Subjektive Theorien als Basis für Wissen und

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Pflegewissenschaft. Einzelbeitrag | ISSN 1662-3029 | Verlag hpsmedia GmbH | D-63667 Nidda
Pflegewissenschaft
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PFLEGEPÄDAGOGIK
Subjektive Theorien als Basis für
Wissen und Handeln
Pflegedidaktische Folgerungen für einen lernfeldund problemorientierten Unterricht
Renate Schwarz-Govaers
Renate Schwarz-Govaers
Dipl.-Päd., Dr. phil.
Normannenweg 146
D-88090 Immenstaad
Tel.: 07545 6496
[email protected]
Was passiert, wenn in der Berufsausbildung subjektive Theorien auf wissenschaftliche prallen? Mit dieser Frage beginnt meine Forschungsarbeit zum oben
genannten Thema.
Zum Einen geht es mir in diesem Beitrag um ein Verständnis von „Subjektiven
Theorien“, die als implizites Wissen unser Leben und Handeln bestimmen und
damit auch unseren Berufsalltag. Werden sie während der Berufsausbildung
nicht bewusst gemacht, bleiben sie unhinterfragt bestehen. Die in der Ausbildung gelernten Theorien und Konzepte sind damit wenig handlungsleitend. Es
bleibt eine Kluft zwischen Wissen und Handeln.
Zum Anderen möchte ich pflegedidaktische Ansätze aufzeigen, wie durch lernfeld- und problembasiertes Lernen die Subjektiven Theorien bewusst gemacht,
durch neues Wissen angereichert und so gesichert (verdichtet) werden, dass sie
als verändertes und nicht als „träges“ Wissen unser Handeln bestimmen.
Ausgangslage
Lernende kommen mit ziemlich festen, eigenen Theorien in die Pflegeausbildung
Ich gehe von der These aus, dass Lernende schon mit ziemlich festen eigenen (subjektiven)
Theorien zum Pflegen in die Pflegeausbildung kommen. Sei es zum Thema „Schmerz“ oder
„Schlaf“, zum Essen oder Ausscheiden, sind wir von Geburt an durch Erziehung und Umwelt geprägt. Auch Lehrpersonen bringen ins Studium eigene Theorien mit, die sich durch
jahrelange Erfahrung in der Schule tief im Gedächtnis eingeprägt haben und gar nicht mehr
bewusst wahrgenommen werden. Nun ist durch vielfache Forschungsergebnisse bei Lehrpersonen nachgewiesen, dass ihre alten Theorien über das Studium hinaus unkorrigiert bestehen
bleiben. Sie bestimmen ihr Handeln im Unterricht, auch wenn sie Anderes oder Gegenteiliges
gelernt haben und in Prüfungen gekonnt wiedergaben. Diese Ergebnisse waren Auslöser für
die Studie, die ich mit dem Titel „Subjektive Theorien als Basis von Wissen und Handeln“
im letzten Jahr abgeschlossen habe. Sie wurde mit Lernenden einer Gesundheits- und Krankenpflegeschule an deren Praktikumsorten durchgeführt (vgl. Schwarz-Govaers, 2001). Ein
Vergleich zwischen dem Handeln von AnfängerInnen und von Examensschülerinnen sollte
aufzeigen, ob sich die „Subjektiven Theorien“ während der vierjährigen Ausbildung verändern und wenn ja, in welche Richtung.
Eigene (subjektive) Theorien treten in der Pflegeausbildung häufig in Konkurrenz mit
erlernten (wissenschaftlichen) und erfahrenen (Praxis-)Theorien
Schlüsselwörter
Subjektive Theorien
Berufsausbildung
Pflegedidaktik
PBL (Problembasiertes
Lernen)
Obwohl sich die Pflegeausbildung in der Regel zur Hälfte in der Schule abspielt, prägt die
Praxis sehr viel stärker das pflegerische Verständnis und Handeln. Die gelernten Theorien zum
Pflegen decken sich häufig nicht mit den in der Praxis erfahrenen. Auch stehen sie zuweilen
im Widerspruch zu den mitgebrachten (subjektiven) Theorien. Die durchgeführte Untersuchung nach dem „Forschungsprogramm Subjektive Theorien“ kann das Dilemma zwischen
Theorie und Praxis bei beiden Gruppen aufzeigen. Während sich die Anfängerinnen häufig
zwischen eigenen (subjektiven) Alltagstheorien und den ersten schulisch erlernten wissenschaftlichen oder „objektiven“ Theorien entscheiden müssen, befinden sich die Fortgeschrittenen vermehrt im Entscheidungsdruck, also Dilemma zwischen gelernter (objektiver) Theorie und Praxistheorie. Dabei scheint sich unter Handlungsdruck häufig die Praxistheorie zur
eigenen, subjektiven Theorie verdichtet zu haben; z.B. wird dem „Helfen-Wollen“ zu Beginn
der Ausbildung große Bedeutung beigemessen, das sich häufig nicht mit dem pflegetheoretischen Ziel der „größtmöglichen Unabhängigkeit“ oder „Selbstpflegekompetenz“ in Einklang
bringen lässt, aber in der Praxis sich manchmal mit dem „schneller Arbeiten“ deckt.
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PRINTERNET 01/05