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Tribschen
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Richard Wagners Idyll am Vierwaldstättersee mit weltweiter
Ausstrahlung
Vor seinem Einzug in das Landhaus auf Tribschen hatte Richard Wagner (1813–1883)den
Vierwaldstättersee bereits viermal besucht. Erstmals war dies Ende August 1850 der Fall,
nachdem er 1849 wegen der Teilnahme an den Deutschen Revolutionswirren ins Zürcher Exil
gegangen war. Wie wohl nahezu jeder Gast, der zum ersten Mal in der Region
Vierwaldstättersee weilte, unternahm auch Wagner mit seiner Ehefrau einen Ausflug zur Rigi
und stieg auf der Rückreise im Hotel Schwanen in Luzern ab. Sein zweiter Aufenthalt in der
Region führte ihn 1854 nach Seelisberg, wo seine herzkranke Frau Minna eine Molkenkur
machte. 1858 kam er wegen einer Unterredung mit dem Grossherzog von Weimar, bei der es
um seine mögliche Begnadigung und Rückkehr nach Deutschland ging, erneut für eine
Stippvisite nach Luzern. 1859 logierte Wagner während eines längeren Aufenthalts von März
bis September im Hotel Schweizerhof in Luzern, wo er seine Oper «Tristan und Isolde» zur
Vollendung brachte. Daneben unternahm er Ausflüge nach Brunnen, zur Tellskapelle, auf das
Rütli, auf die Rigi und auf den Pilatus, und verhielt sich damit ganz nach dem klassischen
Muster eines Sommerfrischlers in Luzern zur damaligen Zeit.
In Brunnen feierte man den Besuch des bekannten Komponisten mit einem Musikständchen auf
dem Wasser. Wagner berichtete einerseits geschmeichelt, anderseits mit einer kaum
verhohlenen Überheblichkeit von der Darbietung der Brunner Lokalmusiker: «Auf zwei grossen,
mit bunten Lampen erleuchteten Kähnen nahte endlich die Brunner Blechmusik, lauter
Dilettanten von ländlicher Herkunft, dem Ufergestade auf welches unser Gasthof hinausging.
Dort wurden mit eidgenössischer Biederkeit, ohne peinliche Übereinstimmung, einige
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Kompositionen von mir laut und unwiderleglich vorgetragen.» Nach diesem Empfang soll
Wagner – trotz seinem doch ziemlich herablassenden Urteil zum Dilletantismus seiner
Gastgeber – sogar mit dem Gedanken gespielt haben, in Brunnen Wohnsitz zu nehmen und vor
der grossartigen Naturszenerie im See eine Festspielbühne für eine Freilichtaufführung des
Rings der Nibelungen zu errichten, was er jedoch angesichts des unbeständigen Wetters und
des ungestümen Föhns wieder verwarf.
Der längste Aufenthalt Richard Wagners in der Zentralschweiz von 1866 bis 1872 in Tribschen
bei Luzern gilt unter seinen Biografen als glücklichster und fruchtbarster Lebensabschnitt des
Komponisten. Mit seiner späteren Frau Cosima von Bülow (1837–1930) reiste er – auf einer
klassischen Route der damaligen Schweiz-Touristen – von Genf über Bern und Interlaken nach
Luzern. Auf der Fahrt von Alpnach nach Luzern entdeckten sie das Landhaus auf Tribschen
und überzeugten dessen Besitzer, die Luzerner Patrizierfamilie am Rhyn, es an sie zu
vermieten. Der Einzug Richard Wagners und seiner Familie in das Landhaus auf Tribschen war
der Luzerner Zeitung am 18. April 1866 einen Hinweis auf der Frontseite wert: «Luzern wird
diesen Sommer das Glück haben, den wohlbekannten Zukunftsmusiker Richard Wagner in
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seiner Mitte oder doch in seiner Nähe zu haben.»
Die erhoffte Werbewirkung des berühmten Gastes stellt sich denn auch umgehend ein.
Wagners Anwesenheit in Tribschen machte Luzern zu einem Pilgerort für seine Anhänger und
für musikalisch und kulturell interessierte Zeitgenossen. Unter ihnen befanden sich neben
seinem politischen und finanziellen Mentor Ludwig II von Bayern (1845–1886) , der ihn zu
seinem Geburtstag am 22. Mai 1866 auf einer Stippvisite besuchte und dafür zu Hause massive
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Elisabeth Schoeck-Grüebler: Der Urnersee im Wandel der Zeit. Malerei, Grafik, Text. Schwyz 1991, S. 5.
Richard-Wagner-Museum (Hg): Richard Wagner. Luzern 1983, S. 10.
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Eisenbahnen und Bergbahnen in der Zentralschweiz
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Kritik erntete, musikalische und geistige Grössen wie der Philosoph Friedrich Nietzsche (1844–
1900) oder Wagners Schwiegervater, der Komponist Franz Liszt (1811–1886). Nebst seinem
breiten Netzwerk in der kulturellen und politischen Elite Europas unterhielt Wagner auch
freundschaftliche Kontakte zu einheimischen Künstlern wie dem Landschaftsmaler Josef Zelger
(1812-1885), den er regelmässig in seinem Atelier im Garten des Hotels Schweizerhof
besuchte. Und mit dem Luzerner Architekten Joseph Plazidus Segesser von Brunegg besprach
er Pläne für den Bau eines Festspielhauses am See oder auf dem Dietschiberg bei Luzern, die
vom Architekten jedoch von vornherein als nicht umsetzbare Illusion und Schwärmerei
abgelehnt wurden.
Wagner genoss die Natur und die Nähe zum See auf dem Landgut Tribschen sehr, das über
ein Bootshaus, einen ausgedehnten Baumgarten und einen kleinen, etwas höher gelegenen
Aussichtspavillon verfügte. «Es ist hier über alle Vorstellung schön und heilig», beschrieb er
1866 seinen neuen Aufenthaltsort: «Wohin ich mich aus meinem Haus wende, bin ich von einer
wahren Wunderwelt umgeben: ich kenne keinen schöneren Ort auf dieser Welt, keinen
heimischeren als diesen.» Wichtig war ihm offenbar auch der Blick auf den See, wo er am
frühen Morgen die Schiffe und Nauen beobachtete, die an den Markttagen in grosser Zahl
Richtung Luzern fuhren und auf dem «lieblichen» See «strahlende Silberkreise» zogen, und
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damit dem Beobachter einen «wundervollen, unsäglich schönen Anblick» boten. Beeinflusst
von der idyllischen Szenerie am See schuf Wagner das Siegfried-Idyll, das er in der Urfassung
«Tribschener Idyll mit Fidi-Vogelsang und Orange-Sonnenaufgang, als Symphonischer
Geburtstagsgruss. Seiner Cosima dargebracht von Ihrem Richard» nannte und im Dezember
1870 zu Ehren seiner Frau Cosima und seines 1869 geborenen Sohns Siegfried, genannt
«Fidi», erstmals auf Tribschen zur Aufführung brachte.
Trotz Wagners Aufenthalts blieb Luzern weiterhin und noch für längere Zeit musikalische
Provinz. Seit 1839 hatte Luzern zwar ein Stadttheater, das jedoch nur Liebhaberstücke für den
breiten Publikumsgeschmack aufführte. Dies änderte sich erst in den 1930er-Jahren, als 1932
im Landhaus Tribschen, das 1931 von der Stadt gekauft worden war, ein Richard-WagnerMuseum seine Tore öffnete. Für den Fremdenverkehr Luzerns weit grösser und nachhaltiger
war jedoch der Effekt der Internationalen Musikfestwochen. 1938 nahmen sie mit der
Aufführung der Sinfonie in G-Dur von Joseph Haydn im Luzerner Kursaal unter der Leitung des
Festwochen-Mitbegründers und Gründers des Orchestre de la Suisse Romande Ernest
Ansermet (1883–1969) ihren Anfang, nur einen Monat später gefolgt von einem OpenairKonzert im Tribschen-Park unter Leitung des weltweit bekannten Stardirigenten Arturo
Toscanini (1867–1957). Bis heute haben sich die Internationalen Musikfestwochen Luzern IMF
zu einem wichtigen Standbein des Luzerner Kultur- und Kongresstourismus entwickelt.
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Richard-Wagner-Museum (Hg): Richard Wagner, Luzern 1983, S. 21.
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Eisenbahnen und Bergbahnen in der Zentralschweiz
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Literatur:

Richard-Wagner-Museum (Hg): Richard Wagner. Seine Zeit in Luzern. Das Museum in
Triebschen. Offizielles Buch der Stadt Luzern für das Richard-Wagner-Museum. Luzern
1983.

Othmar Fries: Richard Wagner und Luzern (Schriftenreihe des Schweizerischen
Bühnenverbandes). Zürich/Bern 1983.

Erich Singer: Lucerne Festival. Von Toscanini zu Abbado. Luzern 2014.
Autorin: Erika Flückiger Strebel, 2015
© Albert Koechlin Stiftung, Luzern
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