Praktikumsbericht In den Semesterferien im Frühjahr 2015 hatte ich das Glück vier Wochen lang ein Praktikum in einer deutsch-französischen Anwaltskanzlei in Paris machen zu dürfen. Ich war schon immer sehr interessiert an Frankreich und auch an der Sprache selbst, weshalb ich die Hoffnung hatte mein Französisch wieder etwas aufzufrischen. Da es mein erstes Praktikum während des Studiums war, wusste ich nicht genau, was mich in der Kanzlei erwarten und vor welche Aufgaben ich gestellt werden würde. Deshalb war ich sehr gespannt, Jura mal in der Praxis zu erleben und hab mich unglaublich auf die neuen Erfahrungen gefreut. Und natürlich wollte ich auch einfach eine tolle Zeit in Paris verbringen, die Läden und Bars ausprobieren und Kontakte knüpfen! An die Praktikumsstelle bin ich durch meinen Onkel gekommen, dem die Kanzlei gehört. Zwar konnte ich dadurch natürlich nicht Erfahrungen zur Bewerbung und einem richtigen Annahmeverfahren sammeln, jedoch war es schon immer mein Traum, etwas länger in Paris zu sein und die Stadt mal von einer anderen Seite als als Tourist kennenzulernen. Deshalb wollte ich diese Chance auf jeden Fall nutzen, auch wenn ich anfangs Bedenken wegen dieses „Praktikums innerhalb der Familie“ hatte. Jedoch haben sich meine Bedenken glücklicherweise keinesfalls bewahrheitet. Bereits die zahlreichen Formalitäten zu Beginn des Praktikums liefen vollkommen normal ab, so wurden all meine all Bewerbungsunterlagen verlangt und auch die in Frankreich übliche „convention de stage“ (Praktikumsvertrag) wurde abgeschlossen. Zu meinem Glück ist die Kanzlei in Hinsicht auf Praktikanten auch sehr erfahren, sodass sich eine Mitarbeiterin speziell um die Formalitäten im Vorfeld des Praktikums gekümmert und alles koordiniert hat. Die Kanzlei steht Bewerbungen von deutschen Studenten auch immer sehr offen gegenüber und versucht immer so viele wie möglich beschäftigen zu können. Während meiner Zeit dort waren noch vier weitere Praktikanten dort, was mir meinen Aufenthalt wirklich sehr erleichtert hat. So konnten wir uns die verschiedenen Aufgaben teilen und die erfahreneren Praktikanten waren auch immer sehr hilfsbereit, wenn ich irgendwelche Fragen hatte. Zwei der Praktikantinnen kamen auch aus Paris, die dritte war eigentlich gebürtige Berlinerin und ist für ihr Studium an der Sorbonne nach dem Abitur nach Paris gezogen. Das war wirklich toll, weil sie mich gleich unter ihre Fittiche genommen haben und mir das Leben in Paris mit ihren Tipps und den gemeinsam verbrachten Mittagspausen richtig erleichtert haben. Auch sonst hat mir das Praktikum sehr gut gefallen. Es war wirklich interessant zu sehen, wie Jura in der Praxis angewendet wird. Ich hatte während meiner Arbeitszeit die Möglichkeit, mit einer Anwältin und einer anderen Praktikantin ein französisches Gericht zu besuchen, was eindeutig mein Highlight des ganzen Praktikums war. Wir waren am Tribunal Correctionnel in Bobigny, einem Banlieue von Paris. Die Anwältin hat es sehr bedauert, dass die Verhandlung nicht am großen Gericht in Paris stattfand; ich fand aber genau das im Nachhinein besonders interessant, da eben auch das Publikum und die Verhandlungen entsprechend anders waren. Da die Verhandlung, in der die Anwältin plädieren musste, die letzte des Verhandlungstages war, hatten wir die Möglichkeit, die vorhergehenden, in dieser Kammer stattfindenden Verhandlungen zu verfolgen. So konnte ich das erste Mal sehen, wie beispielsweise Strafgefangene in Handschellen in den Gerichtssaal geführt wurden und auch die Plädoyers der verschiedenen Anwälte waren sehr interessant. Ein anderes Mal durfte ich mehrere Anwälte der Kanzlei zu einem Sachverständigentermin begleiten. Zuvor war mir nicht einmal bewusst, dass es so etwas überhaupt gibt, aber es wurde mir versichert, dass diese Sachverständigentermine oftmals sogar wichtiger als die Gerichtsverhandlungen sind. Da die Kanzlei, in der ich beschäftigt war, vor allem im Bereich der industriellen Produkthaftung angesiedelt ist, werden in diesen Sachverständigenterminen die technischen Probleme des Produkts mithilfe von Experten und einem Gerichtssachverständigen untersucht und besprochen. Da dem Richter schlussendlich ein Bericht über diese Expertisen vorlegt wird, ist entscheidend, welcher Partei die „Schuld“ für die technischen Defekte zugesprochen wird. Hierbei konnte ich sehen, dass Jura in der Praxis oftmals nichts mit Paragraphen oder Gesetzesbüchern zu tun hat, sondern in vielen Fällen die Kommunikation zwischen den verschiedenen Parteien das wichtigste ist. Dies hat mir für mein Studium gebracht, dass ich sehe, wie viele interessante Möglichkeiten einem in der Rechtswissenschaft nach dem Studium offen stehen. In der Kanzlei lagen meine Hauptaufgaben insbesondere darin, Recherchen für Fälle im deutschen Recht zu machen, wobei ich sehr viel gelernt habe. Es hat wirklich sehr viel Spaß gemacht, sich in den Fall und den Sachverhalt einzuarbeiten und zu versuchen, die passenden Informationen zu finden. Allerdings war es anfangs nicht ganz leicht für mich, mich im französischen Recht zurecht zu finden, da die behandelten Fälle oft sowohl im deutschen als auch im französischen Recht angesiedelt waren. Insgesamt war es zu Beginn des Praktikums auch sprachlich sehr schwer, obwohl ich eigentlich immer sehr gut in Französisch war und zur Vorbereitung einen Französisch-Semesterkurs belegt habe. Aber irgendwie war es dann schon etwas anderes mitten im Geschehen zu sein und direkt auf Französisch loszureden, vor allem juristische Fachbegriffe waren gar nicht so leicht zu verstehen und anzuwenden. Mit der Zeit fiel mir das Sprechen aber immer leichter, was insbesondere daran lag, dass ich irgendwann gar nicht mehr so viel über das Sprechen nachgedacht, sondern einfach darauf losgeredet hab. Sprachlich wäre ein Monat mehr sicherlich hilfreich gewesen, da der Zeitpunkt, ab dem die Sprachhemmungen gefallen sind, ungefähr in der dritten Woche lag. Trotzdem hat mir der Aufenthalt sprachlich sehr viel gebracht und mich dazu ermuntert, auch hier in München mein Französisch aufrechtzuerhalten. Dies liegt vor allem daran, dass ich auf jeden Fall wieder für einige Zeit zurückkommen will, um die Stadt und die lieben anderen Praktikantinnen wieder zu sehen. Außerhalb des Arbeitsplatzes hatte ich sehr viel Glück, dass eine alte Freundin gerade in Paris studiert. Mit ihr konnte ich auch sehr viel unternehmen, habe ihre Freunde kennengelernt und konnte ein wenig in das Studentenleben in Paris eintauchen. Sie hat mir einige Bars und auch Restaurants und Lokale gezeigt, die für Pariser Verhältnisse günstiger waren. Dabei war ich vor allem von den Pariser Pubs begeistert, in denen man Fußball schauen, aber auch einfach nur tanzen und Spaß haben kann. Besonders ans Herz legen kann ich hier den Pub „Thirsty Mad Cat“ im 2. Arrondissement, wo die Stimmung während einem Paris St. Germain Spiel wirklich unglaublich war und den Pub in der Rue Princesse im 6. Arrondissement, in dem man toll tanzen und Leute kennlernen kann. Sehr gut essen konnte man in den zahlreichen Bistrots in St. Germain, aber auch im 2. Arrondissement, wo es eine richtige Ansammlung von kleinen asiatischen Restaurants gab, in denen man riesige Töpfe mit unglaublich leckerer asiatischer Nudelsuppe bekam. In der Mittagspause gestaltete es sich für mich manchmal essenstechnisch etwas schwierig, weil die Kanzlei im 7. Arrondissement liegt, wo es vor allem Restaurants mit gehobeneren Preisen gab. Jedoch hat sich ein regelmäßiges „Praktikantenmittagessen“ relativ schnell eingebürgert und auch sonst hatten wir die Möglichkeit alle zusammen in der Kanzlei zu essen. Für kleine Mittagsgerichte zum Mitnehmen ist besonders „Monoprix“ zu empfehlen, ein großer Supermarkt, den es eigentlich überall in der Stadt gibt und der eine gute Abteilung mit frischen Salaten und Nudelgerichten gibt. Sonst gab es auch in den zahlreichen Boulangeries kleine Quiches, Salate und natürlich Sandwiches. Darunter ist besonders „Cojean“ hervorzuheben, das auch eine Kette ist, aber unglaublich leckeres frisches Essen zum Mitnehmen und frisch gepresste Säfte anbietet. In der letzten Praktikumswoche bin ich fast jeden Tag mittags dorthin gegangen, um alles durchzuprobieren, weil ich so begeistert war. Nun aber zum Organisatorischen: Die Wohnungssuche hat sich anfangs sehr schwierig gestaltet, da Wohnraum in Paris einfach sehr knapp ist und man dementsprechend dafür zahlen muss. Von meiner Praktikumsstelle wurde mir die Möglichkeit vorgeschlagen, mich telefonisch beim Heinrich-Heine-Haus in Paris zu erkundigen, da diese während der Ferienzeit oftmals Wohnraum vermieten. Jedoch war genau für meine Aufenthaltszeit nichts frei, weshalb ich mich anderweitig umsehen musste. Dabei bin ich schnell auf airbnb.de gekommen, eine Plattform, auf der man Privatunterkünfte von Einheimischen mieten kann. Positiv dabei ist, dass man bei seiner Suche nach Wohnungen ein Höchstbudget und auch die bevorzugte Lage angegeben kann, was die ganze Suche sehr erleichtert. Nach längerem Suchen bin ich dann auf eine winzige Wohnung gestoßen, die jedoch für meine Zwecke perfekt ausgestattet war (WiFi, Küchenzeile, eigene Dusche und Toilette, kleiner Fernseher) und nur 10 Gehminuten von der Kanzlei entfernt war. Bei einem längeren Aufenthalt ab einem Monat ist es wichtig, dass man sich nicht von den Preisen für eine Nacht abschrecken lässt, da es oft spezielle Angebote für einen Aufenthalt von einem Monat oder länger gibt. Somit war die Möglichkeit über airbnb. de für mich die günstigste und angenehmste, da die Wohnung eine individuelle Note hatte und eine für mich perfekte Lage hatte. Für einen längeren Aufenthalt in Paris würde ich zusätzlich eine Metro-Monatskarte zu kaufen. Zwar kostet diese etwas über 70€, aber diese Ausgabe rechnet sich auf jeden Fall. Es ist so viel praktischer einfach in die Metro springen zu können und hinfahren zu können, wo man will. Obwohl die Metro wohl das praktischste Fortbewegungsmittel in Paris ist, würde ich es auch empfehlen, die Stadt einfach auch zu Fuß zu erkunden und wenn man nicht unter Zeitdruck ist, die Metrostationen zu Fuß zu bewältigen. Diese sind nämlich gar nicht so weit voneinander entfernt, wie U- oder S-Bahnstationen in deutschen Städten und man erlebt Paris einfach ganz andres zu Fuß. Abschließend kann ich sagen, dass mir das Praktikum und der damit verbundene Aufenthalt in Paris sowohl für die Uni als auch für mich selbst sehr viel gebracht haben und ich nur jedem ans Herz legen kann, sich nach einer Praktikumsstelle im Ausland umzusehen. Auch wenn der Auslandsaufenthalt nicht ganz so lange wie etwa bei einem Auslandssemester ist, bringt einen diese Zeit, in der man einfach mal etwas ganz neues ausprobiert und man erstmal für sich allein ist, sehr viel weiter. Auch dieser kurze Einblick ins Berufsleben ist ungemein interessant, da man neben dem Studium auch mal sieht, wofür man das Ganze überhaupt macht und wie sich die Zukunft gestalten könnte.
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