Man sehe sich wegen einer überraschenden Entwicklung dazu gezwungen, die Offerte zu widerrufen. 17 Service-Wüste Liebe Basler Gastronomen, wollt Ihr denn kein Geld verdienen? Verwaltung bedauert den Schaden Suter kann darüber nur den Kopf schütteln. «Das ist sehr ärgerlich – für uns, aber auch für den vorgesehenen neuen WG-Mitbewohner. Es macht wenig Sinn für ihn, für nur drei Monate einzuziehen.» Bei Wincasa bedauert man den entstandenen Schaden. Grund für dieses Vorgehen sei der Entscheid des Bundesgerichts zum Claraturm gewesen. Wie kürzlich bekannt wurde, hat das Gericht eine Beschwerde von Andreas Bernauer abgewiesen. Bernauer ist Besitzer der vom Abriss betroffenen «Piano-Bar»; er war auch einer der Initianten des Referendums gegen das neue Hochhaus. I Die Bauherrin ist von der raschen Entscheidung des Bundesgerichts auf dem linken Fuss erwischt worden. Hochtouren, die Serviceangestellten versuchten flink, die Wünsche der Kunden zu erfüllen. Kurz: Hier wurde Umsatz gemacht. Volle Restaurants, das freut doch alle, die Gäste, den Unternehmer und die Steuerabteilung des Kantons. Aber warum nur merken viele Gewerbetreibende nicht, dass wir in Basel gesegnet sind mit Events und Besuchern, wie es Gastronomen in Städten kaum zu träumen wagen? Die Schuld allein den Rahmenbedingungen zuzuschieben, ist etwas billig. Am Ende des Tages muss man einfach flexibel sein und auf die Kundenbedürfnisse eingehen können. Jeder Anbieter von Produkten und Dienstleistungen muss sich permanent mit der Frage beschäftigen: Wie kann ich die Wünsche meiner Kundinnen und Kunden in idealer Weise abdecken? Und wenn einmal etwas nicht so funktioniert, wie man Basel ist eine Messestadt und lockt in ge- es sich vorgestellt hat, dann ist auch nicht wissen Wochen sehr viele kaufkräftige Gäs- immer die Politik schuld. te an. Letzte Woche präsentierten sich die Art Basel und weitere Satellitenmessen. P.S. Ein Restaurant im Gundeli hatte sich Eine Chance für den Detailhandel, für die Anfang der Art-Woche bei mir gemeldet Gastronomie, für Partyveranstalter. Aber mit dem Wunsch, ein bis zwei Restauranthaben das alle Gastronomen begriffen? tische auszuleihen für eine geschlossene Letzte Woche wollten wir um 21.30 Uhr Gesellschaft mit über 100 Leuten. Ich noch etwas essen im Kleinbasel. Das eine dachte mir: Gut! Es gibt sie noch in dieser Restaurant mit Schweizer Küche war fast Stadt – die innovativen und erfolgreichen leer. Die Küche sei bereits geschlossen, teil- Gastronomen. × te man uns mit. Schade, sagten wir und spazierten ein paar Meter weiter zu einem Thai Restaurant. Und hier zeigte sich: Man war auf die Messewoche vorbereitet. Hier hatten wir Glück, es war gerade noch ein Tisch frei – das Restaurant war proppenvoll mit Einheimischen und Messegästen. Die gute Stimmung im Lokal war unüberhörbar. Die Küche arbeitete auf «Der Eigentümer wird davon ausgegangen sein, dass das Gerichtsurteil nicht so schnell gefällt wird. Deshalb gab er den Mietern eine Fristerstreckung», heisst es bei Wincasa. Die Immobilienverwaltung betont, dass zwischen Versand des ersten und zweiten Briefs nur wenige Tage vergangen seien. Man habe sehr schnell reagiert. Nicht vom Rückruf der Offerte betroffen sind laut Wincasa die Restaurants in den WarteckHäusern. Baueingabe in Vorbereitung Bei der Vorstellung des 100-MillionenProjekts im Jahr 2011 hatte der UBS-Immobilienfonds Sima noch von einer Realisierung innerhalb von vier Jahren gesprochen. Von diesem Ziel ist man inzwischen weit entfernt. Wie UBS-Mediensprecherin Sabrina Adam sagt, werde die Baueingabe für den Claraturm gerade vorbereitet und in der zweiten Jahreshälfte eingereicht. Wann die Bauarbeiten beginnen können, lässt Adam offen. «Ein verbindlicher Fahrplan für den Baustart ist erst möglich, wenn das Genehmigungsverfahren abgeschlossen ist.» tageswoche.ch/+akzdp × TagesWoche 26/15 n den letzten Monaten wurde eifrig diskutiert, inwiefern der Basler Detailhandel weiter bestehen kann. Das grenznahe Ausland lockt mit günstigen Preisen, aber auch mit einem attraktiven Angebot. Mit dem Niedergang des Euro-Kurses gegenüber dem Schweizer Franken hat sich die Lage nochmals akzentuiert. Nun ist neben dem Detailhandel aber auch die Gastronomie in den Fokus gerückt. Viele Restaurants im deutschen Grenzgebiet haben mittlerweile einen grossen Anteil an Schweizer Kunden und sind an manchen Tagen auch ausgebucht. Der Präsident des Basler Wirteverbands, Josef Schüpfer, beklagte bereits, dass neben den einzelnen Gästen auch Firmenanlässe und Bankette ins grenznahe Ausland abwandern würden. Dass die Rahmenbedingungen nicht die allerbesten sind für schweizerische Gastronomen, lässt sich kaum leugnen. Die Argumente sind bekannt: Hohe Mieten, Personalkosten, höhere Einkaufspreise für Agrarprodukte, Frankenstärke. Dennoch gilt es zu differenzieren. Es gibt Restaurants, die mit dieser schwierigen Situation umgehen können – andere können es weniger gut. Warum merken viele Gewerbetreibende nicht, dass Basel gesegnet ist mit Events und Besuchern? Karl Linder ist TagesWoche-Leser und Betreiber von basel-rooms.ch, einer Plattform, die möblierte Appartements vermietet. Haben Sie einen Text verfasst, der für eine grössere Leserschaft von Interesse ist? Dann schreiben Sie uns : [email protected] tageswoche.ch/+hu0zx Basler Hafen Nach Polizei, Politik und Medien hat sich jetzt auch die Wissenschaft mit den Klybeck-Aktivisten beschäftigt. Unter der Lupe der Soziologen Eine Studie der Uni Basel hat den Problemfall «Rheinhafen» analysiert. FOTO: H.-J. WALTER 18 von Daniel Faulhaber E s gibt diese Zone in der Topografie Basel-Stadts, die einem roten Tuch gleicht. Daran zerren zwar diverse Parteien. Verantwortung übernehmen will aber dennoch niemand. Die Rede ist natürlich vom Basler Klybeckareal. In den vergangenen Jahren hat es unzählige Male die Titelseiten der Medien besetzt. Und jetzt ziert das Areal erstmals das Cover eines Buches. Es handelt sich dabei um eine Studie der Universität Basel mit dem Titel «Urbane Widerständigkeit am Beispiel des Basler Rheinhafen-Areals». Sechs Autorinnen und Autoren unter der Schirmherrschaft des Soziologen Ueli Mäder tragen darin einzelne Aspekte zusammen, die in ihrer Gesamtheit den Problemfall «Rheinhafen» bilden. Damit werden die Auseinandersetzungen um den Stadtteil erstmals zum Gegenstand einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Länger als ein Jahr haben sich die Verantwortlichen mit allen beteiligten Parteien auseinandergesetzt und über die teilnehmende Beobachtung bis zur quantitativen Umfrage keine Methode ausgelassen, um messbare Resultate zu erzielen. Neues erst auf zweiten Blick Herausgekommen ist eine Studie, deren Erkenntnisgewinn nur wenig über das bisher Bekannte hinausreicht. Stück für Stück werden die Proteste nachgezeichnet, die 2011 nach der Präsentation eines Stadtteils «New Basel» ihren Lauf genommen haben und mit der Räumung eines Teils der besetzten Brache im Juli 2014 zu einem Höhepunkt gekommen sind. Bei genauerer Betrachtung vermag die Studie den Ereignissen aber durchaus eine neue Dimension verleihen. Nämlich indem sie den urbanen Widerstand auf raumsoziologische Theorien abstützt. Namentlich der französische Philosoph und Soziologe Henri Lefebvre (1901–1991) und der Basler Soziologe Lucius Burckhardt (1925–2003) bilden dafür die Grundlage. Beide haben in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit ihren Raumkonzepten für Aufruhr gesorgt. Lebendige Städte, so die Prämissen, benötigen Freiräume. Freiräume, deren Koordinaten nicht am Reissbrett der Stadtplaner, sondern durch die spontane Aktion der Bevölkerung bestimmt werden. Und diese Aktion kommt gemäss Lefebvre durch die Wahrnehmung zweier Rechte zustande: das «Recht auf Stadt» und das «Recht auf Differenz». In der Verfassung sucht man vergebens nach diesen beiden Rechten. Doch es sind genau diese zwei Rechte, welche die Bevölkerung der Quartiere Klybeck und Kleinhüningen und insbesondere die Aktivisten rund um den Wagenplatz mit Vehemenz eingefordert haben, wie die Studie zeigt. Das «Recht auf Stadt» beschreibt das Verlangen nach Mitbestimmung und Aneignung des urbanen Raumes durch die Quartierbewohnerinnen und -bewohner. TagesWoche 26/15 19 Theaterfinanzierung Die Entscheidungen und Organisationsvorgänge werden vom Staat weg zu den Menschen und damit in den lokalen Kontext verschoben. Die Menschen bestimmen selbst über den Gebrauchswert ihres Lebensraumes – und entziehen ihn damit dem Besitzanspruch des Staats, der mit seinen Kapitalinteressen vornehmlich den Tauschwert sieht. Einen Tauschwert, der sich beispiels- von Renato Beck weise in Form von schicken Bürogebäuden, Hotels und Luxuswohnungen, kurz: dem s gab eine gemeinsame Sitzung Projekt Rheinhattan manifestiert. Dagegen und dabei wurden die Sparpläne kämpft die Interessengruppe «Klybeckvorgestellt – mehr ist nicht zu erinsel» und schreibt sich ein Burckhardt-Zifahren aus der Basler Regierung, tat auf die Fahne: «Wir selber bauen unsere wenn es um die Sparabsichten des NachStadt.» barkantons geht. Doch dem Vernehmen nach sind sowohl bei der Uni wie auch Neutrale Aufarbeitung beim Theater und beim öffentlichen VerTeil der IG Klybeckinsel sind auch die kehr massive Abstriche an gemeinschaftliBewohner des Wagenplatzes, welche im chen Leistungen zwischen Basel-Stadt und Frühjahr 2013 nach einer «unsäglichen Baselland geplant. Odyssee» (O-Ton Studie) am Hafenareal Als Teil seines massiven Sparpakets will «gestrandet» waren. Sie gehen einen Schritt das Baselbiet den Kulturvertrag künden weiter, indem sie am Diskurs um die Hafen- und mit deutlich tieferer Beteiligung mit insel nicht mit Gegen- oder Alternativpro- der Stadt neu aushandeln. Das ist bereits jekten (Rheinhatten versenken, Vogelinsel) durchgesickert – und sorgt in der Basler partizipieren, sondern physisch Stadtraum Politik für zügellose Kritik. besetzen und ihn sich damit gewissermassen aneignen. Damit beanspruchten sie ein «Recht auf Differenz», ein Leben frei von Einordnungen in Kategorien, die ihnen durch die Gesellschaft oder den Staat aufgezwungen wird. SP-Grossrat Rudolf Rechsteiner Die Reaktion ist bekannt: Die Stadt tole«Parasitär» nennt SP-Grossrat Rudolf rierte einen Teilaustritt aus der Normalität, bis aus ihrer Sicht durch die Erweiterung Rechsteiner das Gebaren der Baselbieter um «Uferlos» und «Hafenscharte» zu viel und wird dabei deutlich: «Würden die BaFreiraum in Anspruch genommen wurde. selbieter dieselben Steuern erheben wie Das Experiment wurde beendet, oder: Das wir, hätten sie 350 Millionen Franken mehr «Recht auf Differenz» wurde rückgebaut. Einnahmen. Stattdessen werden unsere InDie Studie erschöpft sich allerdings stitutionen ausgehöhlt. Man will sich auf nicht darin, die Deckungsgleichheit der unsere Kosten gemeinsamer Aufgaben entRaum- und Widerstandstheorien mit den ledigen.» Über so viel Schamlosigkeit könHandlungen der Aktivisten aufzuzeigen. ne er nur den Kopf schütteln. Sie enthält überdies eine ganze Reihe von Der Ton ist rau geworden, seit sich anInterviews mit Interessenvertretern aller deutet, dass Basel-Stadt in Mitleidenschaft Parteien und reichert dies mit statistischem gezogen wird, wenn das Baselbiet seine DeMaterial zur Wahrnehmung der Hafen- fizite bereinigen will. Stadt an. Den urbanen Widerstand rund Dies bekommt das Theater Basel zu spüum das Basler Hafenareal beschreibt sie ren. Mit einer Mehrheit von 48 zu 36 Stimnicht einfach als Blockade, sondern viel- men scheiterte ein bürgerlicher Antrag im mehr als «soziale Bewegung und damit als Grossen Rat, den Strukturbeitrag von einer Beteiligung an der Diskussion um gesell- Million Franken jährlich an das Theater zu schaftliche Entwicklung». streichen. Die zusätzliche Subvention wird seit 2011 entrichtet, da die Baselbieter ReEndlich Objektivität gierung sich trotz vorhergehender AbmaMit ihrer Studie wollen die Autorinnen chungen weigert, den Betrag zu bezahlen. und Autoren keine Handlungsanleitung Wichtigstes Argument für den bürgerliefern, sondern lediglich die «Sichtweisen lichen Kürzungsantrag: Man wolle ein der verschiedenen Player objektiv darstel- deutliches Signal ans Baselbiet senden, len», heisst es in der Zusammenfassung. dass man nicht bereit ist, jederzeit in die Vielleicht ist es genau diese Objektivität, Bresche zu springen, wenn Liestal nicht die in der Diskussion rund um das Rhein- mehr bezahlen will. Das sagt FDP-Grossrat hafen-Areal bisher zu kurz kam und die Luca Urgese. Als Alternative sieht er nur, dem weiteren Verlauf der Dinge Auftrieb «wie ein Kaninchen vor der Schlange zu geben kann. erstarren». Ausgewiesen ist, dass bereits jetzt Baseltageswoche.ch/+ r4lvp × land viel zu wenig an die kulturellen ZentDie Studie ist im Seminar für Soziologie rumsleistungen der Stadt bezahlt. Augen(Petersgraben 27, Basel) zum Selbstkosfällig wird das beim Theater, an das bislang 4,5 Millionen Franken jährlich überwiesen tenpreis von 15 Franken erhältlich. Die Baselbieter Sparpläne zehren an den Nerven der Basler Politik. Die Emotionen kochen hoch E «Baselland zeigt parasitäres Verhalten.» TagesWoche 26/15 wurden, obwohl 35 Prozent aller Besucher aus dem Landkanton stammen. BaselStadt subventioniert das Dreispartenhaus mit über 40 Millionen Franken jährlich. Guy Morins Drohung Baselland müsste an sich, so hat das die Basler Regierung berechnet, total doppelt so viel an die städtischen Kulturbetriebe überweisen wie bisher – stattdessen will man den Betrag offenbar mehr als halbieren. Wie beispiellos diese Massnahme ist, zeigt ein Vergleich mit anderen Regionen: Selbst Appenzell bezahlt in der Vollrechnung mehr an das Theater St. Gallen als das Baselbiet an die Stadt. Regierungspräsident Guy Morin erkennt darin einen Auftrag: «hart, sehr hart mit dem Baselbiet zu verhandeln». Morin schwebt ein Finanzierungsvertrag vor, der mittelfristig klare Verhältnisse schafft. Er räumt zugleich ein, dass das ein schwieriges Ziel sei. Denn im Baselbiet stehen die Zeichen auf Abkühlung der Partnerschaft, und bislang fand die Basler Regierung in Liestal kaum Gehör für ihre Argumente. Morin droht deshalb auch. Mit einem Bundesartikel, der den Bundesrat berechtigt, Finanzierungsvereinbarungen zu verfügen, wenn Zentrumslasten im kulturellen Bereich nicht abgegolten werden – ein deutliches Signal an die landschaftlichen Kollegen, dass in der Stadt die Geduld zu Ende geht. «Die Abgeltung für die Kultur ist keine freiwillige Leistung», betont Morin. Deutlich zu hören kriegt das auch, wer Martina Bernasconi zuhört, Grossrätin der Grünliberalen. Sie spricht von einem «provinziellen Verhalten» der Baselbieter. «Wie sich der Kanton Basel-Landschaft gegenüber der Stadt verhält, ist ein sehr grosses Ärgernis, es ist richtig schäbig.» Höhere Eintrittspreise für Baselbieter Diese Haltung kann als Konsens aufgefasst werden von links bis rechts. Auch Joël Thüring (SVP) spricht von inakzeptablen Beteiligungen der Baselbieter an gemeinsamen Institutionen. Und er fordert Massnahmen. Seine Forderung will Thüring zeitnah konkretisieren und im Parlament einspeisen, dass alle Auswärtigen künftig mehr bezahlen sollen. Ihm schwebt eine Art Kulturpass für alle Einwohner von Basel-Stadt vor, der zu einem vergünstigten Eintritt berechtigen würde. Erhalten würde man ihn mit der Steuererklärung. Bei der derzeitigen Stimmung im Basler Parlament dürfte der Vorstoss nicht chancenlos sein. tageswoche.ch/+ hd1tz × 20 Eidgenössische Wahlen 2015 Das Baselbiet bereitet sich auf die Wahlen im Herbst vor. Dann bangen die Grünen um den Nationalratssitz von Maya Graf, und Christoph Buser will für die FDP in den Ständerat. Baselbieter Kampf um den Einzug ins Stöckli von Andreas Schwald D eutlich später als in Basel haben Dafür bestückte die Partei das Präsidium die Baselbieter Parteien ihre neu mit Adil Koller und Regula MeschNationalratslisten bestückt. Für berger. Die Partei will nun unter der neuen sie ist es der zweite Wahlkampf Führung ihre zwei Sitze von Eric Nussin diesem Jahr: Traditionsgemäss finden baumer und Susanne Leutenegger Oberholdie eidgenössischen Wahlen im Baselbiet zer behalten – was dank der linksgrünen Alliim gleich Jahr statt wie die kantonalen anz auch realistisch ist. Allerdings wird es Wahlen. Diese dienen so als Gradmesser für eine spannende Partie um den einen Baseldie politische Stimmung im Landkanton. bieter Ständeratssitz. Hier wird der BisheriUnd während die Basler immer noch ge Claude Janiak von den Bürgerlichen einen bürgerlichen Ständeratskandidaten angegriffen; Wirtschaftskammerdirektor suchen, hat das Baselbiet derzeit sogar Christoph Buser (FDP) ist sein grösster Gegzwei: Christoph Buser (FDP) und Hans Fu- ner. Hans Furer von den Grünliberalen dürfrer (Grünliberale) fordern beide den bishe- te allerdings keine grosse Gefahr darstellen. rigen Ständerat Claude Janiak (SP) heraus. Prognose: Die Partei behält ihre zwei Nationalratsmandate. Claude Janiak liegt im Ständerat trotz der gewichtigen KandiDie SP datur von Christoph Buser gut im Rennen. herigen Nationalrätin Daniela Schneeberger und dem Wirtschaftskammerdirektor Christoph Buser gleich zwei Kandidaten mit realen Wahlchancen ins Rennen. Buser soll gleichzeitig auch den Angriff auf den Ständeratssitz von Claude Janiak fahren; als bürgerlicher Topkandidat mit einer potenten Wahlkampfmaschine ist er in einer guten Position. Dank der Partnerschaft mit der stärksten Baselbieter Partei SVP hofft die FDP, allenfalls einen zweiten Sitz zu machen. Prognose: Einen Sitz macht die Partei garantiert. Nur ist offen, ob Christoph Buser stimmenmässig allenfalls sogar noch Daniela Schneeberger überholen kann. Die Grünen Die FDP Kandidierende: Daniela Schneeberger (bisher), Christoph Buser (auch Ständerat), Andreas Dürr, Christine Frey, Christof Hiltmann, Sven Inäbnit, Rolf Richterich. Ständerat: Christoph Buser. Top-Kandidaten: Daniela Schneeberger (bisher), Christoph Buser (auch Ständerat) Hoffnungsträger: Christof Hiltmann Listenverbindung: FDP mit SVP. Eric Nussbaumer, SP Einschätzung: Die Siegerpartei der kantonalen Wahlen vom Februar will den Trend im Herbst wiederholen. Sie schickt mit der bis- Kandidierende: Eric Nussbaumer (bisher), Susanne Leutenegger Oberholzer (bisher), Samira Marti, Miriam Locher, Kathrin Schweizer, Christoph Hänggi (statt Daniel Münger), Martin Rüegg. Ständerat: Claude Janiak. Top-Kandidaten: Eric Nussbaumer (bisher), Susanne Leutenegger Oberholzer (bisher), Claude Janiak (nur Ständerat) Hoffnungsträgerin: Samira Marti Listenverbindung: SP mit Grünen. Einschätzung: Nach dem Verlust ihres Regierungssitzes hatte die Baselbieter SP angekündigt, in die Opposition zu gehen. Maya Graf, Grüne Kandidierende: Maya Graf (bisher), Florence Brenzikofer, Philipp Schoch, Lukas Ott, Karl-Heinz Zeller, Anna Ott, Klaus Kirchmayr Top-Kandidatin: Maya Graf (bisher) Hoffnungsträgerin: Florence Brenzikofer Listenverbindung: Grüne mit SP. Daniela Schneeberger, FDP Einschätzung: Erst die Schlappe an den Februarwahlen, dann die neue Konkurrenzpartei von Landrat Jürg Wiedemann – die Grünen werden es trotz linksgrünem Bündnis nicht einfach haben, den Sitz von Maya Graf zu verteidigen. Aufgeben wollen sie ihn nicht; schliesslich ist Graf ein Urgestein in der natiTagesWoche 26/15 21 onalen Politik und war als alt Nationalrats- Hoffnungsträger: Dominik Straumann Listenverbindung: SVP mit FDP präsidentin bereits höchste Schweizerin. Prognose: Der Kampf wird hart, doch Graf wird ihren Sitz verteidigen können. Einschätzung: Der bisherige Nationalrat Christian Miesch hat seinen Rücktritt bereits bekanntgegeben. So geht nur noch Die CVP Thomas de Courten als Bisheriger ins Rennen; der bislang zweite Sitz wird voraussichtlich neu besetzt. Dass die SVP einen der zwei Sitze einbüssen wird, ist eher unwahrscheinlich: Zu stark ist die Partei im Baselbiet, und die Listenverbindung mit der FDP bringt sie auf die sichere Seite. Prognose: Die Partei behält zwei Sitze: Thomas de Courten (bisher) und Caroline Mall (neu). Die Grünen-Unabhängigen Elisabeth Schneider-Schneiter, CVP Kandidierende: Elisabeth SchneiderSchneiter (bisher), Claudia Brodbeck, Remo Franz, Philippe Hofmann, Alexander Imhof, Béatrix von Sury d’Aspremont, Emanuel Trueb. Top-Kandidatin: Elisabeth SchneiderSchneiter (bisher) Hoffnungsträger: Remo Franz Listenverbindung: CVP mit BDP und GLP Einschätzung: Die bisherige Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter hat nicht vor, ihren Sitz preiszugeben. So führt sie erneut die Siebnerliste der CVP an, die um den Sitzerhalt kämpft. Die Partei verabschiedete sich auch medienwirksam von einem möglichen Bündnis mit SVP und FDP. Die Partei hat eine solide Basis im Unterbaselbiet und den Bisherigen-Bonus ihrer Nationalrätin. Obwohl die CVP sich für eine Kantonsfusion stark gemacht hatte, bleibt sie zuversichtlich, den Sitz halten zu können. Prognose: Elisabeth Schneider-Schneiter wird wiedergewählt. Die SVP Thomas de Courten, SVP Kandidierende: Thomas de Courten (bisher), Caroline Mall, Patrick Schäfli, Sandra Sollberger, Dominik Straumann, Hanspeter Weibel, Jacqueline Wunderer Top-Kandidaten: Thomas de Courten (bisher), Caroline Mall TagesWoche 26/15 Kandidierende: Esther Maag, Jürg Wiedemann, Marie-Louise Rentsch, Markus Clauwaert, Saskia Olsson, Edmond Bernard Top-Kandidat: Jürg Wiedemann Hoffnungsträgerin: Esther Maag Listenverbindung: noch offen. Hans Furer, Die Grünliberalen bindung eingingen. Hans Furer – Landrat bis Ende Juli – kandidiert zugleich für den Ständerat. Er dürfte aber im Kampf um den Sitz nur eine Nebenrolle spielen. Das Hauptgefecht findet zwischen Claude Janiak (SP) und Christoph Buser (FDP) statt. Prognose: Die Partei holt keinen Sitz, weder im National- noch im Ständerat. Die BDP Kandidierende: Marie-Therese Müller, Felix Weber, Doris Vögeli, Beat Schmid, Franziska Were-Imhof, Esther Meisinger, Kevin Beining Top-Kandidatin: Marie-Therese Müller Hoffnungsträgerin: Marie-Therese Müller Listenverbindung: BDP mit CVP und GLP. Einschätzung: Vom schlechten Wahlresultat im Februar niedergeschlagen, sagte Präsidentin Marie-Therese Müller erst, dass die Partei gar nicht für den Nationalrat kandidiere; die BDP verlor drei der vier Landratssitze. Zwischenzeitlich hat sich Jürg Wiedemann, Die Grünen-Unabh. die BDP wieder gefangen. Sie stellt nicht Einschätzung: Die Grünen-Unabhängigen nur eine volle Liste für den Wahlkampf im sind ein neuer Stern am Baselbieter Polit- Herbst, sondern unterstützt auch CVP und himmel, gegründet nach dem Ausschluss GLP mit einer Listenverbindung. Prognose: Die Partei holt keinen Sitz von Jürg Wiedemann aus der Grünen Partei Baselland. Mit Wiedemann selbst und der in Bern. ehemaligen grünen Landratspräsidentin Esther Maag hat die Neo-Partei zwei prominen- Die EVP te Namen auf der Liste. Da die Partei ausser in Kandidierende: Sara Fritz, Martin Geiser, Bildungsfragen kaum in Erscheinung trat Andrea Heger, Daniel Kaderli, Sonja und die Zeit zur Profilierung bis im Herbst Niederhauser, Christian Muhmenthaler, Lukas Keller sehr kurz ist, wird sie keinen Sitz machen. Top-Kandidat: keine Prognose: Die Partei holt keinen Sitz. Hoffnungsträgerin: Sara Fritz Listenverbindung: keine. Die Grünliberalen Kandidierende: Gerhard Schafroth, Tanja Haller, Hans Furer (auch Ständerat), Einschätzung: Die EVP übt den Alleingang. Daniel Altermatt, Peter Staub, Andy Die Partei verzichtet auf eine ListenverbinWerdenberg, Hector Herzig dung mit anderen Parteien und hat demTop-Kandidat: Hans Furer nach noch weniger Chancen auf einen Sitz Hoffnungsträger: Gerhard Schafroth in Bern, als die Partei ohnehin gehabt hätte. Listenverbindung: GLP mit CVP und BDP. Die EVP lässt sich somit aber auch nicht als Wahlhelferin anderer Parteien einspannen. Einschätzung: Auch die Grünliberalen Die Partei tritt mit einer vollen Siebnerliste kämpfen um einen festen Platz auf der Ba- an. Mit den drei Landratsmitgliedern Sara selbieter Politbühne. Allerdings bleibt die Fritz, Martin Geiser und Andrea Heger (ab Partei nach wie vor eine Randerscheinung 1. Juli) ist die Liste dennoch gut bestückt. Prognose: Die Partei kann höchstens neben den grossen Blöcken der Bürgerlichen und der Linken. So dürfen die Grün- einen Achtungserfolg für ihren Sololauf liberalen vor allem als Wahlhelfer für die erzielen; einen Sitz macht sie nicht. CVP auftreten, mit der sie eine Listenver- tageswoche.ch/+6uv1w × Asylsuchende Arlesheim springt in die Bresche von Lucas Huber I n den Sommermonaten versuchen besonders viele Menschen aus Afrika, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Darum erlebt die Zuwanderung aus dem Süden derzeit eine Spitze – und es wird immer enger in den Schweizer Auffangzentren. «Die fixen Asylunterkünfte sind zu rund 100 Prozent ausgelastet», sagt Martin Reichlin, stellvertretender Leiter Information und Kommunikation beim Staatssekretariat für Migration (SEM). Darum sucht der Bund seit ein paar Wochen in der ganzen Schweiz nach Unterkünften. Fündig wurde er in Arlesheim. Die Gemeinde stellt dem SEM für die nächsten sechs Monate ihre Zivilschutzanlage zur Verfügung. Eine Betonrampe führt in den Untergrund unter dem Feuerwehrmagazin. Über Schleusen und durch gelb getünchte Gänge gelangt man in die holzgetäferten Gruppenräume. Dahinter zweigen weitere Gänge ab, die zu den Schlafzimmern führen. 80 bis 100 Asylsuchende werden hier für zwei Wochen bis zwei Monate untergebracht, vorwiegend Eritreer und Somalier, Syrer und Iraker, Menschen aus West- und Nordafrika, in kleineren Zahlen auch aus Afghanistan und Sri Lanka. Reichlin rechnet vor allem mit jungen Männern, aber auch mit Familien. Er hat keine Sicherheitsbedenken: «Wir haben sehr gute Erfahrungen mit dieser Gruppe von Asylsuchenden gemacht.» Zudem wird ein Sicherheitsdienst rund um die Uhr präsent sein, die Bewohnerinnen und Bewohner werden tagsüber betreut. Die Gemeinde kann sie auch für gemeinnützige Arbeitseinsätze aufbieten. Es ist eine temporäre Unterkunft, ihre Belegung wird an die Quote, die die Gemeinde vom Kanton aus zu erfüllen hat, angerechnet. Arlesheim hat sein Soll damit erfüllt. Die ersten 15 bis 20 Asylsuchenden sind bereits am Freitag eingetroffen. Erst vor drei Wochen hat das SEM eine erste Interessensbekundung an den Arlesheimer Gemeindepräsidenten Karl-Heinz Zeller gerichtet, vor einer Woche folgte der offizielle Antrag. Der Gemeinderat fällte seinen Beschluss noch am selben Abend. Für Zeller ist die Unterstützung selbstverständlich: «Wir setzen ein Zeichen der Solidarität gegenüber Bund und Kanton. Und wir wollen einen Beitrag zur sich europaweit verschärfenden Situation insgesamt leisten.» Finanzielle Anreize lässt er nicht gelten, auch wenn die Gemeinde für die Räumlichkeiten Mietzins verlangt und der Bund die Kosten für Unterbringung und Betreuung vollumfänglich übernimmt. Arlesheim hatte bereits während des Jugoslawienkriegs Ende der 1990er-Jahre und zuletzt vor 17 Jahren Asylsuchende in der Zivilschutzanlage untergebracht. tageswoche.ch/+km6dy × 22 Wohnen Modellprojekt fürs Felix-PlatterAreal von Matthias Oppliger D ie Gründungsversammlung der neuen Baugenossenschaft «wohnen&mehr» ist eine beschauliche Veranstaltung. Dennoch wendet sich der frisch gewählte Präsident kämpferisch an seine «Mitstreiter». Vielleicht will Richard Schlägel den Gründungsmitgliedern (15 Wohngenossenschaften, 14 Privaten, zwei Firmen) damit klarmachen, dass das Ziel ein ambitioniertes ist. «wohnen&mehr» will vom Kanton das Baurecht für das Felix-Platter-Areal übernehmen. Aktuell entsteht dort ein neues Spitalgebäude, bis in vier Jahren sollen darin alle Abteilungen des Spitals zusammengelegt werden. Dadurch wird viel Platz frei. Gemäss regierungsrätlicher Arealstrategie sollen auf den 36/000 Quadratmetern bis zu 550 Genossenschaftswohnungen entstehen. Im Vorstand sitzt auch die Architektin Barbara Buser (Gundeldingerfeld, Markthalle). Damit ist auch eine Umnutzungsspezialistin an Bord. Sollte die Regierung ihre Spital-Abrisspläne revidieren, wären entsprechende Kompetenzen vorhanden. Ein Rekurs gegen den Abbruch ist hängig. tageswoche.ch/+e98v6 × Gesehen von Tom Künzli Tom Künzli ist als Illustrator für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften tätig. Der 41-Jährige wohnt in Bern. TagesWoche 26/15 23 Kochen, ganz leicht gemacht: Im Kochhaus werden die Zutaten passgenau nach Rezepten präsentiert. Detailhandel Kochhaus will nach Basel expandieren von Markus Sutter D er Koch gibt Anweisungen, die Gäste raspeln, schnippeln und rühren. Im Kochhaus in Berlin können Gäste selber Hand anlegen. Sie lassen sich von Kochexperten instruieren und dürfen danach ihr selbst fabriziertes Menü gemeinsam essen. Zur Wahl stehen ausgefallene Rezepte: zum Beispiel vietnamesische Reisnudeln mit Chili-Rinderfilet, Limette und Erdnüssen. Danach sei Basel «als zweite Anlaufstelle sicher optimal». In der Akazienstrasse im Bezirk Schöneberg bauten sie 2010 das erste Kochhaus auf. Inzwischen gibt es in der deutschen Hauptstadt bereits drei Läden (noch in Kreuzberg und auf dem Prenzlauerberg), die nach dem gleichen Muster funktionieren. Andere Städte – unter anderem Frankfurt am Main, Hamburg, München, Köln – zogen rasch nach. Die Einkaufsliste hat ausgedient. Zutaten für jedes Rezept finden sich an einer Stelle, portionengerecht aufgeschichtet. Was ist aber nun eigentlich das Besondere an diesem neuen Konzept, mit dem Basel soll nach Zürich kommen 2014 immerhin ein Umsatz von 8,3 MillioWas in Berlin funktioniert, wollen die nen Euro erzielt werden konnte? drei Jungunternehmer von der Kochhaus Wer ein Kochhaus aufsucht, erkennt soGmbH auch in der Schweiz versuchen. fort den Unterschied. Das Erfolgsrezept «Die Expansion in die Schweiz ist in vollem lautet: Produkte und Zutaten werden dort Gange. Wir führen derzeit viele Gespräche nicht mehr nach Warengruppen, sondern mit potenziellen Franchisenehmern», nach Rezepten sortiert. Der Vorteil beginnt sagt die Kommunikationsverantwortliche also bereits beim Einkauf. Sissy Voigt. Kundinnen und Kunden der Kochhaus Der Fokus werde zuerst auf Zürich ge- GmbH müssen nicht alle Zutaten an verlegt. «Sobald für diesen Standort der schiedenen Orten zusammenkaufen und geeignete Partner gefunden ist, gehen wir am Schluss erst noch einen Grossteil davon in die umfassende Immobiliensuche.» zu Hause wieder entsorgen, weil sie keine TagesWoche 26/15 FOTO: KOCHHAUS kleinen Mengen für ein einzelnes Menü bekommen. In den Kochhäusern hat der Einkaufszettel ausgedient. Die Zutaten für jedes Rezept finden sich direkt an einer Stelle, portionengerecht auf einem dekorierten Tisch aufgeschichtet. In den Kühltruhen daneben lagern das Fleisch und verderbliche Produkte. Alles aus einer Hand Die Kundinnen und Kunden müssen die ausgelegte Ware nur noch in den Einkaufskorb legen – sie müssen nur wissen, wie viele Gäste zu Hause zu verpflegen sind. «Unser Rezept-Portfolio umfasst über 400 Rezepte, und es kommen jede Woche weitere spannende Kreationen hinzu», erklärt Voigt. Wöchentlich würden in den Kochhäusern drei Rezepte ausgetauscht. In jedem Kochhaus gebe es 18 Rezepttische. Wer keine Zeit zum Einkaufen im Kochhaus hat, kann sich alle Bestandteile auch nach Hause liefern lassen, bei Bedarf inklusive Kochutensilien und Spülmittel. Für jedes Gericht existiert zudem eine detaillierte, bebilderte Kochanleitung für zu Hause, die wirklich jeder versteht, der lesen kann. Für eine Vorspeise zahlen Gäste knapp fünf Euro, eine Hauptspeise kostet mit allem Drum und Dran rund sieben bis acht Euro. Ein Kochkurs kostet in Berlin 75 Euro, alles inklusive. In der Schweiz dürften die Preise etwas höher liegen. tageswoche.ch/+krxhk × 24 Bildstoff 360° tageswoche.ch/360 Dover 90%000 Menschen besuchten das Firefly Music Festival im US-Bundesstaat Delaware. Da mag es lauschigere Plätzchen zum Kuscheln geben. Doch die Gelegenheit ist vergleichsweise günstig: An gleicher Stelle finden sonst Nascar-Rennen statt. MARK MAKELA /REUTERS Yulin Die Sonnenwende feiert man im südchinesischen Yulin mit einem Hundefleisch-Festival. Wie Bilder zeigen, gehts da ziemlich barbarisch zu und her. Mit dem eigenen, vermutlich durchaus geliebten Hund da aufzutauchen, auf diese Idee muss man aber erst einmal kommen. KIM KYUNG-HOON/ REUTERS New Delhi Demonstrativ entspannt: Zum ersten Welt-YogaTag versammelten sich 37%000 Yogis allein in Indiens Hauptstadt. In der ersten Reihe mit dabei: Premierminister Narendra Modi. INDIA’S PRESS /REUTERS TagesWoche 26/15 25 Baku Wie bringt man Sportler zum Aufwärmen? Wie es nicht geht, weiss man seit dem Song «Dance The Warm Up», mit dem uns die Suva lange auf den Skipisten quälte. Die aufgesetzte Fröhlichkeit bewegte rein gar nichts. Erfolgreicher waren die Veranstalter der Europaspiele bei den Bogenschützen: mit einem ehrlichen Smiley. KAI PFAFFENBACH/ REUTERS Eriwan In Armenien leiden viele Menschen unter Armut. Dass um rund 20 Prozent erhöhte Strompreise beim Volk nicht gut ankommen, damit dürften die dafür verantwortlichen Behörden gerechnet haben. Bei den Demonstrationen in der Hauptstadt liessen die Wasserwerfer jedenfalls nicht lange auf sich warten. PHOTOLURE/REUTERS TagesWoche 26/15 26 Interview Antonio Loprieno Zehn Jahre prägte der Ägyptologe als Rektor die Uni Basel. Jetzt hört er auf und gibt sein Amt mit einem guten Gefühl ab. «Ich habe gelernt, Prioritäten zu setzen» von Yen Duong A ntonio Loprieno ist auf dem von Amtsmüdigkeit. Deshalb fühle ich Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Sprung. In seinem Büro am mich nun auf eine Art auch befreit. der Kanton Basel-Landschaft ein sehr Petersplatz stehen Kisten herum, Gehen Sie mit einem guten Gefühl? zuverlässiger Partner der Uni Basel ist. Ich die Bilder an den Wänden hat Mit einem sehr guten. hatte während meiner zehnjährigen Amtser bereits abgehängt. Nur noch wenige Das ist schwer zu glauben, zumal die zeit nie das Gefühl, dass sich der LandWochen, dann gibt er sein Amt als Rektor Baselbieter SVP fordert, dass der kanton weniger mit der Uni verbunden Vertrag über die gemeinsame Träger- fühlt als der Stadtkanton. der Universität Basel ab. Im Gespräch macht er wie immer einen schaft der Uni Basel gekündigt Die Annahme der Masseneinwandewird!– und sogar die Baselbieter zufriedenen und lockeren Eindruck. Es rungs-Initiative (MEI) hatte auch Regierung denkt über eine Kürzung werde ihm allerdings schwerfallen, sich einen Einfluss auf Ihren Rücktritt. So der Beiträge nach. Das müsste Sie künftig nicht mehr einmischen zu dürfen, sagten Sie letzten Herbst, dass Ihnen doch beunruhigen. das Ja eine Art Abhängigkeit Ihrer sagt der charmante 60-Jährige. Funktion vom politischen Geschehen Herr Loprieno, in wenigen Wochen Selbstverständlich ist das keine schöne vermittelt. Dies gebe Ihnen zu denken. hören Sie als Uni-Rektor auf. Spüren Angelegenheit. Dennoch bin ich zuverInwiefern sind die Konsequenzen des Sie Wehmut? sichtlich, dass es nicht zu Kürzungen von Entscheids heute für die Uni spürbar? Und wie! Es ist ein Verlust, dieses Amt Baselland kommen wird. nicht mehr auszuführen. Aber es ist ein Woher die Zuversicht? Baselland Die primäre Konsequenz ist die atmoschreibt tiefrote Zahlen und muss gewollter Verlust. Denn ich spürte vor meisphärische Unsicherheit, die dieser Entheftig sparen. ner Rücktrittsankündigung auch Zeichen scheid hinterlassen hat. Jedes Mal wenn TagesWoche 26/15 27 Antonio Loprieno wurde 1955 in Italien geboren. Er studierte Ägyptologie, Sprachwissenschaft und Semitistik an der Universität von Turin, danach lehrte er in Italien, Deutschland, Frankreich, den Vereinigten Staaten, Israel. Seit 2000 ist Professor Loprieno Ordinarius für Ägyptologie an der Universität Basel, seit 2005 Rektor. «Dieses Amt ist irgendwie eine Schule der Demut. Man lernt seine Grenzen kennen.» TagesWoche 26/15 FOTOS: BASILE BORNAND 28 wir einen Top-Wissenschaftler für die Uni rekrutieren wollten, tauchte die Frage auf: Wird er auch in zwei Jahren an der europäischen Förderung teilnehmen dürfen? Dann musste ich leider antworten, dass ich das nicht weiss. Gab es wegen der MEI schon Absagen von hochkarätigen Bewerbern? Diese Frage ist schwer zu beantworten, zumal man den wahren Grund für eine Absage ja nie erfährt. Apropos Internationalität: Im Ranking von «Times Higher Education» befindet sich die Uni Basel auf Platz 75 und zählt somit zu den 100 besten Hochschulen der Welt. Wie wichtig waren solche Rankings für Sie? Wir arbeiten an der Uni nicht explizit für diese Rankings. Aber natürlich sind sie auch ein Indikator für Qualität. Wir sind nicht Harvard und können auch nie Platz 10 erreichen. Dennoch sind wir eine Uni von Weltformat. Die Rankings sind also eine Bestätigung, dass wir als lokal verankerte Uni unsere Arbeit auf Weltniveau machen. Das ist ein ausgezeichneter Erfolg. Ein Spagat dürfte auch der Umgang mit Sponsoring sein. Private Geldgeber werden immer wichtiger für die Uni. Wann ist das gesunde Mass überschritten? Die Grenze wäre dann überschritten, wenn die Uni auf ihre Autonomie in Lehre und Forschung verzichten müsste. Die privaten Geldgeber lassen der Uni also noch genügend Freiheiten? Ich glaube schon. Sie hätten die Frage aber auch anders stellen können. Wie denn? Wie sieht es denn mit der staatlichen Intervention aus? Der Staat ist schliesslich Eigentümer. Ja. Aber der Punkt ist doch: Sie und ich kommen aus einer Kultur, in der angenommen wird, dass der Staat sich nicht einmischt, Private aber schon. Das stimmt jedoch so nicht. Wir erleben viele staatliche Interventionen. Das ist auch gut so, zumal wir dem Staat ja gehören. Es wird aber oft davon ausgegangen, dass die Unterstützung vom Staat ohne Wenn und Aber kommt. Dabei ist diese Unterstützung mit einem Leistungsauftrag, also mit Auflagen verbunden. Man darf nicht davon ausgehen, dass der Staat absolut gar nicht interveniert, die Privaten hingegen jede Sekunde auf das Geld schauen. Ich finde es immer besser für eine Uni, wenn ihr Geld nicht nur von einer Seite kommt. Es ist sehr wichtig, dass die Geldquellen etwas differenziert sind. Unser Anteil an privaten Drittmitteln beträgt rund 10 Prozent, was im Sinne der Autonomie absolut ungefährlich ist. Wenn es um mehr Geld für die Uni geht, wird auch immer wieder die Idee ins Spiel gebracht, dass ausländische Studenten mehr zur Kasse gebeten werden könnten. Dagegen habe ich mich immer gewehrt. Eine Gleichbehandlung zwischen ausländischen und Schweizer Studenten war mir «Es herrschte in all den Jahren eine gewisse Kontinuität, darüber freue ich mich.» immer ein wichtiges Anliegen – und zwar nicht aus christlicher Nächstenliebe. Sondern? Weil wir als eine Universität im Grenzbereich auch sehr stark auf ausländische Studenten angewiesen sind – namentlich aus Südbaden. Zudem wäre eine Trennung auch nicht förderlich für die Einbindung der Uni Basel in der Region. Es gibt aber nicht nur einen pragmatischen Grund für die Aufrechterhaltung des jetzigen Systems, sondern auch einen historischen: Wir sind eine Universität in der Tradition des Humanismus. Und es gehört zu einer humanistischen Universität, dass alle Studierenden gleich behandelt werden – egal woher sie kommen. «Es gehört zu einer humanistischen Uni, dass alle Studierenden gleich behandelt werden.» Wenn Sie auf Ihre zehnjährige Tätigkeit zurückblicken: Auf was sind Sie besonders stolz? Stolz ist so ein komplexes Wort'… Nicht so bescheiden, Herr Loprieno! Wenn es um Stolz geht, bin ich immer ein bisschen gehemmt. Aber falls ich mich dazu durchringen würde, das Wort in den Mund zu nehmen, dann wäre ich stolz darauf, dass in all diesen Jahren keine von uns verursachte Tragödie das Leben der Universität gestört hat. Sie sind einfach froh, dass die Uni Sie unbeschadet überlebt hat? (lacht) Einfach, dass es keine schwerwiegenden Probleme gab. Es herrschte in all den Jahren eine gewisse Kontinuität. Darüber freue ich mich. Gibt es auch ein Ziel, das Sie nicht erreicht haben? Wenn ich ehrlich bin, ja. Und zwar war ich ausgerechnet in dem Bereich schlecht, der mir als Ägyptologe am nächsten steht. Den Geisteswissenschaften? Genau. Es ist mir nicht gelungen, die Geisteswissenschaften in unsere neue akademische Landschaft zu überführen. So organisieren die Geisteswissenschaftler ihr Studium weiterhin so, als ob wir noch das Jahr 1980 schreiben würden: stur nach Fächern. Das halte ich für veraltet. Vielversprechender wäre eine interdisziplinäre Form der Ausbildung. Leider konnte ich meine Kollegen nicht davon überzeugen. Und woran liegt das? An der mangelnden Offenheit der geisteswissenschaftlichen Fakultät? Das wäre die einfachste Interpretation, von der ich nicht ausgehe. Es gibt zwei Faktoren, einen persönlichen und einen kulturellen. Der kulturelle ist, dass die akaTagesWoche 26/15 29 demische Landschaft für die Geisteswissenschaften in den letzten Jahren rauer geworden ist als für die Naturwissenschaften. Dazu kommt der persönliche Faktor: Es ist besonders anspruchsvoll, die eigenen Kollegen zu überzeugen. Umgekehrt ist es auch immer schwieriger für die Kollegen, sich von jemandem überzeugen zu lassen, der zu ihnen gehört. Weil man Sie dort nicht als Chef sieht, sondern als Kollege? So ist es. Dann wird es am komplexesten, die eigene Leitungsfunktion richtig zu erfüllen. Ihre Nachfolgerin Andrea SchenkerWicki ist die erste Frau in der Geschichte der Universität Basel. Inwiefern ist es von Vorteil, dass nun eine Frau dieses Amt ausübt? Ich freue mich sehr über ihre Wahl. Für die Leitungsfunktion spielt es meines Erachtens keine Rolle, ob nun ein Mann am Werk ist oder eine Frau. Ich glaube nicht, dass eine Frau etwas besser kann als ein Mann oder ein Mann etwas besser als eine Frau. Aber im Sinne der Zeichenhaftigkeit finde ich es sehr schön und bezeichnend, dass wir als klassische humanistische Universität nun die erste Rektorin haben. Ein Zeichen dürfte auch die sehr wirtschaftswissenschaftliche Biografie von Frau Schenker-Wicki sein. Somit dürfte klar sein, in welche Richtung die Uni gehen wird. Es gibt bestimmte Ämter, zu denen man unabhängig vom Background gewählt wird. Und dazu zählt das Amt des Rektors. Am Schluss entscheidet das Gesamtpaket. Daher ist die Herkunftsfakultät von Frau Schenker-Wicki für ihre Funktion als Rektorin irrelevant. Bei mir hiess es damals auch: «Oh Gott, ein Ägyptologe!» Welche Herausforderungen hinterlassen Sie Ihrer Nachfolgerin, Andrea Schenker-Wicki? Ohne meine Nachfolgerin in irgendeinem Sinne in ihrem Gestaltungsspielraum einschränken zu wollen: Die künftigen Herausforderungen werden sich von den vergangenen nicht gross unterscheiden. Primär schaue ich es als eine grosse Herausforderung an, die lokale Verwurzelung der Uni Basel mit einer Wissenschaft zu verbinden, die immer internationaler wird. Das ist immer ein schwieriger Kompromiss – ein Spagat. Sie bleiben der Uni Basel erhalten. Wird es Ihnen schwerfallen, nichts zu sagen? (überlegt) Ja, es wird mir schwerfallen und ich werde mich zurückhalten müssen. Erst recht, wenn man noch so nahe dran bleibt. Jede andere Antwort wäre unehrlich. Ich habe mir jedoch vorgenommen, nie etwas zu sagen, wenn ich nicht explizit von meiner Nachfolgerin gefragt werde. Aber wird das schwierig für mich werden? Ja, und wie! Sie haben nun wieder mehr Zeit. Sie könnten ja auch für den Ständerat kandidieren, wie es die BaZ vorschlug. TagesWoche 26/15 Oh nein, das wäre nichts für mich. Ich bin ein politischer Mensch, weil es mir gefällt, Ideen zu vertreten. Aber ich bin wahrlich kein Parteipolitiker. Das würde mich zu fest einengen. Aber welche Partei liegt Ihnen am nächsten? In meiner persönlichen Einstellung gibt es sowohl linke auch als bürgerliche Haltungen. Wenn es um die Wirtschaft geht, bin ich ein klassischer Liberaler. Geht es aber um die gesellschaftliche Öffnung, dann ein klarer Linker. Als ich 1980 in Deutschland anfing, mich für die Politik zu interessieren, war ich damals eher dem linken Flügel der FDP zuzuordnen. Ich bin also alles in allem ein Linksliberaler. schon sehr provinziell. Vielleicht sind solche Diskussionen aber ja auch unausweichlich. Was war das Mühsamste in Ihrem Job? Nichts Spezielles. Aber vielleicht, dass man sich als Rektor keine richtige Erkältung leisten darf. Als Rektor braucht man nicht sehr viel Intelligenz, denn wenn man einen Fehler macht, gibt es genügend Leute unter oder über einem, die korrigierend eingreifen. Dafür braucht man jedoch viel Gesundheit. Ist man zwei Tage hintereinander krank, dann führt dies zu grossen Störungen. Man muss also zu Gott beten, dass er einem in diesem Amt Gesundheit gewährt. Hat das Amt Sie sehr verändert? Bevor ich als Rektor anfing, gab es zwei heilige Aspekte in meinem Leben. Erstens: immer alles erledigen, was man von mir erwartet. Zweitens: es immer allen recht machen. Ich habe in diesem Job gelernt, Prioritäten zu setzen. Man kann als Rektor nicht alles erledigen, und man kann es nicht immer allen recht machen. Auch wenn man sich darum bemühen sollte. Dieses Amt ist irgendwie eine Schule der Demut. Man lernt seine Grenzen kennen. Über welche Diskussionen in Basel regen Sie sich hin und wieder auf? Und das ist eine wichtige Lehre. Vorher habe ich Ihnen ja gesagt, dass Wie möchten Sie als Uni Rektor in sich die Uni an der Schnittstelle von LokaErinnerung bleiben? lem und Globalem befindet. Dasselbe gilt Als ich jung war, war ich Fussballfür unsere Stadt, die ich als eine Art Mega- schiedsrichter. Der beste Schiedsrichter ist Uni lese. Wir haben einerseits Aspekte, die der, der auf dem Feld nicht gesehen wird. sehr provinziell sind, andererseits sind wir Denn wenn ein Schiedsrichter ständig aber auch auf Weltniveau platziert. pfeift, wird er zum Protagonisten. ProtagoWas meinen Sie damit genau? nisten sind jedoch die Leute an der Uni – Besonders in Wissenschaft, Kunst und der Rektor ist deren Botschafter. Wenn ich Architektur sind wir eine Stadt von Weltfor- als ein Schiedsrichter in Erinnerung bleibe, mat. Aber wenn ich sehe, wie wir darüber der so wenig wie nötig pfiff, als ein nicht diskutieren, wie unser Verkehr organisiert obsessiver Steuermann, dann bin ich schon werden sollte und ob wir einige Polizisten zufrieden. mehr bräuchten, dann wirkt das manchmal tageswoche.ch/+zbpn1 × «Ich lese Basel als eine Art Mega-Uni: Wir haben provinzielle Aspekte, sind aber auch auf Weltniveau.» ANZEIGE TagesWoche To Go: An diesen Orten liegt die TagesWoche zum Lesen und Mitnehmen auf. Eiscafé Acero Flora Buvette Café del mundo Bio Bistro Bacio Schmaler Wurf Okay Art Café Café St. Johann Da Francesca Rheingasse 13 Rheingasse 10 SantaPasta Rheingasse 47 SantaPasta St. Johanns-Vorstadt 13 Mercedes Caffè Schneidergasse 28 Jonny Parker St. Johanns-Park 1 Café Frühling Klybeckstrasse 69 Valentino’s Place Kandererstrasse 35 Restaurant Parterre Klybeckstrasse 1b KaBar Kasernenareal Volkshaus Rebgasse 12–14 Buvette Kaserne Unterer Rheinweg Buvette Oetlinger Unterer Rheinweg Unterer Rheinweg Schützenmattstrasse 11 Hallo Güterstrasse 158 Elsässerstrasse 40 St. Johanns-Vorstadt 70 Mörsbergerstrasse 2 Elisabethenstrasse 14 Gundeldinger-Casino Ba- Pan e più Grenzacherstrasse 97 sel Güterstrasse 211 Café Huguenin AG Barfüsserplatz 6 Da Graziella AG Feldbergstrasse 74 LaDiva Ahornstrasse 21 ONO deli cafe bar Leonhardsgraben 2 Restaurant Papiermühle St. Alban-Tal 35 Confiserie Beschle Centralbahnstrasse 9 Bistro Kunstmuseum St. Alban-Graben 16 Pfifferling Deli Gmbh Güterstrasse 138 Bistro Antikenmuseum St. Alban-Graben 5 Nooch St. Jakobs-Strasse 397 Café Spielzeug Welten Restaurant Chez Jeannot Museum Basel Elisabethenstrasse 16 Caffè.tee.ria Paganini Centralbahnstrasse 14 Haltestelle Gempenstrasse 5 5 Signori Güterstrasse 183 Werk8 Dornacherstrasse 192 Unternehmen Mitte Gerbergasse 30 kult.kino atelier Theaterstrasse 7 Café-Bar Elisabethen Theater-Restaurant tibits Stänzlergasse 4 Campari Bar Steinenberg 7 Ca’puccino Falknerstrasse 24 Paul Sacher-Anlage 1 Steinenvorstadt 1 Birmannsgasse 1 Bar Caffetteria Amici miei Azzarito & Co. Gewerbestrasse 30, Allschwil Basel Backpack Van der Merwe Center Jêle Cafè Mühlhauserstrasse 129 Allschwilerstrasse 99 Dornacherstrasse 192 30 Schweizer Europapolitik Der von den Bürgerlichen geforderte Rückzug des EU-Beitrittsgesuchs würde die Abschottungshaltung nur verstärken. Unnötiger Rückzieher Online tageswoche.ch/ themen/ Georg Kreis Das alte Lied: Die Welt verändert sich, aber die Schweiz bleibt gleich. FOTO: KEYSTONE von Georg Kreis E ine wichtige Abstimmung konnte am 10. Juni nicht stattfinden, weil das traditionelle Sommerreisli der Fraktionen Priorität hatte. Jetzt kommt das Geschäft frühestens in der Herbst-Session wieder auf den Tisch. Bei dieser besonderen Abstimmung wäre es um die Frage gegangen, ob der Bundesrat endlich das EU-Beitrittsgesuch zurückziehen soll, das er am 20. Mai 1992 nach Brüssel abgeschickt hatte. SVP-Nationalrat und Auns-Präsident Lukas Reimann verlangt einen solchen Rückzug mit einer bereits im März 2014 eingereichten Motion. Noch heute – und heute mehr denn je – wird im Gesuch um die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen ein hochgradiger Politfehler gesehen, weil es die Chancen für ein EWR-Ja stark reduziert habe. Die Gegner jeglicher institutionellen Annäherung hätten diesen Fehler zwar begrüssen müssen und taten dies insgeheim vielleicht auch, weil dieser Schritt mitverantwortlich dafür war, dass am 6. Dezember 1992 der EWR-Vertrag abgelehnt wurde. Dieses im Bundesrat mit knapper 4:3-Mehrheit zustande gekommene und von alt Bundesrat Arnold Koller als «überstürzt» bezeichnete Gesuch um Beitrittsverhandlungen war indessen nicht so tollkühn oder gar «hirnverbrannt», wie das aus der Distanz von ein paar Jahren den Nichtinformierten erscheinen mag. Andere Länder (Österreich, Schweden, Finnland) hatten schon vor jenem 20. Mai solche Verhandlungsgesuche eingereicht. Wollte die Schweiz beim anlaufenden Verhandlungsprozess als Vollmitglied mitreden und ihre nationalen Interessen bei den Revisionsverhandlungen der bestehenden EG-Verträge einbringen können, musste ein solches Gesuch vor dem Juni 1992 eingereicht werden. Jakob Kellenberger, der ehemalige Chefunterhändler der später ausgehandelten Bilateralen I, sah im EWR-Abkommen, weil es eine Beteiligung ohne Mitwirkung vorsah, ebenfalls bloss einen Zwischenschritt. Es war klar, dass im Abstimmungskampf zum EWR die dahinter liegende Vollmitgliedschafts-Variante in jedem Fall ein Thema gewesen wäre, und darum sei es richtiger – auch ehrlicher – gewesen, offen dazu zu stehen. «Ewiggestrige EU-Turbos» Wie man weiss, wurde die Einstufung des EWR als Zwischenschritt und «Trainingslager» (Adolf Ogi) als verhängnisvoll für den Ausgang der EWR-Abstimmung eingeschätzt. Allerdings gab es auf dem unglücklichen Weg zum 6. Dezember mehrere und grössere Fehler als gerade diesen. Der EU-Beitritt war in dieser Zeit eine sowohl von der CVP als auch von der FDP verfolgte Zielsetzung: Bei der CVP gab es dazu sogar einen Parteitagsbeschluss, und die FDP ging mit der Vision «Unsere Schweiz 1999–2003» davon aus, dass die Schweiz bis TagesWoche 26/15 31 zum Jahr 2007 EU-Mitglied sein werde. Noch nach Annahme der Bilateralen I vom Mai 2000 sprach sich eine starke Mehrheit (15:8) der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats für eine Reaktivierung des Beitrittsgesuchs vor Ablauf der Legislaturperiode im Jahr 2003 aus. Da es dabei um eine Grundsatzfrage ging und nicht bloss um eine momentane Befindlichkeit, muss man sich fragen, warum jetzt etwas total daneben sein soll, was einmal breit akzeptierte Zielsetzung war. Und dahinter wartet jetzt die Frage, ob die momentan vorherrschende Meinung definitiv sei oder ob sie gelegentlich wieder einer anderen Beurteilung Platz machen wird. «Die Welt verändert sich», ruft Reimann den «ewiggestrigen EU-Turbos» zu. Diese verändert sich möglicherweise auch wieder einmal in die entgegengesetzte Richtung, könnte man dem fundamentalistischen EU-Gegner erwidern. mit ihrer Nachgiebigkeit dem Auns-Präsidenten in die Hände, die er sich, um im Bild zu bleiben, dann zu Recht triumphierend reiben kann. Der Effekt: Die Kräfte, die zur EU auf grösstmögliche Distanz gehen wollen, werden nicht etwa besänftigt, sie werden im Gegenteil ermuntert, den Ruf nach einer Schweiz ohne EU weiter zu akzentuieren. In der Reimann-Motion findet sich der vielsagende Satz: «Als Schweiz haben wir die Möglichkeit, zu zeigen, dass es ohne EU besser geht und dass es Alternativen gibt.» Lukas Reimann geht davon aus, dass das schubladisierte Gesuch die Verhandlungen, die mit dem Ja zur Masseneinwanderungs-Initiative nötig geworden sind, erschwere, weil die EU wegen des noch immer nicht zurückgezogenen Gesuchs in der Schweiz keine unabhängige und selbstständige Nation erblicke, sondern weiterhin eine Beitrittskandidatin. Dem muss man entgegenhalten, dass die schwierigen Verhandlungen, die uns die SVP eingebrockt hat, sicher nicht durch das alte Papier beeinflusst werden oder, sollte die alte Beitrittsperspektive im Hintergrund doch noch eine Rolle spielen, diese sich für die Schweiz höchstens günstig auswirken würde. Diejenigen, die vom Königsweg der Bilateralen schwärmen, zugleich jetzt aber die Motion des SVPler unterstützen wollen, sind sich nicht bewusst, wie sehr diese Bilateralen nur wegen Seit ihrem Sieg von 1992 sind die rechts- des Gesuchs vom 20. Mai möglich waren. nationalen Kräfte es nicht müde geworden, Die EU hat dem ausserordentlichen bilateden Rückzug des Gesuchs zu verlangen. ralen Weg bloss als Zwischenkonzession Bundesrat und Mehrheit des Nationalrats gegenüber einem vorläufigen Noch-Nichtwaren aber standhaft geblieben und hatten mitglied zugestimmt. die Vorstösse mit dem Argument abgewehrt, Die bürgerliche Mitte meint, mit dieser dass das Gesuch ja gegenstandslos sei und Konzession Ballast abwerfen und damit darum auch nicht in aller Form zurückgezogen werden müsse. Schon im Dezember ANZEIGE 2013 hatte der Bundesrat in einer Antwort auf eine andere SVP-Motion zu beruhigen versucht, er werde in Brüssel ausdrücklich erklären, dass die Schweiz der EU nicht beitreten wolle und das 1992er-Gesuch wirklich für gegenstandslos betrachte. Die Reimann-Motion will der Bundesrat wiederum nicht annehmen. Ob er dabei vom Parlament unterstützt wird, ist jedoch fraglich. Glaubt man gewissen Pressemeldungen, ist von der alten Standhaftigkeit neuerdings nicht mehr viel übrig und die schwächelnde bürgerliche Mitte bereit, dem rechtsnationalen Drängen nachzugeben. Selbst die Baselbieter CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter wird als Befürworterin eines Rückzugs zitiert, den sie aber nicht so verstanden haben will, dass die Schweiz nicht mehr mit der EU zusammenarbeiten soll. Die Exponenten der bürgerlichen Mitte rechtfertigen ihre Zustimmung damit, dass der Rückzieher aussenpolitisch wenig relevant sei, aber innenpolitisch der SVP endlich ein Dauer-Wahlkampfthema entreisse. Der erste Punkt trifft zu, der EU ist diese Minikorrektur sicher egal, sie hat andere, gewichtigere Probleme zu lösen. Der zweite Punkt dagegen geht überhaupt nicht auf. Die bürgerliche Mitte spielt Selbst CVP-Nationalrätin Elisabeth SchneiderSchneiter wird als Befürworterin eines Rückzugs zitiert. TagesWoche 26/15 leichter für die Erhaltung der Bilateralen kämpfen zu können. Die Konzession würde aber, was erstaunlicherweise überhaupt keine Rolle spielt, gegenüber EU-Fundamentalgegnern gemacht, die sich jetzt bestärkt fühlen und die aus ihrem Erfolg Kapital schlagen können. Reimann & Co. geht es jedenfalls nicht darum, gute Voraussetzungen für deren Erhalt zu schaffen – im Gegenteil. Argumente aus dem Kalten Krieg Heute müsste es eigentlich um zwei Ziele gehen: Erstens um die Verteidigung der Resultate dieses ausserordentlichen Entgegenkommens und zweitens um eine Fortsetzung des angeblichen «Königswegs», die darin besteht, dass ein institutionelles Rahmenabkommen für alle bisherigen Bilateralen und im Moment mindestens ein zusätzliches Abkommen im Elektrizitätsbereich zustande kommt. Und genau das wird von der Seite entschieden bekämpft, der man jetzt entgegenkommen will. Als der «Blick» über die inzwischen zurückgestellte Motion Reimann berichtete, löste dies eine Flut von Reaktionen aus: Gegen 2000 Blogger unterstützten mit Daumen nach oben den geforderten Rückzug. Ein Leser reagierte mit einem Argument aus der Zeit des Kalten Kriegs, als Andersdenkenden der Weg nach «Moskau» gewiesen wurde: Er forderte diejenigen, die gegenüber der EU eine kooperationsfreundliche Haltung einnehmen, sollen gefälligst in eines der EU-Länder auswandern. Solche Stimmen übersehen, dass es auch denjenigen, die gegen die rechtsnationale Abschottungshaltung sind, um die Interessen der Schweiz geht. tageswoche.ch/+013qs × 32 Vania Alleva Seit letzter Woche ist Vania Alleva die alleinige Präsidentin der Gewerkschaft Unia. Zum Start ihr persönlicher Aufruf zu einem furchtlosen Leben in Solidarität. ser verteidigt werden können. Die Unia ist keine «geschützte Werkstatt». Auch bei uns gibt es Konflikte, auch bei uns wird Leistung verlangt. Aber die Bewegung Unia ist keine Kampfzone «jeder gegen jeden». Wir setzen uns ein für gemeinsame Werte und Überzeugungen. Für gemeinsame Ziele, die viel mehr bedeuten als individuelle Erfolge und Niederlagen. Dafür schenken wir uns gegenseitig Respekt und immer wieder Solidarität. Und daraus ziehe ich meine Kraft und Motivation. Darum habe ich keine Angst. E ine ereignisreiche Woche liegt hinter mir. Am vergangenen Samstag ist mein geschätzter Kollege, der bisherige Unia-CoPräsident Renzo Ambrosetti, altersbedingt zurückgetreten. Die Delegiertenversammlung hat mich zur alleinigen Präsidentin gewählt. Für mich als Gewerkschafterin war das ein sehr emotionaler Moment. Ich kann mir keinen besseren Ort vorstellen, um mich für meine Werte und Überzeugungen zu engagieren. Dass ich diese Chance erhalte, dafür bin ich unseren Delegierten und allen Mitgliedern sehr dankbar. Angst macht krank Vania Alleva ist Präsidentin der Gewerkschaft Unia und Vizepräsidentin des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes. tageswoche.ch/+bw5ww geworden, warum. Die Antwort heisst: Solidarität. Die Antwort heisst Solidarität Müssen Sie jetzt gähnen? Ist das für Ich führe von nun an die grösste Gewerk- Sie nur ein verstaubtes Wort aus der linken schaft der Schweiz – ein Verein mit 200&000 Mottenkiste? Mitgliedern, eine soziale Bewegung mit 10&000 Aktiven, ein Unternehmen mit 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Eine Organisation, die immer wieder neue Herausforderungen bewältigen muss: politische Auseinandersetzungen, schwierige Konflikte mit Arbeitgebern, gefährliche gesellschaftliche Entwicklungen. Eine solch grosse Verantwortung könnte schon Angst machen. Aber ich habe keine Angst. Ich schlafe gut. Sogar letzte Woche, trotz all dem Stress, all den Medienanfragen und Nach vier Jahrzehnten neoliberaler GeZusatzaufgaben, die mit der Wahl ver- hirnwäsche – «investiere in dich selbst, bunden waren. Und mir ist nochmals klarer übertreffe alle, sei produktiver, stich die anderen aus, verkauf dich besser, passe dich ANZEIGE an» – haben leider viele Menschen jeden Begriff von Solidarität verloren. Mit schlimmen Folgen: Denn ein Leben ohne Solidarität ist ein einsames Leben. Ein Leben in Angst. Was das Zusammenstehen bewirken kann, das erlebe ich laufend ganz konkret. Kürzlich zum Beispiel beim Protest der Angestellten gegen missbräuchliche Kündigungen bei McDonald’s in Burgdorf. Oder bei der Petition mit Unterschriftensammlung des Verkaufspersonals in der St. Galler Shopping-Arena gegen weitere zusätzliche Öffnungszeiten über die nächsmoderne 31/2 - 51/2 ten Weihnachtsfeiertage. Zimmerwohnungen mit Es ist beeindruckend, wie diese konkrete grossen Terrassen in 4242 Erfahrung gemeinsamen Handelns die beLaufen (Röschenzstrasse) teiligten Verkäuferinnen, Angestellten, Büezer verändert. Wie sie ihr Bewusstsein Folgen Sie den Atmoshaus Wegweisern. stärkt, dass Probleme gemeinsam angeAtmoshaus AG / wiesenblick-laufen.ch packt, die eigenen Rechte gemeinsam bes- Nach Jahrzehnten neoliberaler Gehirnwäsche haben viele jeden Begriff von Solidarität verloren. Angst ist das Leitmotiv der neoliberalen Arbeitswelt im 21. Jahrhundert. Angst vor den allmächtigen Chefs, Angst vor den ehrgeizigen Kollegen, Angst vor Ausländern, Angst vor Arbeitslosigkeit, Angst den Einstieg nicht zu schaffen, Angst den Anschluss zu verlieren, Angst zu scheitern. Angst macht krank. Es gibt dagegen nur ein Heilmittel: unsere gemeinsamen Interessen entdecken und zusammen dafür einstehen. Solidarität ist darum kein leeres Wort aus vergangenen Zeiten. Solidarität ist die grosse Herausforderung für die Zukunft und ein wichtiges Leitmotiv der Unia: Wir stehen dafür ein, dass wieder mehr Menschen ganz konkret Solidarität leben und erleben können, an ihrem Arbeitsplatz und in der Gesellschaft. × OPEN HOUSE Samstag, 27.06.15 11-15h TagesWoche 26/15 33 Andreas Gross Die Diskussion vor der Abstimmung über die Änderungen im Radio- und Fernsehgesetz war einseitig. Welche Konsequenzen aus dem knappen Ja zu ziehen sind, ist deshalb unklar. Der Demokratie fehlt die Infrastruktur von Andreas Gross F ür den berühmten amerikanischen Philosophen John Dewey (1859–1952) bestand das Wesen der Demokratie in der öffentlichen Diskussion, er erachtete die Diskussion sogar als die Gestaltungsform der Demokratie. Diese These stimmt noch viel mehr für die direkte Demokratie. Sowohl die Initiative als auch das Referendum lassen sich kommunikativ als spezifische Einladungen zur öffentlichen Diskussion und Deliberation (lat. «Beratschlagung», «Überlegung») verstehen. Eine Initiative ist immer eine Frage von wenigen an alle mit der Einladung, über eine bestimmte Idee und Reform nachzudenken, zu diskutieren, sich so mit dem Vorschlag vertraut zu machen, um ihn dann ablehnen oder unterstützen zu können. Ein Referendum dagegen bringt zum Ausdruck, dass eine wesentliche Anzahl der Bürgerinnen und Bürger von den Diskussionsergebnissen der parlamentarischen Gesetzesberatung nicht überzeugt sind und kritisch nachfragen beziehungsweise alle Bürgerinnen und Bürger veranlassen möchten, sich der Sache anzunehmen. Diskurs in der Öffentlichkeit Wann immer also eine Volksinitiative lanciert oder ein Referendum eingereicht wird, herrscht grosser Diskussionsbedarf. Es ist die Qualität dieses vielfältigen öffentlichen Diskussionsprozesses, der die Qualität des Abstimmungsergebnisses bestimmt. Ganz im Sinne der These des Basler Philosophen Hans Saner in einem berühmten Radiogespräch von 1989 mit Max Frisch, als er sagte, nicht die Mehrheitsregel sei das Problem der Demokratie, sondern die Art und Weise, wie sie zustande komme. Wie intensiv wird diskutiert? Gehen die verschiedenen Akteure auf die Argumente ihrer Kontrahenten ein? Oder spielen sie einfach auf den Mann und versuchen, ihn zu diskreditieren statt dessen Argument zu widerlegen? Berichten die Medien über die Debatten und bewerten sie die Diskurse? Sind die Möglichkeiten der verschiedenen Akteure, Aufmerksamkeit zu erzeugen und Gehör zu finden, ausgeglichen? Dominieren jene, die unmittelbare Interessen vertreten? Wie unterscheiden sich diese von jenen, die zumindest vorgeben, das Allgemeinwohl zu priorisieren? Bürgerinnen und Bürger, die mit solchen Debatten konfrontiert werden, beginTagesWoche 26/15 Andreas Gross ist Politikwissenschaftler, SP-Nationalrat und Mitglied der Parlamentarischen Versammlung im Europarat. tageswoche.ch/themen/Andi Gross nen, sich selber in ihnen zu verorten. Sie machen sich Diskurse zu eigen und geben sie weiter, nicht nur auf dem Stimmzettel, sondern auch in der Öffentlichkeit. So vermag sich die Gesellschaft zu verständigen. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, wie unzureichend der Meinungsbildungsprozess zur Revision des Radio- und TVGesetzes war. Gewiss haben spezifische Faktoren die Defizite dieses Prozesses noch verstärkt. So waren viele Verlagshäuser Partei in dieser Sache, die SRG hielt sich dagegen vor allem in der deutschen Schweiz als Plattform der Debatte viel zu sehr zurück. Und schliesslich stritten zwei der Protagonisten gleichsam verdeckt, um nicht zu sagen gezinkt: Gewerbeverband und «Medienfreiheitliche» gaben zwar vor, es ginge ihnen ums Geld – tatsächlich wollen sie die SRG unterminieren und deren Fundamente zum Einsturz bringen. Viel Unmut, wenig Orientierung Auf der Gegenseite unterschätzten vor allem die Deutschschweizer SRG-Fans den allgemeinen Unmut über das für viele unverträgliche TV-Angebot und die daraus folgende Lust, über öffentlich-rechtliche Ansprüche zu streiten, während es doch an sich nur um eine Systemänderung in der Erhebung der Gebühren ging. Die Konsequenz: viel Unmut, viel Aggressivität, wenig Aufklärung und wenig Orientierung. Das Ergebnis ist weit verbreiteter Ärger und Unbehagen. Zwar scheut kaum einer der Protagonisten davor zurück, so zu tun, als ob er wisse, dass die jeweilige Hälfte der Stimmenden genau seiner persönlichen Meinung ist. Im Grund genommen sind sich aber die meisten bewusst, dass keiner weiss, was die meisten Schweizerinnen und Schweizer – vor allem in der Deutschschweiz – jetzt wollen. Muss für das Radio und Fernsehen zu viel bezahlt werden? Stört tatsächlich die Haushaltspauschale, da es auch radio- und fernsehfreie Haushalte gibt? Oder sind die Unternehmensbeiträge unangemessen? Mangelte es tatsächlich an der Verfassungsgrundlage? Geben sich die SRG-Mitarbeitenden wirklich zu arrogant? Ist das Angebot von SRF in der Deutschschweiz wirklich zu seicht und zu flach? Mediale Ressourcen fehlen Es gab schon Volksinitiativen, die nach der Abstimmung paradoxerweise intensiver, breiter und besser diskutiert wurden als vor der Abstimmung. Zu denken ist beispielsweise an die Ablehnung der Minarette im Spätherbst 2009, als die schweizerische Öffentlichkeit von den Niederungen der UBS und den Eskapaden Muammar al-Gaddafis zu besetzt schien, um auch noch Platz zu finden für eine angemessene Erörterung von Moscheen und Minaretten in der Schweiz. Oder an den 9. Februar 2014, da nach den Festtagen vier Wochen nicht ausreichten, um sich über die Folgen der extremen SVP-MasseneinwanderungsInitiative klar zu werden. Nun haben wir ein Referendum, das nach der Abstimmung mehr zu reden geben wird als vorher. Noch wichtiger als diese Debatten ist aber die Frage, welche Schlussfolgerungen wir aus der Erkenntnis ziehen, der 14. Juni 2015 habe die infrastrukturellen Defizite der schweizerischen Demokratie aufgedeckt: Es gibt schlicht die medialen Räume und Ressourcen nicht mehr, welche Voraussetzung sind für eine echte breite und differenzierte gesellschaftliche Diskussion. Und wenn der Markt derart die Voraussetzungen für eine fruchtbare Demokratie nicht mehr zur Verfügung stellen kann, muss eben die Gesellschaft selber für Ersatz sorgen. Das hiesse beispielsweise, dass aus dem von der Allgemeinheit gespeisten «Medientopf» all jene unterstützt werden, die Raum schaffen für diese Debatte – sei sie nun elektronisch oder papieren, per Post oder Verträger ins Haus geliefert. tageswoche.ch/+iz38j × 34 Griechenland Der griechische Premier Alexis Tsipras hat erreicht, dass Brüssel seine Reformliste diskutiert. Doch die Unternehmer und die eigenen Parteigenossen zu Hause sind fassungslos. Jeder Vorschlag ist besser als keiner von Julia Damianova J ede Volksseele braucht eine Bühne, und in Griechenland ist das der Syntagma-Platz, der Platz der Verfassung im Athener Zentrum, genau vor dem Parlament. Seit Tagen wechseln sich nun dort die widerstreitenden Seelen ab: jene, die Alexis Tsipras und seine linksgeführte Regierung unterstützt im Tauziehen mit den Kreditgebern in Brüssel; und die andere, die um Griechenlands Platz in der Eurozone und überhaupt in Europa fürchtet. Während die Staats- und Regierungschefs der EU am Montag in Brüssel zu einem schlecht vorbereiteten Sondertreffen zum Thema Griechenland zusammenkamen, fand eben eine Pro-EUKundgebung auf Syntagma statt. Keine Partei habe sie organisiert, sie wurde über das Internet ausgerufen, erklärt der 20-jährige Student Jason. «Wir sind hierhergekommen, weil wir Angst haben, dass sich unsere Regierung mit der EU und dem IWF nicht einigen könnte. Wir sind hier, um zu zeigen, dass wir in der Eurozone bleiben wollen», sagt er. Ein paar Meter weiter in der dichten Menschenmenge kritisiert Nikos, ein Regierungsbeamter, die Verhandlungstaktik des Ministerpräsidenten Tsipras. Eines aber kann man der Regierung der griechischen Linkspartei Syriza nicht vorwerfen: Dass sie an ihren Wahlkampfversprechen hartnäckig festgehalten hätte. Nach den Parlamentswahlen im Januar weigerte sich Premier Alexis Tsipras zunächst, überhaupt mit der EU, EZB und IWF über Reformen zu verhandeln. Die letzte Kreditrate von 7,2 Milliarden Franken wollten der Premier und sein Finanzminister Yanis Varoufakis erst gar nicht. Doch im Lauf der vergangenen fünf Monate gab Tsipras immer mehr nach. Die «roten Linien» von früher, das Nein zur höheren Mehrwertssteuer, zum Primärüberschuss und zu neuen Belastungen der Pensionisten, hat er mit seinem jüngsten Massnahmenpaket alle überschritten. Im letzten Verhandlungsversuch mit den Geldgebern stehen 727,5 Millionen Franken zur Debatte. So viel verspricht die griechische Regierung in diesem Jahr noch aufbringen zu wollen. 1,5 Prozent des griechischen BIP oder 2,8 Milliarden Franken sollen diverse Steuer- und Beitragserhöhungen in die Kassen spülen. 2016 wird es noch mehr, so versichern Tsipras und sein Unterhändler: statt 1,69 Milliarden Franken im letzten Vorschlag nun 5,44 Milliarden oder fast 2,9 Prozent des BIP. Dabei hat das Tsipras-Kabinett in seinen RechVerratene Versprechen nungen einige sozial schwer verkraftbare «Man hätte das besser machen können», Massnahmen wie etwa die Erhöhung der sagt er. Nikos war auch mit der Vorgänger- Mehrwertsteuer für Strom und Pensionsregierung nicht glücklich gewesen, die von kürzungen vermieden. der konservativen Nea Dimokratia geführt Dafür sollen unter anderem die Beiträge wurde. Damals aber, so sagt er, war wenigs- von Arbeitgebern und Arbeitnehmern an tens die Zusammenarbeit mit den anderen die Pensionskasse steigen, aber auch die Europäern besser. «Diese Regierung sollte monatlichen Beiträge der Pensionisten an einfach auf das Volk hören, und das Volk die Krankenversicherung. Die Inseln in will in der EU bleiben, weil es uns sehr der Ägäis verlieren ihren Rabatt auf die wichtig ist, Teil der europäischen Familie Mehrwertsteuer, die Unternehmen und die zu sein», erklärt Nikos. «Ich glaube, diese Reichen sollen ebenfalls mehr zahlen. Eine Regierung erpresst die EU gerade, und das neue Steuer von 12 Prozent soll für Körpergefällt mir nicht», meint Michaela, Lehre- schaftsgewinne über 522%000 Franken rin an einer Athener Privatschule, die in eingeführt werden. Noch vor einer Woche ihrer Jugend einmal links war und nun wollte man damit nur Gewinne ab etwa ratlos über Tsipras’ Ministerriege ist. «Ich einer Million Franken besteuern. Die Körperschaftssteuer soll um drei Punkte verstehe nicht, was sie machen.» auf 29 Prozent angehoben werden, zudem werden künftig alle Griechen mit Einkommen über 31%000 Franken jährlich einen Teil davon dem Staat als Solidaritätssteuer abgeben müssen. Künftig müssen Griechen mit Einkommen über 31#000 Franken dem Staat eine Solidaritätssteuer abgeben. Jeroen Dijsselbloem, der Chef der Eurogruppe, nannte die neuen Reformvorschläge erst einmal einen «positiven Schritt». In Athen dagegen herrscht so etwas wie aufgeklärter Pessimismus. «Wir haben einen Punkt erreicht, an dem jeder Vorschlag besser ist als keiner, und wenn das die Unsicherheit aufheben kann, ist es gut aus monetären Gründen, aber auch aus der Sicht der Realwirtschaft», sagt Platon Tinios, Wirtschaftsprofessor an der PiräusUniversität. Die Durchführung von Steuererhöhungen sei von Brüssel und dem IWF leichter zu überprüfen als strukturelle Reformen, merkt Tinios an. Eine gute Grundlage für ein Finanzierungsabkommen sei die jüngste Athener Reformliste jedenfalls nicht: Sie basiert fast ausschliesslich auf Steuererhöhungen. Die griechischen Unternehmer teilen die Meinung des Professors. «Das ist ein sehr schlechtes Abkommen, das eine dramatische Last auf den Privatsektor legt», sagt Antonis Zairis, Vizepräsident des Einzelhändlervereins Selpe. «Die Grundlage dieses sehnlich erwarteten Abkommens scheint ein modifiziertes Rezessionsprogramm zu sein, das die Periode der wirtschaftlichen Schrumpfung verlängern und die Produktionskapazität des Landes schwächen wird», kritisiert der Verband der kleinen Unternehmer GSEVEE. TagesWoche 26/15 35 Auf dem Athener Syntagma-Platz verfolgen Demonstranten seit Tagen das Tauziehen mit den Kreditgebern in Brüssel. Diese Einschätzung teilt auch Angelos Tsakanikas, Forschungsdirektor eines führenden Wirtschafts-Thinktanks in Athen, der Stiftung für wirtschaftliche und industrielle Studien Iobe. «Die vorgeschlagenen Massnahmen haben einen enormen Rezessionseffekt», sagt er, und Schuld daran habe die EU. Europa scheine nicht die richtigen wirtschaftspolitischen Schritte zu setzen und sei deswegen auch sieben Jahre nach der globalen Finanzkrise von 2008 nicht aus der Stagnation herausgekommen. «Die gleichen Fehler werden in Griechenland fortgesetzt. Statt die Unternehmer zu unterstützen, sind wir gezwungen, Massnahmen gegen sie einzuführen», meint Tsakanikas. Für Platon Tinios sind die Fehler dagegen hausgemacht. «Alle griechischen Regierungen, unabhängig von ihrer politischen Zugehörigkeit, neigen dazu, den einfacheren Weg zu wählen, sprich, etablierte Strukturen im Staat nicht anzutasten, sondern einfach Geld aufzutreiben, um die bestehenden Rechnungen zu begleichen», sagt er. Während sich die Unternehmer und die Wirtschaftsexperten über die eventuellen neuen Reformen bereits aufregen, ist es noch gar nicht sicher, dass die Pläne durchkommen. Neben der EU und dem IWF muss Premier Tsipras auch die eigenen Parteigenossen davon überzeugen, die TagesWoche 26/15 FOTO: REUTERS Reformen zu unterstützen. Und das wird befand, dass sie deswegen auch nicht keine leichte Aufgabe. «Alles hängt davon zurückgezahlt werden müssten. Tsipras hat ab, welche Reformmassnahmen in der sich offiziell dazu nicht geäussert, anfangs endgültigen Liste nach den Verhandlungen bestand aber seine Regierung auf einen bleiben», sagte Kostas Eleutheriou, ein Po- weiteren Schuldenschnitt. Diese Forderung litologe, der sich auf die linke Parteienszene liess er in seinem letzten Reformvorschlag in Griechenland spezialisiert hat. Giorgos fallen. Kyritsis, der Chefredaktor der regierungs«Manche Syriza-Abgeordnete werden nahen griechischen Tageszeitung «Avgi», ernsthafte ideologische Probleme haben, sieht noch ein Problem: «Der Schulden- einer Vereinbarung mit den Gläubigern schnitt ist ein Kernpunkt, und wenn er in zuzustimmen, nicht nur wegen konkreten der Endvereinbarung mit den Gläubigern Massnahmen, sondern ganz einfach, weil sie weitere Sparmassnahmen ablehnen», fehlt, wird die nicht durchkommen.» sagt Eleutheriou. Darunter seien aber Kernpunkt Schuldenschnitt höchstens 15 aller Syriza-Parlamentarier, Was Kyritsis sagen will: Bevor der erklärt der Politologe. Bei vielen sei die griechische Premier einen neuen Vertrag Angst zu gross, dass man durch ein Scheiunterzeichnen kann, muss er ihn zuerst vom tern bei den Verhandlungen die Regiegriechischen Parlament bewilligen lassen. rungsmacht verlieren könnte. Auch der Der radikalere Teil von Syriza, angeführt kleinere Koalitionspartner Anel fürchte vom Energieminister Panagiotis Lafazanis, sich davor und würde deswegen ein neues kann es Tsipras besonders schwer machen. Abkommen im Parlament unterstützen. Dieser Gruppe gehören etwa 30 der insgeTsipras habe seine Wahlversprechen von einem Ende der Sparmassnahmen samt 149 Syriza-Abgeordneten an. Die Zahl der Rebellen aus den eigenen aber keinesfalls aufgegeben. «Sein HauptReihen könnte aber noch höher sein: 49 Sy- ziel war es, zuerst die Wirtschaft und die riza-Parlamentarier verlangten vergangene Stellung seiner Regierung zu stärken. In Woche, dass die vorläufigen Ergebnisse den kommenden Monaten wird er nun eines Parlamentsausschusses zu den Staats- versuchen, einige der Vereinbarungen mit schulden im Plenarsaal debattiert werden den Gläubigern neu zu verhandeln», sagt sollen. Vor ein paar Tagen erklärte der Aus- Eleutheriou. schuss diese Schulden für nicht legal und tageswoche.ch/+4scho × 36 Tennis Das legendärste Tennisturnier der Welt kommt ohne reisserische Werbebanner aus. Wimbledon kann sich das leisten. Geldmaschine Wimbledon Der «heilige Rasen» lässt Federers Herz noch immer höher schlagen. FOTO: REUTERS von Jörg Allmeroth W enn Roger Federer jeweils in der Woche vor Wimbledon über die leere Anlage des All England Club marschiert, fühlt er sich beinahe «wie in einem TennisParadies». Freude macht dem 33-Jährigen, dessen Name schon sieben Mal auf der holzgetäfelten Ruhmesgalerie der Champions verewigt ist, vieles: die Blumenpracht, die gepflegten Plätze oder auch die neuen Courts wie Platz 2 oder Platz 3, die sich wie selbstverständlich ins ehrwürdige Gesamtbild einfügen. «Einen schöneren Platz zum Tennisspielen kann ich mir einfach nicht vorstellen», sagt Federer. Zweifellos: Die legendäre Grün-Anlage im Südwesten Londons ist das idyllischste Tennisfleckchen der Welt, ein Theater der Träume für immer neue Generationen von Profispielern. An der Church Road kommt aber auch Jahr für Jahr eine Businessmaschinerie ins Rollen, die dem traditionsreichsten Tennisklub der Welt prächtige Geschäfte beschert. Der grosse Wert der Unabhängigkeit «Wimbledon – das ist eine der einträglichsten Sportveranstaltungen überhaupt», sagt Tim Philipps, Ex-Chef des All England Club. Sein Amt abgegeben hat er, als das Abenteuer der Centre-Court-Überdachung überstanden war, das atemraubendste Projekt im Rahmen der langjährigen Modernisierung der Anlage. Auch dieses kam ohne Steuergelder aus. Die rund 100 Millionen Franken Baukosten finanzierten die Wimbledon-Macher vor allem über den Verkauf von exklusiven Ticketrechten. «Wir legen grossen Wert auf unsere Unabhängigkeit», so Richard Lewis, der diskret operierende Geschäftsführer des Club. Früher als viele Veranstalter und internationale Verbände hat Wimbledon auch die Fühler nach Wachstumsmärkten in Asien und Südamerika ausgestreckt. «Nirgendwo ist Wimbledon so beliebt wie in den Schwellenländern in Asien», sagt Wimbledon-Topmanager Christopher Gorringe, «dort haben wir oft Einschaltquoten bei Spielen mit nationaler Beteiligung von über 50 Prozent.» Der heute pensionierten Weltklassespielerin Li Na etwa schauten vor einigen Jahren bis zu 100 Millionen Chinesen zu. Kein Wunder also versorgte der All England Club Länder wie China, Thailand oder Singapur flächendeckend mit Shops und verkauft dort exklusive Kleiderlinien und Geschenkartikel. Auf der einen Seite wirkt Wimbledon wie ein Anachronismus. In Zeiten der totalen Vermarktung von Sportevents verzichtet es auf reisserische Werbebanden, und die Spieler sollen weiter im «überwiegend weissen Dress» antreten. Die Wahrung des Mythos können sich die Gralshüter allerdings auch mühelos leisten. Lizenzen, Fernsehrechte und Merchandising sorgen jährlich für einen Reingewinn von bis zu 50 Millionen Franken. TagesWoche 26/15 37 Bei den TV-Rechten gabs temporär zwar einen kräftigen Einbruch, weil die einst so generösen deutschen Fernsehpartner als Geldquelle ausfielen. Doch dank Geldern aus Asien, dem Mittleren Osten und auch aus den Ländern Osteuropas sieht die Bilanz längst wieder freundlicher aus. Alle Firmen wollen dabei sein Selbst der Finanzkrise hat Wimbledon mühelos getrotzt: Auf Jahre hinaus seien die Sponsorenpakete für Unternehmen ausgebucht, die den Tennis-Schauplatz zur exklusiven Kundenpflege nutzen, sagt Manager Lewis. «Die Firmen stehen Schlange, um bei uns dabei sein zu können.» Die Grand-Slam-Veranstalter in Paris oder New York können nur neidisch auf Wimbledon schauen, das dank dem Dach über dem Centre Court erst noch eine viel grössere Veranstaltungssicherheit besitzt. Mit dem Vorbild Wimbledon vor Augen erzeugten die internationalen TV-Netzwerke zuletzt so starken Druck auf die US-OpenBosse, dass die sich zur einer 140-Millionen-Franken-Investition genötigt sahen: die Überdachung des Arthur Ashe Stadions, die 2016 fertig sein soll. Einzig das Trauerspiel um die jährlichen Abgaben des All England Club an den britischen Tennisverband trübt etwas das Gesamtbild des nachhaltig florierenden Unternehmens: Fast eine halbe Milliarde Euro überwiesen die Turniermacher in den letzten zweieinhalb Dekaden an die Lawn Tennis Association. Doch das lückenhafte Fördersystem produzierte nur zwei internationale Stars (Tim Henman, Andy Murray) und viele, viele Mitläufer. «Wo bleibt der Tennis-Aufschwung?», fragte vor zwei Jahren einmal die «Times» und kanzelte die «unfähigen Verbandsmanager» ab. Auch Altmeister Henman wunderte sich: «Wir haben drei Millionen Fussballspieler, fünf Millionen Schwimmer, aber nur rund 50*000 bis 60*000 Tennisspieler – das ist doch unglaublich.» Glücklich im Hier und Jetzt: Die Tennisnation Schweiz. Tennis Im Tennis ist die kleine Schweiz eine Weltmacht – allerdings nur auf Zeit. Langsam braucht es frisches Blut von Jörg Allmeroth A ls neulich Stan Wawrinka auf dem Pariser Centre Court Novac Djokovic, den «Unschlagbaren» («L’Equipe») , am Ende doch besiegt hatte, da hob daheim eine Debatte an: Bedeutete Wawrinkas Triumph auch den endgültigen Aufstieg der Schweiz zur Tennisnation Nummer 1? Diese Machtfrage stand nun plötzlich im Raum. Gewiss, wie John McEnroe einst fast philosophisch auf eine Frage nach Rekorden und Platzierungen sagte: «In diesem Sport ist stets alles im Fluss. Nichts ist endgültig und für immer.» Aber man darf sich schon den Status quo im Welttennis mal anRenaissance des Rasentennis schauen und feststellen, dass die Schweiz Autorität entwickelt Wimbledon anders- das effizienteste und aufregendste Land wo, auch in der höheren Tennispolitik. Nach auf der Weltkarte ist: 8,2 Millionen EinwohJahrzehnten des Stillstands und den ewigen ner, 165*000 organisierte Tennisspieler. fruchtlosen Debatten um eine sinnvollere Und doch stellt das Land den Mann, der beTerminierung der Turniere im Frühling reits zu Lebzeiten als Legende gilt (Roger und Sommer sprachen die Herren des All Federer); den Mann, der zwei der letzten England Lawn Tennis Club schliesslich ein sechs Grand-Slams gewann (Stan WawrinMachtwort und verlegten ihr Turnier um ka); die Frau, die im letzten Jahr zu den eine Woche nach hinten. Mit dem Effekt grössten Aufsteigerinnen der Damenszene nicht nur von drei Wochen Zeit zwischen gehörte und in Paris bis ins Halbfinale vorden Grand Slams in Paris und London, son- preschte (Timea Bacsinszky); die Frau, die dern auch einer Renaissance des Rasenten- bei ihrem jüngsten Comeback Platz 1 der nis. Denn die Turniermacher des Mercedes Doppel-Weltrangliste gemeinsam mit der Cup in Stuttgart etwa verabschiedeten sich Inderin Sania Mirza eroberte (Martina danach von den Sandplatzwühlereien am Hingis); und es stellt ein Davis-Cup-Team, Weissenhof und etablierten direkt nach das im letzten Jahr vor allen anderen grosden French Open ein Rasenturnier – im sen Nationen durchs Ziel ging und schliessJahr eins auf den Grüns triumphierte gleich lich auch noch im Finale einen Auswärtsein prominenter Name: Rafael Nadal. coup in Frankreich errang. «Es ist, als ob Wimbledon gerade neue Diese Tennis-Cracks haben fast alle noch Kinder in die Welt aussetzt», sagt Roger eine gute Zeit vor sich. Doch Federer wird bald 34 Jahre alt, Hingis ist das schon, Federer, «ich finde das wunderbar.» tageswoche.ch/+ qptqn × Wawrinka hat gerade die Dreissigergrenze TagesWoche 26/15 FOTO: REUTERS überschritten – nur Bacsinszky könnte noch ein Jahrzehnt die Welt des Wanderzirkus bereisen. Das zeigt, wie glücklich sich die Schweiz zwar im Hier und Jetzt fühlen kann. Aber auch, wie sehr sie eine Blutauffrischung benötigt, besonders bei den Herren. Hinter Federer und Wawrinka tut sich wenig. Eigentlich: gar nichts. Eine Macht auf Abruf Wie die Zukunft aussieht, offenbarte sich erstmals im Davis Cup in Belgien beim Erstrundenspiel. Federer und Wawrinka fehlten – und Kapitän Severin Lüthi konnte keinen einzigen Spieler aufbieten, der unter den Top 250 der Weltrangliste platziert war. Die Herren Henri Laaksonen, Michael Lammer (inzwischen in den Ruhestand getreten), Adrien Bossel und Yann Marti schlugen sich achtbar, verloren aber folgerichtig gegen das stärkere Team. Die besten Schweizer Spieler unter 25 Jahren sind Sandro Ehrat (24/ATP 589) und Luca Mararoli (23/ATP 804) – beide Lichtjahre von der Weltspitze entfernt. Nur: Erfolgreiche Lokalhelden brauchts an allen Ecken und Enden – für die Medienpräsenz, die Wahrnehmung des Tennis im Konkurrenzkampf mit anderen Sportarten, aber auch für den Betrieb erfolgreicher Tennisturniere, etwa in Basel, dem Schauplatz der Swiss Indoors. So wirkt die Macht der Schweiz in diesem Jahr 2015 wie eine Macht auf Abruf. Wie lange sich die grossen Stars noch an der Spitze halten können, weiss keiner. Bleibt mit Goethes Faust dies: «Werd ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch, du bist so schön.» tageswoche.ch/+ v0pwl × Musikwettbewerb Der Concours Géza Anda zählt zu den schwierigsten Klavierwettbewerben der Welt. Manche Karriere startet in Zürich. Hier werden Stars gemacht 38 von Jenny Berg Z ürich, im Juni 2015. Die Sonne lacht, kleine Wölkchen bemustern den Postkarten-blauen Himmel. Doch im Konservatorium in der Florhofgasse ist das Sommerwetter völlig irrelevant. Hier herrscht gespannte Konzentration. Eine zarte Note Angstschweiss liegt in der Luft. Auf den grell beleuchteten Gängen laufen junge Musiker auf und ab; manche wie Zirkustiger in ihren Käfigen, andere betont lässig. Dazwischen Angehörige, die Mut machen, verspannte Muskeln massieren, beruhigen. Zum 13. Mal wurde der Concours Géza Anda in Zürich ausgetragen. Es gibt etliche Klavierwettbewerbe auf der Welt, doch dieser zählt sich zu den wichtigsten und grössten. Man suche keine Klaviermaschine, keinen Tasten-Akrobaten, sagt Jury-Mitglied Wer hier gewinnt, hat beste Zukunftsperspektiven: Andrew Tyson, Sieger des Concours Géza Anda 2015. FOTO: PRISKA KETTERER TagesWoche 26/15 39 Filippo Gamba. Man suche eine Persönlichkeit, wie dies der namenstiftende, legendäre Wahl-Zürcher Géza Anda (1921– 1976) einst war. Nun sind Persönlichkeiten rar gesät wie eh und je. Das breite technische Niveau der jungen Musiker aber steigt unaufhörlich. 99 Pianisten hatten sich für den Concours Géza Anda beworben, der zwischen dem 6. und 16. Juni ausgetragen wurde, 45 waren per Video ausgewählt worden. Angetreten sind letztlich 17 Pianisten und zehn Pianistinnen. Eine so hohe Zahl von Abmeldungen ist aufgrund der Veranstaltungsdichte normal: Bei über 300 Wettbewerben jährlich gibt es zwangsläufig Terminüberschneidungen. Wer eine Zusage bei einem parallel stattfindenden Wettbewerb erhält, muss sich entscheiden. Vom Blatt spielen ist ein Muss Manch einer der Absagenden hat vielleicht einen leichteren Wettbewerb gewählt, denn der Concours Géza Anda fordert eine besonders breite Repertoiresicherheit. In der ersten Runde können die Teilnehmer gerade einmal das erste Stück frei wählen. Das zweite erfahren sie fünf Minuten vor ihrem Auftritt – es ist eines der Werke aus dem umfangreichen Repertoire von Géza Anda. An jenem schönen Sommertag findet in Zürich gerade die zweite Runde statt: die Rezitale. Jeder Kandidat hat eine Stunde Zeit, um drei Werke aus drei Epochen zu spielen. Die Vorspiele sind öffentlich; der grosse Saal des Zürcher Konservatoriums ist zur Hälfte besetzt – jene Hälfte, die einen Blick auf die alles entscheidenden Hände der Pianisten erlaubt. Einige ältere Damen sind aus purer Lust an der Musik dabei, fachsimpeln über die jungen Talente, ihre Biografien und Lebensstationen. Aber auch Talent-Scouts, Lehrer, Betreuer, Angehörige mit Notizzettel und ausgeklügeltem Tabellensystem befinden sich im Publikum. Die Jury thront in der Mitte des Saales hinter einer langen, weissen Tischreihe. Es gibt viele Klavierwettbewerbe – doch dieser zählt zu den wichtigsten. Jeder Kandidat wird mit freundlichem Applaus begrüsst. Wie Kim Yoonji. Schnellen Schrittes geht die Koreanerin auf die Bühne im Grossen Saal des Konservatoriums Zürich. Die 26-Jährige trägt ein schwarzes Abendkleid; ihre Hände umklammern ein weisses Taschentuch. Sie verbeugt sich rasch, nimmt Platz, knetet das Taschentuch – ein Utensil, das fast alle dabeihaben. Manch einer wischt damit nach jedem Stück Hände, Stirn und Klaviertasten troTagesWoche 26/15 cken. Andere haben es wie ein Maskottchen bei sich, ohne es zu benutzen. So wie Kim. Sie legt es neben sich auf den Klavierstuhl und legt los: Beethovens berühmte Sonate op. 101 steht auf ihrem selbst gewählten Programm, ein gewichtiges Werk. Sie spielt alles richtig, macht schöne Bögen, gestaltet abwechslungsreich – aber der Funke will nicht so recht überspringen. Nach ihrem Auftritt nimmt Kim viele Gratulationen entgegen. Sie sagt, sie sei unheimlich nervös gewesen. Den Wettbewerb selbst findet sie dennoch gut. «Sie stellen uns einen sehr guten Flügel zur Verfügung – das ist nicht selbstverständlich», sagt sie. Auch die Betreuung sei sehr angenehm. Sie mache diesen Wettbewerb ganz klar für ihre Karriere, das sei wichtig, sagt sie. Wie viel Chancen sie sich ausrechnet, will sie nicht beantworten, das sei völlig offen. Das Ergebnis erfährt sie letztlich im Internet: Es gibt keine öffentliche Bekanntgabe der Ergebnisse mehr, kein Mitfreuen und Mittrauern – jeder ist mit sich allein, wenn über den Lohn der Mühen entschieden wird. Für Kim heisst es ein paar Tage später: Koffer packen, weiterfahren, zum nächsten Wettbewerb. Weiter üben, weiter Nerven trainieren, weiter hoffen, es für einmal bis ganz nach oben zu schaffen und als neuer Star entdeckt zu werden. Immer wieder wird über Sinn und Unsinn solcher Wettbewerbe diskutiert. Manche sagen, dass letztlich meist der kleinste gemeinsame Nenner gewinne, auf den sich die Jury eben einigen könne. Schräge Vögel und starke Charakterköpfe finde man selten in Wettbewerbs-Finalen. Zudem gibt es immer wieder Wettbewerbs-Finalisten, deren (einstige) Lehrer in der Jury sitzen. Der Pianist Oliver Schnyder, der als Experte die Radio-Übertragung des Finales begleitet, bestätigt: «Wer als Pianist gerne bei solchen Wettbewerben erfolgreich sein will, der kann sich natürlich gezielt einen Lehrer suchen, der oft in solchen Jurys sitzt. Das sind dann meist sehr angesehene Lehrer, deren Schützlinge bei den Wettbewerben oft vorne mit dabei sind.» Rechtlich sei es zwar klar: Lehrer dürfen nicht für ihre eigenen Schüler stimmen – auch nicht für ehemalige. «Aber man kann nicht nicht kommunizieren», sagt Schnyder. «Die Kollegen wissen über LehrerSchüler-Verhältnisse Bescheid, und man will es sich ja nicht mit den Kollegen verscherzen». Das gehöre zu Wettbewerben einfach dazu. Auch beim diesjährigen Concours Géza Anda schafft es ein Pianist bis ins Finale, dessen ehemalige Lehrerin in der Jury sitzt. Doch die Qualität der Darbietungen beim Finale sind letztlich so klar, dass diese Verbindung hier irrelevant wird – es gewinnt ein anderer. Das Finale findet nach zehn intensiven Wettbewerbstagen in der Tonhalle Zürich statt. Ein grosses, romantisches Klavierkonzert muss es sein, das die drei Finalteilnehmer in Begleitung des TonhalleOrchesters zum Besten geben. Weisse Taschentücher kommen hier nicht mehr mit auf die Bühne, dafür wirkt der mit herausgeputztem Publikum und zahlreichen Amtsträgern der Klassik-Welt voll besetzte Grosse Saal der Tonhalle viel zu ehrwürdig. Eigentlich haben die drei Solisten schon viel gewonnen. Sie machen die Preisgelder von zehn-, zwanzig- und dreissigtausend Franken unter sich aus. Und alle drei kommen in den Genuss von zahlreichen Konzertengagements. So fördert die Stiftung ihre Schützlinge während drei Jahren, und allein diese Möglichkeit, Konzerterfahrung zu sammeln – und als hauptberuflicher Konzertpianist Geld zu verdienen –, ist für die jungen Pianisten Gold wert. Wer es ins Finale schafft, erhält ein grosses Preisgeld und viele weitere Engagements. Und schliesslich können die drei Finalisten nach der dritten Runde, in der ein Mozart-Konzert mit dem Tonhalle-Orchester gespielt wurde, nun ein zweites Mal mit grossem Orchester auftreten. All das wird in Ton und Bild aufgezeichnet; und die Géza-Anda-Stiftung stellt dieses so wichtige und teure Werbematerial allen Interpreten zur Verfügung. Siegen muss dabei nicht alles sein. In der Vergangenheit machten oft zweite Preisträger Karriere: Nikolai Tokarev etwa (2006), Henri Sigfridsson (2000) oder Konstantin Scherbakov (1991). Es steht viel auf dem Spiel Doch all das spielt an diesem Finalabend keine Rolle. Jeder der drei ist nervös, für jeden steht viel auf dem Spiel. Aleksandr Shaikin muss als Erster ran. Der Russe betritt betont langsam das Podium, er strahlt, sitzt danach locker-professionell am Flügel, während das Orchester die Einleitung von Johannes Brahms erstem Klavierkonzert interpretiert. Der 27-Jährige hat ein ungewöhnliches Wettbewerbsstück gewählt: Brahms schrieb mit diesem Konzert quasi seine erste Sinfonie; Solopart und Orchester sind aufs engste miteinander verwoben – keine einfache Aufgabe für einen Neuling mit der wenigen Probezeit, die zur Verfügung steht. «Ich habe nur selten Pianisten mit diesem Stück bei Wettbewerben brillieren sehen», kommentiert Pianist Oliver Schnyder. Doch Shaikin spielt routiniert, die Läufe perlen, die Agogik ist schön gestaltet. Dynamisch geht er wenig aus sich heraus – ist es die Nervosität, die ihn hemmt? Oder der Respekt vor der Kulisse? Es wird ein ordentlicher, beklatschter Vortrag. Aber als eine Persönlichkeit, die der Wettbewerb hier suchen will, hat er sich nicht ins Gedächtnis eingebrannt. Ganz anders der zweite Kandidat, Andrew Tyson. Einige lang werdende Minuten lässt der 28-Jährige Publikum und Orchester warten, bis er endlich wie ein 40 Bestattungsanzeigen Basel-Stadt und Region Allschwil Dreyer-Guerne, Heidi, von Trub/BE, 25.09.1942–21.06.2015, Gartenstr. 39, Allschwil, Trauerfeier und Beisetzung: Montag, 29.06., 10.30 Uhr, Besammlung Friedhof Allschwil. Engel, Franz Alois, von Basel/BS, 25.06.1934–18.06.2015, Gartenstr. 35, Allschwil, Trauerfeier und Beisetzung im engsten Familienkreis. Franklin, Tito Matthew Rondell, von Barbados, 16.12.1977– 12.06.2015, Baselmattweg 211a, Allschwil, Trauerfeier und Beisetzung: Freitag, 26.06., 14.00 Uhr, Besammlung Kapelle Friedhof Allschwil. Arlesheim Manto, Albert Joseph, von Arboldswil/BL, 12.04.1926–21.06.2015, Ermitagestr. 18, Arlesheim, Trauerfeier: Dienstag, 30.06., 14.00 Uhr, Abdankungshalle Bromhübel, anschliessend Beisetzung. Basel Bachmann-Müller, Franz, von Basel/BS, Entlebuch/LU, 19.02.1923–18.06.2015, Schönaustr. 43, Basel, Trauerfeier: Samstag, 27.06., 15.00 Uhr, Neuapostolische Kirche, Breisacherstr. 35, Basel. Bantle-Pilat, Lilli, von Basel/BS, 29.10.1931– 12.06.2015, Sperrstr. 100, Basel, wurde bestattet. Beyrer-Bättig, Elisabeth, von Basel/BS, 24.03.1945–19.06.2015, Rämelstr. 5, Basel, Trauerfeier: Freitag, 26.06., 13.30 Uhr, Friedhof am Hörnli. Braun, Bernhard, von Basel/BS, 11.11.1936– 17.06.2015, Pilgerstr. 18, Basel, wurde bestattet. Bürgler-Augustoni, Nelli Anna, von Basel/ BS, 25.04.1925– 18.06.2015, Lehenmattstr. 283, Basel, wurde bestattet. Chiaromonte-Rossic, Giovanni, von Italien, 02.01.1936–23.06.2015, Florastr. 18 , Basel, Trauerfeier im engsten Kreis. Dürrenberger-Hug, Hedwig, von Basel/BS, 18.09.1919–11.06.2015, Kapellenstr. 10, Basel, Trauerfeier: Freitag, 26.06., 14.30 Uhr, Predigerkirche, Totentanz 19, Basel. Fankhauser-Liebl, Johann, von Basel/BS, 10.09.1935–18.06.2015, Beim Wasserturm 3, Basel, Trauerfeier: Dienstag, 30.06., 14.30 Uhr, Tituskirche Basel. Frei-Peyer, Berta, von Oberehrendingen/AG, 04.07.1926–13.06.2015, Rosentalstr. 70, Basel, Trauerfeier: Dienstag, 30.06., 14.30 Uhr, Friedhof am Hörnli. Gächter, Martha Lina, von Rüthi/SG, 26.04.1918–19.06.2015, Wiesendamm 22, Basel, wurde bestattet. Glättli, Martin Emil, von Basel/BS, Bonstetten/ZH, 28.07.1926– 20.06.2015, Gellertstr. 138, Basel, Trauerfeier: Mittwoch, 01.07., 14.00 Uhr, Peterskirche, Peterskirchplatz, Basel. Gloor-Meisburger, Sonja Liliane, von Basel/BS, 02.06.1925– 15.06.2015, St. JohannsRing 122, Basel, wurde bestattet. Hellrung, Bruno, von Deutschland, 30.05.1936– 19.06.2015, Schlettstadterstr. 10, Basel, wurde bestattet. Jundt-Waibel, Margrit, von Basel, 29.11.1918–03.06.2015, Luzernerring 70, Basel, wurde bestattet. Keller, René, von Basel, 21.05.1939– 10.06.2015, Güterstr. 186, Basel, wurde bestattet. Kessinger-Grünig, Klara, von Basel/BS, 11.11.1921–12.06.2015, Wiesendamm 20, Basel, Beisetzung im engsten Kreis. Kull-Getzmann, Gertrud, von Basel/ BS, 11.07.1925– 16.06.2015, Mittlere Str. 15, Basel, wurde bestattet. Maier, Franz Anton Niklaus, von Zürich/ ZH, 06.12.1930– 19.06.2015, Ahornstr. 43, Basel, wurde bestattet. Maurer-Schenk, Liselotte, von Basel/ BS, 09.09.1928– 17.06.2015, St. AlbanVorstadt 85, Basel, wurde bestattet. Meier-Wastl, Walter, von Basel/BS, 10.02.1936–14.06.2015, Gundeldingerstr. 425, Basel, wurde bestattet. Metthez, Rolf, von Basel/BS, 22.11.1937– 16.06.2015, Glaserbergstr. 25, Basel, Trauerfeier: Freitag, 26.06., 11.30 Uhr, Friedhof am Hörnli. Meyer-Graf, Martha, von Basel/BS, 05.12.1926–14.06.2015, Giornicostr. 144, Basel, wurde bestattet. Moirandat, Renée, von Epauvillers/JU, 28.05.1929–16.06.2015, Mittlere Str. 15, Basel, wurde bestattet. Moor-Fröhlicher, Mina Marie, von Vordemwald/AG, 04.06.1924–21.06.2015, Wiesendamm 22, Basel, Trauerfeier: Dienstag, 30.06., 15.30 Uhr, Friedhof am Hörnli. Morgenthaler, Uli, von Staffelbach/AG, 04.08.1952–15.06.2015, Horburgstr. 96, Basel, wurde bestattet. Müller, Edgar, von Basel/BS, 08.11.1950– 17.06.2015, Greifengasse 23, Basel, wurde bestattet. Räber, Charlotte Monique, von Luzern/ LU, 05.04.1938– 13.06.2015, St. AlbanRing 227, Basel, wurde bestattet. Ricer, Truda, von Kroatien, 11.07.1923– 16.06.2015, Im Burgfelderhof 30, Basel, wurde bestattet. Saladin-Wagner, Erna, von Basel, 09.10.1928– 16.06.2015, Brantgasse 5, Basel, wurde bestattet. Schaub-Conscience, Rudolf, von Ettingen/ BL, 17.04.1939– 13.06.2015, Im Sesselacker 32, Basel, wurde bestattet. Schlittler-Bürgisser, Kurt, von Niederurnen/GL, 01.07.1941– 23.06.2015, Rebgasse 16, Basel, Trauerfeier im engsten Kreis. Schwarzwälder, Lili, von Basel/BS, 05.09.1933–19.06.2015, Ackerstr. 20, Basel, Trauerfeier: Montag, 29.06., 11.30 Uhr, Friedhof am Hörnli. Schweizer, René Hermann Arthur, von Bottenwil/AG, Uerkheim/AG, 27.07.1943–12.06.2015, Ochsengasse 29, Basel, wurde bestattet. Sutter-Zürcher, Paul, von Basel, 13.11.1919– 15.06.2015, Hirzbodenweg 91, Basel, wurde bestattet. Talamona-Egli, Elisabeth, von Basel/BS, 16.01.1916–14.06.2015, Horburgstr. 54, Basel, wurde bestattet. Terziev-Arapova, Trajco, von Mazedonien, 14.02.1955– 24.06.2015, Efringerstr. 90 , Basel, wurde bestattet. Treybal-Binder, André Edmond, von Basel/BS, 06.06.1932– 15.06.2015, Rennweg 22, Basel, wurde bestattet. Urech-Büchler, Ernst, von Villigen/AG, 12.04.1941–10.06.2015, Redingstr. 10, Basel, wurde bestattet. Weber, Elisabetha Gesina, von Beinwil am See/AG, 20.10.1930–15.06.2015, Meret OppenheimStr. 62, Basel, wurde bestattet. Wey-Seydoux, Geneviève, von Luzern/LU, 09.08.1923–19.06.2015, Meret OppenheimStr. 62, Basel, Trauerfeier: Freitag, 26.06., 14.30 Uhr, Bruder Klaus Kirche Basel. Wullschleger, Herbert Ernst, von Zofingen/ AG, Oftringen/AG, 30.03.1944–16.06.2015, Güterstr. 229, Basel, wurde bestattet. Zanderigo, Jakob Emil, von Appenzell/ AI, 01.01.1950– 16.06.2015, Wartenbergstr. 40, Basel, wurde bestattet. Zuber-Pichler, Bernhard, von Törbel/VS, 19.05.1928–23.06.2015, Wiesendamm 60B, Basel, Trauerfeier: Montag, 29.06., 14.30 Uhr, Friedhof am Hörnli. Bettingen Bopp-Schoch, Hans-Peter, von Basel/ BS, 11.01.1932– 11.06.2015, Landhausweg 39, Bettingen, wurde bestattet. Stricker, Hans Beat, von Basel/BS, Waldstatt/AR, 27.04.1924– 15.06.2015, Vormbergweg 1, Bettingen, wurde bestattet. Birsfelden Diethelm-Groff, Tina, von Galgenen/SZ, 10.12.1923–21.06.2015, Hardstr. 71, Birsfelden, wurde bestattet. Hochreutener-Imber, Maria, von EggersrietGrub/SG, 06.06.1931– 17.06.2015, Hardstr. 71, Birsfelden, Beisetzung im engsten Familienund Freundeskreis. Marzi, Martin, von Eptingen/BL, 23.03.1959–17.06.2015, Muttenzerstr. 51, Birsfelden, Beisetzung im engsten Familienkreis. Mutie, Mutanu, von Basel/BS, Himmelried/SO, 02.07.1971– 05.06.2015, Baslerstr. 16, Birsfelden, Beisetzung im engsten Familien- und Freundeskreis. Sreckovic, Momcilo, von Serbien, 21.03.1957–18.06.2015, Florastr. 34, Birsfelden, wurde bestattet. Münchenstein Arzner (geb. Weidkuhn), Theodor Samuel, von Basel/BS, 11.01.1931–17.06.2015, Pumpwerkstr. 3, Münchenstein, Abschied im engsten Familienkreis. Muttenz Froidevaux-Wider, Anna Catherine, von Le Noirmont/JU, 01.09.1919–20.06.2015, Feldrebenweg 41, Muttenz, Die Bestattung findet im Kanton Jura statt. Hattenberger, Thomas, von Starrkirch-Wil/SO, 14.11.1950–10.06.2015, Pestalozzistr. 35, Muttenz, wurde bestattet. Simon, Antal, von Basel/BS, 04.09.1928– 17.06.2015, Tramstr. 83, APH zum Park, Muttenz, wurde bestattet. Uebersax-Jauchli, Martha Lydia, von Herzogenbuchsee/BE, 05.08.1924–21.06.2015, Reichensteinerstr. 55, APH Käppeli, Muttenz, Trauerfeier: Dienstag, 07.07., 14.00 Uhr, ref. Kirche St. Arbogast Muttenz, Urnenbeisetzung im engsten Familienkreis. Pratteln Weingärtner-Franco, Else Thérèse, gen. Lea, von Basel/BS, Niederdorf/BL, 13.02.1941– 20.06.2015, Längistr. 3, Pratteln, Bestattung und Trauerfeier im engsten Familienkreis. Reinach Gmür, Albert, von Amden/SG, 04.08.1949– 06.06.2015, Zihlackerstr. 18, Reinach, wurde beigesetzt. Hermann, Marcel Charles, von Pfaffnau/ LU, 08.09.1949– 12.06.2015, Gstadstr. 19A, Reinach, Urnenbeisetzung im engsten Familienkreis. Reichling-Schweitzer, Arthur, von Basel/BS, 28.09.1936–14.06.2015, Angensteinerstr. 36, Reinach, wurde beigesetzt. Riehen Heid-Jobé, Charlotte Julia, von Riehen/BS, Basel/BS, 24.12.1923– 27.05.2015, Inzlingerstr. 50, Riehen, wurde bestattet. Hiltbrunner-Choulat, Erwin Fritz, von Riehen/BS, 19.08.1913– 17.06.2015, Inzlingerstr. 230, Riehen, wurde bestattet. Kleiner-Wirz, Erika, von Basel/BS, 21.06.1927–18.06.2015, Albert Oeri-Str. 7, Riehen, Trauerfeier im engsten Kreis. Leon-Garcia, Gregorio, von Spanien, 12.03.1929–15.06.2015, Rainallee 49, Riehen, wurde bestattet. Sartori-Mangili, Rosa, von Italien, 05.05.1925– 19.06.2015, Inzlingerstr. 230, Riehen, Trauerfeier: Freitag, 26.06., 15.00 Uhr, Franziskuskirche, Riehen. laufend aktualisiert: tageswoche.ch/todesanzeigen TagesWoche 26/15 KULTUR FLASH Konzert Pärkli Jam Am Freitag, 26. Juni, beginnt der «Pärkli Jam». Für drei Tage kann man im St.-JohannsPark wieder Openair-Luft schnuppern. Das Quartierfestival hält auch dieses Jahr wieder ein breites Angebot bereit: Von Konzerten und DJ-Acts über verschiedene Workshops, leckeres Essen und Kleiderständen bis zur Kinderecke mit Hüpfburg ist alles da. Bis Mitternacht ist auf dem Parkareal jeweils Programm, am Samstag geht es an der Afterparty weiter im Badhüsli. × 26. bis 28. Juni, St.-Johanns-Park. • www.paerklijam.ch Dokfilm Der Gewinner vergiesst Tränen der Freude: Andrew Tyson (links) holt den mit 30#000 Franken dotierten Hauptpreis. FOTO: PRISKA KETTERER schüchterner, zu gross geratener Schuljunge auf die Bühne huscht. Doch sobald der Amerikaner zu spielen beginnt, öffnet sich eine andere Welt. Auf einmal singt dieser Flügel. Tyson interpretiert Chopins erstes Klavierkonzert, hochvirtuos, mit einer Leichtigkeit, die auch andere schon gezeigt haben. Doch er schafft es dabei, das Stück ungemein poetisch zu gestalten, die komplexe Architektur dieser so leicht wirkenden Musik aufzuzeigen – und immer wieder erlaubt er sich überraschende Ausbrüche. Hier sitzt einer, der etwas zu sagen hat. Das tut er manchmal jugendlich-unbeholfen impulsiv, sehr oft aber mit ausgesuchter Schönheit und grosser Eigenwilligkeit. Diese verzaubernde Leichtigkeit ist eigentlich nur noch mit emotionaler Tiefe und Draufgängertum zu kontern. Ein Tastenlöwe müsste jetzt antreten, und der dritte Kandidat, der Brasilianer Ronaldo Rolim (29) hat sich in den vorangehenden Runden als genau so einer präsentiert. Er sehe sich eigentlich schon als Sieger, sagte er gar den Radioreportern von SRF 2 Kultur ins Mikrofon. Vielleicht braucht es solche Siegesgewissheit, um dem Druck standzuhalten. es Dirigent Karl-Heinz Steffens, zwischen Orchester und Pianisten zu vermitteln. All seine Kraft geht in diesem Koordinationskampf verloren, sein warmer Anschlag, der in der Rezital-Runde noch dunkel glänzte, wird immer flacher, seine musikalischen Ideen verlieren ihren Bezugspunkt. Tränen der Erleichterung Das Publikum jubelt dennoch. Manche wohl auch, um ihren Favoriten aufzumuntern. Rolim hat einen ganz schlechten Tag erwischt, ist aber bei der Preisvergabe ganz cool, ganz Profi – auch wenn es «nur» für den dritten Platz reicht. Und das, obwohl – wie die Jury nochmals betont hat – die Leistung aus allen Runden berücksichtigt worden ist. Im Moment der Bekanntgabe, dass Aleksandr Shaikin den zweiten Preis erhält, verschlägt es Andrew Tyson die Sprache. Fassungslos bedeckt er seinen Mund, verdrückt ein paar Tränen: Hier lässt sich erahnen, wie viel Druck auf den Schultern dieser jungen Musiker lastete – und in einem solchen Moment abfallen kann. Auch den Publikumspreis sowie den Preis für die beste Mozart-Interpretation erhält der überragende Tyson. Ob er auf den Konzertpodien der Welt Karriere Tastenlöwe verliert den Rhythmus machen wird, das entscheiden viele FakDoch nach den acht kräftigen, gerade toren. Phantasiereichtum und starke Nerheraus gespielten Akkorden von Rachma- ven hat er mit dem Wettbewerbssieg schon ninovs zweitem Klavierkonzert geschieht mal bewiesen. Ein wichtiger Schritt auf das Unfassbare: Orchester und Solist gera- einem lebenslangen Weg. ten völlig auseinander. tageswoche.ch/+ ktlhr × Einzelne Instrumentengruppen setzen teilweise ganz aus, bis wieder ein gemeinsamer Rhythmus gefunden ist. Die Chemie stimmt nicht: Immer wieder wechselt Rolim in seinem impulsiven Spiel überraschend die Tempi, immer weniger gelingt TagesWoche 26/15 Technoviking Das HeK geht am 2. Juli der Faszination des Internet-Memes nach. Wie es zur Entstehung eines solchen Phänomens kommt, zeigt sich am Beispiel des «Technoviking»Memes. Aufgenommen wurde das Video im Sommer 2000 an einem Berliner Festival und erst sechs Jahre später veröffentlicht. Der kurze Film über einen energisch tanzenden Mann mit entblösstem, muskulösem Oberkörper verbreitete sich rasch im Internet – bis der Mann gegen Filmer Matthias Fritsch klagte. Seine Recherche zum Hype um das Video hielt Fritsch wiederum in der Doku «The Story of Technoviking» fest. Der Film wird anschliessend an ein Gespräch mit dem Regisseur gezeigt. × Donnerstag, 2. Juli, 21.30 Uhr, Haus der elektronischen Künste, Dreispitz. • www.hek.ch Ausgehen Eine Liste sämtlicher Kulturveranstaltungen der Schweiz finden Sie in unserer Online-Agenda (Rubrik «Ausgehen»). 41 Kinoprogramm ANDREAS – 3D [12/10 J] BASEL CAPITOL • SAN 15.30/20.30—SA/SO: 11.00 D Steinenvorstadt 36 kitag.com • PITCH PERFECT 2 [10/8 J] D Basel und Region 26. Juni bis 2. Juli • JURASSIC WORLD E/d/f[12/10 J] 15.00/18.00/21.00 18.00 • MAD MAX: FURY ROAD – 3D 42 SPUTNIK Poststr. 2 palazzo.ch • GIOVANNI SEGANTINI – MAGIE DES LICHTS [8/6 J] D [14/12 J] FR-MO: 18.00 FR/SO/DI: 20.00— • LEARNING TO DRIVE FR/SA: 22.30—SA/MO/MI: 17.30 [12/10 J] D KULT.KINO ATELIER 20.15 E/d • SPY – SUSAN COOPER • OSTWIND 2 D [6/4 J] Theaterstr. 7 kultkino.ch UNDERCOVER [14/12 J] SA/SO: 15.00 FR/SA: 22.40 D • KULT.KINO ATELIER 1 UND 2 • KÜHE, KÄSE UND BIS ENDE AUGUST WEGEN • POLTERGEIST – 3D [16/14 J] DREI KINDER [0/0 J] UMBAUS GESCHLOSSEN FR/SA: 23.00 D SO: 11.00 Rätoroman/d [14/12 J] • OSTWIND 2 • LOVE & MERCY [6/4 J] • WOMAN IN GOLD [12/10 J] SA/SO: 18.00—SA-MI: 20.30 E/d/f SA/SO: 10.30— DI/MI: 18.00 E/d/f SA/SO/MI: 12.45/15.10 D • SONG FROM THE FORESTOv/d [0/0 J] • HOME – EIN SISSACH PALACE SA-MI: 18.30 SMEKTAKULÄRER TRIP – 3D Felsenstrasse 3a palacesissach.ch [0/0 J] • PAS SON GENRE [16/14 J] SA/SO: 10.50—SA/SO/MI: 13.00 • WEGEN DACHSANIERUNG SA-MI: 20.45 F/d • TED 2 15.00/18.00/21.00 ANZEIGEN [16/14 J] E/d/f D • LEARNING TO DRIVE MO-MI: 18.15 E/d [12/10 J] • MINIONS – 3D D SO: 13.20/15.30 KULT.KINO CAMERA Rebgasse 1 kultkino.ch [6/4 J] BLEIBT DAS KINO GESCHLOSSEN PATHÉ PLAZA Steinentorstr. 8 pathe.ch [12/10 J] • SPY – SUSAN COOPER [14/12 J] UNDERCOVER 15.30/18.00— • GIOVANNI SEGANTINI – FR/MO/DI: 13.00— MAGIE DES LICHTS [8/6 J] SA/MO/MI: 20.30 D 14.30/18.30 D FR/SO/DI: 20.30 E/d/f • BOUBOULE F/d [10/8 J] • RICO, OSKAR UND FR-SO: 16.30 DAS HERZGEBRECHE [6/4 J] • HEDI SCHNEIDER SA/SO/MI: 13.20 D STECKT FEST [10/8 J] D 17.00 REX • VICTORIA 14.15/20.30 E/d • CAPITAINE THOMAS SANKARA F/d [8/6 J] 18.50 Steinenvorstadt 29 kitag.com • JURASSIC • DAS EWIGE LEBEN [12/10 J] WORLD – 3D D [12/10 J] 17.00—FR/SA/MO-MI: 14.00— E/d/f FR-DI: 20.00 [0/0 J] • TED 2 [16/14 J] 14.30/17.30—FR-DI: 20.30— [16/14 J] MI: 20.00 D • MINIONS D– 3D [6/4 J] [16/14 J] SO: 14.00 20.45 • KÜHE, KÄSE UND DREI KINDER Rätoroman/d SO: 12.30 • DAWN SO: 12.40 Hebräisch/d • LOVE ISLANDOv/d/f MO-MI: 16.30 KULT.KINO CLUB Marktplatz 34 kultkino.ch • LOVE ISLAND [16/14 J] FR-SO: 16.15—FR/SA: 21.00 Ov/d/f • LEARNING TO DRIVE MOVIE & DINE PATHE KÜCHLIN | FR, 14. AUGUST | FILM: 20.30 UHR (Edf) ÖFFNUNG CINE DELUXE: 20.00 UHR FR-SO: 18.30 E/d [12/10 J] NEUES KINO Klybeckstr. 247 neueskinobasel.ch • DAYS IN NIGHT Ov FR: 21.00 • ATANARJUAT – THE FASTOv/d/f RUNNER FR: 21.01 PATHÉ KÜCHLIN Steinenvorstadt 55 pathe.ch • kitag Opera Live: CARMEN E/d STADTKINO Klostergasse 5 stadtkinobasel.ch • SOMMERPAUSE BIS 26. AUGUST 2015 STUDIO CENTRAL Gerbergasse 16 kitag.com • THE AGE OF ADALINE [12/10 J] 17.15—SA/SO: 14.30 E/d/f • SPY – SUSAN COOPER [14/12 J] UNDERCOVER E/d/f 20.00 FRICK MONTI Kaistenbergstr. 5 fricks-monti.ch • JURASSIC WORLD [12/10 J] • TED 2 FR/SA/MO-MI: 12.30/15.10— FR-MO: 20.15 D SA/SO: 10.00 D • MINIONS D • JURASSIC WORLD [12/10 J] SO: 11.00 12.50/15.30/18.15/21.00— NAB FAMILY EVENT FR/SA: 23.40—SA: 10.10 D • MINIONS – 3D D 18.00/20.40—FR/SA: 23.20 E/d/f SO: 13.00/15.00 • THE AGE OF ADALINE TICKETS: CHF 89.– PRO PERSON Der Preis beinhaltet ein mehrgängiges Flying Dinner, Cüpli, Rot- und Weisswein, Bier, Mineral, Kaffee à discretion und Filmbesuch. Tickets sind an der Kinokasse und online erhältlich. Anzahl Plätze limitiert. PATHE KÜCHLIN pathe.ch/basel [12/10 J] 15.15—FR/MO/DI: 12.45— FR-SO/DI: 17.45— FR/SA/MO/MI: 20.15— SA/SO: 10.15 D SO/DI: 20.15—MO/MI: 17.45 E/d/f • WOMAN IN GOLD [12/10 J] 12.45—FR/MO/DI: 15.10— FR/SO/DI: 17.30— SA/MO/MI: 20.00 E/d/f • TED 2 [16/14 J] 12.50/15.20/17.50/20.20— FR/SA: 22.50—SA/SO: 10.20 E/d/f 13.00/15.30/18.00/20.30— FR/SA: 23.00—SA/SO: 10.30 D • BIG GAME [12/10 J] 15.20/17.45— FR/MO/DI: 13.00— FR/SA: 22.30—SA/MO/MI: 20.10 D FR/SO/DI: 20.10 E/d • MISS BODYGUARD [12/10 J] 13.30 D [4/4 J] MI: 20.30 • JURASSIC WORLD – D3D SO: 17.00 [16/14 J] [6/4 J] [6/4 J] [12/10 J] LIESTAL ORIS Kanonengasse 15 oris-liestal.ch • TED 2 [16/14 J] FR/SA/MO-MI: 20.15—SO: 20.30 D • RICO, OSKAR UND DAS HERZGEBRECHE [6/4 J] D SA/MI: 15.00 • JURASSIC WORLD [12/10 J] D SA: 17.30 • JURASSIC WORLD – D3D SO: 18.00 [12/10 J] • MINIONS D– 3D [6/4 J] • MINIONS D [6/4 J] SO: 13.30 SO: 15.45 TagesWoche 26/15 43 Impressum TagesWoche 5. Jahrgang, Nr. 26; verbreitete Auflage: 10&800 Exemplare (prov. Wemfbeglaubigt, weitere Infos: tageswoche.ch/+sbaj6), Gerbergasse 30, 4001 Basel Herausgeber Neue Medien Basel AG Redaktion Tel. 061 561 61 80, [email protected] Die TagesWoche erscheint täglich online und jeweils am Freitag als Wochenzeitung. Chefredaktion Dani Winter (Redaktionsleiter), Remo Leupin (Leiter Print) Digitalstratege Thom Nagy Creative Director Hans-Jörg Walter Redaktion Amir Mustedanagić (Leiter Newsdesk), Reto Aschwanden (Leiter Produktion), Renato Beck, Antonia Brand (Praktikantin), Tino Bruni (Produzent), Lea Dettli (Praktikantin), Yen Duong, Karen N. Gerig, Laura Goepfert (Praktikantin), Jonas Grieder (Multimedia-Redaktor), Christoph Kieslich, Marc Krebs, Felix Michel, Hannes Nüsseler (Produzent), Matthias Oppliger, Jeremias Schulthess, Andreas Schwald, Dominique Spirgi, Samuel Waldis Redaktionsassistenz Béatrice Frefel Layout/Grafik Petra Geissmann, Daniel Holliger Bildredaktion Nils Fisch Korrektorat Yves Binet, Balint Csontos, Chiara Paganetti, Irene Schubiger, Martin Stohler, Dominique Thommen Lesermarkt Tobias Gees Abodienst Tel. 061 561 61 61, [email protected] Verlag Olivia Andrighetto, Tel. 061 561 61 50, [email protected] Geschäftsleitung Tobias Faust Leitung Werbemarkt Kurt Ackermann Werbemarkt Cornelia Breij, Hana Spada, Tel. 061 561 61 50 Unterstützen Sie unsere Arbeit mit einem Jahresbeitrag Supporter: 60 Franken pro Jahr Enthusiast: 160 Franken pro Jahr Gönner: 500 Franken pro Jahr Mehr dazu: tageswoche.ch/join Druck Zehnder Druck AG, Wil Designkonzept und Schrift Ludovic Balland, Basel 44 Hollywoods Grosserfolge der Vorjahre wie Coppolas «The Godfather» oder Polanskis «Chinatown» entrümpelten den Film von erlahmten Konventionen wie dem obligaten Happy End oder den schnittigen Heldenfiguren, in Friedkins «The Exorcist», mit zwei Oscars gekrönt, nahm schliesslich ein handfester Dämon die Hauptrolle ein. «Jaws» spielte mit ähnlichen psychologischen Mitteln: ein prägnanter Soundtrack, der das herannahende Unheil akustisch ankündigt, ein Horror, der über das wehrlose familiäre Idyll – ein Badestrand – hereinbricht, und in der Gestalt des Haifischjägers Quint jene Auflösungserfahrung der Zivilisation, in der sich die menschliche Ratio zugunsten des besessenen Wahns auflöst. Schnapsflasche und Hai kreisen Und der Haifisch, der hat Zähne: Filmplakat zu «Jaws» aus dem Jahr 1975. Kultwerk #187 Mann, Meer und Monster: Vor 40 Jahren erfand der Regisseur Steven Spielberg mit «Jaws» den modernen Blockbuster. Hoch die Flossen! Quint wird, zwar mit weniger aristokratischer Postur, als ein kaum verhüllter Wiedergänger des Waljägers Ahab aus Melvilles Feder inszeniert, doch auch wenn damit der Urtopos vom Kampf zwischen Mann, Meer und Monster neu erzählt wird, ist Spielbergs Film weniger am mythischen Gehalt des Stoffs denn an der Verstrickung von psychologischer Spannung und – damals – bahnbrechenden Schockeffekten interessiert. Die zweite Filmhälfte, in der das Haijäger-Trio mehr und mehr widerstandslos auf dem offenen Meer treibt, die Nerven blank liegen und der Schnaps fliesst, während der Hai das Boot umkreist, erzeugen noch 40 Jahre später eine ungeheuer dichte, zerreissende Atmosphäre. Bis der Hai, ungeduldig wie er ist, aufs Boot springt. «Jaws» beendete im Kino die traditionelle Sommerflaute. «Jaws» kam, in Einklang mit der Filmhandlung, in den Sommermonaten in die amerikanischen Kinos – und beendete die traditionelle Flaute dieser Saison. Kein Film zuvor machte einen grösseren Umsatz als Spielbergs Flossenjagd, und fortan galt der Sommer als Kinozeit: Während draussen das Land unter der Sonne schmolz, flimmerte über die Leinwände der runtergekühlten Säle gigantisches Unterhaltungskino. von Andreas Schneitter «Jaws» lancierte den Begriff des «Blockbusters», weniger gut hingegen bekam der n die dunklen Gründe des Meeres schen Beutezug begeben, aus den seichten Film seinem Hauptpersonal. Für die schien Gott den Teufel verbannt zu Wassern des B-Movie heraus und etablierte Gattung der weissen Haie war «Jaws» ein haben, aber losgeworden ist ihn die es im Mainstream-Kino. «Der weisse Hai» PR-Desaster, ihr Ruf war am Boden, die Menschheit nicht: Als riesenhafter hiess das Werk schön nüchtern-deskriptiv Zahl der Tötungen nahm zu. Im Nordatlangefrässiger Leviathan kehrte vor vierzig in der deutschen Fassung, treffender ist tik schwand ihre Zahl seit den AchtzigerJahren diese Kreatur zurück an die Oberflä- jedoch der Originaltitel: «Jaws». Kiefer. jahren um bis zu 80 Prozent. Seither steht che und riss zu sich in die Tiefe, was die Rachen. Maul. Ein bissstarker Abgrund, der weisse Hai auf der Liste der gefährdescharfen Zähne zu fassen kriegten. der alles verschlingt. ten Arten, umfassend geschützt ist er Mit seinem Durchbruchfilm für die Spielbergs «Jaws» war das Scharnier, deswegen nicht: Sobald sich Tötungsfälle ganz grosse Leinwand holte Steven Spiel- mittels dem das New Hollywood Cinema ergeben, ist der Schrecken wieder da, und berg jenes Subgenre des Horrorfilms, in der frühen Siebzigerjahre hinüberging in die Schlachter rücken aus. dem animalische Monster sich auf diaboli- die totale Unterhaltung. tageswoche.ch/+pi2lo × I TagesWoche 26/15 45 Wochenendlich in Boulogne-sur-Mer Ein idyllisches Fischerstädtchen sieht anders aus. Dennoch kann man da gut zwei, drei Tage am Meer verbringen. Eine Prise Meeresluft Abfahren Die Hafenanlagen mit einer Hafenrundfahrt. Anbeissen Ein Drei-Gang-Menü im Restaurant Le Doyen an der Rue du Doyen 11. m besten einen Tisch reservieren. Abliegen Das Hôtel Alexandra an der Rue Adolphe Thiers 93 ist innen schmuck und hat äusserst nette Inhaber. von Martin Stohler Z ugegeben: Boulogne-sur-Mer fällt einem nicht als Erstes ein, wenn man Ferien an einer Küste Frankreichs machen will. Es gibt weitaus mondänere Orte, und es würde auch niemand ernsthaft behaupten, der grösste Fischereihafen Frankreichs sei ein idyllisches Fischerstädtchen. Und trotzdem: Boulogne-sur-Mer hat alles, was man braucht, wenn man zwei, drei Tage am Meer verbringen will. Am Sandstrand, der beim Hafen beginnt und von dort der Küste folgt, kann man wunderbar dem Meer entlangspazieren. Wenn Ebbe herrscht, scheint der Strand schier endlos zu sein. Sollte man aber einen Regentag erwischen, kann man stattdessen das Aquarium Nausicaá besuchen und dort tief in die Welt des Meeres eintauchen. Fische aller Art gibt es auch auf dem täglichen Fischmarkt zu sehen. Auf ihm geht es lebhaft zu und her. Sehr zu empfehlen ist eine Hafenrundfahrt. Dabei fährt man auch an der stillgelegten Gare Maritime vorbei, in der früher die Zugpassagiere auf die Fähren nach England umstiegen. Der Bau des Eurotunnels unter dem Ärmelkanal bedeutete das Ende des kombinierten Betriebes von Eisenbahn und Fährschiff. Heute ist die Gare Maritime das melancholische Baudenkmal einer vergangenen Epoche. Das Zentrum von Boulogne-sur-Mer besteht aus einer Unterstadt rund um den Hafen und einer befestigten Oberstadt, der Ville fortifiée. In der Unterstadt herrscht geschäftiges Kleinstadtleben. Hier findet man Geschäfte und Läden, Hotels und Restaurants und an der Place Dalton die Eglise Saint-Nicolas, die älteste Kirche des Ortes. Steiler Aufstieg zur Ville fortifiée Der Weg hinauf zur Ville fortifiée ist steil, doch sollte man sich dadurch nicht abschrecken lassen, den Aufstieg unter die Füsse zu nehmen. Einmal oben angekommen, kann man sich in einem kleinen Park von den Mühen erholen oder sich gleich in eines der verschiedenen Ausflugslokale TagesWoche 26/15 setzen. Beinahe etwas versteckt in der Ostecke der Befestigungsanlage befindet sich ein Château. Darin ist ein Museum untergebracht, das über bedeutende Objekte aus unterschiedlichen Kulturen und Epochen verfügt. Spezielle sucht, findet das ein paar Schritte weiter in der Rue du Doyen im Restaurant Le Doyen. Das Lokal erinnert ein bisschen an eine Puppenstube, die Speisen sind mit Liebe zubereitet. Um den Abend abzurunden, kann man sich auch im Kino «Les Stars» an der Rue National 18 einen der Empfohlen: die Fête de la Mer neusten Filme ansehen. Hat man am Tag ausgiebige Strand- und Diesen Sommer steht in Boulogne-surStadtspaziergänge unternommen, setzt Mer übrigens noch etwas ganz Besonderes man sich abends ganz gerne in ein gemütli- auf dem Programm: die Fête de la Mer, die ches Lokal und sucht sein Vergnügen bei vom 10. bis 14. Juli stattfindet, mit aussergeSpeis und Trank. wöhnlichen Schiffen und Einblicken in die In der Unterstadt gibt es mehrere Res- maritime Kultur und Lebensweise. taurants rund um die Place Dalton. Wer das tageswoche.ch/+sq5X9 × Heimfahrt in den grössten Fischereihafen Frankreichs. FOTO: MARTIN STOHLER Beim Fotografieren ist nicht nur das richtige Motiv wichtig – sondern auch, wie sich der Fotograf bewegt. Haltungsturnen für Fotografen Für das perfekte Bild legen sich Fotografen mitunter ganz schön ins Zeug. 46 von Hans-Jörg Walter Zeitmaschine FOTO: KEYSTONE D ie einen schleichen und pirschen sich wie Grosswildjäger an das Motiv heran. Warten lange auf den richtigen Augenblick und erlegen ihr Motiv mit einem gezielten Schuss. Andere knipsen beiläufig aus der Hüfte und machen dabei eine Miene wie ein Detektiv, der unerkannt bleiben will. Dann gibt es jene, deren Antlitz permanent hinter dem Apparat versteckt bleibt, die immerzu durch den Sucher gucken und sich nur auf den Bildausschnitt konzentrieren (und dann meistens den entscheidenden Augenblick verpassen). Einige Aufnahmesituationen und Kamerasysteme zwingen Fotografen zu komischen Verrenkungen und hochnotpeinlichen Haltungen. Lustig ist der Blümchenfotograf, der sein Makro auf den Boden richtet und den Hintern in die Höhe. Oder der Sportfotograf, der sich wegen grossen schweren Linsen auf seiner Kamera irgendwie aufstützen muss, weil er sonst Gefahr läuft, aus dem Gleich-gewicht zu geraten. Dann gibt es diejenigen, die auf den Knien herumrutschen – das sieht man dann den Hosen an. Cool wie in «Blow Up» Der Hobbyfotograf mit grossem Budget konzentriert sich oft mehr auf sein Gerät als aufs Motiv und hat meistens zu viele Taschen umgehängt, unter deren Last er ziemlich schief steht. (Profis haben zwei Taschen dabei, eine links und eine rechts, so bleibt der Horizont schön horizontal.) Es gibt auch wahre Tänzer in der knipsenden Zunft, die eine abenteuerliche Gymnastik hinlegen können. Hochzeitsfotografen lassen sich so manche Moves einfallen, um die Gesellschaft bei Laune zu halten. Das Internet ist voll lustiger Beispiele. Viele bewegen sich aber so, wie sie es aus Filmen gelernt haben. «Blow Up» zum Beispiel, das Meisterwerk von Michel-angelo Antonioni aus dem Jahr 1966, hat eine ganze Generation von Fotografen beeinflusst: Sie glaubten, dass man beim Fotografieren von schönen Frauen die Kamera falsch halten und mit leerem Gesichtsausdruck cool aussehen müsse. Oft ähneln die Posen hinter der Kamera auch jenen auf Filmplakaten, auf denen Männer mit Waffen hantieren. Die JamesBond-Geste mit der nach oben gerichteten Pistole und dem Grinsen des Helden ist eine der meistverbreiteten Posen auf Selbstdarstellungseiten von Fotografen. Manchmal kann man aus den Bildern Rückschlüsse ziehen, wie der Fotograf sich wohl angestellt hat. Wurde er überhaupt wahrgenommen, oder war er gar das Zentrum der Aufmerksamkeit? War er dem Geschehen nahe, oder hielt er sich feige fern? Wie verläuft der Blickwinkel? Von oben herab oder auf Augenhöhe? So verrät manches Bild einiges über seine Entstehung. Deshalb mein Tipp an alle Fotografen: Treten Sie selbstbewusst auf und zeigen Sie Haltung. Das überträgt sich auch auf die Situation und den Menschen, den Sie fotografieren. So kommt es zum perfekten Moment: Auge in Auge. tageswoche.ch/+xio0x × TagesWoche 26/15 KLEINANZEIGEN Kontakt: tageswoche.ch/kleinanzeigen BAUCHTANZ/ORIENTALISCHER TANZ IN BASEL – GRATIS SCHNUPPERSTUNDEN Ob Sie den weiblichsten aller Tänze selbst erlernen möchten im Studio Saada an der Missions- VIDEOKASSETTEN VHS-AKTION Videokassetten VHS-Aktion. Wir bieten ca. 250 VHS-Kassetten an, alle selbst aufgenommen vom TV von 1985 bis 2012, zum Teil in Buchhüllen. Alles en bloc für nur CHF 100.– SILBERNER HERRENRING VERLOREN NÄHE SCHÜTZENMATTE Am Do, 11.6. zwischen Jugi Neubad und Gottfried Keller Schulhaus habe ich einen Herrenring ben in Goldfassung auf Silberreif, recht gross. Ein Erbstück – bitte melden, danke! gieren wollen – bei uns sind Sie auf jeden Fall an der richtigen Adresse. FAMILIEN-FERIENWOHNUNG MIT INSGESAMT 4 BETTEN, NÄHE RHEIN Nur ein paar Steinwürfe vom Rhein entfernt liegt diese 2-Zimmer-Wohnung, welche sich ideal eignet für eine Gruppe oder Familie. 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