Wirtschaft und Tourismus NUMMER 204 SAMSTAG, 5. SEPTEMBER 2015 Seit 120 Jahren gibt es den Alpengasthof Schwand. Das linke Bild zeigt die Gastwirtschaft im Oberstdorfer Ortsteil Schwand vor 100 Jahren. Rechts ist die Gaststätte mit Hotel zu sehen, wie sie sich heute präsentiert. Der Alpengasthof bietet 18 Gästezimmer und im Restaurant Platz für 130 Gäste. Foto und Repro: Olaf Winkler Die sechste Generation arbeitet sich schon ein Tradition Der Alpengasthof Schwand besteht seit 120 Jahren und war immer im Besitz der Familie Tauscher VON OLAF WINKLER Oberstdorf Von der Notwendigkeit einer Gastwirtschaft musste Josef Anton Tauscher die Behörden erst schriftlich überzeugen. Wochenlang hatten sich die Wanderer deshalb in ein „Aufschreibebuch“ einzutragen. Das war 1895. Im Mai des gleichen Jahres durfte Tauscher dann seine Gastwirtschaft in Schwand bei Oberstdorf eröffnen. Im Oktober erhielt er die offizielle Schankkonzession. 120 Jahre ist das her und für Claudia Tauscher-Kögel Anlass, heuer Geburtstag zu feiern. Sie führt die inzwischen zum Alpengasthof und Hotel gewordene Gaststätte in der fünften Generation. Und mit Sohn Florian (23) arbeitet bereits die sechste Generation mit. Ende des 19. Jahrhunderts waren Wanderer die Zielgruppe von Josef Anton Tauscher. Sie stärkten sich auf ihrer Wanderung im Stillachtal mit Blick auf die Allgäuer Bergwelt. Der Zuspruch war groß und schon 1899 erweiterte Tauscher ein erstes Mal. Nun gab es die ersten Gästezimmer und „Sommerfrischler“ zog es nach Schwand. Kaum ein Jahrzehnt verging ohne Investitionen rund um das Anwesen. Und es gab immer wieder prominente Gäste: beispielsweise in den 30er-Jahren Königin Wilhelmine der Niederlande samt Kronprinzessin Juliane und in den 70er-Jahren den bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß. Während des Zweiten Weltkrieges wurde der Gasthof zum Kinderlandverschickungs-Lager. So waren 1943 dort 32 Schulmädchen aus Wuppertal untergebracht. „Noch heute kommen ab und zu Gäste, die damals hier gewohnt haben“, erzählt Claudia Tauscher-Kögel. Spezialität: Ziegenkäse Immer mehr Gästezimmer Der Wirtschaftsaufschwung der 50er-Jahre zeigte sich auch in Schwand: Die Nachfrage nach Gästebetten stieg erneut und schon bald reagierten Max und Dorle Tauscher auf die Entwicklung. Sie hatten den Gasthof 1960 übernommen. „Der Betrieb war damals nicht im allerbesten Zustand“, weiß die heutige Besitzerin. Und so folgte die bedeutendste Expansion: Die Zahl der Zimmer schnellte von drei auf 17. Das Lokal wurde 1972 erweitert, 1980 und zuletzt 1990 folgten zusätzliche Anbauten. Da hatte Claudia Tauscher den Claudia Tauscher-Kögel und Franz Kögel (rechts) leiten heute den Alpengasthof Schwand. Sohn Florian Käufler arbeitet seit zwei Jahren in der Küche mit. Betrieb bereits von ihren Eltern übernommen. Die halfen weiter mit und so entstand der Gasthof in seiner heutigen Form mit 18 Gästezimmern, einem Wellness-Bereich mit Whirlpool und Sauna sowie einem Restaurant mit 130 Sitzplätzen innen und gut 100 im Freien. Stolz ist Claudia Tauscher-Kögel (53) auf die hohe Zahl von 240 Belegtagen. Weit über dem Durchschnitt in Oberst- dorf liege sie damit. Sie weiß, was ihre Gäste erwarten: Ruhe und Entspannung. 40 Prozent der Gäste kommen regelmäßig. Die meisten aus Deutschland. Das war schon vor 80 Jahren so, wie alte Gästebücher zeigen. Damals trugen sich Urlauber aus Berlin, Hamburg und Erfurt ein. Vereinzelt waren aber auch Schweden und Dänen darunter. Heute sorgen ● In der Restaurant-Küche hat der Ehemann von Claudia TauscherKögel, Franz Kögel, das Sagen. Er betreibt zudem seit 20 Jahren eine Ziegenkäserei mit derzeit 35 Ziegen. Den Käse vermarktet er selbst: Drei Viertel speisen die Gäste im Gasthof Schwand, den Rest verkauft Kögel an Hotels und Restaurants in Oberstdorf. ● Eine Spezialität auf der Speisekarte des Restaurants ist zudem das Ziegenfleisch. Auch bei den anderen Gerichten setzt der 55-Jährige auf Regionales: Rindfleisch bezieht er ausschließlich bei Oberstdorfer Bauern. (owi) Franzosen, Belgier, Holländer und Schweizer für internationales Flair. Vor allem „das halten, was man hat“, nennt Tauscher-Kögel die Vision für die nächsten Jahre. Ob Sohn Florian den Betrieb einmal übernehmen wird, ist noch offen. Seit zwei Jahren arbeitet er in der Küche mit. Noch kann er sich vorstellen, den Gasthof einmal in sechster Generation zu leiten.
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