Dossier Rüstungsexporte - Eine Welt Netzwerk Hamburg eV

Dossier Rüstungsexporte
zum Thema
Hamburgs „Tor zur Welt“ – Freie Fahrt für tödliche
Fracht
Alternative Hafenkonferenz 30./31 Mai 2015
H.I.
Inhalt:
Grundlagen deutscher Rüstungspolitik
Rüstungsexporte 2013
Rüstungsexporte 1. Hj. 2014
Waffen nach Mexiko
Verfassung Hamburg
Atomverbot in Bremen
Rüstungsexportverbot in HH ?
Antrag der GRÜNEN 12.02.2014
Antrag der LINKE
21.02.2014
Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Innovation und Medien
Antrag Die Linke 7.1.2015
Protokoll Bürgerschaft 22.01.2015
Positionen
Anfrage Möhring und Antwort des Bundesministeriums der Finanzen, Jan 2015
Jan van Aken zu Waffenexporten über den Hamburger Hafen
Abendblatt vom 11.02.2015 zum Thema
TAZ vom 14.05.2015 zum Thema
Rüstungsgeschäfte im Hamburger Hafen
Exportschlager Munition
TAZ, 14.05.2015
Friedrike Gräff
Die Zahl der Rüstungsexporte über den Hamburger Hafen hat sich verdoppelt. Die Linke
fordert weiter eine Beschränkung, die Grünen haben ihren Protest aufgegeben.
In diesen Containern ruht so manches – unter anderem auch jede Menge Patronen. Bild: dpa
HAMBURG taz | Die Linke lässt nicht locker: Trotz mehrerer erfolgloser Anläufe will sie
weiter die Rüstungsexporte über den Hamburger Hafen stoppen. Die letzte Anfrage der Partei
an den Senat zur Zahl der Waffen- und Munitionsexporte, die über Hamburg verschifft
wurden, ergab, dass sich der Umfang im Vergleich zum Vorjahresquartal verdoppelt hat.
Von Anfang Januar bis Ende April waren es rund 5.600 Tonnen Patronen, die über den
Hamburger Hafen umgeschlagen wurden. „Wir finden diese Entwicklung besorgniserregend“,
sagt Martin Dolzer, friedenspolitischer Sprecher der Linken. In seiner Kleinen Anfrage an den
Senat hat er an die Präambel in der Hamburgischen Verfassung erinnert, der zufolge die Stadt
als „Welthafenstadt im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen den Völkern“ sein will.
Das sieht zwar der Senat nicht anders, verweist in seiner Antwort auf Dolzers Anfrage aber
darauf, dass Rüstungsexporte der „ausschließlichen Kompetenz des Bundes“ unterlägen.
Deshalb unterstütze man den Kurs von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD)
einer „restriktiveren Genehmigung von Waffen- und Rüstungsexporten“ sowie mehr
Transparenz.
Das wiederum ist der Linken zu wenig. Sie will eigene Standards für den Hamburger Hafen
setzen und beruft sich dabei auf Bremen, wo die rot-grüne Regierung 2011 das
Hafenbetriebsgesetz dahingehend änderte, dass nun Atomtransporte über die Häfen Bremen
und Bremerhaven verboten werden können.
Debatten um den Hafen
Gleich zweimal soll in Hamburg kritisch und als Kontrapunkt zum „Internationalen HafenKongress“ im Juni über die Geschäfte diskutiert werden, die im Hamburger Hafen gemacht
werden.
Die http://www.ewnw.de/event/alternative-hafenkonferenz-geschaefte-ohne-ruecksicht-aufverluste vom 30. bis 31. Mai fragt unter dem Titel "Geschäfte ohne Rücksicht auf Verluste?"
nach den Arbeitsbedingungen im Hafen, dem Transport radioaktiver Stoffe und den Folgen
der Elbvertiefung. Veranstalter sind unter anderem das Eine-Welt-Netzwerk Hamburg und
Attac Hamburg.
Die http://www.die-linke-hamburg.de/termine/detail/artikel/linke-hafenkonferenz.html der
Linken vom 1. bis 2. Juni beschäftigt sich unter anderem mit sozialen Standards bei der
Hafenarbeit und der Frage, wie Rüstungsexporte über den Hamburger Hafen verringert
werden könnten.
Ob es eine Rechtsgrundlage für einen Verbot des Umschlags von Rüstungsgütern im
Hamburger Hafen gibt, ist unter Experten umstritten. Einige halten es für denkbar, zumindest
als Gefahrgut eingestufte Waffen und Munition auszuschließen. Die Stadt könne hier als die
für den Katastrophenschutz zuständige Instanz ein Verbot oder zumindest eine Beschränkung
aussprechen. Skeptiker sehen dagegen wenig Chancen für lokale Verbote und erinnern an ein
Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das 1990 die Erklärung einzelner Gemeinden zu
atomwaffenfreien Zonen als ungültig bezeichnete.
Zurückhaltende Regierungspartei
Während Grünen-Vorsitzende Katharina Fegebank noch 2014 einen Antrag stellte, mit einem
Bremen vergleichbaren Ansatz die Rüstungsexporte restriktiver zu handhaben, zeigen sich die
Grünen als Regierungspartei deutlich zurückhaltender.
Anjes Tjarks, Vorsitzender und hafenpolitischer Sprecher der Grünen-Bürgerschaftsfraktion,
will sich zwar „gemeinsam mit der SPD auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die deutschen
Rüstungsexporte in Krisenregionen stärker reguliert werden“, von Hamburger Initiativen vor
Ort ist jedoch nicht mehr die Rede. Geblieben ist die Forderung nach mehr Transparenz, die
auf Initiative der Partei in den Koalitionsvertrag mit der SPD geschrieben wurde. Künftig soll
laut Tjarks „regelmäßig darüber berichtet werden, was genau an Waffen und Munition über
den Hamburger Hafen verschifft wurde“.
Auf Reederseite gibt es bereits Unternehmen, die sich Beschränkungen auferlegt haben. So
lehnt Hapag-Lloyd Aufträge für Waffentransporte in Länder wie Saudi-Arabien, die
Golfregion oder andere Krisenländer ab. Für Martin Dolzer von der Linken ist eine solche
private Initiative zwar „ein kleiner positiver guter Schritt“, grundsätzlich müsste die Frage
jedoch auf politischer Ebene geregelt werden. Er setzt auf eine breite gesellschaftliche
Diskussion, die letztendlich eine zögerliche Politik zum Handeln bringen wird.
http://www.abendblatt.de/hamburg/kommunales/article137354398/Waffen-fuer-mehr-als300-Millionen-ueber-Hamburger-Hafen.html
11.02.15
Krieg und Rüstung
Waffen für mehr als 300 Millionen über
Hamburger Hafen
Derzeit prüfen die Behörden eine Lieferung mit Munition aus den USA. Ziel: Russland. Von
dem diskreten Geschäft mit Rüstung profitieren auch Reedereien und Transportunternehmen.
Linke übt scharfe Kritik an Regierung.
Von Christian Unger
Foto: dpa
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) besuchte 2002 als damaliger
niedersächsischer Ministerpräsident den Rüstungshersteller Rheinmetall bei Celle. Heute will
Gabriel die Exporte aus Deutschland besser kontrollieren
Hamburg. Der Hamburger Hafen ist eine Drehscheibe für Rüstungsexporte – internationale
und deutsche. Das verwundert nicht, schließlich gehen zwölf Prozent aller deutschen Waren
für das Ausland über den Hafen im Norden, sogar 25 Prozent aller deutschen Exporte per
Schiff. Nicht immer sind es harmlose Frachten wie Autoteile oder Bohrmaschinen. Das
weltweite Geschäft mit Panzerteilen, Granatwerfern, Gewehren oder Munition boomt auch
mit Hilfe des Hafens. Doch der Handel mit Rüstung ist immer ein Geschäft der Diskretion.
Staat, viele Unternehmen und Transportgesellschaften hüllen sich in Schweigen. Nun aber
zeigen Zahlen des Bundesfinanzministeriums erstmals die Bedeutung Hamburger Hafens als
Umschlagplatz für Kriegswaffen.
Allein Ersatzteile für Panzer im Wert von 90 Millionen Euro wurden 2014 über den Hafen ins
Ausland verschifft – Motoren, Ketten, Bleche. Die Ausfuhren von Bauteilen für U-Boote und
Kriegsschiffe lagen sogar bei 224 Millionen Euro. Auch vollautomatische Waffen gehörten zu
den Exportwaren, die über den Hamburger Hafen ins Ausland gingen. Insgesamt verschifften
Reedereien 2014 Rüstungsgüter im Wert rund 320 Millionen Euro. Allein im vierten Quartal
2014 wurden Panzerteile im Wert von 30 Millionen Euro und U-Boot-Teile für 75 Millionen
Euro per Schiff aus Hamburg transportiert. Das geht aus einer bisher unveröffentlichten
Antwort des Bundesfinanzministeriums auf Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor,
die dem Abendblatt vorliegt.
Die Transporte mit Panzerteilen, Waffen und Munition machen nur einen Bruchteil der
Lieferungen aus, die über den Hamburger Hafen ins Ausland gehen. Insgesamt exportierte
Deutschland 2014 Rüstungsgüter im Wert von 6,5 Milliarden Euro. Und dennoch ist
Deutschlands Rolle als weltweiter Waffenexporteur politisch brisant. Kritiker sagen, die
Bundesrepublik trage als Exporteur von Waffen einen Teilen der Verantwortung für
Kriegsopfer und Gewalt. Wer die Lieferungen verteidigt, weist daraufhin, dass Waffen in
Kriegen auch zur Verteidigung und Souveränität eines Staates gegen Feinde dienen. Zudem
würden in Deutschland strikte Regeln für Exporte gelten. Doch trotz dieser Kontrollen,
werfen Kritiker ein, sei nicht immer klar, in welchen Händen deutsche Waffen am Ende
landen. Und es sind viele Waffen. Deutschland ist weltweit drittgrößter Exporteur.
Und doch gingen die deutschen Lieferungen in 2014 insgesamt zwar um mehr als 20 Prozent
zurück, dennoch blieb die Zahl der Transporte in Drittländer hoch – also in Staaten, die weder
zur Europäischen Union noch zum westlichen Verteidigungsbündnis Nato zählen. SaudiArabien etwa rangiert mit Genehmigungen von knapp 209 Millionen Euro auf Platz sechs der
zehn wichtigsten Empfängerländer.
Saudi-Arabien steht in der Kritik
Linkspartei und Grüne kritisieren die Bundesregierung immer wieder dafür, Exporte von
Waffen oder anderen militärischen Geräten wie gepanzerte Fahrzeuge an Staaten in Nahost
oder Asien zu genehmigen. Zu groß sei die Gefahr, dass Militärs mit Rüstung von deutscher
Herstellern Menschenrechte verletzen. Zu groß das Risiko, dass Waffen über Umwege auch
an Terrorgruppen gelangen können. Gerade Saudi-Arabien steht in der Kritik, aus dem Land
würden radikale islamistische Milizen unterstützt.
Die SPD um Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte im Koalitionsvertrag
trotz Ärger mit einigen Unionspolitikern, der Industrie und Gewerkschaften eine striktere
Exportkontrolle für Rüstung angekündigt. Und auch im Hamburger Hafen stoppte der Zoll
nach Angaben des Finanzministeriums mehrere Lieferungen mit Militärgütern. So prüfen die
Beamten noch immer einen Transport von Panzerketten und Ersatzteilen für Dieselmotoren
aus Polen, der im September 2013 angehalten worden war. Ziel der Waren: Ägypten. 2011
wurden Proteste in Kairo auch mit Panzern niedergeschlagen, immer wieder kommen sie
gegen die Zivilbevölkerung zum Einsatz. Und die Lage in dem Land ist weiter instabil, der
frühere Armee-Chef regiert als Präsident.
Im Mai 2014 hielt der Zoll eine Lieferung aus den USA in Richtung Ukraine im Hamburger
Hafen auf. Die Ladung: Schrotwaffen, Kleinkalibergewehre und Munition. In der Ukraine
bekriegen sich derzeit prorussische Separatisten mit dem ukrainischen Militär. Für wen die
Ware bestimmt war, sagen die Behörden auf Nachfrage des Abendblatts nicht. Mittlerweile,
heißt es nur, habe der Versender von der Lieferung Abstand genommen.
Waffen im Hafen mit Ziel Russland
Doch eine weitere brisante Lieferung liegt derzeit zur Prüfung im Hafen. Im September
hielten Beamte des Zolls Munitionspakete für Gewehre aus den USA an. Ziel: Russland.
Genaue Angaben darüber, um welche Munition es sich handelt und für wen diese bestimmt
ist, machen die Behörden nicht. Nach Information des Abendblattes soll es sich nicht um
Patronen für Kriegswaffen handeln, sondern eher für Sportgewehre. Das kann harmlos sein.
Und doch berichteten Augenzeugen im Osten der Ukraine, dass Separatisten auch mit
Jagdgewehren bewaffnet seien. Die deutsche Regierung hatte 2014 den Export von
Rüstungsgütern nach Russland gestoppt.
Der Hamburger Rüstungsexport-Gegner und Linkspolitiker Jan van Aken zeigt sich aufgrund
der aktuellen Zahlen überrascht, wie viele Kriegswaffen über Hamburg ausgeliefert würden.
"Durch den Umschlag von Waffen und Rüstungsgütern trägt auch Hamburg bei zu Tod,
Gewalt und Krieg in die Welt", sagt van Aken. Er fordert einen Stopp der Exporte über den
Hafen.
In Bremen hatte die Bürgerschaft beschlossen, keine Transporte von nuklearen
Kernbrennstoffen mehr über den Hafen zuzulassen. Ein Verbot von Rüstungslieferungen über
den Hafen in Hamburg wäre vor allem ein politisches Signal. Dem weltweiten Export von
Waffen in Krisenstaaten wäre damit kein Ende gesetzt. Von dem Milliardengeschäft
profitieren nicht nur die Hersteller, sondern im deutlich geringeren Maße auch die
Transportunternehmen. Manche Reeder argumentieren damit, dass in Deutschland anders als
in manchen anderen Staaten strikte Kontrollen und Genehmigungen Rüstungsexporte regeln.
Genehmigungen und Kontrollen können Zweck und Ziel von Waffenlieferungen zumindest
im gewissen Maße steuern. Reedereien wie Hapag-Lloyd aber lehnen nach eigenen Angaben
Anfragen für Waffenexporte in Krisenstaaten wie Saudi-Arabien ab – ganz gleich, ob von den
Behörden genehmigt oder nicht.
Die Linkspartei listete 2012 allein in Hamburg knapp 100 Firmen, die Rüstung produzieren
oder Bauteile für Panzer, Schiffe oder Waffen herstellen. Dabei geht es nicht immer um
Munition oder Torpedos. In den meisten Fällen stellen sie Gummiabdichtungen oder
Schrauben für militärisches Gerät oder Fahrzeuge her. Auskunft über Auftraggeber oder
Zielländer der Produkte wollte auf Nachfrage des Abendblatts jedoch niemand geben.
Waffenexporte sind kein Geschäft, das in der Öffentlichkeit gut ankommt.
Und auch die Behörden sind wenig auskunftsfreudig. Wer beim Senat, bei Ministerien und
Bundesämtern nachfragt, bekommt selten detaillierte Auskunft. Es gibt laut Bundesregierung
keine systematische Erfassung aller Waffenexporte über den Hamburger Hafen – dabei sind
Zahlen über deutsche Ausfuhren im jährlichen Rüstungsexportbericht der Regierung
angegeben.
"Scholz fürchtet Debatte um Kriegswaffen in Hamburg"
In den meisten Fällen berufen sich die Beamten auf den notwendigen Datenschutz und dem
Schutz von Geschäftsgeheimnissen einzelner Unternehmen. Für die Regierung stehen bei der
Diskretion auch Sicherheitsinteressen im Vordergrund. Dennoch kritisiert vor allem die
Linkspartei, es sei von öffentlichem Interesse zu erfahren, ob und in welchem Maße der
Hamburger Hafen für den Umschlag tödlicher Fracht genutzt werde. "Es wäre ein Leichtes für
den Senat, umfassende Zahlen von den Bundesbehörden zu bekommen, aber offenbar fürchtet
Bürgermeister Olaf Scholz die Debatte um Kriegswaffen im Hamburger Hafen", so van Aken.
Sehr mühsam fragen Politiker wie Jan van Aken nun per Zollcode einzelne
Rüstungsgattungen ab.
Auch der Hamburger Senat beantwortet Anfragen der Opposition nur äußerst dünn. Man habe
keine Daten für Jahreszeiträume, heißt es. Auf Drängen der Bürgerschaft plant der SPD-Senat
nun aber Angaben im Rahmen des Transparenzgesetzes Informationen über Rüstungsexporte
im Hamburger Hafen zu veröffentlichen. Dies solle "zeitnah" geschehen. Einen genauen
Zeitplan nennt der Senat nicht.
Zuletzt gingen deutsche Waffenlieferungen auch in den Irak und nach Syrien. Die
Bundesregierung unterstützt kurdische Peschmerga im Kampf gegen die Terrorgruppe
"Islamischer Staat". Die Waffenexporte in Richtung Kurden fanden sogar vereinzelte
Mitglieder der Linkspartei richtig.
Waffenexporte über den Hamburger Hafen in 2014
Jan van Aken, 3. 2. 2015
Zahlen und Fakten
Die folgenden Zahlen stammen aus der Antwort der Finanzministeriums vom 2. Februar
auf die schriftlichen Fragen 157-160 im Januar 2015.

Erstmals liegen relativ umfassende Zahlen über Waffenexporte über den Hamburger
Hafen vor.

Allein im vierten Quartal 2014 wurden Panzerteile im Wert von 30 Mio. Euro und UBoot-Teile für 75 Mio. Euro verschifft.

Offenbar werden jährlich Waffen und Waffenteile im Wert von 200 – 400 Mio. Euro
über den Hamburger Hafen verschifft, wobei viele Rüstungsgüter dabei noch gar
nicht mit eingerechnet sind (235 Mio. ergeben sich aus Frage 1, ca. 400 Mio.
hochgerechnet aus Frage 2).

Munition: Bislang konnten wir über die Abfrage von Gefahrgutdaten in Erfahrung
bringen, dass jährlich ca. 1000 Container mit Munition den Hamburger Hafen
verlassen. Offenbar werden darüber hinaus auch große Mengen Munitions-Teile
exportiert, so haben laut der aktuellen Daten allein im Januar 2014 Bomben-Teile
(HS Code 9306 9010 – Bomben, Granaten, Torpedos, Raketen sowie Teile davon, zu
Kriegszwecken) im Wert von 3,2 Mio. Euro den Hamburger Hafen verlassen.

Wir können uns den Waffenexporten über den Hamburger Hafen nur über die
Abfrage von Zollcodes nähern, weil Senat und Bundesregierung Fragen nach
Kriegswaffen-Ausfuhren nicht beantworten. Mit den Zollcodes werden allerdings
längst nicht alle Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern erfasst.
Angehaltene Rüstungsgüter im Hamburger Hafen
Aktuell liegen offenbar noch zwei Sendungen im Hamburger Hafen, die vom Zoll
angehalten wurden. Eine Sendung mit Panzerteilen für Ägypten ist bereits bekannt, sie
liegt seit September 2013 im Hafen. Außerdem hat der Zoll im September 2014 eine
Sendung mit Munition aus den USA für Russland angehalten, die Prüfung des Exportes
dauert noch an.
Intransparenz – Der lange Weg zu den Daten
Seit mehreren Jahren bemühen wir uns darum, konkrete Zahlen zu den Waffenexporten
über den Hamburger Hafen zu bekommen. Der Hamburger Senat hat solche Anfragen
abschlägig beschieden, zuletzt erst Ende Januar 2015 auf eine Anfrage von Christiane
Schneider, mit dem Argument, dass in der zur Verfügung stehenden Zeit keine Daten
von den Bundesbehörden eingegangen seien.
Es gibt laut Bundesregierung keine systematische Erfassung aller Waffenexporte über
den Hamburger Hafen. Die tatsächliche Ausfuhr aller Kriegswaffen aus Deutschland
wird allerdings wertmäßig jedes Jahr im Rüstungsexportbericht angegeben, die Zahlen
stammen vom Statistischen Bundesamt. Es gibt also Erfassungs- und
Auswertungsmöglichkeiten von Zolldaten, so müsste es möglich sein auch Daten zur
Überführung dieser Waren in das Ausfuhrverfahren in Hamburg zu erhalten.
Nachdem erste Anfragen nach Kriegswaffen-Exporten erfolglos waren, haben wir das
System der internationalen Zoll-Codes (auch bekannt als HS-Codes – Harmonised
System) verwendet, da diese Daten nach Auskunft der Zollbehörden gespeichert werden
und verfügbar sind. Es gibt keine exakte Umrechnung von HS-Codes in die
Kriegswaffenliste, sodass wir uns bei den Anfragen auf einige ausgewählte HS-Codes
beschränken mussten, die bei weitem nicht alle Kriegswaffen oder Rüstungsgüter
abdecken.
Im März 2014 haben wir mit dieser Methode erstmals eine Versuchs-Anfrage beim
Finanzministerium gestellt und tatsächlich eine sehr konkrete Antwort bekommen, über
den Export von 160 Packstücken mit SKS-Gewehren im Wert von 198.360,- US$ über
den Hamburger Hafen im Dezember 2012 (Schriftliche Frage Nr. 39 im März 2014,
Antwort vom 13. März 2014).
Bei einer nachfolgenden kleinen Anfrage (zu verschiedenen HS-Codes für das vierte
Quartal 2013) hat das Ministerium dann die Herausgabe konkreter Informationen
verweigert, mit dem Hinweis, dass die Warenart vertraulich zu behandeln sei, weil sonst
Rückschlüsse auf die beteiligten Unternehmen möglich seien. Außerdem wurde die
Nennung des Warenwertes verweigert (Kleine Anfrage der LINKEN im Bundestag,
Drucksache 18/1231, 8. Mai 2014).
In der jetzigen Anfrage wurden alle dort vorgebrachten (Schein-)Argumente
aufgegriffen und in der Fragestellung umschifft, sodass das Ministerium jetzt doch
konkretere Information bereitstellen musste.
Kommentar – O-Töne
Der Hamburger Hafen ist offenbar eine der wichtigsten Drehscheiben für den deutschen
Waffenhandel. Mich überrascht, wie viele Kriegswaffen tatsächlich über Hamburg
exportiert werden. Durch den Umschlag von Waffen und Rüstungsgütern trägt auch
Hamburg bei zu Tod, Gewalt und Krieg in der Welt. Der Senat in Hamburg schmückt sich
gerne mit dem Image der weltoffenen, friedlichen Stadt. Das sollten die Regierenden
endlich auch wahr machen. Denn es gibt sicherlich viele Wege, Waffenexporte über den
Hamburger Hafen zu stoppen – der Senat muss das nur endlich einmal ernsthaft
angehen. Es ist eine Schande für unsere Stadt, dass jedes Jahr Kriegswaffen im Wert von
200-400 Millionen Euro hier verschifft werden.
Es war ein hartes Stück Arbeit, endlich einmal ein relativ umfassendes Bild über die
Waffenexporte in Hamburg zu bekommen. Jahrelang hat uns die Bundesregierung
solche Daten verweigert. Christiane Schneider fordert den Senat auf, die Daten über
die Ausfuhr aller Rüstungsgüter über den Hamburger Hafen monatlich vom Bundesfinanzministerium abzufragen und im Informationsregister zu veröffentlichen.
Nichts spricht dagegen, imGegenteil: Es ist von öffentlichem Interesse zu erfahren,ob
und in welchemMaße derHamburgerHafen für den Umschlag tödlicher Fracht genutzt
wird. Eswäre ein leichtes für den Senat, umfassende Zahlen von den Bundesbehörden zu
bekommen , ƒ„er offenbar fürchtet Olaf Scholz die Debatte um Kriegswaffen im Hamburger
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Positionen
In den Stellungnahmen zu den Anträgen der GRÜNEN und der LINKEN zeichnen sich
folgende Positionen ab:
Einigkeit wird darin beteuert, dass Kriege ein Ende haben und Rüstungsausfuhren deutlich
reduziert werden, in Krisen – und Konfliktgebiete möglichst unterbleiben sollen.
Die SPD unterstützt voll die angeblich neue, restriktive Politik der Bundesregierung und
insbesondere des Wirtschaftsministers, die nun wieder strikt die Politischen Grundsätze von
2000 befolge. Es besteht nicht die Absicht, dieselben inhaltlich zu modifizieren oder sie in
Gesetzesform zu bringen.
Der Erhalt von Arbeitsplätzen in Rüstungsunternehmen darf diese Grundsätze nicht
überwiegen.
Der Transparenz der Genehmigungsverfahren ist mit der nun früheren Veröffentlichung der
Rüstungsexportberichts und der Zwischenberichte Genüge getan. Im Blick auf Hamburg
genügt der SPD die Information über Gefahrengüter im Register.
Einzelne Ausfuhren werden für falsch gehalten, sie gehen aber zumeist auf frühere
Genehmigungen zurück.
Eine Sperrung des Hamburger Hafens ist rechtlich nicht möglich. Die Rüstungspolitik liegt
ausschließlich in der Kompetenz des Bundes.
Die CDU teilt diese Auffassung ohne die Emphase für Sigmar Gabriel
Die FDP fordert von der Bundesregierung eine restriktive Rüstungspolitik, die sie
keineswegs schon gegeben sieht. . Exportchancen sind kein ausreichender Grund für
Ausfuhrgenehmigungen. Kritisiert wird,
- dass eine Endverbleibskontrolle wirkungslos ist und im ersten Halbjahr 2014 die Genehmigungen für Drittländer keinesfalls restriktiv gehandhabt wurden (s. Zwischenbericht),
- dass weithin Krisenregionen und Länder ohne Gewährleistung der Menschenrechte entgegen
dem Kriegswaffenkontrollgesetz beliefert werden.
Die Anträge der GRÜNEN und der LINKE verkennen die ausschließliche Zuständigkeit des
Bundes nach Art 26 GG.
Eine Regulierung des Hamburger Hafens ist nicht im Blick.
Die GRÜNEN bestreiten, dass die Große Koalition einen neuen Kurs verfolge (s.
Drittstaaten) und sehe sie vielmehr so weitermachen wie bisher.
Es muss etwas auf Bundesebene bewegt werden, aber auch Hamburg hat als großer Waffenumschlagsort eine Verantwortung dafür, was mit den Waffen geschieht.
Sie befürworten eine Bundesratsinitiative für die Einrichtung eines parlamentarischen
Kontrollgremiums, die Sicherung des Endverbleibs, das Verbot von Lizenzen für
Kriegswaffen an Drittstaaten, Kontrolle von Dual Use und Überwachungstechniken.
Einer ausschließlich friedlichen Nutzung des Hafens wird nicht zugestimmt wegen der
Bündnisverpflichtungen (NATO).
Die Position der LINKE wurde bereits gemäß Antrag vom Januar des Jahres auf anderem
Blatt dokumentiert.
BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
20. Wahlperiode
Drucksache
20/14180
07.01.15
Antrag
der Abgeordneten Christiane Schneider, Norbert Hackbusch, Dora Heyenn,
Kersten Artus, Heike Sudmann, Cansu Özdemir, Mehmet Yildiz (DIE LINKE)
zu Drs. 20/13722
Betr.:
Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern durch den
Hamburger Hafen stoppen!
Mit einem Volumen von 8,34 Milliarden Euro im Jahr 2013 steht Deutschland an dritter
Stelle der Waffenexporteure der Welt – nach den USA und Russland. Dabei sind die
Waffenexporte in Länder außerhalb von NATO und EU auf Rekordhoch. Ihr Anteil an
den gesamten Rüstungsexporten stieg im letzten Jahr auf fast zwei Drittel. Zu den
Empfängern deutscher Waffen, Rüstungsgüter und Lizenzen zählen auch Diktaturen
und autoritäre Regime, die die Menschenrechte missachten, und auch Länder, die in
interne beziehungsweise äußere bewaffnete Konflikte involviert sind, obwohl der
Export dieser Güter dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterliegt und einer Genehmigung durch das Bundeswirtschaftsministeriums bedarf.
Die Bewilligungsprozesse sind intransparent und die Kontrolle der Ausfuhren ist unzulänglich. Außerdem wird die Rüstungsexportpraxis staatlich mitfinanziert. Aus einer
Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion DIE
LINKE (Drs. 17/14563) geht hervor, dass zum Zeitpunkt September 2013 HermesBürgschaften in Höhe von 1,6 Milliarden Euro zur Absicherung von Rüstungsexporten
vorlagen. Seit Jahren weist die ökumenische Friedensinitiative „Ohne Rüstung Leben
e.V.“ darauf hin, dass deutsche Rüstungsexporte mit staatlichen Hermes-Bürgschaften abgesichert werden; damit wird weiter Öl ins Feuer bestehender Konflikte gegossen.
Hamburg ist nicht nur Sitz der „Euler Hermes Deutschland AG“, sondern traditionell
auch ein großer europäischer Umschlagplatz für Rüstungs- und Waffengüter. Aus den
Antworten des Senats auf mehrere Kleine Anfragen der Bürgerschaftsfraktion DIE
LINKE (Drs. 20/8901, 20/10133, 20/10684, 20/11490, 20/12755, 20/13354) geht hervor, dass circa 1.000 Container mit Bomben, Minen, Patronen, Raketen, Torpedos
und anderer Munition jährlich über den Hamburger Hafen verschifft werden, mit steigender Tendenz. Hinzu kommen Kleinwaffen wie zum Beispiel das Sturmgewehr G36
sowie Waffensysteme und Rüstungsgüter, die nicht in der Datenbank GEGIS erfasst
werden, weil sie nicht als Gefahrengut gelten.
Der Export von Kriegswaffen ist seit jeher ein Politikum. So schrieb zum Beispiel der
ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt in der „ZEIT“ (51/2013): „Es ist an der Zeit,
Einspruch zu erheben. Deutschland ist heute der drittgrößte Waffenexporteur der Welt
… Die sogenannten Kleinwaffen sind die Massenvernichtungsmittel der heutigen Zeit.
Es sterben durch Kleinwaffen in jedem Jahr auf der Welt mehr als 500.000 Zivilpersonen.“
Rund 90 Prozent aller Toten und Verletzten in Kriegen und Bürgerkriegen sind auf den
Einsatz von Kleinwaffen zurückzuführen.
Anfang 2014 hat ein Bündnis gegen Waffenexporte die öffentliche Diskussion über
Rüstungsexporte in Hamburg erneut belebt und den Zusammenhang zwischen den
Drucksache 20/14180
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 20. Wahlperiode
Flüchtlingen, die vor dem Krieg in ihrer Heimat nach Hamburg fliehen, und den Waffen
und Munitionen, die tagtäglich über den Hamburger Hafen dorthin exportieren, verdeutlicht. Toleranz und Weltoffenheit sind hanseatische Tugenden, auch gegenüber
Schutzsuchenden und Flüchtlingen. Gleichfalls hat Hamburg als „Welthafenstadt eine
ihr durch Geschichte und Lage zugewiesene besondere Aufgabe“. Die Freie und Hansestadt Hamburg bekennt sich in der Präambel ihrer Verfassung zu ihrer Rolle als
„Mittlerin zwischen den Erdteilen und Völkern im Geiste des Friedens“. Ein massenhafter Waffenexport über den Hamburger Hafen ist mit diesen Zielen unvereinbar.
Die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg kann sich deshalb nicht mit
Verweisen auf die Verantwortung und Gesetzgebungskompetenz des Bundes abfinden. Es ist vor allem zu prüfen, ob und wie der Hafenumschlag von Waffen und Munition gegebenenfalls nach dem Bremer Vorbild des Ausschlusses von Kernbrennstoffen, verboten werden kann. Der rot-grüne Bremer Senat hat bezüglich des Umschlags
von Kernbrennstoffen immer wieder argumentiert, dass Entscheidungen über die
Bremer Häfen Ländersache seien. Inzwischen wurde der Bremer Senat in seiner Position vom Bremer Staatsgerichtshof bestätigt. Daher kann Hamburg als für den Hafen
und den Katastrophenschutz zuständige Institution durchaus Beschränkungen und
Verbote von Waffen- und Munitionstransporte mit dem Argument der Sicherheit erteilen.
Neben den bekannten Rüstungsunternehmen gibt es in Hamburg circa 90 Firmen, die
oft neben der Zivilsparte auch für den militärischen Bereich produzieren und zum
Großteil exportieren. Es handelt sich dabei um einen kleinen Industriezweig, der in
erheblichem Ausmaß Frieden und Stabilität im internationalen Staatensystem gefährdet. Eine schrittweise Umwandlung der Hamburger Rüstungsproduktion in zivile Wirtschaftsbereiche ist unter enger Einbeziehung friedenspolitischer, gewerkschaftlicher,
wissenschaftlicher, kirchlicher und zivilgesellschaftlicher Organisationen sowie der
Beschäftigten in den Unternehmen aus moralisch-ethischen, außen- und sicherheitspolitischen sowie sozialen Gründen notwendig.
Die Bürgerschaft möge daher beschließen:
I. Die Bürgerschaft fasst folgenden Beschluss:
1.
Die Bürgerschaft bekennt sich, auch gegenüber der Bundesregierung, zur ausschließlich friedlichen und zivilen Nutzung des Hamburger Hafens.
2.
Hamburg muss eine aktive Friedenspolitik und Abrüstungspolitik betreiben. Hierzu fordert die Bürgerschaft den Senat auf:

Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsförderung ausschließlich auf die Ansiedlung ziviler Industrieproduktion auszurichten;

mit einem Konversionsprogramm Hamburger Unternehmen und Beschäftigte zu unterstützen, die nach Alternativen zur Rüstungsproduktion und
zu Rüstungsimporten beziehungsweise Rüstungsexporten suchen;

unter Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteure ein friedenspolitisches
Konzept für Hamburg erarbeiten zu lassen.
II. Die Bürgerschaft fordert den Senat auf,
1.
2
alle landesrechtlichen Spielräume zur Eindämmung und Verhinderung von Waffen- und Munitionsexporten systematisch darzustellen; dazu gehören insbesondere
a.
eine systematische Erfassung und Dokumentation von Waffen- und Munitionstransporten über hamburgisches Gebiet,
b.
eine umfassende Darstellung der Genehmigungsprozesse und Meldepflichten zwischen Bundesbehörden und Hamburg hinsichtlich der Durchführung
von Waffen- und Munitionstransporten;
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 20. Wahlperiode
Drucksache 20/14180
2.
eine rechtliche Prüfung in Auftrag zu geben, die darstellt, inwiefern Hamburg nach
dem Bremer Vorbild des Ausschlusses von Kernbrennstoffen den Hamburger
Hafen für den Umschlag von Waffen und Munition entwidmen kann;
3.
als Mehrheitsaktionär des bedeutendsten Umschlag- und Logistikunternehmens
im Hamburger Hafen darauf hinzuwirken, dass die HHLA sich nicht an Transport
und Umschlag von Waffen und Munition beteiligt;
4.
sich dafür einzusetzen, dass in den Leitlinien für die Vergabe von Hermes-Bürgschaften eine Ausschlussklausel für Rüstungsgeschäfte aufgenommen wird;
5.
der Bürgerschaft hierüber bis zum 28. Februar 2015 zu berichten.
3
BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
Drucksache
20/10975
20. Wahlperiode
21.02.14
Antrag
der Abgeordneten Christiane Schneider, Norbert Hackbusch, Cansu Özdemir,
Kersten Artus, Tim Golke, Dora Heyenn, Heike Sudmann
und Mehmet Yildiz (DIE LINKE)
Zusatzantrag zu Drs. 20/10866
Betr.:
Rüstungsexporte kontrollieren – ein restriktives Rüstungsexportgesetz
für Deutschland
Das Petitum des Antrags Drs. 20/10866 wird wie folgt verändert und erweitert:
Die Bürgerschaft möge daher beschließen:
I. Der Senat wird aufgefordert,
eine Bundesratsinitiative einzubringen, die sich für ein restriktives Rüstungsexportgesetz einsetzt, das folgende Eckpunkte beinhaltet:
1.
Die „Politischen Grundsätze“ über Rüstungsexporte sollen in das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und das Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG) aufgenommen
werden. Dabei werden die bisherigen „Politischen Grundsätze“ so geändert, dass
schwere Menschenrechtsverletzungen zu einem absoluten Ausschlusskriterium
werden und nicht wie bisher als ein abzuwägendes Kriterium unter vielen behandelt werden.
2.
Die Rüstungsexportrichtlinien zu Kriegswaffenexporten in Drittstaaten sollen in
§ 6 Absatz 4 KWKG aufgenommen werden.
3.
Die acht Kriterien des Gemeinsamen Standpunktes der EU sollen in das AWG
übernommen werden.
4.
Jeweils vierteljährlich soll bis spätestens zum nächsten Quartalsende der Rüstungsexportbericht der Bundesregierung vorgelegt werden, der zudem um Erläuterungen der Bundesregierung ergänzt werden soll, warum die Genehmigung
gerechtfertigt ist.
5.
Die Ressortzuständigkeit für Rüstungsexporte soll vom Bundeswirtschaftsministerium hin zum Auswärtigen Amt verlegt werden.
6.
Der Bundestag soll vorab über die Entscheidung über Exporte von der Bundesregierung unterrichtet werden.
7.
Zusätzlich soll ein parlamentarisches Kontrollgremium geschaffen werden, das
sich ausschließlich mit Rüstungsexporten befasst.
8.
Der Export von kleinen und leichten Waffen wird verboten.
9.
Die Lizenzabgabe für Kriegswaffen wird verboten.
10. Der Endverbleib deutscher Waffen muss kontrolliert werden.
11. Ein Verbandsklagerecht bei Missachtung der Menschenrechte soll eingeführt werden.
Drucksache 20/10975
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 20. Wahlperiode
12. Der Export von Überwachungstechnologie an Drittstaaten soll verboten werden.
13. Die Vergabe staatlicher Ausfallbürgschaften (Hermes-Kredite) für Rüstungsexporte ist auszuschließen.
II. Der Senat wird aufgefordert,
14. alle Rüstungsexporte über den Hamburger Hafen monatlich zu veröffentlichen.
2
BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
Drucksache
20. Wahlperiode
20/10866
12.02.14
Antrag
der Abgeordneten Katharina Fegebank, Martin Bill, Dr. Eva Gümbel, Farid
Müller, Dr. Till Steffen, Dr. Anjes Tjarks, Jens Kerstan (GRÜNE) und Fraktion
Betr.:
Rüstungsexporte kontrollieren – Ein restriktives Rüstungsexportgesetz
für Deutschland
Deutschland ist weltweit führend im Bereich der Rüstungsexporte. Laut Forschungsinstitut SIPRI haben deutsche Waffenexporte im Zeitraum von 2008 bis 2012 insgesamt
7 Prozent des internationalen Waffenhandels ausgemacht. Damit belegt die Bundesrepublik neben den USA und Russland Platz drei der Rüstungsexportländer. Alleine
2012 genehmigte die Bundesregierung Rüstungsexporte im Wert von 8,87 Milliarden
Euro. Zu den Rüstungsexporten zählen Kriegswaffen wie Panzer und Handfeuerwaffen, aber auch Rüstungsgüter wie Transportfahrzeuge und Minenräumgeräte. Weltweit werden die meisten Waffen in die Länder Asiens und Afrikas exportiert und auch
deutsche Waffen werden trotz der im Jahr 2000 formulierten Politischen Grundsätze
der Bundesregierung vermehrt an autoritäre Länder wie Saudi-Arabien geliefert. So
wurden 2012 mehr als die Hälfte aller Exporte (55 Prozent) an Staaten außerhalb der
EU und der NATO geliefert. Der Hauptabnehmer von deutschen Rüstungsgütern ist
Saudi-Arabien, das 2012 insgesamt Güter im Wert von 1,237 Milliarden Euro importierte.
Hamburg profitiert direkt von den Rüstungsexporten. So werden rund 1.000 Schiffscontainer mit Munition jährlich über den Hafen exportiert. Die Stadt hat wegen ihrer
Rolle im deutschen Rüstungsexportgeschäft eine Verantwortung, sich für eine restriktive Rüstungsexportpolitik einzusetzen. Die Entscheidung über Rüstungsexporte darf
nicht länger hinter verschlossenen Türen des Bundessicherheitsrats getroffen werden.
Bundestagsabgeordnete und die Öffentlichkeit haben ein Recht darauf zu erfahren, in
welche Länder Deutschland Rüstungsgüter exportiert. Rüstungsexporte in autoritäre
Regime lehnen wir ab. Besonders der Export in Länder wie Saudi-Arabien, das gezielt
salafistische Extremisten in der gesamten Region (unter anderem Syrien und Ägypten) unterstützt, darf nicht weitergeführt werden. Auch in Deutschland nicht mehr eingesetzte Waffen werden in Krisenregionen weltweit verwendet. Es ist politisch nicht zu
verantworten, dass deutsche Waffen, wie die Milan-Raketen im Bürgerkrieg in Syrien,
zum Einsatz kommen. Daher fordern wir, dass auch die Abgabe von bereits ausgemusterten Waffen der Bundeswehr strikt kontrolliert wird.
Neben den „traditionellen“ Rüstungsgütern muss auch der Export von Überwachungstechnologien strikt reguliert werden. Software zur Überwachung der Kommunikation
und des Internets dürfen nicht an autoritäre Regime exportiert werden.
Hermesbürgschaften für Rüstungsexporte sollten prinzipiell verboten werden. Des
Weiteren dürfen keine Produktionslizenzen für Klein- und sonstige Kriegswaffen an
Drittstaaten vergeben werden.
Wir fordern daher ein restriktives Rüstungsexportgesetz.
Drucksache 20/10866
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 20. Wahlperiode
Die Bürgerschaft möge daher beschließen:
Der Senat wird aufgefordert,
eine Bundesratsinitiative einzubringen, die sich für ein restriktives Rüstungsexportgesetz einsetzt, das folgende Eckpunkte beinhaltet:
1.
Die politischen Grundsätze über Rüstungsexporte sollen in das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und das Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG) aufgenommen werden.
2.
Die Rüstungsexportrichtlinien zu Kriegswaffenexporten in Drittstaaten sollen in
§ 6 Absatz 4 KWKG aufgenommen werden.
3.
Die acht Kriterien des Gemeinsamen Standpunktes der EU sollen in das AWG
übernommen werden.
4.
Jeweils vierteljährlich soll bis spätestens zum nächsten Quartalsende der Rüstungsexportbericht der Bundesregierung vorgelegt werden, der zudem um Erläuterungen der Bundesregierung ergänzt werden soll, warum die Genehmigung
gerechtfertigt ist.
5.
Die Ressortzuständigkeit für Rüstungsexporte soll vom Bundeswirtschaftsministerium hin zum Auswärtigen Amt verlegt werden.
6.
Der Bundestag soll vorab über die Entscheidung über Exporte von der Bundesregierung unterrichtet werden.
7.
Zusätzlich soll ein parlamentarisches Kontrollgremium geschaffen werden, das
sich ausschließlich mit Rüstungsexporten befasst.
8.
Die Lizenzabgabe für Kriegswaffen an Drittstaaten wird verboten.
9.
Der Endverbleib deutscher Waffen muss kontrolliert werden.
10. Ein Verbandsklagerecht bei Missachtung der Menschenrechte soll eingeführt werden.
11. Der Export von Überwachungstechnologie an Drittstaaten soll verboten werden.
2
Rüstungsexportverbot in Hamburg ?
Analog der Bremer Entscheidung Analog könnte die Hamburger Bürgerschaft beschließen, im
Sinne der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg, die sie verpflichtet,
„im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und
Völkern der Welt zu sein“,
den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern durch den Hamburger Hafen zu
stoppen.
Ein entsprechender Antrag der LINKE (Drs. 20/14180) wurde am 22.01.2015 mit den
Stimmen der SPD, CDU und FDP abgelehnt.
Vorlauf
Im Februar 2014 hatten die GRÜNEN den Senat aufgefordert, eine Bundesratsinitiative für
ein restriktives Rüstungsexportgesetz einzubringen (Drs. 20/10866). Dabei sollten u.a. die
Grundsätze über Rüstungsexporte und die Kriterien der EU Gesetzeskraft erlangen, der
Rüstungsexportbericht der Bundesregierung vierteljährlich mit Begründung vorgelegt werden,
der Bundestag vorab unterrichtet und ein parlamentarisches Kontrollgremium geschaffen
werden, Lizenzabgabe für Kriegswaffen und Überwachungstechnologie an Drittstaates sollten
verboten werden. Forderungen bezüglich des Hamburger Hafens enthielt der Antrag nicht.
Die LINKE verschärfte diesen Antrag und forderte, schwere Menschenrechtsverletzungen in
der Politischen Grundsätzen zum Ausschlusskriterium zu machen, den Export von kleinen
und leichten Waffen überhaupt zu verbieten ebenso wie Lizenzen für Kriegswaffen und
Hermeskredite für Rüstungsexporte. Zudem wurde der Senat aufgefordert, alle
Rüstungsexporte über den Hamburger Hafen monatlich zu veröffentlichen.
Die SPD überwies beide Anträge am 26.2.2014 an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation
und Medien, wo beide Anträge mit den Stimmen von SPD und CDU abgelehnt wurden. Der
Ausschuss stellte sich auf den Standpunkt, dass die Bundesregierung bereits eine Politik der
Reduzierung von Rüstungsexporten betreibe und räumte, auf HH bezogen, lediglich ein, dass
die Ausfuhr von Gefahrengütern entsprechend dem Hamburger Transparenzgesetz (§3 Abs. 2)
in das Informationsregister eingespeist werden könne. Die Senatsvertreter bezogen den
Standpunkt, dass Rüstungsexporte ausschließlich in der Kompetenz von Bundesbehörden
lägen und keine Einwirkungsmöglichkeiten auf Landesebene bestünden. Die Bremer
Sperrung des Hafens für Atomstransporte betrachten sie als verfassungswidrig. In einem
eingereichten Petitum (Drs. 20/13722) teilt die SPD die Auffassung, dass Hamburg keine
eigene Rüstungsexportpolitik betreiben könne und dies auch nicht nötig sei, weil
Bundeswirtschaftsminister Gabriel bereits eine deutliche restriktivere Rüstungspolitik
verfolge. Die öffentliche Kritik an Ausfuhren in problematische Drittländer und dem starken
Export von Kleinwaffen wird zwar für berechtigt gehalten, es bestehe aber von Seiten der
Innen- und Hafenbehörde (HPA) keine Handhabe, ihre Ausfuhr über den Hafen zu
unterbinden (abgesehen von Gefahrengütern). Die Aufforderung der SPD an Bürgerschaft
bzw. Senat beschränkt sich also darauf, die angeblich auf Reduzierung von Rüstungsexporten
ausgerichtete Politik der Bundesregierung zu unterstützen und bezüglich des Hamburger
Hafens über den Transport von Gefahrengütern zu informieren.
In ihrem neuen Antrag vom 7.1.2015 hat die LINKE gefordert,
-
dass sich die Bürgerschaft auf die ausschließlich friedliche und zivile Nutzung des
Hamburger Hafens festlegt,
dass der Senat seine Wirtschaftspolitik auf zivile Industrieproduktion und auf
Konversion ausrichtet,
Waffen- und Munitionstransporte über hamburgisches Gebiet systematisch erfasst und
dokumentiert,
eine Entwidmung des Hamburger Hafens für diese Güter nach Bremer Vorbild
rechtlich prüfen lässt,
als Mehrheitsaktionär darauf hinwirkt, dass die HHLA sich nicht an derartigen
Transporten beteiligt,
dass Rüstungsgeschäft aus den Hermes-Bürgschaften ausgeschlossen wird..
In der Sitzung der Bürgerschaft vom 22.1.2015 wurden sämtliche Forderungen, auch die
beiden letzten, „mit großer Mehrheit“, dh. mit den Stimmen von SPD, CDU und FDP
abgelehnt. Die GRÜNEN enthielten sich, stimmten lediglich für die Dokumentation der
Transporte, des Genehmigungsprozesses sowie den Ausschluss bei Hermesbürgschaften.
(Plenarprotokoll 20/105).
Alle Empfehlungen des Wirtschaftsausschusses wurden angenommen.
Atomverbot in Bremen
Gegen den heftigen Widerstand von CDU, Industrie- und Handelskammer, BLG und
Bundesumweltministerium hat die Bremer Koalition von SPD und GRÜNEN mit
Unterstützung der LINKEN am 7. Februar 2012 das Hafenbetriebsgesetz mit einer
Teilentwidmung wie folgt gerändert:
§2 (3)
Im Interesse einer grundsätzlichen auf Nachhaltigkeit und erneuerbare
Energien ausgerichteten Gesamtwirtschaft ist der Umschlag von
Kernbrennstoffen im Sinne des § 2 Absatz 1 des Atomgesetzes
ausgeschlossen.
Der Senat kann allgemein oder im Einzelfall Ausnahmen zulassen, insbesondere für
Kernbrennstoffe, die unter die Regelung in § 2 Absatz 2 Satz 2 des Atomgesetzes fallen oder
nur in geringen Mengen im Umschlagsgut enthalten sind.
Seit der grundsätzlichen Umschlagssperre hat der Bremer Senat keine
Ausnahmegenehmigungen für weitere Atomtransporte erteilt.
Die Linke und andere Atomkraftgegner hatten ein noch weitergehendes Umschlagsverbot
gefordert. Die Hafensperre sollte demnach nicht nur für Kernbrennstoffe gelten, sondern auch
für jene Materialien, die zu ihrer Produktion dienen oder dabei als Abfälle entstehen, etwa
Uranhexafluorid.
Im Hamburger Hafen ist Anfang Mai 1913 während des Evangelischen Kirchentags ein
Frachter mit Uranhexafluorid an Bord in Brand geraten. Nur ein Großeinsatz der Feuerwehr
verhinderte damals ein größeres Unglück
Die Gegner des „Atomsverbots“ argumentierten damit, dass es dem Status eines
Universalhafens widerspreche und den freien Warenverkehr in der EU behindere. Zudem
lägen Regelungen des Atomrechts ausschließlich in der Kompetenz des Bundes.
Begründet wurde das Atomverbot damit, dass der Zwei-Städte-Staat auf Nachhaltigkeit und
erneuerbare Energien ausgerichtet sei Atomtransporte stünden hierzu im Widerspruch und
könnten der Weiterentwicklung als Standort für Offshore-Windenergie schaden.
.
Die weiterreichende Bedeutung der Bremer Entscheidung besteht darin, dass eine Stadt
politische Verantwortung dafür übernimmt, was in ihrem Hafen umgeschlagen wird, und mit
guten Gründen bestimmte Güter ausschließt.
Verfassung der Freien und Hansestadt
Hamburg
Vom 6. Juni 1952
Präambel
Der Senat verkündet das nachstehende, von der Bürgerschaft beschlossene Gesetz:
Die Freie und Hansestadt Hamburg hat als Welthafenstadt eine ihr durch Geschichte und Lage
zugewiesene, besondere Aufgabe gegenüber dem deutschen Volke zu erfüllen.
Sie will im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen
allen Erdteilen und Völkern der Welt sein.
Durch Förderung und Lenkung befähigt sie ihre Wirtschaft zur Erfüllung dieser Aufgaben
und zur Deckung des wirtschaftlichen Bedarfs aller. Auch Freiheit des Wettbewerbs und
genossenschaftliche Selbsthilfe sollen diesem Ziele dienen.
Jedermann hat die sittliche Pflicht, für das Wohl des Ganzen zu wirken. Die Allgemeinheit
hilft in Fällen der Not den wirtschaftlich Schwachen und ist bestrebt, den Aufstieg der
Tüchtigen zu fördern. Die Arbeitskraft steht unter dem Schutze des Staates.
Um die politische, soziale und wirtschaftliche Gleichberechtigung zu verwirklichen, verbindet
sich die politische Demokratie mit den Ideen der wirtschaftlichen Demokratie.
Die natürlichen Lebensgrundlagen stehen unter dem besonderen Schutz des Staates.
In diesem Geiste gibt sich die Freie und Hansestadt Hamburg durch ihre Bürgerschaft diese
Verfassung.
Waffen nach Mexiko
Seit 2006 tobt in Mexiko der sog. Drogenkrieg mit über 100 000 Opfern.
Die in Europa führende Waffenschmiede Heckler&Koch (H&K) nutzte die
‚Gunst’ der Stunde für Werbevorführungen ihres Sturmgewehrs G36.
Mit Genehmigung der Bundesregierung startete das große Geschäft: von
18 Gewehren zuvor schnellte der Export auf 8700 in 2006/; dazu 3400 MPs.
Nicht Panzer und Bomber, sondern solche „Klein- und Leichtwaffen“ sind
die Massenvernichtungswaffen unserer Zeit.
Über den Rüstungsexport entscheidet letztlich der Sicherheitsrat der Bundesregierung - geheim. Der Bundestag wird nicht beteiligt.
Nach den geltenden Bestimmungen dürfen Waffen nicht in Länder geliefert
werden, die sich im Krieg oder in kriegsähnlichen Zuständen befinden bzw.
die Menschenrechte missachten.
Das Alibi: die besonders umkämpften Bundesländer Chiapas, Guerrero, Jalisco und Chihuahua sollten nicht beliefert werden.
H&K stattete die mexikanische Polizei aus, die selbst Kriegsherr Calderón
für unzuverlässig hielt. Sie ist nicht nur Endmissbraucher, sondern auch
Zwischenhändler von Waffen.
Natürlich tauchte das G36 auch in den verbotenen Bundesländern auf.
Mexiko bestreitet, über die Endverbleibsregelung informiert worden zu sein.
Das Zollkriminalamt ZKA) hat festgestellt, das gut die Hälfte der Waffen
in die verbotenen Zonen verkauft wurden.
Die Waffenschmiede Sig Sauer umging das Exportverbot für Kasachstan
und Kolumbien über den Umweg Rumänien und USA.
Die Staatsanwaltschaft von Stuttgart ermittelt seit 5 Jahren (!) gegen H&K
wegen illegaler Waffenlieferung.
Und was richtet die legale Waffenlieferung an? Deutschland liegt bei den
Waffen- und Rüstungsexporten weltweit an dritter Stelle.
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Aus dem Zwischenbericht für das 1. Halbjahr 2014
Umfang
„Im ersten Halbjahr 2014 wurden für Rüstungsgüter 5.939 Einzelausfuhrgenehmigungen im
Wert von insgesamt 2,229 Mrd. € erteilt (1. Halbjahr 2013: 2,925 Mrd. €). Der Gesamtwert ist
gegenüber dem ersten Halbjahr 2013 somit um rd. 696 Mio. € zurückgegangen.“
Drittländer
„Ein Anteil von rd. 36,5 % des Wertes der Einzelausfuhrgenehmigungen entfiel auf EU-,
NATO- und NATO-gleich-gestellte Länder (erstes Halbjahr 2013: rd. 50 %), rd. 63,5 % auf
Drittländer (erstes Halbjahr 2013: rd. 50 %).
Der hohe Anteil der Ausfuhrgenehmigungen in Drittländer ergibt sich aus Genehmigungen
nach Israel, Singapur, Korea und Brunei Darussalam. Auch nach Algerien, SaudiArabien, in die Vereinigten Arabischen Emirate und nach Indonesien wurden Ausfuhren
in wertmäßig größerem Umfang genehmigt.
Auf Entwicklungsländer entfielen rd. 4,5 % (1. Halbjahr 2013: rd. 14,5 %) des Gesamtwertes
der Einzelausfuhrgenehmigungen. Die wertmäßig bedeutsamsten Genehmigungen gingen
hierbei an Indonesien, Pakistan und den Irak. Insgesamt zeigt sich ein deutlicher Rückgang
im Verhältnis zum ersten Halbjahr 2013. An Drittländer wurden im ersten Halbjahr 2014
Ausfuhrgenehmigungen in Höhe von 1,417 Mrd. € (im ersten Halbjahr 2013: 1,488 Mrd. €)
erteilt.
Kleinwaffen
Die Gesamtzahlen für die Genehmigungen von Kleinwaffen im ersten Halbjahr 2014 belief
sich auf 21,3 Mio. € (1. Halbjahr 2013: 39,5 Mio. €). Dies entspricht einem Rückgang um ca.
18 Mio. € (Anlagen 6 und 7). Die Genehmigungen für Munition sind ebenfalls
zurückgegangen (Anlagen 6 und 8).
Im ersten Halbjahr 2014 ist bei der Genehmigung von Kleinwaffen und -teilen in Drittländer
ein erheblicher Rückgang von 18,2 Mio. € im ersten Halbjahr des Vorjahres auf 1,4 Mio. € zu
verzeichnen. Der Großteil entfiel auf Lieferungen an Indonesien in Höhe von 900.000 €. Der
hohe Wert 2013 ging auf Lieferungen an Saudi-Arabien in Höhe von 15,5 Mio. € zurück. Für
Saudi-Arabien gab es im ersten Halbjahr 2014 zwei Genehmigungen für Kleinwaf- fenteile in
Höhe von rund 54.000 €.
Größter Empfänger war im ersten Halbjahr 2014 Israel (616,78 Mio. €), wovon der
wertmäßig größte Teil auf die Ausfuhrgenehmigung für ein im Jahr 2003 zugesagtes U-Boot
zurückzuführen ist.
In Aussicht gestellt werden überarbeitete „Kleinwaffengrundsätze“.
Rüstungsexporte 2013
Umfang
„Im Jahr 2013 wurden für Rüstungsgüter Einzelausfuhrgenehmigungen im Wert von
insgesamt 5,846 Mrd. € erteilt (2012: 4,704 Mrd. €). Der Gesamtwert ist gegenüber dem
Vorjahr somit um rd. 1,14 Mrd. € gestiegen.“
„Neben den Werten der erteilten Ausfuhrgenehmigungen werden bei Kriegswaffen auch die
tatsächlichen Ausfuhren erfasst (2013: 933 Mio. €, 2012: 946 Mio. €). Der Gesamtwert ist
damit gegenüber dem Vorjahr um 13 Mio. € zurückgegangen. Da die erteilten
Genehmigungen nicht unbedingt im selben Jahr für eine Ausfuhr ausgenutzt werden, fallen
Genehmigungs- und Ausfuhrzahlen in der Regel auseinander.“
Drittländer
„Ein Anteil von rd. 38 % des Wertes der Einzelausfuhrgenehmigungen entfiel auf EU-,
NATO- und NATO-gleichgestellte Länder (2012: rund 45 %), rund 62 % auf Drittländer
(2012: rund 55 %). Der hohe Anteil der Ausfuhrgenehmigungen in Drittländer ergibt
sich aus umfangreichen Genehmigungen nach Algerien, Katar, Saudi-Arabien und
Indonesien.“
„Der Anteil der Ausfuhren in EU-, NATO- und NATO-gleichgestellte Länder belief sich im
Berichtsjahr auf rund 33 % (2012: rd. 41 %), der Anteil der Ausfuhren in Drittländer auf rund
67 % (2012: rd. 59 %). Davon gingen Lieferungen in Höhe von 274,7 Mio. € in die Republik
Korea, Lieferungen in Höhe von 102,3 Mio. € in die Vereinigten Arabischen Emirate,
Lieferungen in Höhe von 59,1 Mio. € nach Algerien und Lieferungen in Höhe von 52,5 Mio.
€ nach Singapur. Auf diese vier Länder entfielen damit rd. 55 % des Gesamtvolumens der
kommerziellen Kriegswaffenausfuhren an Drittländer.“
Kleinwaffen
„In internen und grenzüberschreitenden Konflikten werden die weitaus meisten Opfer durch
den Einsatz von Kleinwaffen und leichten Waffen (kurz: Kleinwaffen; z. B. Maschinenpistolen, Sturmgewehre, leichte Mörser) und dazugehöriger Munition verursacht.“
„Die Bundesregierung legt deshalb zum Zwecke der Kohärenz zwischen Exportkontrollpolitik
und der Außen-, Sicherheits- sowie Entwicklungspolitik besonders strenge Maßstäbe an die
Genehmigungserteilung für Exporte von Kleinwaffen in Drittstaaten, insbesondere
Entwicklungsländer, an. Auf internationaler Ebene setzt sich die Bundesregierung für eine
effiziente Verhinderung der illegalen Verbreitung dieser Waffen und ihrer Munition ein.
Hinsichtlich der legalen Ausfuhr von Kleinwaffen befürwortet sie strikte und effiziente
Kontrollen.“
Tatdsächlich wurden 2013 für über 42 Mill. € Kleinwaffen an Drittstaaten geliefert,
überwiegend an Saudi-Arabien, wo das G-36 in Lizenz hergestellt wird.
Endverbleib
Das deutsche System der Exportkontrolle für Rüstungsgüter gewährleistet angeblich „in
zuverlässiger Weise die Sicherung des Endverbleibs der exportierten Rüstungsgüter. Die
Bundesregierung hat seit Jahrzehnten gute Erfahrungen mit diesen Regelungen gemacht.
Soweit in wenigen Einzelfällen eine Umleitung bekannt geworden ist, verfolgt die
Bundesregierung entsprechende Hinweise mit Nachdruck. Bei erwiesenen Verstößen gegen
Endverbleibszusicherungen wird die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen für den
betreffenden Empfänger grundsätzlich so lange ausgesetzt, bis der Sachverhalt geklärt und die
Gefahr erneuter ungenehmigter Reexporte ausgeräumt ist.“
(s. aber das Beispiel Mexiko!)
Zitate aus dem Rüstungsexportbericht 2013
Grundlagen
Artikel 26 Grundgesetz
(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche
Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.
(2) Zur Kriegsführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der Bundesregierung
hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Kriegswaffenkontrollgesetz – Ausführungsgesetz zu Art. 26 GG Abs. 2. 1961
Nach dem KrWaffKontrG bedarf die Herstellung, die Beförderung, der Erwerb, der Verkauf
und der Export (Ausfuhrgenehmigung) von Kriegswaffen der Genehmigung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Auf Export ohne Ausfuhrgenehmigung stehen Freiheitsstrafen bis zu 5 Jahren.
§ 6 (3) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Gefahr besteht, daß die
Kriegswaffen bei einer friedensstörenden Handlung, insbesondere bei einem
Angriffskrieg, verwendet werden.
Außenwirtschaftsgesetz - regelt den Verkehr von Devisen, Waren, Dienstleistungen,
Kapital und sonstigen Wirtschaftsgütern mit dem Ausland.
§5 (1) Beschränkungen oder Handlungspflichten nach § 4 Absatz 1 können insbesondere angeordnet werden für Rechtsgeschäfte oder Handlungen in Bezug auf
1. Waffen, Munition und sonstige Rüstungsgüter sowie Güter für die Entwicklung,
insbesondere dann, wenn die Beschränkung dazu dient, in internationaler
Zusammenarbeit vereinbarte Ausfuhrkontrollen durchzuführen,
2. Güter, die zur Durchführung militärischer Aktionen bestimmt sind.
Die Genehmigung kann vom Bundesausfuhramt und vom Bundesministerium für Wirtschaft
und Arbeit erteilt werden.
Politische Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern, 2000.
Die Grundsätze bekunden die Absicht, „die Rüstungspolitik restriktiv zu gestalten“ und
„durch Begrenzung und Kontrolle einen Beitrag zur Sicherung des Friedens, der Gewaltprävention, der Menschenrechte und einer nachhaltigen Entwicklung in der Welt zu leisten“.
I,3 Genehmigungen für Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern
werden grundsätzlich nicht erteilt, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass
diese zur internen Repression im Sinne des EU-Verhaltenskodex für Waffenausfuhren oder zu sonstigen fortdauernden und systematischen Menschenrechtsverletzungen missbraucht werden.
Für diese Frage spielt die Menschenrechtssituation im Empfängerland eine wichtige Rolle.
4. In eine solche Prüfung der Menschenrechtsfrage werden Festellungen der EU, des Europarates, der Vereinten Nationen (VN), der OSZE und anderer internationaler Gremien einbezogen. Berichte von internationalen Menschenrechtsorganisationen werden ebenfalls berücksichtigt.
5. Der Endverbleib der Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgüter ist in wirksamer Weise
sicherzustellen.
II. Der Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern in NATO-
Länder, EU-Mitgliedstaaten, NATO-gleichgestellten Ländern …“ist grundsätzlich nicht zu beschränken, es sei denn, dass aus besonderen politischen Gründen in Einzelfällen eine Beschränkung geboten ist.“.
III,1 Der Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern in andere als in Ziffer II
genannte Länder wird restriktiv gehandhabt…
2 … Beschäftigungspolitische Gründe dürfen keine ausschlaggebende Rolle spie-
len.
5 Die Lieferung von Kriegswaffen und kriegswaffennahen sonstigen Rüstungsgütern wird nicht genehmigt in Länder,
- die in bewaffneten Auseinandersetzungen verwickelt sind oder wo eine solche
droht,
- in denen ein Ausbruch bewaffneter Auseinandersetzung droht oder bestehende
Spannungen und Konflikte durch den Export ausgelöst, aufrechterhalten oder
verschäft werden.
IV,1 Genehmigungen für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstigen Rüstungsgütern werden nur erteilt, wenn zuvor der Endverbleib dieser Güter im Empfängerland sichergestellt ist. Dies setzt in der Regel eine entpsrechende schriftliche Zusicherung des Endempfänger sowie weitere geeignete Dokumente voraus.
3. Ein Empfängerland, das entgegen einer abgegebenen Endverbleibserklärung den Weiter
port … nicht verhindert hat, wird bis zur Beseitigung dieser Umstände grundsätzlich von einer Belieferung mit weiteren Kriegswaffen und kriegswaffennahen sonstigen Rüstungsgütern
ausgeschlossen.
Gemeinsamer Standpunkt des Rates von 2008 zur Kontrolle der Ausfuhr
von Militärtechnologie und Militärgütern
Enthält 8 Kriterien für Ausfuhrgenehmigungen, darunter positiv die Achtung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechtes, negativ innere Repression und bewaffnete Konflikte im betreffenden Land.
Über „politische sensible Rüstungsexporten - darunter insbesondere Kriegswaffen für Drittländer – entscheidet der Bundessicherheitsrat in geheimer Sitzung unter Vorsitz der Bundeskanzlerin. Ihm gehören 9 Mitglieder des Kabinetts an. Im Rahmen einer „Transparenzoffensive“ werden neuerdings mehrere Ausschüsse des Bundestags innerhalb von zwei Wochen
nach abschließenden Entscheidungen des Bundessicherheitsrates über Rüstungsexporte unterrichtet. Der in den Grundsätzen beschlossene jährliche Rüstungsexportbericht wird seit
2015 ergänzt durch einen Zwischenbericht über die im dem ersten Halbjahr erteilten Ausfuhrgenehmigungen.