Neue Regeln zum Gebrauch Schweizer Symbole - KMU

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Recht
Markenschutz
Neue Regeln zum Gebrauch
Schweizer Symbole
Mit dem Rechtssetzungsprojekt Swissness will man den Missbrauch von Schweizer Symbolen
und Bezeichnungen wie «Schweiz» oder «Schweizer Qualität» bekämpfen. Einen Überblick
über die Regelungen gibt nachfolgender Beitrag.
››Regula Heinzelmann
Kernstück der Swissness-Gesetzgebung
ist die Revision des Markenschutzgesetzes. Auch im noch geltenden Markenschutzgesetz gibt es Bestimmungen über
Herkunftsangaben (MSchG Art. 47 ff).
Diese werden präzisiert und neue Regeln
über geografische Marken eingefügt.
Weiter wird das Wappenschutzgesetz total
revidiert. Dabei geht es um den Schutz von
nationalen oder regionalen Wappen und
dem Schweizerkreuz. Nationale Bild- und
Wortzeichen dürfen gebraucht werden, es
sei denn, der Gebrauch ist irreführend oder
verstösst gegen die öffentliche Ordnung,
die guten Sitten oder geltendes Recht.
Herkunftsangaben
Ende Mai 2015 hat die Kommission für
Rechtsfragen des Nationalrates eine
Kommissionsmotion eingereicht mit einigen Empfehlungen an den Bundesrat, darunter folgende: Die Angabe «Herkunft
Schweiz» soll für Rohstoffe, die unter
keinen Umständen in der Schweiz angebaut werden können, zugelassen werden, wenn sämtliche wichtigen Verarbeitungs- und Fabrikationsschritte in der
Schweiz erfolgen und der Täuschungsschutz gewährleistet ist.
Auf Verpackungen ohne Schweizer Kreuz
soll die Angabe «Herkunft Schweiz» zugelassen werden, wenn ein wesentlicher
Anteil der Rohstoffe aus der Schweiz
stammt und das Lebensmittel in der
Schweiz hergestellt wird. Diese Motion
wird wahrscheinlich in der Herbstsession
im Nationalrat behandelt und im Winter
im Ständerat.
KMU-Magazin Nr. 9, September 2015
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kurz & bündig
Im Rahmen des Swissness-Gesetzesprojekts wird das Markenschutzgesetz teilweise und das
Wappenschutzgesetz total revidiert.
Das Markenschutzgesetz enthält
neue bzw. revidierte Regelungen
über Herkunftsangaben und geografische Marken.
Das Wappenschutzgesetz regelt
den Gebrauch von Wappen und
nationalen oder regionalen Symbolen. Auf Waren dürfen diese
nur noch in Ausnahmefällen als
Dekoration verwendet werden.
Neu ist die Beweislastumkehr:
Wer ein Symbol oder eine Bezeichnung benützt, muss beweisen, dass dies rechtmässig ist.
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Werden Schweizerkreuze oder andere
Hoheits-Zeichen als Hinweis der geografischen Herkunft auf Waren angebracht,
gelten die Regeln des Markenschutzgesetzes. Ausnahmen gelten nur noch für
ganz bestimmte Fälle. Damit will man
den Missbrauch des Schweizer Kreuzes
und anderer Hoheitszeichen als Deko­
ration bekämpfen. Es stellt sich hierbei
­allerdings die Frage, wie man das durchsetzen will.
Das Projekt «Swissness» geht auf das Jahr
2006 zurück. 2007 wurde der erste Bericht dazu erstellt. Nach dem Vernehmlassungsverfahren wurden 2009 die Gesetzesvorlagen entsprechend bearbeitet und
eine Botschaft dazu verabschiedet. Nach
einigen Beratungen in Kommissionen und
im Parlament wurde die Vorlage im Juni
2013 angenommen. Die Swissness-Gesetzgebung soll am 1. Januar 2017 in Kraft
treten, wobei eine zweijährige Übergangsperiode vorgesehen ist.
Wichtiger Schweizer Bonus
Hannes Germann, Ständerat der SVP,
verlangte im März 2015 in einem Postulat vom Bundesrat eine Überprüfung, wie
sich die Swissness bei dem starken Franken und der veränderten wirtschaftli-
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Recht
chen Ausgangslage auswirkt. Der starke
Schweizerfranken führe zu keiner Neu­
beurteilung im Industriebereich, meinte
der Bundesrat. Gerade wegen der Frankenstärke hat der sogenannte «SwissnessBonus» für in der Schweiz pro­duzierende
oder Schweizer Rohstoffe verwendende
Unternehmen an Bedeutung gewonnen.
Besonders KMU sind für den Aufbau einer
eigenen Marke auf eine Marke mit «Swiss
made» angewiesen.
Schätzungsweise rund 15 600 Unternehmen im industriellen Sektor sind in einer
Branche tätig, für die die Schweizer Herkunft oder Qualität wichtig ist. Es ist aber
nicht bekannt, welchen Anteil ihrer Umsätze die Unternehmen dieser Branchen
mit Schweizer Produkten erzielen. Bei
der Uhrenindustrie liegen jedoch Zahlen
vor. Der sogenannte «Swissness-Bonus»
ergibt eine Wertschöpfung von jährlich
mehr als 3,5 Milliarden Franken.
Der zusätzliche administrative Aufwand
für die neuen Swissness-Regeln besteht
in der Analyse, ob die aktuellen Herstellungsprozesse den neuen Vorschriften entsprechen und den notwendigen organisatorischen Umstellungen. Die Ver­wendung
der Herkunftsbezeichnung «Schweiz» ist
heute wie auch künftig freiwillig und bewilligungsfrei.
Revidierte Verordnungen
Zur Umsetzung der «Swissness»-Gesetzgebung werden vier Verordnungen revidiert beziehungsweise neu erarbeitet.
Geplant sind:
Eine Revision der Markenschutzverordnung präzisiert insbesondere die
Herkunftskriterien für industrielle Produkte und das Verfahren zur Löschung
von Marken wegen Nichtgebrauchs.
Verordnung über die Verwendung der
Herkunftsangabe «Schweiz» für Lebensmittel.
Verordnung über das Register für Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben für nicht landwirtschaftliche Erzeugnisse.
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››Verordnung über den Schutz des Schweizerwappens und anderer öffentlicher
Zeichen.
Ziel ist es, die gesetzlichen Lösungen praxisnah und umsetzbar auszugestalten.
Auch die Verordnungen sollen am 1. Januar 2017 in Kraft treten. Die Unternehmen müssen sich bis spätestens am 31. Dezember 2018 den neuen Swissness-Regeln
anpassen.
Neues im Markenschutzgesetz
Allgemeine Regeln über
­Herkunftsangaben
Bei Naturprodukten und Lebensmitteln
bezieht sich die Herkunftsangabe auf
den Ort der Herkunft im schweizerischen Staatsgebiet. Ausnahmen im
Grenzgebiet können in den Verordnungen festgelegt werden.
Erfüllt eine ausländische Herkunftsangabe die gesetzlichen Anforderungen
des entsprechenden Landes, so ist sie
zutreffend, wenn damit nicht die Konsumenten getäuscht werden.
Zusätzliche Anforderungen wie die
Einhaltung ortsüblicher oder am Herkunftsort vorgeschriebener Herstellungs- oder Verarbeitungsgrundsätze
und Qualitätsanforderungen müssen
erfüllt sein.
Unzulässig ist der Gebrauch eines Namens, einer Firma, einer Adresse oder
einer Marke im Zusammenhang mit
Waren oder Dienstleistungen fremder
Herkunft, wenn sich daraus eine Täuschungsgefahr ergibt (MSchG Art. 47).
Werden Herkunftsangaben zusammen
mit Zusätzen wie z. B. «Art», «Typ»,
«Stil» oder «Nachahmung» gebraucht,
so müssen die gleichen Anforderungen
erfüllt werden, die für den Gebrauch
der Herkunftsangaben ohne diese Zusätze gelten (MSchG Art. 47).
Angaben zu Forschung oder Design
oder anderen spezifischen Tätigkeiten,
die mit dem Produkt im Zusammenhang stehen, dürfen nur verwendet
werden, wenn diese Tätigkeit vollumfänglich am angegebenen Ort stattfindet (MSchG Art. 47).
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KMU-Magazin Nr. 9, September 2015
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››Die Herkunftsangaben in der Werbung
gelten als zutreffend, wenn diese der
Herkunft aller darin beworbenen Produkte und Dienstleistungen nach den
vorgeschriebenen Bedingungen entsprechen.
Wichtig: Beweislastumkehr (MSchG Art.
51a). Der Benutzer einer Herkunftsangabe
muss beweisen, dass diese zutreffend ist.
Industrielle Produkte
Die Herkunft eines industriellen Produkts
entspricht dem Ort, an dem mindestens
60 Prozent der Herstellungskosten anfallen. Bei der Berechnung werden berücksichtigt:
die Kosten für Fabrikation und Zusammensetzung
die Kosten für Forschung und Entwicklung sowie für gesetzlich vorgeschriebene oder branchenweit einheitlich
­geregelte Qualitätssicherung und Zertifizierung.
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Von der Berechnung sind ausgeschlossen:
Kosten für Naturprodukte, die man wegen natürlichen Gegebenheiten nicht
am Herkunftsort produzieren kann
Kosten für Rohstoffe, die aus objektiven
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KMU-Magazin Nr. 9, September 2015
Recht
Gründen am Herkunftsort nicht in genügender Menge verfügbar sind
Kosten für Verpackung, Transport, Vertrieb, Marketing und Kundenservice
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Die Herkunftsangabe muss dem Ort entsprechen, an dem das Produkt seine wesentlichen Eigenschaften erhalten hat. In
jedem Fall muss ein wesentlicher Fabrikationsschritt an diesem Ort stattgefunden haben.
Herkunftsangaben
für ­Lebensmittel
Die Herkunft eines Lebensmittels entspricht
dem Ort, von dem mindestens 80 Prozent
des Gewichts der Rohstoffe kommen, aus
denen sich das Lebensmittel zusammensetzt, bei Milch und Milchprodukten 100
Prozent. Bei der Berechnung müssen alle
Rohstoffe angerechnet werden, für die der
Selbstversorgungsgrad der Schweiz mindestens 50 Prozent beträgt.
Rohstoffe, für die der Selbstversorgungsgrad 20 bis 49,9 Prozent beträgt, sind nur
zur Hälfte anzurechnen. Die Herkunftsangabe muss dem Ort entsprechen, an
dem das Lebensmittel seine wesentlichen
Eigenschaften erhalten hat.
Herkunftsangaben für
­Dienstleistungen
Die Herkunftsangabe einer Dienstleistung muss dem Geschäftssitz der natürlichen oder juristischen Person entsprechen, welche die Dienstleistung erbringt.
Allfällige zusätzliche Anforderungen
müssen ebenfalls erfüllt sein. Erfüllt eine
ausländische Herkunftsangabe die gesetzlichen Anforderungen des entsprechenden Landes, so gilt sie als zutreffend,
sofern dabei nicht die Konsumenten getäuscht werden.
Neue Bestimmungen über
geografische Marken (Art. 27 a – e)
Eine geografische Marke kann eingetragen werden:
Für eine nach Landwirtschaftsgesetz
(LwG) eingetragene oder geschützte
Ursprungsbezeichnung oder eingetragene geografische Angabe oder für eine
nach MSchG eingetragene geografische Angabe
Für eine ausländische Weinbezeichnung, die den Anforderungen des LwG
entspricht
Für Schweizer Herkunftsangaben, die
in einer Verordnung geregelt sind, oder
für ausländische Herkunftsangaben,
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Recht
die sich auf eine gleichwertige ausländische Regelung stützen.
Der Hinterleger einer geografischen Marke
muss dem IGE ein Reglement über den Gebrauch der Marke einreichen. Das Reglement muss dem Pflichtenheft oder der
massgebenden Regelung entsprechen und
darf für den Gebrauch der geografischen
Marke kein Entgelt vorsehen. Eine geografische Marke darf von jeder Person gebraucht werden, sofern die Anforderungen
des Reglements erfüllt werden.
Die geografische Marke kann nicht übertragen oder lizenziert werden. Der Inhaber
einer älteren Marke kann normalerweise
gestützt gegen die Eintragung Widerspruch erheben, allerdings nach neuen Bestimmungen nicht mehr gegen die Eintragung einer geografischen Marke (Art. 31
Abs.1 bis). Eingetragene geografische Angaben können nicht zu Gattungsbezeichnungen werden.
Gattungsbezeichnungen dürfen nicht als
geografische Angaben eingetragen werden (MSchG Art. 50). Der Bundesrat
schafft neu ein Register für geografische
Angaben für Waren (MSchG Art. 50).
Wer eine eingetragene geografische Angabe für identische oder vergleichbare
Waren verwendet, muss das Pflichtenheft
erfüllen.
gewerbsmässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe
(MSchG Art. 64).
Neues im Wappenschutzgesetz
››Der Bundesrat listet neu Hoheitszeichen
der Eidgenossenschaft in einem separaten Anhang zur Ausführungsverordnung auf (WSchG Art. 4). Bisher fehlt
eine Übersicht der Hoheitszeichen.
Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) führt ein elektronisches Verzeichnis der öffentlichen Zeichen der Schweiz und ausländischer
Staaten und macht dieses elektronisch
zugänglich (WSchG Art. 18).
Die Wappen, Fahnen und anderen Hoheitszeichen der Kantone, Bezirke,
Kreise und Gemeinden werden durch
das kantonale Recht bestimmt (WSchG
Art. 5). Das war im alten WSchG nicht
klar festgelegt.
Grundsätzlich dürfen Wappen und die
charakteristischen Bestandteile von
Kantonswappen nur vom berechtigten
Gemeinwesen und seinen Unternehmen für hoheitliche Tätigkeiten verwendet werden (WSchG Art. 8). Nur in
fest bestimmten Ausnahmefällen ist
der Gebrauch für andere Organisationen erlaubt, zum Beispiel für Veranstal-
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tungen oder kunstgewerbliche Gegenstände. Lizenzen für Wappen sind nicht
erlaubt.
Die Verwendung des Schweizerkreuzes
und der Schweizerfahne ist nicht nur
wie bisher für Dienstleistungen, sondern
neu auch für Waren erlaubt (WSchG
Art. 10), sofern diese die Kriterien des
MSchG erfüllen.
Das berechtigte Gemeinwesen kann
Dritte zum Gebrauch seiner Zeichen
­ermächtigen (WSchG Art. 16).
Wichtig: Der Benutzer eines öffentlichen­
Zeichens muss beweisen, dass er dieses
gebrauchen darf (WSchG Art. 19).
Wer durch widerrechtlichen Gebrauch
öffentlicher Zeichen in den wirtschaftlichen Interessen verletzt oder gefährdet wird, kann vom Gericht verlangen,
dass es eine drohende Verletzung verbietet oder beseitigt (WSchG Art. 20).
Zur Klage berechtigt sind auch Verbände und Konsumentenorganisationen (WSchG Art. 21).
Unzulässiger Gebrauch öffentlicher
Zeichen wird mit Freiheitsstrafe bis
zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft (WSchG Artikel 28). Das
Gericht kann selbst im Falle eines
Freispruchs die Einziehung oder Vernichtung der Gegenstände anordnen
(WschG Artikel 30). ››
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Porträt
Klageberechtigung und
­Strafbestimmungen
Neu kann jede Person beim IGE nach einer Frist von fünf Jahren einen Antrag auf
Löschung der Marke wegen Nichtgebrauchs stellen (MSchG Art. 35 a – c). Zu
Klagen, die den Schutz von Herkunftsangaben betreffen, sind auch Berufs- und
Wirtschaftsverbände sowie Konsumentenschutz-Organisationen, das Institut
für Geistiges Eigentum berechtigt sowie
betroffene Kantone, deren Name verwendet wird (MSchG Art. 56).
Regula Heinzelmann
Juristin und freischaffende Journalistin
Regula Heinzelmann studierte Rechtswissenschaften an
der Universität Zürich und arbeitet bereits seit 1984 als
selbstständige Autorin mit Schwerpunkt auf wirtschaftliche und juristische Themenbereiche. Für diverse Unternehmen verfasst sie zudem PR-Texte und Vertragsmuster. Die freischaffende Journalistin und Juristin wohnt in Dietikon. Zeitweise lebt
sie auch in Berlin.
Kontakt
Für den Gebrauch unzutreffender Herkunftsangaben sowie täuschender Bezeichnungen wird Freiheits- oder Geldstrafe angedroht. Handelt der Täter
[email protected]
www.heinzelmann-texte.ch
KMU-Magazin Nr. 9, September 2015