18 19 Info Der Augsburger Ätzer Daniel Hopfer verzierte diesen Harnisch von Otto Heinrich von der Pfalz. Die Dekoration deutscher Rüstungen der Renaissance steht derzeit im Fokus einer Forschungsarbeit der Wiener Hofjagd- und Rüstkammer. Gerüstet für Europas Herrscherhäuser spektakuläre Turniere. In prächtigen Harnischen, die weniger dem Schutz dienen als der Zurschaustellung von Reichtum, stellen sie ritterliche Tu genden unter Beweis. Kein Fest, keine Hochzeit, kein politisches Spitzen treffen, das ohne ein ordentliches Turnier auskäme. Auch die Reichsta ge in Augsburg nicht, die Maximilian I. regelmäßig in die süddeutsche Stadt führen. Es sind verschiedene Rahmenbe dingungen, die die Entwicklung des Plattnerhandwerks in Augsburg be günstigen: Das weitläufige Handels imperium der Fugger und Welser so wie deren enge Beziehung zu Kaisern und Königen locken finanziell poten te Kunden in die Reichsstadt. Auch Augsburgs geografische Lage ist ideal. Fast zweihundert Jahre lang – vom Anfang des 15. bis zum Ende des 16. Jahrhunderts – beeinflussen hiesige Meister Harnischmacher auf dem ganzen Kontinent. Weitläufige Platt nerdynastien lassen sich in Augsburg Kunsthandwerk Augsburgs Harnischmacher, die Plattner, setzten jahrhundertelang Maßstäbe. Sie arbeiteten für Kaiser, Könige und Herzöge VON Nicole Prestle Der Großauftrag des Erzherzogs von Österreich geht 1494 beim Augsburger Harnischmacher Jörg Helmschmid ein: Anlässlich seiner Hochzeit mit Bianca Maria Sforza bestellt Maximi lian I. mehrere Turnierharnische und drei Stechzeuge – eine spezielle Aus rüstung für den Zweikampf zu Pferd. Neben Mailand und Innsbruck ist das spätmittelalterliche Augsburg das Zentrum europäischer Plattnerkunst. Kaiser, Könige, Herzöge – wer et was auf sich hält, lässt dort arbeiten. Eine Rüstung ist das Wertvollste, was ein Adeliger im 15. und 16. Jahrhun dert besitzen kann. Ein Prestigeobjekt aus gehärtetem Stahl. „Verglichen mit unserer Zeit war das, als gehörte einem ein Bentley oder ein Rolls Roy ce“, sagt Dr. Matthias Pfaffenbich ler, Kustos der Wiener Hofjagd- und Rüstkammer. Was die prunkvollen Harnische gekostet haben, ist heute kaum noch nachvollziehbar. Ledig lich für eine Mailänder Rüstung Kai ser Ferdinands II. ist der Preis über liefert: 2400 Gulden; das 200-fache Jahresgehalt eines Maurers. Die Blütezeit der Prunkharnische fällt in eine Ära, in der der Ritter auf dem Schlachtfeld an Bedeutung ver loren hat: Modernere Kriegstechnik macht seine Überlegenheit zunichte. Zudem stehen nun Landsknechte an der Front, Söldner, die fremder Leu te Schlachten schlagen. Auch sie tun dies in Rüstungen – „sie fuhren aber, um beim Autovergleich zu bleiben, nur Golf“, sagt Pfaffenbichler. Die Herrscher und Adeligen verla gern den ritterlichen Zweikampf an ihre Höfe. Um sich vom gemeinen Volk abzusetzen, organisieren sie nachweisen, die berühmtesten Ver treter sind Jörg, Lorenz und Kolman Helmschmid, Matthäus Frauenpreis, Hans Lutzenberger und Anton Pfef fenhauser. Sie liefern nach Spanien, Italien, Schweden, nach Preußen, Sachsen, Böhmen und Österreich. Anders als Nürnberg, einem weiteren Plattnerzentrum in Süddeutschland, bedienen sie nicht den Geschmack der Masse: „Augsburg hatte sich sehr schnell auf den Luxusmarkt speziali siert“, sagt Pfaffenbichler. Die besten Arbeiten der Augsburger Harnischmacher sind heute in anderen Städten zu bewundern: ▪ Bayerisches Nationalmuseum, München: Es ist der räumlich gesehen nächste Ausstellungsort für Harnische aus der Reichsstadt. Prinzregentenstraße 3, München, www.bayerisches-nationalmuseum.de, 0 89/2 11 24-01 ▪ Kunsthistorisches Museum, Wien: In der Rüstkammer stehen Augsburger Arbeiten derzeit im Fokus einer Forschungsarbeit. Unterstützt von der GerdaHenkel-Stiftung Düsseldorf wird die geätzte Dekoration deutscher Rüstungen der Renaissance untersucht. „Der Schwerpunkt liegt auf den Augsburger Rüstungen der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts“, sagt Dr. Stefan Krause. www.khm.at ▪ Armería, Madrid: In Spanien wie auch in Österreich legten sich die Herrscher bereits im 16. Jahrhundert eigene Sammlungen an. ▪ Maximilianmuseum, Augsburg: Hier ist der wertvollste „Harnisch“, der sich in Augsburg erhalten hat, zu sehen. Er ist aus Bronze. Der heilige Georg trägt den Abguss einer Rüstung hiesiger Meister. Fuggerplatz 1, www.kunstsammlungenmuseen.augsburg.de Aufwendig und teuer Die Herstellung der Harnische ist aufwendig und teuer. Ins Gewicht fallen vor allem die Energiekosten: Mailänder, Innsbrucker und Augs burger Plattner verwenden gehärteten Stahl, der geschmiedet, mit kaltem Wasser abgekühlt und noch einmal erhitzt wird. „Für diesen zweimaligen Schmiedevorgang brauchte man viel Holzkohle“, sagt Pfaffenbichler. Der „Freydal“ ist eines der bedeutendsten Werke über Turniere im Mittelalter. Es entstand unter der Federführung von Maximilian I. Fortsetzung auf Seite 20 1420 – 1570 Die HArnischmacher 100 v. Chr. 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600 1700 1800 1900 2000
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