MIETRECHT Modernisierung durch den Vermieter – eine lukrative Investition für Vermieter? E nergiewende, höhere Energieeffizienz und energetische Gebäudemodernisierung gehören zu den aktuell wichtigen politischen und rechtlichen Themen. Nachdem der Gesetzgeber Mitte des Jahres 2013 die Mieterrechte im Zusammenhang mit energetischen Modernisierungen deutlich eingeschränkt hat, ist es für Mieter wichtiger denn je, ihre Rechte im Zusammenhang mit Modernisierungen zu kennen. Nach der aktuellen Rechtslage darf der Vermieter 11 % der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete aufschlagen. Selbst wenn durch diese Umlage die Investitionen des Vermieters bezahlt sind, dürfen Vermieter auch weiterhin 11 % der Modernisierungskosten umlegen, ohne Deckelungsgrenze. So sind dem Mieterverein Fälle bekannt, in dem sich nach einer Modernisierung die Miete um mehr als 600 € monatlich erhöht oder sogar verdoppelt hat. 10 Münchner MieterMagazin 3 · 2015 v Was sind Modernisierungsmaßnahmen? Um die Pläne des Vermieters beurteilen zu können, muss man zuerst einmal wissen, was eine Modernisierung überhaupt ist. Modernisierungsmaßnahmen sind bauliche Veränderungen, 1 2 3 4 5 6 7 durch die in Bezug auf die Mietsache Energie nachhaltig eingespart wird (sog. energetische Modernisierung), durch die nicht erneuerbare Primärenergien nachhaltig eingespart oder das Klima nachhaltig geschützt wird, durch die der Wasserverbrauch nachhaltig reduziert wird, durch die der Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöht wird, durch die die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert werden, die aufgrund von Umständen durchgeführt werden, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, und die keine Erhaltungsmaßnahmen sind, oder durch die neuer Wohnraum geschaffen wird. 1 Unter die „energetische Modernisierung“ fallen insbesondere Maßnahmen zur Verbesserung der Wärmedämmung, der Dämmung des Gebäudes, zur Verminderung des Energieverlustes (zum Beispiel durch den Einbau neuerer Fenster), zur Verminderung des Energieverbrauchs der Heizungs- und Warmwasseranlage oder der Einbau drehzahlgeregelter Umwälzpumpen und Aufzugsmotoren. 2 Unter der Begrifflichkeit der „Einsparung von Primärenergie und des Klimaschutzes“ fallen Maßnahmen, durch die nicht erneuerbare Primärenergie nachhaltig eingespart wird oder das Klima nachhaltig geschützt wird, die aber nicht den Mietern zugutekommen. Ein Beispiel hierfür ist die Anbringung einer Photovoltaikanlage, bei der der erzeugte Strom gegen Vergütung in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird. Diese Maßnahmen muss der Mieter zwar dulden, sie berechtigen den Vermieter jedoch nicht zur Mieterhöhung. Auch ist das Minderungs- Reparatur und Modernisierung Häufig ist mit einer Modernisierungsmaßnahme auch eine Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme verbunden. Bei Instandsetzungsmaßnahmen handelt es sich um keine Modernisierung, da durch die Maßnahmen nur der ursprüngliche Zustand der Wohnung wiederhergestellt wird, d. h. wenn Schäden behoben werden, die infolge von Abnutzung, Alterung oder Witterungseinflüssen entstanden sind. Auch eine Reparatur, Ersatz von defekten technischen Anlagen und Geräten sowie die Behebung baulicher Mängel ist eine Instandsetzung. Die Unterscheidung ist deshalb so wichtig, da sich hier recht des Mieters während dieser Bautätigkeiten nicht ausgeschlossen. 3 Der „Einsparung von Wasser“ dienen insbesondere die Umrüstung auf 6-Liter-Wasserkästen und der Einbau von Spartasten bei der Toilettenspülung, der Einbau von Wassermengenreglern sowie die Installation von Wasserzählern. 4 Unter „gebrauchswerterhöhende Maßnahmen“ versteht man insbe sondere Maßnahmen zur Verbesserung des Schallschutzes, der Belichtung und Belüftung und der sanitären Einrichtungen sowie Maßnahmen für eine behindertengerechte Nutzung der Wohnung. Eine Gebrauchswerterhöhung liegt vor, wenn ein Durchschnittsmieter in der Baumaßnahme eine Wohnwertverbesserung sehen würde. Maßgebend ist dabei immer der aktuelle Zustand der Wohnung einschließlich der vom Mieter selbst geschaffenen Verbesserungen. Auf die persönliche Meinung des Mieters kommt es daher nicht an. auch ganz unterschiedliche Rechte und Pflichten für den Mieter und Vermieter ergeben. Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten (Reparaturarbeiten) muss der Mieter grundsätzlich dulden, insbesondere wenn der Vermieter sie aufgrund einer behördlichen Anordnung oder gesetzlichen Verpflichtung durchführen muss. Modernisierungsarbeiten muss der Mieter aber nicht in jedem Fall dulden. Die Abgrenzung zwischen Reparaturarbeiten und Modernisierungsarbeiten ist nicht nur im Hinblick auf den Duldungsanspruch des Vermieters von entscheidender Bedeutung, sondern auch im Hinblick auf die meist 5 Eine Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse liegt beispielsweise vor, wenn nicht-öffentliche Gemeinschaftsanlagen wie Kinderspielplätze, Grünanlagen oder Stellplätze angelegt und ausgebaut werden – vorausgesetzt, sie werden auf dem zum Haus gehörenden Grundstück errichtet. 6 Zu den Maßnahmen, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, zählen bauliche Änderungen, die der Vermieter aufgrund einer behördlichen Anordnung oder aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung durchführen muss. Hierzu zählt beispielsweise der Einbau von Rauchmeldern sowie der Einbau einer neuen Heizung, wenn die alte Anlage zu schlechten Abgaswerten führt, oder aber der Einbau von Wohnungswasserzählern. 7 Neuer Wohnraum wird geschaffen, wenn beispielsweise der Speicher in eine Wohnung umgebaut wird. Auch hier muss ein Mieter den Umbau in der Regel dulden, unabhängig davon, ob die Mieter hiervon Vorteile haben. danach anstehende Mieterhöhung. Instandhaltung und Instandsetzung der Wohnung gehört nämlich zu den Hauptpflichten des Vermieters. Die hierdurch entstehenden Kosten bezahlt der Mieter bereits mit der Grundmiete. Deshalb darf der Vermieter in der Regel weder von den Mietern verlangen, solche Schäden zu beseitigen, noch darf er diese Kosten auf die Mieter abwälzen. Ist mit einer Modernisierung auch eine Reparatur verbunden, wie häufig der Fall, muss der Mieter diese Baumaßnahmen unter den gleichen Voraussetzungen dulden wie eine Modernisierung. Erst bei der späteren Mieterhöhung muss dann dieser Reparaturkostenanteil abgezogen werden. Münchner MieterMagazin 3 · 2015 11 MIETRECHT Ankündigungspflicht des Vermieters Der Vermieter muss spätestens drei Monate vor Beginn der Bauarbeiten dem Mieter mitteilen, was er alles vorhat. Auf diese Weise ist der Mieter in der Lage, eventuell auch mit dem Mieterverein, zu prüfen, ob er die Pläne des Vermieters dulden muss. Dulden bedeutet jedoch kein aktives Tätigwerden des Mieters. Der Mieter ist lediglich verpflichtet, die Bautätigkeiten geschehen zu lassen. Nicht verpflichtet ist der Mieter, aktiv in der Wohnung Schränke oder dergleichen umzustellen, um die Bauarbeiten zu ermöglichen. Die Ankündigung muss schriftlich erfolgen. Eine mündliche Ankündigung verpflichtet den Mieter nicht zur Duldung. Inhaltlich muss aus der Ankündigung n die Art und der voraussichtliche Umfang der Maßnahmen in wesentlichen Zügen hervorgehen, n der voraussichtliche Beginn und die voraussichtliche Dauer, n die zu erwartende Mieterhöhung sowie n die voraussichtlichen künftigen Betriebskosten. v Zudem muss der Mieter über Form und Frist der Geltendmachung von Härtegründen unterrichtet werden. Duldungspflicht des Mieters Eine Modernisierung hat der Mieter zu dulden. Anders ist dies nur dann, wenn die Maßnahme für ihn, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushaltes, mithin der nichteheliche Lebenspartner oder dessen Kinder, eine Härte bedeutet, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter im Haus nicht zu rechtfertigen ist. Seit Mitte des Jahres 2013 müssen auch die Belange des Klimaschutzes und der Energieeinsparung in die Abwägung einbezogen werden. Nicht jeder Härtegrund kann daher eine Modernisierung verhindern; es kommt vielmehr auf das Ergebnis der Interessenabwägung an. Härtegründe müssen zwingend bis zum Ablauf des nächsten Monats nach Zugang der Ankündigung durch den Vermieter schriftlich geltend gemacht werden. Die Härtegründe können sich n aus den vorzunehmenden Arbeiten, n den baulichen Folgen und Haben Sie eine Modernisierungsankündigung vorliegen? Gleich ob eine Wohnung, ein Haus oder eine ganz Anlage modernisiert werden soll: Wir empfehlen unseren Mitgliedern, schon bei der ersten Ankündigung des Vermieters Kontakt mit uns aufzunehmen, damit wir Sie über Ihre Rechte beraten können. Unterschreiben Sie nichts, weder eine Einverständniserklärung mit den Baumaßnahmen, noch ein Anerkenntnis über die spätere Mieterhöhung und erkennen Sie auf keinen Fall eine Speicherkündigung zum Zwecke des Dachgeschossausbaus an, bevor Sie mit uns gesprochen haben. So ist es in vielen Fällen mit Hilfe des Mietervereins gelungen, schon im Vorfeld eine „Modernisierungsvereinbarung“ mit dem Vermieter zu treffen, mit deren Hilfe die Maßnahmen detailliert festgelegt und eine moderate Mieterhöhung vereinbart werden konnte. 12 Münchner MieterMagazin 3 · 2015 n den vorausgegangenen Aufwendungen des Mieters ergeben. Eine Härtefallprüfung verbietet sich jedoch dann, wenn der Vermieter lediglich einen allgemein üblichen Zustand herstellt oder die Modernisierung aufgrund von Umständen durchgeführt wurde, die der Vermieter nicht zu vertreten hat. Allgemein üblich ist ein Zustand, der bei mindestens zwei Drittel aller Wohnungen gleichen Alters innerhalb eines Bundeslandes angetroffen wird. Die zu erwartende Miethöhe stellt nach der Gesetzesänderung seit Mai 2013 keinen Grund mehr dar, die Baumaßnahme nicht dulden zu müssen. Die Mieterhöhung kann allerdings dazu führen, dem Vermieter die Modernisierungsumlage zu versagen. Eine sog. Luxusmodernisierung (z. B. Einbau eines Schwimmbades, vergoldete Wasserhähne) muss ein Mieter unter keinen Umständen dulden, selbst dann nicht, wenn er die erhöhte Miete bezahlen könnte. Wenn der Mieter die Ankündigung geprüft und festgestellt hat, dass eine unzumutbare Härte vorliegt, muss der Mieter die Modernisierung zurückweisen. Keinesfalls sollte er die Ausschluss der Mieterhöhung Hat der Vermieter modernisiert, ohne den Mieter vorher umfassend zu informieren, so ist die Mieterhöhung ganz ausgeschlossen, wenn der Mieter den Arbeiten nicht zugestimmt hat und dieser auch nicht zur Zustimmung verpflichtet war. Die Mieterhöhung ist auch dann ausgeschlossen, wenn dies vertraglich vereinbart wurde oder eine Staffeloder Indexmiete vereinbart wurde. Handwerker in die Wohnung lassen. Stimmt der Mieter der Modernisierung nicht zu, so darf der Vermieter nicht einfach mit den Baumaßnahmen beginnen oder gar fristlos kündigen. Vielmehr ist der Vermieter kraft Gesetzes verpflichtet, Klage auf Duldung der baulichen Maßnahmen zu erheben. In diesem Prozess entscheidet dann das Gericht, ob die beabsichtigten Baumaßnahmen eine Verbesserung darstellen und ob sie dem Mieter auch zugemutet werden können bzw. ob sie nicht eine Härte darstellen und der Mieter diese nicht dulden muss. Ebenfalls ausgeschlossen ist die Mieterhöhung, wenn der Vermieter sich bereits bei Abschluss des Mietvertrages verpflichtete, die Wohnung zu modernisieren oder der Mieter die Wohnung nur unter diesen Bedingungen angemietet hat. Ebenfalls ist die Mieterhöhung ausgeschlossen, wenn die Modernisierungsarbeiten bereits vor Abschluss des Mietvertrages beendet waren und der Vermieter nicht Bauherr ist. Die Modernisierungskosten können auch nicht umgelegt werden, wenn zwischen den Modernisierungs- und Instandsetzungskosten nicht nachvollziehbar unterschieden wurde. Höhe und Fälligkeit der Mieterhöhung 1. Der Vermieter darf 11 % der Modernisierungskosten (nicht der Instandhaltung-Instandsetzungskosten) umlegen. Zu diesem Zweck hat der Mieter das Recht, sich die Originalunterlagen zeigen zu lassen, so dass er die Handwerkerrechnungen, Materialrechnungen usw. einsehen kann. Solange der Vermieter sich weigert, die Rechnungen zu zeigen, muss der Mieter die höhere Miete nicht zahlen. Der Vermieter ist verpflichtet, unnötigen und unzweckmäßigen oder ansonsten überhöhten Aufwand zu vermeiden. Zinsen für einen Kredit oder aber die Kosten für die Beschaffung eines Kredits sind nicht umlagefähig. In jedem Fall sind von den Modernisierungskosten öffentliche Fördermittel und auch die finanziellen Beteiligungen von Mietern an den Modernisierungsaufwendungen in Abzug zu bringen. 2. Der Mieter muss die höhere Miete ab dem dritten Monat nach Zugang der Erhöhungserklärung bezahlen. Sind die Bauarbeiten noch nicht abgeschlossen, entfaltet eine Modernisierungsmieterhöhung keinerlei Wirkungen. Mieterhöhungsverlangen Bei freifinanzierten und Altbauwohnungen hat der Vermieter die Wahl: Entweder kann er 11 % der Modernisierungsaufwendungen auf die Jahresmiete aufschlagen oder aber er kann als neue Miete die Miete fordern, die üblicherweise für vergleichbare, modernisierte Wohnung gezahlt wird. Nicht gestattet ist es dem Vermieter hingegen, zuerst die Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete für eine modernisierte Wohnung zu erhöhen und dann nochmals den Modernisierungszuschlag von 11 % aufzuschlagen. Schließlich ist die Umlage der Modernisierungskosten dem Vermieter zu versagen, sofern dies für den Mieter eine Härte darstellt. Wann dies der Fall ist, hat das Gericht stets im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu prüfen. Das Gericht hat dabei sowohl die Einkommensverhältnisse des Mieters zu berücksichtigen, als auch, wie sich die Betriebskosten zukünftig entwickeln werden und ob der Mieter künftig (mehr) Wohngeld erhält. Ebenfalls wird häufig darauf abgestellt, ob die Mieterhöhung und die Wohnwertverbesserung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Hier ein Beispiel: Wurden die Modernisierungsmaßnahmen am 15. September 2014 abgeschlossen und die ordnungsgemäße Mieterhöhung ging dem Mieter am 28. September 2014 zu, ist die neue Miete erst ab 1.1.2015 zu bezahlen. Die Fälligkeit der Umlage verlängert sich um weitere sechs Monate, wenn der Vermieter dem Mieter vor Beginn der Modernisierung die Maßnahme nicht ordnungsgemäß angekündigt hat oder sich die tatsächliche Mieterhöhung gegenüber der Ankündigung mehr als 10 % erhöht hat. MMM Münchner MieterMagazin 3 · 2015 13
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