\ LÄNDERINFORMATION Saudi-Arabien Informationsdienst Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte 12\ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN INHALT ZUSAMMENFASSUNG 2 GRUNDDATEN ZUM MILITÄRISCHEN SEKTOR Deutsche Rüstungsexporte 2 5 Bedeutung deutscher Rüstungsexporte für das Empfängerland 11 Militärausgaben 12 Lokale Rüstungsindustrie 13 Streitkräftestruktur 14 Bewaffung der Streitkräfte 15 Die Rolle des Militärs in der Gesellschaft 20 Polizei und andere Sicherheitskräfte 21 INFORMATIONEN NACH DEN KRITERIEN DES EU-VERHALTENSKODEX Einhaltung internationaler Verpflichtungen 23 23 Achtung der Menschenrechte im Empfängerland 24 Innere Lage im Empfängerland 27 Erhaltung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in der Region 29 Bedrohung von Alliierten 31 Verhalten in der internationalen Gemeinschaft 32 Unerlaubte Wiederausfuhr 35 Wirtschaftliche und technische Kapazität des Landes 36 BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 1\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN ZUSAMMENFASSUNG Militärischer Sektor in Saudi-Arabien Deutschland ist traditionell eines der Zulieferländer im Rüstungsbereich für SaudiArabien, wenn auch in geringerem Umfang als andere Staaten. Dennoch sind die Rüstungsexporte deutscher Firmen in das Land in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Hauptlieferant für Rüstungsgüter ist seit langer Zeit die USA, dicht gefolgt von Großbritannien. Auch in den Jahren 2010 bis 2014 waren die USA wichtigster Rüstungsexporteur. Es ist davon auszugehen, dass durch das vom US-Kongress abgesegnete Rüstungsgeschäft im Umfang von geschätzten 60 Milliarden US-Dollar in den nächsten zehn Jahren, die USA weiterhin wichtigster Rüstungslieferant für Saudi-Arabien bleiben werden. Laut einem Bericht von IHS Jane’s war Saudi-Arabien im Jahr 2014 der weltweit größte Importeur von Waffen und Verteidigungsausrüstung. Das Land selbst verfügt über eine relativ kleine Rüstungsindustrie, welche, wie die meisten Industriezweige, stark abhängig von ausländischen Spezialisten ist. Die Kleinwaffenfabrik in Al Kharj produziert in Lizenz Gewehre, Maschinengewehre und Munition US-amerikanischer (M1 und M16, Munition für M60 Maschinengewehre) und deutscher Bauart (Heckler & Koch G3). Seit 2008 produziert die Fabrik, ebenfalls in Lizenz, deutsche Heckler & Koch G36 Gewehre. Zudem werden Handgranaten spanischer Bauart in Lizenz hergestellt. Durch „Offset“-Geschäfte mit einem von Boeing geführten Konsortium entstanden außerdem Flugzeugreparatur- und Wartungskapazitäten in Riyadh. Die Streitkräfte Saudi-Arabiens gehören gesehen zu den stärksten und am bestsen ausgerüsteten Streifkräften der Region und sind qualitativ mit moderneren Waffensystemen und quantitativ in Stückzahl und Mannstärke vielen Nachbarstaaten überlegen. Sie sind jedoch traditionell abhängig von ausländischen Söldnern (meist aus Südasien) einerseits und ausländischen Ausbildern (meist Briten, Franzosen und US-Amerikanern) andererseits. Das Heer ist für einen „klassischen“ Landkrieg in der Wüste zahlenmäßig gut ausgerüstet. Es leidet aber an Personalmangel und ist nur bedingt einsatzbereit, was sich auch in der großen Anzahl an gelagerten Waffensystemen widerspiegelt. Die saudi-arabische Marine begann 1974 mit einem extensiven Modernisierungsprogramm (Saudi Naval Expansion Program – SNEP), welches die aus wenigen Patrouillenbooten bestehende Flotte in eine schlagkräftige Seemacht umwandeln sollte, um die strategischen Seerouten im Persischen Golf und dem Roten Meer abzusichern. Ende 2015 wurde bekannt, dass Saudi-Arabien im Rahmen des SNEP seine Marine um vier US-amerikanische Lockheed Martin Freedom-class Schiffe erweitern will. Im regionalen Vergleich ist die saudische Marine sehr stark und durch ihre Waffensysteme militärisch gut aufgestellt. Durch die Unterstützung der USA verfügt die Marine über ein umfassendes Kommando, Kontroll- und Kommunikationssystem. Angesichts der Bedrohung hat sich die Marine, trotz ihrer vergleichsweise geringen Finanzausstattung, primär auf die U-Bootbekämpfung sowie den Schutz der Küstengewässer konzentriert. Im Sommer 2015 erteilte die Bundesregierung die Genehmigung für umfangreiche Waffenlieferun- 2\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN gen nach Saudi-Arabien, darunter unter anderem 15 deutsche Patrouillenboote vom Typ 44m. Saudi-Arabien will damit seine Offshore-Ölplattformen gegen Angriffe etwa von ISTerroristen schützen, hieß es aus Regierungskreisen. Die Luftwaffe ist ebenfalls recht gut ausgestattet. Der Hauptschwerpunkt liegt bei der Luftverteidigung, wobei sie durchaus auch über offensive Kapazitäten verfügt. Bis Juni 2016 soll die erste von 24 geplanten Boeing AH-6i Little Bird Helikoptern von den USA an Saudi-Arabien geliefert werden, um die Luftwaffe zu modernisieren. Des weiteren wurden Radar und Raketen sowie weitere neun Helikopter des Typs UH-60M Blackhawk bestellt. Insgesamt hat das Rüstungsgeschäft ein Volumen von geschätzten 60 Milliarden US-Dollar. Durch diese umfassenden Rüstungsbeschaffungen, würde die Luftwaffe ihre Fähigkeiten deutlich ausbauen und ihren regionalen Status weiter verbessern. Das saudische Militär ist eng mit dem Herrscherhaus der al-Sauds verbunden. Ein erheblicher Teil der zivilen und militärischen Führungsriege ist mit dem herrschenden Klan verwandt. Die saudischen Sicherheitskräfte sind ein integraler Teil des feudalrepressiven Staatsapparats. Während die Streitkräfte sich größtenteils aus Fragen der inneren Sicherheit heraushalten (außer bei extremen Notlagen), ist die Nationalgarde primär für den Zweck der Aufrechterhaltung der inneren Ordnung geschaffen. Die parallel zum regulären Militär existierenden paramilitärischen Einheiten sind jedoch auch als loyale Schutztruppe des Herrscherhauses und als Gegenmacht gegen einen möglichen Militärputsch konzipiert. Die saudischen Polizeikräfte und die religiöse Polizei („mutawa“), welche auch über mehrere tausend Freiwillige verfügt, sind für die stringente Einhaltung der saudischen Version des islamischen Rechtes zuständig, welche gegen eine erhebliche Anzahl von internationalen Rechtsnormen verstößt. Kriterien des EU-Verhaltenskodex Saudi-Arabien ist zahlreichen Abrüstungsverträgen beigetreten. Problematisch ist aber insbesondere der Nichtbeitritt zur Anti-Personenminen-Konvention. Auch einigen zentralen internationalen Verträgen im Bereich der Menschenrechte ist Saudi-Arabien nicht beigetreten. Die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien ist entsprechend schlecht, denn grundlegende Menschen- und Bürgerrechte werden missachtet. Auch Meinungsund Pressefreiheit werden stark unterdrückt und im Jahr 2014 weiter eingeschränkt. Gegen abweichende Meinungen ging das saudische Regime mit unerbittlicher Härte vor und nahm viele Regierungskritiker fest. Frauen werden als Bürger zweiter Klasse behandelt und Folter ist weit verbreitet. Allein 2014 wurde die Todesstrafe mindestens 87 Mal vollstreckt (2013: 79; 2012: 76). Ebenso sind harte physische Strafen (Auspeitschen, Amputationen) ein häufiges benutztes Instrument des Regimes. Im Januar 2016 kam es zu einer umstrittenen Massenexekution, bei der 47 Menschen wegen Terrorismus-Vorwürfen hingerichtet wurden. In Folge dieser Hinrichtung eskalierte der Konflikt Saudi-Arabiens mit dem Iran und es kam zu schweren Spannungen in der Golfregion. Unter den Hingerichteten war auch der prominente schiitische Geistliche und Kritiker des Königshauses, Nimr al-Nimr. Der 11. September 2001 ist in mehrfacher Hinsicht eng mit Saudi-Arabien verbunden: Der mutmaßliche Drahtzieher, Osama bin Laden, war ein saudi-arabischer Geschäftsmann der zum „Gotteskrieger“ geworden ist. Zudem waren 15 der 19 Flugzeugentführer saudische Staatsbürger, die möglicherweise mit saudischen Geldern finanziert worden BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 3\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN sind. Eine der zentralen Forderungen al-Qaidas war der Abzug der US-amerikanischen Einheiten aus Saudi-Arabien. Seither üben die USA einen starken Druck auf SaudiArabien aus, den Terrorismus zu unterbinden. Die starke Präsenz ausländischer Truppen im Lande führt jedoch zu schwerwiegenden politischen Problemen für die saudische Regierung in dreierlei Hinsicht. Erstens zeigt es die inhärente Schwäche des eigenen Militärapparates: Trotz aller Ölmilliarden, die in Waffenkäufe gesteckt worden sind, konnten die saudischen Kräfte gewaltsame Ausschreitungen in der Vergangenheit aus eigener Kraft kaum bezwingen. Zweitens wird die Stationierung „ungläubiger“ Truppen im Land der zwei heiligsten Stätten des Islam von militanten radikal-islamistischen Gruppen, z.B. al-Qaida, als ein Affront und als einer der Hauptgründe für ihren extremen Anti-Amerikanismus zitiert. Drittens bringt die Benutzung saudischer Stützpunkte zur Unterstützung der US-Besatzungstruppen im Irak die saudische Regierung in eine schwierige Zwangslage zwischen der zunehmend ungeduldigen Schutzmacht USA und der eigenen Bevölkerung (sowie der breiteren arabischen Öffentlichkeit). Die Entwicklungen im Nahostkonflikt und im Irak sind für Saudi-Arabien deshalb von großer Bedeutung. Mit Iran existiert ein traditionell gespanntes Verhältnis, da eine Rivalität um die regionale Hegemonie in der Golfregion besteht. Nach der Massenexekution im Januar 2016 eskaliert dieser Konflikt und belastet seitdem die diplomatischen Beziehungen zwischen Iran und Saudi-Arabien. Saudi-Arabien beansprucht die religiöse Führung der Umma ((Gemeinschaft der Gläubigen aller islamischen Glaubensrichtungen) für sich, nicht zuletzt wegen den zwei heiligsten Stätten des Islams Mekka und Medina, die sich auf saudi-arabischem Staatsgebiet befinden. Das Land boykottiert wiederholt, zusammen mit den meisten anderen arabischen Staaten, das von den VN initiierte Waffenregister. Hintergrund hierfür sind unter anderem die nicht vorgesehenen Angaben über Massenvernichtungswaffen, die aber im Hinblick auf Israel für die arabischen Staaten von großer Bedeutung sind. Die Informationslage bezüglich geltender Waffenexportkontrollen ist unbefriedigend, da beispielsweise Informationen über einschlägige Gesetze oder authentifizierte Endverbraucher Zertifikate kaum erhältlich sind. Die größte Gefahr bei der unerlaubten Wiederausfuhr liegt im Bereich der Kleinwaffen (beispielsweise deutsche Heckler & Koch G3 und G36 Gewehre), welche im Land in Lizenz produziert werden. Saudi-Arabien ist ein hoch militarisiertes Land, in dem weiterhin gesellschaftliche und wirtschaftliche Defizite und Probleme vorherrschen. Der Anteil der Militärausgaben am Bruttoinlandsprodukt ist überproportional hoch, wodurch andere Sektoren wie der Gesundheits- und Bildungsbereich deutlich leiden. 4\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN GRUNDDATEN ZUM MILITÄRISCHEN SEKTOR Deutsche Rüstungsexporte Tabelle 1 Deutsche Rüstungsexporte nach Außenwirtschaftsgesetz, 1999-2014 (in Millionen Euro) Jahr Güter / in Prozent des Gesamtwertes 1999 Mobile Stromerzeuger: 71,2%; Unfertige Erzeugnisse: 12,1% 26,1 2000 Teile für Feuerleiteinrichtungen, Waffenzielgeräte und –teile: 47,1%; Teile für Kampfflugzeuge: 26,2%; Teile für Flugkörper, Zündschnur-Anzünder: 7,5% 37,2 2001 Schießanlagen, -Simulatoren und unterkalibrige Übungsmunition: 41,6%; Rohteile und Halbzeuge für Handfeuerwaffen etc.: 9,7%; Revolver, Pistolen, Sportpistolen und –Revolver, Teile für Gewehre und Karabiner (einschließlich Kriegswaffen), Maschinenpistolen: 9,5%; Teile für Patrouillenboote: 8,3%; Herstellungsausrüstung und Reizstoffpatronen: 7,2%; 38,3 2002 Teile für Kampfflugzeuge: 27,2%; Rohteile für militärische Güter: 13,5%; Wartungsunterlagen für gepanzerte Fahrzeuge, Herstellungsausrüstung für kleinkalibrige Munition, Herstellungsausrüstung für Teile von Maschinenpistolen und automatischen Gewehren: 11,6%; Munition für Haubitzen, Jagd- und Sportwaffen, Teile für Leucht- und Nebelmunition: 9,3%; ABC Schutzkleidung und C-Spürgeräte: 9%; Sportpistolen und –Revolver, Teile für Gewehre und Karabiner (einschließlich Kriegswaffen) und Maschinenpistolen: 8,3%; Schießanlagen: 5,8% 26,5 2003 Teile für Funkaufklärungsanlagen und elektronische Kampfführung: 31,5%; Fallschirme, Teile für Kampfflugzeuge, mobiler Wartungsprüfstand: 23,1%; Herstellungsausrüstung für Handfeuerwaffen, Maschinenkanonen für Flugzeuge und Munition, Testeinrichtungen für Flugzeugtriebwerke: 20%; Teile für Patrouillenboote: 7,1%; Schmiederohteile: 6,2% 43,7 2004 Funkaufklärungsanlage, Wanderfeldröhren und Teile für Kommunikations-, Orientierungs- und Funkaufklärungsanlagen: 35%; Munition für Maschinenpistolen, Granatpistolen, Jagd- und Sportwaffen und Munitionsteile für Maschinengewehre, Kanonen und Mörser: 9,1%; Näpfe für Geschossmäntel und Rohteile für Handfeuerwaffen: 8,5%; ABC–Schutzausrüstung, Dekontaminations-, Strahlenspür- und Detektionsausrüstung und Teile für Dekontaminationsausrüstung: 7,7%; Teile für Patrouillenboote: 7,6%; Gewehre, Maschinenpistolen, Sport- und Jagdgewehre, Waffenzielgeräte, inkl. Teile: 6,2%; 58,8 BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 Gesamtwert 5\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Jahr Güter / in Prozent des Gesamtwertes Gesamtwert Technologieunterlagen für die Herstellung von Handfeuerwaffen, Munition, Fertigungsunterlagen für Flugzeugteile, Technologie für Flugzeuge: 5,9%; Geländewagen und Teile für gepanzerte Fahrzeuge: 5,4% 2005 Teile für Kampfflugzeuge: 34,3%; Pistolen, Scharfschützengewehre, Maschinenpistolen, Waffenzielgeräte und Teile für Gewehre, Pistolen, Scharfschützengewehre, Maschinenpistolen: 19,9%; Unterwasserortungsgeräte und Teile für Patrouillenboote, Schnellboote: 14,4%; Gussstücke, Spezialprofile, Näpfe, Rohlinge, Halbzeuge und unfertige Erzeugnisse: 12,8%; 29,9 2006 Fallschirme und Ersatzteile für Kampfflugzeuge: 33%; Funkaufklärungssysteme, Wanderfeldröhren und Teile für Kommunikationsausrüstung, Navigationsausrüstung, Funkaufklärungssysteme: 23,8%; Gewehre, Pistolen, Scharfschützengewehre, Maschinenpistolen, Maschinengewehre, Flinten, Schalldämpfer: 17% 56,9 2007 Gewehre, Scharfschützengewehre, Pistolen, Sportpistolen, Halbautomatische Flinten, Schalldämpfer, Rohrwaffen-Lafetten, Waffenzielgeräte und Teile für Gewehre, Maschinenpistolen, Pistolen: 25,4%; Zieldarstellungsgeräte, Schießsimulator und Teile für Zieldarstellungsgeräte, Gefechtsübungszentrum: 21,2%; Schmiedestücke, Halbzeuge, Aluminium-Profile, Näpfe und Feingussteile: 17,7%; Teile für Schnellboote: 14,7%; Herstellungsausrüstung für Gewehre, Maschinenpistolen, Kleinkalibermunition und Teile für Munitionsprüfungsgeräte: 8,3% 45,5 2008 Herstellungsausrüstung für Gewehre, Handfeuerwaffen, Herstellungsteile für Munition und Prüfgeräte für Maschinenkanonen, Tankabwurfanlage: 32%; Maschinenkanonen, rückstoßfreie Schulterwaffen und Teile für Kanonen, rückstoßfreie Schulterwaffen: 20,7%; Kommunikationsausrüstung, Kommunikationsaufklärungssysteme, Funküberwachungssysteme, Testausrüstung und Teile für Kommunikationsausrüstung, Navigationsausrüstung, Funküberwachungsausrüstung, statische Umformer: 19%; Gewehre mit KWL-Nummer, Maschinengewehre, Revolver, Pistolen, Jagdgewehre, Sportpistolen, Flinten und Teile für Gewehre mit KWL- Nummer, Maschinenpistolen, Maschinengewehre, Revolver, Pistolen, Jagdgewehre, Sportpistolen: 6%; Lkw und Teile für gepanzerte Fahrzeuge, Landfahrzeuge: 5,6% 170,3 2009 Bodenüberwachungsradar und Teile für Feuerleiteinrichtungen, Bodenüberwachungsradar, Ausrüstung für Gegenmaßnahmen: 19,8%; Betankungsanlage, Fallschirme und Teile für Kampfflugzeuge, Tankflugzeuge, Flugzeuge, Bordausrüstung: 15,4%; Teile für Raketen, Flugkörper, Seeminenräumgeräte, Granaten: 13,4%; Kommunikationsausrüstung, Funkaufklärungsanlage und Teile für Kommunikationsausrüstung, Ortungsausrüstung, Elektronische Kampfführung, Wandelfeldröhre: 9,2%; Software für Detektionsausrüstung, Waffensysteme und Grenzsicherungssysteme: 8,9%; Flugzeug-Shelter: 8%; Zieldarstellungsgeräte, Waffenübungsgeräte, Übungsgeräte, Übungspatronen 167,9 6\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Jahr Güter / in Prozent des Gesamtwertes Gesamtwert und Teile für Ausbildungsgeräte, Simulatoren: 6,6% 2010 Elektronische Ausrüstung, Kommunikationsausrüstung, Navigationsausrüstung und Teile für die elektronische Ausrüstung, Kommunikationsausrüstung, elektronische Kampfführung, Baugruppen: 29,8%; Flugkörper, Simulatoren, Leuchtmunition, Darstellungsmunition und Teile für Seeminenräumungssysteme, Flugkörper: 17,1%; Teile für Schnellboote und Patrouillenboote: 15,7%; Luftaufklärungssystem und Teile für Kampfflugzeuge, Tankflugzeuge, Triebwerke, Bordausrüstung: 9,9%; Munition für Gewehre, Maschinenpistolen, Jagdwaffen, Sportwaffen, Nebelgranaten, Reizstoffwurfkörper und Teile für Haubitzenmunition, Kanonenmunition, Mörsermunition, Gewehrmunition, Revolvermunition, Pistolenmunition: 5,9%; LKW und Teile für gepanzerte Fahrzeuge, LKW: 5,8% 152,4 2011 Flugkörper, Simulatoren und Teile für Flugkörper, Simulatoren, Handhabungsausrüstung: 19,9 % Kommunikationsausrüstung, Navigationsausrüstung Teile für elektronische Ausrüstung, Kommunikationsausrüstung, Navigationsausrüstung, Selbstschutzsysteme, Prüfausrüstung: 14,0 % Zieldarstellungsdrohnen, Startgeräte, Bodenstation für unbemannte Fluggeräte und Teile für Kampfflugzeuge, Transportflugzeuge, Tankflugzeuge, unbemannte Luftfahrzeuge, Startgeräte, Triebwerke, Bordausrüstung: 10,8 % Munition für Granatmaschinenwaffen und Teile für Geschützmunition, Haubitzenmunition, Mörsermunition: 8,7 % Grenzsicherungssysteme, Prüfausrüstung und Teile für Feuerleiteinrichtungen, Waffenzielgeräte, Bordwaffen-Steuersysteme, Überwachungssysteme: 8,5 % Herstellungsausrüstung für militärische Güter: 8,3 % Navigationsübungsgeräte, Übungsgeräte für UAV, Ausbildungsausrüstung, Zieldarstellungsgeräte und Teile für Zieldarstellungsgeräte, Schießsimulator: 7,3 % Gewehre mit KWL-Nummer, Maschinenpistolen, Pistolen, Schalldämpfer, Waffenzielgeräte und Teile für Gewehre mit KWL-Nummer, Maschinenpistolen, Maschinengewehre, Pistolen: 7,2 % 139,5 2012 Grenzsicherungsausrüstung, Rohrwaffenrichtgeräte, Entfernungsmesser, Gefechtsfeldüberwachungsradar, Zielerkennungssysteme, Prüfgeräte für Feuerleitsysteme und Teile für Grenzsicherungsausrüstung, Feuerleiteinrichtungen, Waffenzielgeräte, Rohrwaffenrichtgeräte, Bordwaffensteuersysteme, Zielentfernungsmesssysteme, Gefechtsfeldüberwachungsradar, Ausrüstung für Gegenmaßnahmen: 74,4 % Software für Grenzsicherungsausrüstung, für Werkzeugmaschinen, für Flugkörpersteuerung, für Schiffssimulator und für Kommunikationsausrüstung: 16,2 % 1237,2 2013 Luftaufklärungssysteme, Steuerungsausrüstung, Bodengeräte und Teile für Kampfflugzeuge, Trainingsflugzeuge, Transportflugzeuge, Tankflugzeuge, Hubschrauber, unbemannte Luftfahrzeuge, Bordausrüstung, Luftbetankungsausrüstung, Tankausrüstung: 25,1 % Gepanzerte Krankenwagen, Fahrgestelle, LKW, Anhänger 361,0 BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 7\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Jahr Güter / in Prozent des Gesamtwertes Gesamtwert und Teile für Panzer, Panzerhaubitzen, gepanzerte Fahrzeuge, LKW: 22,3 % Flugsimulator und Teile für Flugsimulatoren, Waffenübungsgeräte, Ausbildungsausrüstung: 11,7 % Gewehre mit KWL-Nummer, Maschinenpistolen, Jagdgewehre, Sportgewehre, Waffenzielgeräte und Teile für Gewehre mit KWL-Nummer, Maschinenpistolen, Jagdgewehre, Waffenzielgeräte: 9,8 % Flugkörper und Teile für Flugkörper, Stromerzeugungsausrüstung, Bodengeräte für Flugkörper: 7,5 % Kommunikationsausrüstung, Navigationsausrüstung und Teile für elektronische Ausrüstung, Kommunikationsausrüstung, elektronische Kampfführung, Ortungsausrüstung: 7,2 % 2014 Flugkörper, Abfeuerausrüstung, Zündmaschinen, Zündeinrichtungen und Teile für Flugkörper, Abfeuerausrüstung, Zündeinrichtungen: 29,4% Kommunikationsausrüstung, Fahrzeugschützsysteme, Lenkausrüstung, Stromversorgungen und Teile für elektronische Ausrüstung, Fahrzeugschutzsysteme, Selbstschutzsysteme, Ortungsausrüstung: 12,7% Qualitätssicherungsunterlagen für Handfeuerwaffenteile, Technische Unterlagen für Flugkörperteile, Prüfunterlagen für Schiffsteile, Technische Unterlagen für Funkgeräteteile, Technische Unterlagen für Schutzsystem und Technologie für Schießsimulator: 12,1% Feuerleiteinrichtungen, Rohrwaffenrichtgeräte, Zielentfernungsmesssysteme, Bodenüberwachungsradar, Prüfausrüstung und Teile für Feuerleiteinrichtungen, Bodenüberwachungsradar, Zielortungsgeräte: 10,1% Teile für Fregatten, Schnellboote, Minensucher, Schlepper und Schiffe: 8,6% Wartungsausrüstung und Teile für Kampfflugzeuge, Trainingsflugzeuge, Tankflugzeuge, Flugzeuge, Luftaufklärungssystem, Luftbetankung, Bodengeräte, Atemmasken: 7,1% Munition für Gewehre, Revolver, Pistolen, Jagdwaffen, Sportwaffen, Flinten und Teile für Geschützmunition, Haubitzenmunition, Mörsermunition, rückstoßfreie Waffenmunition: 7,0% 208,97 Quelle: Rüstungsexportberichte der Bundesregierung 1999-2014, verfügbar auf der Website des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie http://www.bmwi.de 8\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Schaubild 1 Deutsche Rüstungsexporte, 1999–2014 1400 1200 Millionen Euro 1000 800 600 400 200 0 Tabelle 2 Auszug aus dem Waffenhandelsregister von SIPRI, Lieferungen aus Deutschland nach Saudi-Arabien 2000-2014 Anzahl Bezeichnung Waffenkategorie Bestell- Liefer- Bisher Kommentar Jahr Jahre geliefert 100 Deutz V-10 Dieselmotor (1995) 19982005 (100) (54) BF-12L413 Dieselmotor (2007) (54) (1400) IRIS-T 2009 (10) Luna (32) OM-366 Raketen für Luftabwehr Unbemanntes Luftfahrzeug Dieselmotor 20082009 20102011 20112012 20132014 (73) OM-924 Dieselmotor 2011 20132014 (73) 2010 2011 Für 100 AF-40 Schützenpanzer aus Eigenproduktion (750) (10) (32) BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 Für 32 CAESAR Selbstfahrlafetten aus Frankreich Für 73 Aravis MTWs aus 9\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Anzahl Bezeichnung Waffenkategorie Bestell- Liefer- Bisher Kommentar Jahr Jahre geliefert Frankreich (191) OM-924 Dieselmotor 2012 (33) FPB-41 Patrouillenboot 2014 2014 (150) Für 191 Aravis MTWs aus Frankreich Bezeichnung unsicher (berichtet als Patrouillenboote) Quelle: SIPRI Arms Transfers Database, http://armstrade.sipri.org/arms_trade/trade_register.php Kommentar Deutschland ist traditionell eines der Zulieferländer im Rüstungsbereich, wenn auch in geringerem Umfang als andere Staaten. Während in der Vergangenheit überwiegend Bauteile und Lizenzen für Kleinwaffen geliefert wurden, kam es in den letzten Jahren auch zur Lieferung von Teile für andere Waffensysteme, so z.B. für das britisch-deutschitalienische Kampfflugzeug Tornado. Die offiziellen Angaben belegen, dass die Bedeutung Deutschlands als Rüstungslieferant für Saudi-Arabien in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Im Sommer 2015 erteilte die Bundesregierung die Genehmigung für umfangreiche Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien, darunter unter anderem 15 deutsche Patrouillenboote. Die schwarz-gelbe Koalition hatte 2013 im Rahmen des Kriegswaffenkontrollgesetzes die Lieferung von 62 Leopard-2-Panzern und 24 Panzerhaubitzen im Wert von etwa zwei Milliarden Euro in den Golfstaat genehmigt. Sigmar Gabriel blockierte jedoch die Auslieferung und stoppte sie vorerst. Riad äußerte zudem Interesse an einem Kauf von Radpanzern des Typs „Boxer“ der deutschen Unternehmen Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall. Bislang ist nicht bekannt, ob die Auslieferung stattgefunden hat. Zuletzt sind die Rüstungsausfuhren aus Deutschland deutlich. Trotz der umstrittenen Intervention von Saudi-Arabien im Jemen, genehmigte die Bundesregierung allein im April 2015 Exporte von 100 Kleindrohnen, Funkzubehör und Ersatzteilen für gepanzerte Fahrzeuge im Wert von 12,8 Millionen Euro. In den beiden Monaten davor wurden sogar Rüstungsexporte für 16 Millionen Euro genehmigt, darunter Munition für Panzer und Pistolen im Wert von rund fünf Millionen Euro, Technik für Boden-Luft-Raketen und Panzer-Ersatzteile. 10\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Bedeutung deutscher Rüstungsexporte für das Empfängerland Tabelle 3 Absolute Höhe aller Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien 2010-2014, Mio. USD Jahr 2010 Summe 2011 1020 1215 2012 899 2013 1192 2014 2010-2014 2629 6955 2014 2010-2014 Alle Angaben in konstanten Preisen mit 1990 als Basisjahr Quelle: SIPRI Arms Transfers Database: http://armstrade.sipri.org/armstrade/page/values.php Tabelle 4 Deutsche Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien 2010-2014, Mio. USD Jahr 2010 Summe 12 2011 2012 2013 73 71 71 65 291 Alle Angaben in konstanten Preisen mit 1990 als Basisjahr Quelle: SIPRI Arms Transfer Database, http://armstrade.sipri.org/armstrade/html/export_values.php Schaubild 2 Wichtigste Lieferanten der Rüstungsgüter 2010-2014, Mio. USD 3000 2500 2530 2445 2000 1500 1000 426 500 392 291 193 178 166 159 0 UK USA Frankreich Spanien Deutschland Kanada Schweiz Schweden Türkei Alle Angaben in konstanten Preisen mit 1990 als Basisjahr Quelle: SIPRI Arms Transfer Database, http://armstrade.sipri.org/armstrade/html/export_values.php Kommentar zu den Waffenkäufen Laut SIPRI-Datenbank (Stand März 2015) nahm Saudi-Arabien im Zeitraum zwischen 2010 und 2014 die 2. Stelle unter den weltweiten Waffenimporteuren ein. Ein erhebli- BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 11\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN cher Anteil – rund ein Drittel – der Gesamtimporte des Landes besteht aus Waffensystemen. Hauptlieferant der Rüstungsgüter waren lange Zeit die USA, dicht gefolgt von Großbritannien. In den Jahren zwischen 2007 und 2011 ist Großbritannien hingegen zum wichtigsten Rüstungsexporteur nach Saudi-Arabien aufgestiegen. Es ist davon auszugehen, dass das vom US-Kongress abgesegnete Rüstungsgeschäft im Umfang von geschätzten 60 Milliarden US-Dollar in den nächsten zehn Jahren die USA erneut zum wichtigsten Rüstungslieferant für Saudi-Arabien machen wird. Dennoch wird es auch für die USA und europäische Staaten in Zukunft schwieriger, da Riad inzwischen mit Moskau ebenfalls eine Vereinbarung zu einer engeren Rüstungskooperation unterzeichnet hat. Ende 2013 hat Saudi-Arabien einen Vertrag mit Lockheed Martin im Gesamtwert von 181 Millionen US-Dollar über den Kauf von zwei KC-130J Transportflugzeug geschlossen, die bis April 2016 ausgeliefert werden sollen. Zusätzliche Beschaffungen könnten folgen, da die saudische Luftwaffe weiteren Bedarf angemeldet hat. Militärausgaben Tabelle 5 Absolute Militärausgaben und Anteil am BIP (Mio. USD) Militärausgaben (in Millionen US-Dollar) Anteil am BIP (in Prozent) Anteil an Staatsausgaben* (in Prozent) 2010 2011 2012 2013 2014 47879 48531 54913 62933 73717 8,6 7,2 7,7 9,0 10,4 23,6 20,4 21,7 23,7 25,9 Angaben in konstanten Preisen mit 2011 als Basisjahr. Quelle: SIPRI Military Expenditure Database *Daten über den Anteil der Militärausgaben an den Staatsausgaben sind kritisch zu betrachten. Lückenhafte und unzureichende Daten lassen eine genaue Abbildung nur bedingt zu. 12\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Schaubild 3 Absolute Militärausgaben, Trend 2005 – 2014 in Mio. USD 80000 70000 60000 50000 40000 30000 20000 10000 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Angaben in konstanten Preisen USD mit dem Basisjahr 2011 Quelle: SIPRI Arms Transfers Database Schaubild 4 Anteil der Militärausgaben am BIP, Trend 2005 – 2014 (in Prozent) 12,0 10,0 8,0 6,0 4,0 2,0 0,0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Angaben in konstanten Preisen mit 2011 als Basisjahr. Quelle: SIPRI Military Expenditure Database BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 13\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Lokale Rüstungsindustrie Saudi-Arabien verfügt über eine relativ kleine Rüstungsindustrie, welche, wie die meisten Industriezweige, stark abhängig von ausländischen Spezialisten ist. Die Kleinwaffenfabrik in Al Kharj produziert in Lizenz Gewehre, Maschinengewehre und Munition US-amerikanischer (M1 und M16, Munition für M60 Maschinengewehre) und deutscher Bauart (Heckler & Koch G3 und seit 2008 auch G36). Al Kharj produziert auch Handgranaten spanischer Bauart in Lizenz. 2001 machte das Unternehmen seinen Plan publik, zusammen mit der Pakistan Ordnance Factory ein „joint venture“ einzugehen, um weitere Kleinwaffenmodelle, größtenteils Heckler & Koch-Modelle, in Lizenz herzustellen. Durch „Offset“-Geschäfte mit einem von Boeing geführten Konsortium entstanden Flugzeugreparatur- und Wartungskapazitäten in Riad. Über „Offset-Geschäfte“ mit der britischen BAE-Gruppe entstanden in den frühen 1990er Jahren eine britischamerikanische Fabrik zur Montage von Lenkwaffen für Tornado Kampfflugzeuge sowie eine Anlage für Schwertransporter. Auch über Produktionskapazitäten zur Herstellung von gepanzerten Mannschaftstransportern und Schützenpanzern verfügt Saudi-Arabien. Sowohl der Al-Fahd Schützenpanzer als auch Al-Faris 8-400 Mannschaftstransporter werden von dem Abdallah Al Faris Unternehmen mit Sitz in Dammam hergestellt. Streitkräftestruktur Wehrpflicht: Nein Box 1 Gesamtstärke der Streitkräfte 227.000 aktiv, davon: Heer: 75.000 Marine: 13.500 Luftwaffe: 20.000 Luftverteidigung: 16.000 Strategische Raketentruppen: 2.500 Nationalgarde: 100.000 Paramilitärische Einheiten: 24.500, davon: Grenzschutz: 10.500 Küstenwache: 4.500 Sicherheitskräfte (Facilities): 9.000 Zivilschutzeinheiten Spezialeinheiten: 500 Quelle: IISS Military Balance 2015 14\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Tabelle 6 Stärke der Streitkräfte, Trend 2006–2014 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Aktive in 1.000 (IISS) 224,5 224 221,5 233,5 233,5 233,5 233,5 233,5 227 Soldaten auf 1.000 Einwohner (BICC Berechnungen) 9,3 9,1 8,8 9,1 9,0 9,0 8,3 8,3 7,87 Quellen: IISS Military Balance, 2007-2015, World Bank Kommentar Die Streitkräfte Saudi-Arabiens gehören formal gesehen zu den stärksten und am besten ausgerüsteten der Region und sind qualitativ mit moderneren Waffensystemen und quantitativ in Stückzahl und Mannstärke vielen Nachbarstaaten überlegen. Auch die Militärausgaben übersteigen die der Nachbarn deutlich. Der 2. Golfkrieg von 1990/91 offenbarte jedoch die Schwächen der saudischen Streitkräfte. Die, ihrem Selbstverständnis nach, Beschützer der heiligsten Stätten des Islam (Mekka und Medina) waren nicht in der Lage, ihr Land gegen eine mögliche Aggression seitens des Irak zu beschützen und mussten sich auf die Koalitionstruppen unter US-amerikanischer Führung verlassen. Die Streitkräfte sind traditionell abhängig einerseits von ausländischen Söldnern (meist aus Südasien) und ausländischen Ausbildern (meist Briten, Franzosen und USAmerikanern). Der Aufbau der saudischen Streitkräfte erfolgte speziell ab den 1970er Jahren hauptsächlich unter Aufsicht US-amerikanischer Berater. Bewaffnung der Streitkräfte Tabelle 7 Heer Waffenkategorien Anzahl Kommentar Schwere Panzer 1182 Davon 430 im Lager Schützenpanzer 780 Aufklärer 300 Gepanzerte Mannschaftstransporter 1423 Davon ca. 40 im Lager Artillerie 771 Davon 168 im Lager Panzerabwehr Mehr als 290 Kampfhubschrauber 15 BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 15\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Waffenkategorien Anzahl Transporthubschrauber 58 Mehrzweckhubschrauber 21 Luftabwehr Einige Radar Einige Kommentar Box 2 Nationalgarde 214 Aufklärer 648 Schützenpanzer 808 gepanzerte Mannschaftstransporter (Weitere 810 im Lager) Mehr als 359 Artilleriegeschütze Mehr als 183 Panzerabwehr 160 Luftabwehr Kommentar Das Heer ist zahlenmäßig gut ausgerüstet für einen „klassischen“ Landkrieg in der Wüste. Mit der Machtübernahme der Huthis in Sanaa führt die "arabische Koalition" unter der Führung Saudi-Arabiens seit März 2015 in Jemen Luftschläge durch. Grund dafür sind eigene Sicherheitsinteressen, nachdem die jemenitische Regierung vor dem Vormarsch der Huthis nach Riad geflohen war. Für Riad wurde der Vormarsch der HuthiRebellen auch deswegen gefährlich, da diese durch Teheran unterstützt werden. Da sich Saudi-Arabien seit Jahrzehnten im Konflikt mit dem Iran befindet, fürchtet das Land eine Art Proxy-Staat Irans südlich der eigenen Grenzen. Seitdem bombardieren Kampfjets Huthi-Stellungen, viele Zivilisten kamen ums Leben. Zudem versorgt Riad Anti-HuthiMilizen mit Waffen. Doch trotz der guten Ausrüstung leidet das saudische Heer unter Personalmangel und ist nur bedingt einsatzbereit, was sich in der großen Anzahl an eingelagerten Waffensystemen widerspiegelt. Die Waffensysteme sind größtenteils US-amerikanischer, französischer und britischer Herkunft. Interessant war der Erwerb der chinesischen CSS-2 Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von 2.600 Kilometern im Jahr 2014. Der Kauf war das erste größere Geschäft zwischen dem streng islamischen Königreich und einem sozialistischen Land und geschah anscheinend ohne Wissen des Protektors des Königreiches, den Vereinigten Staaten. Da diese Raketen auch Israel treffen könnten, übte die US-amerikanische Regierung Druck auf ihren Verbündeten aus, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten. König Fahd legte auch schriftliche Versprechen vor, dass die Raketen nicht mit chemischen Waffen bestückt würden. Das Heer ist in fünf über das Land verteilten Militärstädten stationiert. Das Königliche Leibwachen Regiment ist zwar offiziell in das reguläre Heer integriert, untersteht aber direkt dem König und verfügt über ein paralleles Kommunikationsnetzwerk. Das saudische Heer besitzt eine unbekannte 16\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Anzahl Anti-Personenminen britischer und US-amerikanischer Herkunft. Zwischen 1974 und 1975 wurden mindestens 88.286 Minen aus den USA geliefert. Die USamerikanischen Streitkräfte lagern ebenfalls eine unbekannte Anzahl von AntiPersonenminen auf saudischem Territorium. Tabelle 8 Marine Waffenkategorien Anzahl Zerstörer 3 Fregatten 4 Patrouillenboote 69 Davon: Korvetten 4 Minenboote 7 Amphibienfahrzeuge 8 Logistik und Unterstützung (Schiffe) 17 Kommentar Box 3 Marineflieger 12 Transporthubschrauber 34 Mehrzweckhubschrauber Box 4 Marineinfanterie 140 gepanzerte Mannschaftstransporter Kommentar Die saudi-arabische Marine begann 1974 mit einem extensiven Modernisierungsprogramm (Saudi Naval Expansion Program – SNEP), welches die aus wenigen Patrouillenbooten bestehende Flotte in eine schlagkräftige Seemacht umwandeln sollte, um die strategischen Seerouten im Persischen Golf und dem Roten Meer abzusichern. Das Programm wurde unter US-amerikanischer Leitung umgesetzt, die Waffensysteme wurden größtenteils in Frankreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten akquiriert. Ende 2015 wurde bekannt, dass Saudi-Arabien im Rahmen des SNEP seine Marine um vier US-amerikanische Lockheed Martin Freedom-class Schiffe erweitern will. BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 17\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Die saudische Marine kam im ersten sowie im zweiten Golfkrieg bei kleineren Seegefechten zum Einsatz. Im regionalen Vergleich ist die saudische Marine sehr stark und durch ihre Waffensysteme militärisch gut aufgestellt. Durch die Unterstützung der USA verfügt die Marine über ein umfassendes Kommando, Kontroll- und Kommunikationssystem. Angesichts der Bedrohung hat sich die Marine, trotz ihrer vergleichsweisen geringen Finanzausstattung, primär auf die U-Bootbekämpfung sowie den Schutz der Küstengewässer konzentriert. Im Sommer 2015 erteilte die Bundesregierung die Genehmigung für umfangreiche Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien, darunter unter anderem 15 deutsche Patrouillenboote vom Typ 44m. Saudi-Arabien will damit seine Offshore-Ölplattformen gegen Angriffe etwa von IS-Terroristen schützen, hieß es aus Regierungskreisen. Tabelle 9 Luftwaffe Waffenkategorien Anzahl Jagdbomber 81 Abfangjäger 180 Aufklärungsflugzeuge 14 AWACS 7 Tank- und Transportflugzeuge Mehr als 74 Ausbildungsflugzeuge 100 Transporthubschrauber 30 Mehrzweckhubschrauber 15 Raketen Einige Kommentar Davon 69 Tornados IDS aus britisch-deutsch-italienischer Produktion Davon 12 Tornado ADV aus britisch-deutsch-italienischer Produktion Davon 40 kampffähig u.a.: Sea Eagle, ALARM Box 5 Königliche Luftwaffe 24 Transportflugzeuge Mehr als 3 Transporthubschrauber 18\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Box 6 Luftabwehreinheiten 1805 Luftabwehr 1070 Geschütze 80 Radar Kommentar Wie auch das Heer und die Marine ist die Luftwaffe von der Ausrüstung her recht gut ausgestattet. Der Hauptschwerpunkt liegt bei der Luftverteidigung, wobei die Luftwaffe durchaus auch über offensive Kapazitäten verfügt. Um israelischen Bedenken dieser Kapazitäten Rechnung zu tragen, wurden zum Beispiel die E-3A AWACS in einer „abgespeckten“ Version geliefert. Laut einem Vertrag der 2006 mit Frankreich zu Stande kam, werden alle fünf AWACS in der kommenden Zeit jedoch aufgerüstet. Für Aufsehen sorgte das 2005 verkündete Project Salam im Rahmen dessen SaudiArabien 72 Eurofighter Typhoon bestellte. Im Oktober 2008 wurde der Erste fertig gestellt. Das Geschäft umfasst auch einen Anteil an Technologietransfer und den Ausbau saudischer Rüstungsindustrie. Allgemein werden durch das Geschäft die militärischen Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und Großbritannien deutlich vertieft. Die Flugzeuge sollen in einer neuen saudischen Fabrik in Kooperation zwischen BAE und Alsalam Aircraft gebaut werden. Als Ergänzung zu den Eurofightern, orderte Saudi-Arabien zu Beginn 2008 3 EADS A330 Mehrzweck Transport und Tankflugzeuge. Im Jahr 2009 hat Saudi-Arabien drei weitere A330 Mehrzweck-Tankflugzeuge vom Rüstungskonzern EADS bestellt. Das Königreich hat in der Vergangenheit seine Luftwaffe bereits unter anderem durch 84 amerikanische F-15 SA im Wert von 29 Milliarden US-Dollar inklusive Ausrüstung und Munition modernisiert und erweitert. Bis Juni 2016 soll die erste von 24 geplanten Boeing AH-6i Little Bird Helikoptern von den USA an Saudi-Arabien geliefert werden, um die Luftwaffe zu modernisieren. Des weiteren wurden Radar und Raketen sowie weitere neun Helikopter des Typs UH-60M Blackhawk bestellt. Insgesamt hat das Rüstungsgeschäft ein Volumen von geschätzten 60 Milliarden US-Dollar. Saudi-Arabien scheint zusätzlich noch 20 Transport (C-130J)- und fünf Tankflugzeuge (KC-130J) sowie Ersatzteile im Wert von ca. 6,7 Milliarden US-Dollar beschaffen zu wollen, worüber der US-Kongress noch entscheiden muss. Die Zustimmung des USKongress zu diesem Geschäft gilt jedoch als sicher. Box 7 Paramilitärische Einheiten Küstenwache: 14 Patrouillenboote, 8 Amphibienboote, 4 Logistik- und Unterstützungsschiffe Zivilschutzeinheiten: 10 Transportflugzeuge Boeing Vertol 107 Spezialeinheiten: gepanzerte Fahrzeuge (UR-416) BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 19\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Kommentar Die paramilitärischen Einheiten erfüllen mehrere Aufgaben. Da ihre Kommandostruktur separat und parallel zu jener der regulären Truppen existiert und sie nicht dem Verteidigungsminister unterstellt sind, kann man in ihnen eine Art Gegengewicht zum Militär sehen. Die Aufgaben der Nationalgarde liegen größtenteils im Inneren: dem Schutz der Ölförderanlagen im Osten des Landes und in der Aufrechterhaltung der inneren Ordnung. Während des zweiten Golfkrieges haben Einheiten der Nationalgarde auch aktiv an regulären militärischen Einsätzen gegen irakische Streitkräfte teilgenommen. Laut Berichten sollen sie sogar wesentlich aktiver und offensiver vorgegangen sein als die regulären Armee-Einheiten. Die Stammeseinheiten sind leichter bewaffnet als die reguläre Nationalgarde und bestehen aus Mitglieder von Stämmen, die traditionell loyal zum Haus al-Saud sind. Sowohl die Nationalgarde als auch die Stammeseinheiten gehen historisch auf die Ikhwan-Bruderschaft zurück, mit deren Hilfe Abd al-Aziz das Land in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts unter seiner Herrschaft vereinigte. Box 8 Peacekeeping Bahrain (GCC): ca. 1000 Nationalgarde Quelle: IISS Military Balance 2015 Die Rolle des Militärs in der Gesellschaft Das saudische Militär ist eng mit dem Herrscherhaus der al-Sauds verbunden. Ein erheblicher Teil der zivilen und militärischen Führungsriege ist mit dem herrschenden Klan verwandt. So war z.B. der Oberkommandierende der saudischen Truppen im zweiten Golfkrieg der Generalleutnant Khalid Ibn Sultan al Saud, Sohn des Verteidigungsministers und Neffe des Königs. Die saudischen Sicherheitskräfte sind ein integraler Teil des feudal-repressiven Staatsapparats. Während die Streitkräfte sich größtenteils aus Fragen der inneren Sicherheit heraushalten (außer bei extremen Notlagen), ist die Nationalgarde primär für den Zweck der Aufrechterhaltung der inneren Ordnung geschaffen. Die parallel zum regulären Militär existierenden paramilitärischen Einheiten sind jedoch auch als loyale Schutztruppe des Herrscherhauses und als Gegenmacht gegen einen möglichen Militärputsch konzipiert. Die saudischen Polizeikräfte und die religiöse Polizei („Mutawwa’in“), welche auch über mehrere tausend Freiwillige verfügt, sind für die stringente Einhaltung der saudischen Version des islamischen Rechtes zuständig, welche gegen eine erhebliche Anzahl von internationalen Rechtsnormen verstößt. 20\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Polizei und andere Sicherheitskräfte Tabelle 10 Ausgaben für öffentliche Ordnung und Sicherheit 2006 Ausgaben öffentliche Ordnung / Sicherheit - 2007 - 2008 - 2009 - 2010 - Angaben in Milliarden US-Dollar, Die Ausgaben für Sicherheit und öffentliche Ordnung wurden von nationalen Währungen in US-Dollar in jeweils aktuelle Preise umgerechnet. Quelle: IMF Government Finance Statistics Yearbook 2008 Verlässliche aktuelle Angaben zur Personalstärke der verschiedenen Polizeikräfte Saudi-Arabiens sind nicht veröffentlicht. Letzte Schätzungen stammen aus dem Jahr 2004. Die reguläre Polizei ist Teil der Public Security Forces und umfasst schätzungsweise 40.000 bewaffnete Mitglieder sowie weitere 10.000 Spezialkräfte, die Special Emergency Forces. Aufgrund ihrer Bewaffnung und Organisation können diese Kräfte auch als paramilitärisch klassifiziert werden. Unterstützt werden sie von den Mudschahidin, die wie die reguläre Polizei dem Innenministerium unterstehen, aber nur in der Region um Riad aktiv sind. Überwiegend patrouillieren die Mudschahidin nachts die Straßen Riads als eine Art religiöse Sündenpolizei. Zu ihren Aufgabenbereichen zählt aber auch die Terrorismusbekämpfung im Land. Des Weiteren gibt es eine wenig professionell organisierte Religionspolizei, die Mutawwa’in. Die Religionspolizei umfasst rund 3.500 Mitglieder. Die Kräfte sind als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für religiöse Saudi-Arabier bezeichnet worden, es gibt aber keine Angaben über ihre personelle Stärke. Mitglieder der Mutawwa’in dürfen Verdächtige nicht länger als 24 Stunden in Gewahrsam nehmen und Verhaftungen nur in Begleitung eines regulären Polizeibeamten durchführen, sind also als Hilfskräfte zu begreifen. In der Vergangenheit sind sie durch die regelmäßige Überschreitung ihrer Befugnisse aufgefallen. Der Übereifer der religiösen Polizei hat 2002 sogar zu öffentlichen Protesten und einer Zurechtweisung durch den Innenminister geführt, was in der stark regulierten Gesellschaft Seltenheitswert hat. Bis heute gilt die „Sittenpolizei“ als gefürchtet, weil ihre Moralvorstellungen fanatisch und ihre Maßnahmen oft schikanös sind. Der 10.500 Mann starke Grenzschutz, die Border Guard, wird in der Ausbildung seit 2009 durch die deutsche Bundespolizei unterstützt. Besonders die 500 Mann starken Spezialkräfte der Special Security Forces sind zum Teil mit deutschen Heckler&Koch G36 ausgestattet, welche seit 2008 in Saudi-Arabien unter Lizenz hergestellt werden. Zudem nutzen sie von Thyssen Krupp produzierte gepanzerte Fahrzeuge des Typs UR-416. Es gibt eine florierende nationale Sicherheitsbranche zur Bewachung diverser Anlagen. Eine Gesetzesnovelle aus dem Jahr 2005 legt fest, dass eine Großzahl an öffentlichen und privaten Einrichtungen bewacht werden muss, und dass diese Bewachung nur von saudi-arabischen Staatsangehörigen durchgeführt werden darf. Schätzungen zufolge sind über 50.000 Saudi-Arabier im privaten Sicherheitssektor beschäftigt. Diese Wach- BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 21\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN leute sind zur Selbstverteidigung mit einer Waffe, einem Stock und was von der zuständigen Einrichtung als regelgemäß angesehen wird, bewaffnet. Lizenzierte Wachleute sind befugt Festnahmen durchzuführen, wenn sie einen Täter auf frischer Tat ertappen. Sie müssen daraufhin umgehend die nächste Polizeiwache informieren, wobei unklar ist wie diese Vorschrift in der Praxis gehandhabt wird. 22\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Informationen nach den Kriterien des EU-Verhaltenskodex Einhaltung internationaler Verpflichtungen Tabelle 11 Mitgliedschaft in Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträgen Kurzname des Abkommens Status Quelle Chemiewaffen-Protokoll von 1928 Beigetreten SIPRI Jahrbuch Partieller atomarer Teststopp Vertrag von 1963 Nicht beigetreten SIPRI Jahrbuch Äußerer Weltraumvertrag von 1967 Beigetreten SIPRI Jahrbuch Non-Proliferationsvertrag für Nuklearwaffen von 1970 Beigetreten SIPRI Jahrbuch Vertrag zum Verbot von Massenvernichtungswaffen auf dem Meeresboden von 1972 Biologie- und Toxinwaffen-Konvention von 1975 Beigetreten SIPRI Jahrbuch Beigetreten SIPRI Jahrbuch Konvention zum Verbot der Veränderung der Umwelt zu unfriedlichen Zwecken von 1978 Konvention zum Verbot bestimmter konventioneller Waffen von 1983 Chemiewaffen-Konvention von 1997 Nicht beigetreten SIPRI Jahrbuch Beigetreten (mit Einschränkungen) Beigetreten SIPRI Jahrbuch Anti-Personenminen-Konvention (Ottawa Vertrag) von 1999 Übereinkommen über Streumunition von 2010 Nicht beigetreten SIPRI Jahrbuch Nicht beigetreten SIPRI Jahrbuch Das Internationale Waffenhandelsabkommen 2013 Nicht beigetreten SIPRI Jahrbuch SIPRI Jahrbuch Kommentar Saudi-Arabien ist zahlreichen Abrüstungsverträgen beigetreten. Problematisch ist insbesondere der Nichtbeitritt zur Anti-Personenminen-Konvention. Dieser Vertrag wird von saudischer Seite wegen der langen Grenzen des Landes sowie der instabilen Lage in der Region abgelehnt. Derzeit sind keine Sanktionen der EU und der Vereinten Nationen gegen SaudiArabien in Kraft. BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 23\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Achtung der Menschenrechte im Empfängerland Tabelle 12 Mitgliedschaft in UN-Menschenrechtsabkommen Abkommen Status Quelle Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, 1969 Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, 1976 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte, 1976 Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW), 1981 Fakultativprotokoll zum CEDAW, 2000 Beigetreten http://treaties.un.org Nicht beigetreten http://treaties.un.org Nicht beigetreten http://treaties.un.org Beigetreten http://treaties.un.org Nicht beigetreten http://treaties.un.org Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, 1987 Übereinkommen über die Rechte des Kindes, 1990 Beigetreten http://treaties.un.org Beigetreten http://treaties.un.org Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie, 2002 Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten, 2002 Beigetreten http://treaties.un.org Beigetreten http://treaties.un.org Box 9 Auszug aus dem Länderbericht des US-amerikanischen Außenministeriums zur Menschenrechtspraxis für 2014 The Kingdom of Saudi Arabia is a monarchy ruled by King Abdullah bin Abdulaziz Al Saud, who is both head of state and head of government. The government bases its legitimacy on its interpretation of sharia (Islamic law) and the 1992 Basic Law, which specifies that the rulers of the country shall be male descendants of the founder King Abdulaziz bin Abdulrahman Al Saud. The Basic Law sets out the system of governance, rights of citizens, and powers and duties of the government, and it provides that the Koran and Sunna (the traditions of the Prophet Muhammad) serve as the country’s constitution. In 2011 the country held elections on a nonparty basis for half of the 1,632 seats on the 285 municipal councils around the country. Independent polling station observers identified no irregularities with the election; however, women could not be candidates and could not vote. Authorities generally maintained effective control over the security forces. The most important human rights problems reported included citizens’ lack of the ability and legal means to change their government; pervasive restrictions on universal rights such as freedom of 24\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN expression, including on the internet, and freedom of assembly, association, movement, and religion; and a lack of equal rights for women, children, and noncitizen workers. Other human rights problems reported included abuses of detainees; overcrowding in prisons and detention centers; investigating, detaining, prosecuting, and sentencing lawyers, human rights activists, and antigovernment reformists; holding political prisoners; denial of due process; arbitrary arrest and detention; and arbitrary interference with privacy, home, and correspondence. Violence against women, trafficking in persons, and discrimination based on gender, religion, sect, race, and ethnicity were common. Lack of governmental transparency and access made it difficult to assess the magnitude of many reported human rights problems. The government identified, prosecuted, and punished a limited number of officials who committed abuses, particularly those engaged or complicit in corruption. Some members of the security forces and other senior officials reportedly committed abuses with relative impunity Quelle: United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2014 http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper Box 10 Auszug aus dem Jahresbericht von Amnesty International für 2014/2015 The government severely restricted freedoms of expression, association and assembly, and cracked down on dissent, arresting and imprisoning critics, including human rights defenders. Many received unfair trials before courts that failed to respect due process, including a special antiterrorism court that handed down death sentences. New legislation effectively equated criticism of the government and other peaceful activities with terrorism. The authorities clamped down on online activism and intimidated activists and family members who reported human rights violations. Discrimination against the Shi’a minority remained entrenched; some Shi’a activists were sentenced to death and scores received lengthy prison terms. Torture of detainees was reportedly common; courts convicted defendants on the basis of torture-tainted “confessions” and sentenced others to flogging. Women faced discrimination in law and practice, and were inadequately protected against sexual and other violence despite a new law criminalizing domestic violence. The authorities detained and summarily expelled thousands of foreign migrants, returning some to countries where they were at risk of serious human rights abuses. The authorities made extensive use of the death penalty and carried out dozens of public executions. Quelle: Amnesty International Report 2014/2015: https://www.amnesty.org/en/countries/middle-east-and-northafrica/saudi-arabia/report-saudi-arabia/ Box 11 Bewertung bürgerlicher und politischer Rechte durch Freedom House 2015 Bewertung für Saudi-Arabien auf einer Skala von 1 für völlig frei bis 7 für völlig unfrei: Bürgerliche Rechte: 7 Politische Rechte: 7 Gesamtbewertung: Nicht frei Die Bewertung des Freedom House ist subjektiv, sie beruht auf dem Urteil von Experten, deren Namen von Freedom House nicht bekannt gemacht werden. BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 25\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Box 12 Auszug aus dem Länderbericht von Freedom House 2015 Saudi Arabia tightened restrictions on dissent and freedom of speech in 2014, and intensified criminal penalties for religious beliefs that veer too far from official state orthodoxy. A sweeping 2013 “antiterrorism” law took effect in February, enabling authorities to press terrorism charges against anyone who demands reform, exposes corruption, or otherwise engages in dissent. A royal decree in April penalized atheism with up to 20 years’ imprisonment. Making use of these and other laws, authorities continued to crack down on dissidents, human rights defenders, artists, and journalists. In February and March, in the midst of growing regional tensions and concerns over Saudi citizens participating in wars in Syria and Iraq, the government criminalized “fighting in conflicts abroad” and officially designated the Muslim Brotherhood and the Saudi branch of the Shiite Islamist movement Hezbollah as terrorist organizations. Authorities also continued to target members of the country’s Shiite Muslim minority, mostly in the Eastern Province. Most notably, in October a Saudi court sentenced the prominent Shiite cleric and rights advocate Sheikh Nimr al-Nimr to death on charges of sedition. In March Muqrin bin Abd al-Aziz, a younger brother of King Abdullah, was named second in line to the throne behind Crown Prince Salman bin Abd al-Aziz, confirming the long-term succession plan.. Quelle: https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2015/saudi-arabia#.VVncUs4WnfY Kommentar Die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien ist schlecht. Jegliche Menschenrechte basieren auf islamischem Recht unter der Kontrolle des saudischen Königshauses. Grundlegende Menschen- und Bürgerrechte werden missachtet. Auch Meinungs- und Pressefreiheit werden stark unterdrückt und im Jahr 2014 weiter eingeschränkt. Gegen abweichende Meinungen ging das saudische Regime mit unerbittlicher Härte vor und nahm viele Regierungskritiker fest. Frauen werden als Bürger zweiter Klasse behandelt, so dass ihnen grundlegende Rechte wie Bewegungsfreiheit oder das Recht auf eine Ausbildung verwehrt oder nur mit Zustimmung eines männlichen Verwandten eingeräumt werden. Folter ist weit verbreitet und es gilt weiterhin die Todesstrafe. Allein 2014 wurde die Todesstrafe mindestens 87 Mal vollstreckt (2013: 79; 2012: 76). Ebenso sind harte physische Strafen (Auspeitschen, Amputationen) ein häufiges benutztes Instrument des Regimes. Im Januar 2016 kam es zu einer umstrittenen Massenexekution, bei der 47 Menschen wegen Terrorismus-Vorwürfen hingerichtet wurden. In Folge dieser Hinrichtung eskalierte der Konflikt Saudi-Arabiens mit dem Iran und es kam zu schweren Spannungen in der Golfregion. Unter den Hingerichteten war auch der prominente schiitische Geistliche und Kritiker des Königshauses, Nimr al-Nimr. Die rechtliche Lage der großen Anzahl von ausländischen Arbeitskräften ist schlecht, ebenso die Situation religiöser Minderheiten. Vor dem Hintergrund der Umbrüche in den arabischen und nordafrikanischen Ländern hat das Königshaus erneut die Versammlungs- und Redefreiheit eingeschränkt. Dennoch kann eine vorsichtige und sehr graduelle Öffnung der saudi-arabischen Regierung und Gesellschaft in Bezug auf Menschenrechtsfragen verzeichnet werden. Die aktuelle Regierung und der beratende 26\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Schurarat versuchen, das nationale Recht den wichtigsten internationalen Menschenrechtsstandards anzupassen – ein Prozess, der jedoch noch viel Zeit benötigen wird. Innere Lage im Empfängerland Box 13 Politisches System; Auszug aus dem Länderbericht des Auswärtigen Amtes (August 2015) Saudi-Arabien ist eine absolute Monarchie. Der Koran und die "Sunna" (Aussprüche und Verhaltensweisen des Propheten, die eine Art islamisches Gewohnheitsrecht ergeben) bilden die Verfassung. Das "Grundgesetz" von 1992 bestimmt die wesentlichen Merkmale von Staat und Gesellschaft: Der Islam ist Staatsreligion. Staatsoberhaupt ist der König (seit dem 23. Januar 2015 König Salman bin Abdulaziz Al Saud, vorher seit 2005 sein am 23.01.2015 verstorbener Halbbruder Abdallah). Er trägt den Titel "Hüter der beiden heiligen Stätten", womit die großen Moscheen in Mekka und Medina gemeint sind. Die Thronfolge war bis vor kurzem auf die Söhne des Staatsgründers König Abdulaziz (gest. 1953) beschränkt und erfolgte nach Senioritäts- und Eignungsprinzip. Der jetzige König Salman bin Abdulaziz Al Saud war seit dem 18. Juni 2012 bis zu seiner Amtsübernahme Kronprinz und stellvertretender Ministerpräsident gewesen. Am 26. März 2014 wurde Prinz Muqrin bin Abdulaziz mit dem neugeschaffenen Amt des "stellvertretenden Thronfolgers" betraut und seine Ernennung hierzu festgeschrieben. Als König Abdallah am 23. Januar 2015 über 90-jährig starb, wurde sein Halbbruder, der bisherige Kronprinz Salman, neuer König. Der stellvertretende Kronprinz Muqrin, jüngster lebender Sohn des Gründerkönigs, wurde im selben Moment Kronprinz. Noch am gleichen Tag wurde Innenminister Muhammad bin Naif, Enkel des Gründerkönigs, zum stellvertretenden Kronprinz ernannt. Mit der Ernennung Muhammad bin Naifs im Januar 2015 zum stellvertretenden Kronprinz wurde der Übergang zur Enkelgeneration festgeschrieben, mit der Ablösung von Kronprinz Muqrin bin Abdulaziz (nach offiziellen Angaben auf eigenen Wunsch) durch Muhammad bin Naif am 29. April 2015 wurde dieser Übergang weiter beschleunigt. Mit der parallel dazu erfolgten Ernennung des erst 30-jährigen Muhammad bin Salmans (Sohn des aktuellen Königs) zum stellvertretenden Kronprinzen wurde darüber hinaus die Thronfolge auf einen bestimmten Zweig der Familie (sog. "Sudairis" - nach einer der Ehefrauen König Abdulaziz benannt) konzentriert. Die Regierung besteht aus dem Ministerrat unter Vorsitz des Königs, der auch den Posten des Premierministers bekleidet. Schlüsselressorts wie Inneres, Verteidigung und Nationalgarde sind von wichtigen Mitgliedern der königlichen Familie besetzt. Im aktuellen Kabinett befinden sich zum ersten Mal seit langem nur noch drei Mitglieder der Königsfamilie. Seit Sommer 2015 ist mit Adel Jubair erstmals ein Nichtmitglied der Königsfamilie Außenminister. Quelle: http://www.auswaertigesamt.de/sid_A82D1B95D53610978C26020AB6878E03/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/SaudiArabien/Innenpoliti k_node.html Korruptionsindex von Transparency International - Corruption Perceptions Index 2014 Im Jahresbericht 2014 von Transparency International, für den in 175 Staaten Befragungen zur Wahrnehmung von Korruption bei Beamten und Politikern durchgeführt BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 27\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN wurden, liegt Saudi-Arabien auf Platz 55 (2013: Platz 63), zusammen mit Bahrain, Jordanien, Lesotho, Namibia und Ruanda. Deutschland liegt auf Platz 12. Quelle: http://www.transparency.org/cpi2014/results Spannungen und innere Konflikte Durch den arabischen Frühling, die Protestbewegungen in Nordafrika und weiten Teilen des Mittleren und Nahen Ostens, wurde Saudi-Arabien nur bedingt beeinflusst. Es wird weiterhin alles getan um offenen Protest, wie im März 2011 in Riad, zu unterdrücken, mit dem Ziel, die Machtposition der Regierung zu sichern. Die wachsende Anzahl an Konflikten in der Region stärkt jedoch das Bedürfnis Saudi-Arabiens die eigene Stabilität zu stärken und die Sicherheit im Land zu wahren. Im Januar 2016 eskalierte der langjährige Konflikt zwischen Iran und Saudi-Arabien und belastet seitdem die Beziehungen zwischen beiden Ländern noch stärker als vorher. Beide Länder verbindet eine tiefe Abneigung miteinander und sie ringen um die Vorherrschaft in der Region. Auslöser für die erneute Eskalation war die Massenhinrichtung von 47 Menschen unter Terrorverdacht in Saudi Arabien, darunter der schiitische Geistliche Nimr al-Nimr, welche von der iranischen Regierung als Provokation verstanden wurde. In der Folge wurde die saudische Botschaft in Teheran angegriffen und angezündet – Riad reagierte mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen. Insbesondere wegen der Konkurrenz der verschiedenen muslimischen Strömungen waren die Beziehungen beider Länder seit langem angespannt. Die Spannungen fanden nach der iranischen Revolution und während der Herrschaft von Ajatollah Khomeini ihren Höhepunkt, danach hatte sich die Lage etwas entspannt, bis Januar 2016. Saudi-Arabien fürchtet zudem, der Iran könne nach der Aufhebung der Sanktionen wieder stärker an den Ölmarkt zurückkehren und Saudi-Arabien wichtige Marktanteile streitig machen. Iran entwickelt sich aus der internationalen Isolation heraus und wird international wieder bedeutsamer. Zuletzt hatte das Land einen Atomvertrag mit den 5-plus-1- Vetomächten des UNSicherheitsrats abgeschlossen und rückt dadurch wieder stärker ins Blickfeld SaudiArabiens. Beide Länder fechten zudem Stellvertreterkriege in Syrien und im Jemen aus. Im Jemen führt Riad in einer Koalition mit anderen sunnitischen Staaten Krieg gegen die von Iran unterstützen Huthi-Rebellen. Der Kampf gegen den Jemen nach der Eroberung von Sanaa durch die schiitischen Houthis und dem Widererstarken von al-Qaida erneut aufgeflammt, eine Stabilisierung scheint derzeit unwahrscheinlich. 2015 hatten die Aufständischen im Jemen die Übergangsregierung aus Sanaa vertrieben und große Teile des Landes erobert. Seit Beginn der saudischen Luftschläge im Jemen bis Ende November 2015 wurden dort rund 5000 Menschen getötet und weitere 20.000 verletzt. In Syrien strebt der Iran eine Lösung des Konflikts unter Einbindung Bashar al-Assads an, während sich Saudi-Arabien seit 2011 als Wortführer für eine Ablösung des syrischen Präsidenten und erster Unterstützer der syrischen Opposition sieht. Ein weiteres Problem besteht in der Ablehnung des als korrupt gesehenen Herrscherhauses und dessen Bündnisses mit den USA durch nicht unbeachtliche Teile der saudischen Mittelschicht zu sein. Dies drückt sich durch den Ruf nach demokratischen Reformen, aber auch durch eine Hinwendung zum radikalen politischen Islamismus aus. Als ein starkes Indiz hierfür kann die Tatsache gelten, dass 15 der 19 mutmaßlichen Terroristen vom 11. September aus der saudischen Mittel- und Oberschicht stammten. 28\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Nach der Besetzung des Irak durch die USA ist es in Saudi-Arabien vermehrt zu gewaltsamen Anschlägen auf staatliche Behörden und aus dem Westen stammende Ausländer gekommen. Hinter den Anschlägen steckten vermutlich Angehörige radikalislamistischer Organisationen, deren Ansichten auch bei den saudischen Streitkräften Anhänger gefunden haben. Die saudische Regierung sieht den hohen Ausländeranteil in Saudi-Arabien (von den 23 Millionen Einwohnern sind etwa sechs Millionen legal im Land lebende Ausländer, meist aus anderen arabische Staaten) als einen potentiellen Unruhefaktor. Man vermutet, dass verbotene politische Organisationen unter den Ausländern aktiv sind. Während des 2. Golfkrieges wurden rund eine Million Palästinenser, Jemeniten und Iraker ausgewiesen, da sie als politisch suspekt galten. Die Diskriminierung von Ausländern ist in Saudi-Arabien keine Seltenheit. Das feudale Regime Saudi-Arabiens, welches bisher mittels großzügiger Ausgaben einerseits und Repression andererseits eine hohe Stabilität im Lande garantierte, steht nun erneut vor einer ernsten Krise: Zum einen erlebt der Ölpreis einen Rekordverfall, zum anderen steht dem Regime mit dem Islamischen Staats zum ersten Mal seit langem ein entschlossener und starker sunnitischer Gegner gegenüber. Das Verhältnis des Landes zu den USA bleibt trotz der Besuche von US-Präsident Obama im März 2014 und im Januar und dem Treffen Obamas mit den Vertretern der Golfstaaten im Mai 2015 in King David ambivalent. Einerseits bleiben die Grundlagen der Allianz stabil, da Saudi-Arabien weitgehend vom militärischen Schutz der USA und amerikanischen Rüstungslieferungen abhängig ist und die USA Saudi-Arabien als wichtigen Partner im Nahen Osten ansehen. Andererseits gibt es in mehreren außenpolitischen Feldern (Syrien, Ägypten, Iran) grundsätzliche Meinungsunterschiede. Erhaltung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in der Region Geographische Lage Saudi-Arabien umfasst mit 2,15 Millionen km² rund 80 Prozent der arabischen Halbinsel. Es grenzt im Norden an Jordanien, Irak und Kuwait, im Süden an Jemen und Oman, südöstlich an Katar und die VAE. Östlich grenzt Saudi-Arabien an den Persischen Golf, westlich an das Rote Meer. Als weltgrößter Erdölproduzent und durch die dominante Lage in der weltweit größten Erdöl- und Erdgasförderregion der Welt, gilt es als äußerst wichtiger strategischer Partner. Zudem liegt das Land an bzw. in der unmittelbaren Nähe von drei Nadelöhrstellen des internationalen Schiffsverkehrs (Straße von Hormuz, Suezkanal, Bab al-Mandeb). Politische Situation in der Region Die politische Lage in der Golfregion ist angespannt. Neben dem arabisch-israelischen Konflikt der einen großen Einfluss auf die innenpolitischen Entwicklungen der Golfstaaten hat, existieren zahlreiche bilaterale Konflikte, wie beispielsweise zwischen SaudiArabien und dem Iran sowie Saudi-Arabien und dem Jemen (siehe oben). In vielen Staaten der Region wird die Legitimität der oft repressiven Regimes zunehmend durch radikal-islamistische Bewegungen in Frage gestellt. Die Region gilt als „Heimatgegend“ mehrerer international agierender Terrororganisationen. Besonders al-Qaida hatte mit ih- BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 29\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN rem nun verstorbenen Oberhaupt Osama bin Laden, der saudischer Herkunft ist, eine sehr starke saudi-arabische Komponente. Sein Nachfolger wird höchst wahrscheinlich der Ägypter Aiman Az-Zawahiri. Saudi-Arabien ist Mitglied des Rates für Zusammenarbeit im Golf (Gulf Cooperation Council), der 1981 vorrangig zur Verbesserung der militärischen Kooperation zwischen den arabischen Staaten am Arabischen Golf nach der iranischen Revolution gegründet wurde. Faktoren wie bestehende politische Rivalitäten zwischen den GCC-Staaten, Unwilligkeit, Kontrolle an ein zwischenstaatliches Organ wie den GCC abzugeben, eigenständige, nicht abgesprochene Waffenbeschaffungsprogramme sowie unterschiedliche militärische Strukturen und Verfahren haben zu mangelnder Interoperabilität zwischen den Streitkräften geführt. Gemeinsame Logistik und Infrastruktur existieren nur in Ansätzen (z.B. ein gemeinsames Radarwarnsystem), gemeinsame Übungen sind selten. Allerdings ist nun eine saudisch dominierte Truppe im Rahmen der GCC-Kooperation in Bahrain eingerückt, da die Mitglieder des Kooperationsrates einen starken Zusammenhalt bei der Bekämpfung von innenpolitischen Feinden in der anhaltenden Krise vereinbart haben. Das Verhältnis der GCC-Staaten zum Iran bleibt gespannt. Die Entwicklungen im Nahostkonflikt und im Irak sind für Saudi-Arabien von großer Bedeutung. Die Palästinenserfrage ist eng mit der Glaubwürdigkeit und Legitimation im eigenen Land verknüpft, der zunehmende Einfluss der schiitischen Mehrheit im Irak und deren Kontakte zu Iran werden mit Sorge beobachtet. Mit Iran existiert ein traditionell gespanntes Verhältnis, da eine Rivalität um die regionale Hegemonie in der Golfregion besteht. Saudi-Arabien beansprucht die religiöse Führung der Umma für sich, nicht zuletzt wegen den zwei heiligsten Stätten des Islam - Mekka und Medina - die sich auf saudiarabischem Staatsgebiet befinden. Grenzkonflikte Saudi-Arabien hat aufgrund unklarer Grenzverhältnisse spannungsgeladene Beziehungen zu seinen Nachbarn Jemen und VAE. Die Grenzziehung zwischen Jemen und Saudi-Arabien ist gänzlich ungeklärt, zwischen den VAE und Saudi-Arabien besteht eine de-facto Regelung. An der saudisch-jemenitischen Grenze kommt es immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der saudischen Regierung und schiitischen al-Houthi Rebellen aus dem Jemen. Zuletzt hat Jordanien zur Unterstützung SaudiArabiens einige hundert Spezialkräfte an die Grenze verlegt. In dem Konflikt wird saudisches Territorium von Katjuscha Raketen beschossen, während das saudische Militär mit massiven Luftangriffen antwortet. In den letzten Jahren sind mehrere hundert Menschen dem Konflikt zum Opfer gefallen. Eine Lösung scheint derzeit nicht in Sicht. Regionale Rüstungskontrolle In den vergangenen Jahrzehnten gab es zahlreiche Versuche, regionale Rüstungskontrollmechanismen im Nahen und Mittleren Osten zu etablieren. Sie sind jedoch immer wieder an den zahlreichen Konflikten in der Region, zuvorderst dem arabischisraelischen Konflikt, gescheitert. Die Abwesenheit von Frieden in der Region ist für viele Staaten eines der wesentlichen Hindernisse, in Beratungen über regionale Rüstungskontrollen und Verhandlungen über eine Massenvernichtungswaffenfreie Zone im Na- 30\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN hen und Mittleren Osten einzusteigen. Die Etablierung einer solchen Zone wird seit Jahrzehnten besonders von den USA gefördert. Bis heute konnten sich die Staaten des Nahen und Mittleren Ostens jedoch nicht auf regionale Rüstungskontrollabkommen zur Regulierung von Massenvernichtungswaffen und konventionellen Waffen einigen. Bedrohung von Alliierten Stationierung alliierter Streitkräfte in der Region Die USA haben einen zentralen Kommandostützpunkt in Saudi-Arabien eingerichtet. Dieser umfasst 350 Soldaten. Kommentar Die Präsenz US-amerikanischer Truppen im Lande führt in dreierlei Hinsicht zu schwerwiegenden politischen Problemen für die saudische Regierung. Erstens zeigt es die inhärente Schwäche des eigenen Militärapparates: trotz aller Ölmilliarden, die in Waffenkäufe gesteckt worden sind, konnten die saudischen Kräfte die gewalttätigen Demonstrationen radikal-schiitischer Pilger in Mekka 1979 und 1987 nur unter erheblichen Schwierigkeiten unter Kontrolle bringen. Nach der irakischen Invasion Kuwaits 1990 wurden ausländische Truppen ins Land geholt, um es gegen einen möglichen Angriff Iraks zu verteidigen. Zweitens wird die Stationierung „ungläubiger“ Truppen im Land der zwei heiligsten Stätten des Islam von militanten radikal-islamistischen Gruppen, z.B. der Al-Qaida, als ein Affront und als einer der Hauptgründe für ihren extremen Anti-Amerikanismus zitiert. Drittens bringt die Benutzung saudischer Stützpunkte zur Unterstützung der US-Besatzungstruppen im Irak die saudische Regierung in eine schwierige Zwangslage zwischen der zunehmend ungeduldigen Schutzmacht USA, der eigenen Bevölkerung und der breiteren arabischen Öffentlichkeit. Gefahr von Technologiepiraterie Laut einer Studie der Business Software Alliance (BSA) betrug die Piraterie-Rate von Software in Saudi-Arabien 50 Prozent im Jahre 2013, und ist damit im Vergleich zu den Vorjahren beinahe gleichgeblieben (2007-2011: 51 Prozent). Im Vergleich zu anderen Staaten Nordafrikas und des Nahen Ostens, befindet sich Saudi-Arabien damit im hinteren Mittelfeld. Der aus der Technologiepiraterie entstandene wirtschaftliche Schaden belief sich nach BSA-Angaben im Jahr 2013 auf geschätzte 421 Millionen US-Dollar und ist damit geringer als im Jahr 2011 (Schaden: 449 Mio. USD). Quelle: Business Software Alliance (BSA), Global Software Piracy Study 2013 BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 31\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Verhalten in der internationalen Gemeinschaft Box 14 Verhalten in der internationalen Gemeinschaft laut der Zusammenfassung des Auswärtigen Amtes (August 2015) Im Kontext der Umwälzungen in der arabischen Welt sind Bewahrung von Sicherheit und Stabilität im eigenen Land und in der Region und die Eindämmung des Einflusses Irans die Konstanten der saudi-arabischen Außenpolitik. Darüber hinaus sieht sich das Königreich auch als Verfechter sunnitischer (z.B. in Libanon, Bahrain und Jemen) und muslimischer Interessen (z.B. im Nahostkonflikt). Dabei nutzt das Königreich seine Stellung als Energieriese und als globales und regionales Wirtschaftszentrum, aber auch seine gewichtige Stimme und Stellung in der islamischen Welt (SaudiArabien als geographischer Ursprungsort des Islams, der König als "Hüter der beiden heiligen Stätten"). Sein Verhältnis zum politischen Islam (Muslimbrüder etc.) hat Saudi-Arabien seit der Regierungsübernahme durch König Salman pragmatischer gestaltet und entspannt. War die Politik Saudi-Arabiens in der Region zu Beginn des arabischen Frühlings überwiegend reaktiv, so hat Saudi-Arabien in den letzten Jahren seine Politik deutlich aktiver gestaltet, seine Mittel schrittweise ausgeweitet und eine Führungsposition in der arabisch-sunnitischen Welt übernommen. Im Sommer 2013 stützte der saudische Staat in enger Abstimmung mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) die neu an die Macht gelangte ägyptische Regierung unter Sisi massiv politisch und finanziell. Damit stärkte Riad den Anti-Muslimbruderschaft-Kurs der Regierung Sisi und trug somit indirekt zu deren Schwächung durch die ägyptische Regierung bei. Des Weiteren sieht sich Saudi-Arabien seit 2011 als Wortführer für eine Ablösung des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad und erster Unterstützer der syrischen Opposition. Den bisherigen Höhepunkt der proaktiven saudischen Politik stellt das militärische Eingreifen in den innerjemenitischen Konflikt an Seiten der Regierung des gewählten Präsidenten Hadi im März 2015 dar. Das Königreich SaudiArabien hat sich an die Spitze einer von ihm selbst zusammengestellten Koalition sunnitischarabischer Staaten gestellt, um die zaiditisch-schiitischen Houthi-Rebellen zu bekämpfen und zurückzudrängen, zuerst mit Hilfe von Luftschlägen, seit Sommer auch mithilfe von begrenzten Bodenoperationen. Die Umbrüche und Konflikte in der arabischen Welt und im Nahen Osten werden in erster Linie als Bedrohung der eigenen Stabilität und Sicherheit gesehen. Hauptziel der Politik der saudiarabischen Regierung ist es, das eigene Land stabil und sicher zu halten. Dabei bringt SaudiArabien sein Gewicht als Regionalmacht im Rahmen des Golfkooperationsrates (GKR) zur Geltung und versucht dessen weitere Integration zu einer Staatenunion (beschlossen im Dezember 2011) voranzutreiben. Die praktischen Implikationen und auch die wirtschaftliche Integration bleiben angesichts der nach wie vor bestehenden Divergenzen zwischen den GKR-Staaten aber gering. Saudi-Arabien sieht sich unabhängig davon als Wahrer der Einheit des GKR und vermittelte zuletzt mit Kuwait erfolgreich in einem Streit zwischen den Emiraten und Katar. Der Anspruch auf religiöse Führung in der islamischen Umma (Gemeinschaft der Gläubigen aller islamischen Glaubensrichtungen) besteht fort. Im August 2012 empfing der damalige König Abdallah mehr als 35 Staats- und Regierungschefs von Mitgliedsstaaten der Organisation der Islamischen Zusammenarbeit (OIC) zu einem Sondergipfel der Islamischen Solidarität, bei dem er zur Islamischen Einheit und Überwindung der Spaltung aufrief. Neuer Generalsekretär der OIC ist seit 1. Januar 2014 ebenfalls ein Saudi, der frühere Kultur- und Medienminister Iyad Madani. Zur För- 32\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN derung der weltweiten Verbreitung des Islam wird ein breites Instrumentarium internationaler islamischer Organisationen (darunter Muslim World League) und privater Wohltätigkeitsgesellschaften (beispielsweise World Assembly of Muslim Youth) unterstützt. Nachdem Missionierungstätigkeiten saudi-arabischer Organisationen im Rahmen der Anti-Terrorismusdebatte zunehmend kritisch hinterfragt werden, ist die Regierung offiziell um eine stärkere Kontrolle dieser Aktivitäten bemüht. http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/SaudiArabien/Aussenpolitik_node.html Tabelle 13 Beitritt zu wichtigen Anti-Terrorismus-Abkommen Abkommen Status Quelle Konvention zur Unterdrückung von Flugzeugentführungen von 1971 Konvention zum Schutz bestimmter Personen, einschließlich Diplomaten von 1977 Internationale Konvention gegen Geiselnahmen von 1983 Konvention zum physischen Schutz nuklearen Materials von 1987 Konventionen zur Markierung von Plastiksprengstoff von 1998 Internationale Konvention zur Unterdrückung terroristischer Bombenanschläge von 2001 Internationale Konvention zur Unterdrückung der Finanzierung terroristischer Organisationen von 2002 Internationale Konvention zur Unterdrückung von Handlungen des Nuklear-Terrorismus von 2007 Beigetreten (mit Einschränkungen) Beigetreten http://www.icao.int Beigetreten http://treaties.un.org Beigetreten (mit Einschränkungen) Beigetreten (unter Vorbehalt) Beigetreten http://www.iaea.org Beigetreten http://treaties.un.org Beigetreten http://treaties.un.org http://treaties.un.org http://www.icao.int http://treaties.un.org Kommentar Der 11. September 2001 ist in mehrfacher Hinsicht eng mit Saudi-Arabien verbunden: Der mutmaßliche Drahtzieher, Osama bin Laden, war ein saudi-arabischer Geschäftsmann der zum „Gotteskrieger“ geworden ist. Zudem waren 15 der 19 Flugzeugentführer saudische Staatsbürger, die möglicherweise mit saudischen Geldern finanziert worden sind. Eine der zentralen Forderungen al-Qaidas war der Abzug der US-amerikanischen Einheiten aus Saudi-Arabien. Seither üben die USA einen starken Druck auf SaudiArabien aus, den Terrorismus zu unterbinden. Das Finanzieren von bewaffneten Gruppen durch private oder öffentliche saudische Gelder geht bis in die 1970er Jahre zurück. Teilweise, wie im Falle der Mudjahedin in Afghanistan, der muslimischen Einheiten im Bosnienkrieg oder der Contra in Nicaragua – geschah dies mit der expliziten Unterstützung der USA. Es gibt auch Berichte, wonach saudisches Geld als Belohnung für palästinensische Selbstmordattentäter deren Familien zur Verfügung gestellt wird. Saudi-Arabien war mit Pakistan und den Vereinigten Arabischen Emiraten eines von drei Ländern, welche das Taliban-Regime in Afghanistan anerkannten. BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 33\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Internationale Kriminalität Tabelle 14 Beitritt zu internationalen Abkommen in der Kriminalitätsbekämpfung Abkommen Status Quelle Konvention gegen Transnationale Organisierte Kriminalität von 2003 Zusatzprotokoll (a) zur Unterdrückung von Menschenhandel (2003) Zusatzprotokoll (b) gegen den Schmuggel von Auswanderern (2004) Zusatzprotokoll (c) gegen die unerlaubte Herstellung und den Transport von Feuerwaffen (2005) Beigetreten http://treaties.un.org Beigetreten http://treaties.un.org Beigetreten http://treaties.un.org Beigetreten http://treaties.un.org Kommentar Die sehr restriktive Einreisepolitik Saudi-Arabiens macht das Land für die internationale Kriminalität eher unattraktiv. Es gibt jedoch durchaus Anzeichen, dass saudische Geschäftsleute und saudisches Geld eine nicht unbedeutende Rolle in der internationalen Kriminalität spielen. Dies kann entweder indirekt geschehen, z.B. die saudi-arabische finanzielle Unterstützung für afghanische Gruppen, welche am Drogen- und Waffenhandel beteiligt sind, oder auch direkt, wie im Falle des Menschenhandels. Saudi-Arabien gilt laut US Außenministerium als eines der „Hauptempfängerländer“ im Handel mit Frauen und Kindern. Diese kommen meist aus Süd- und Südostasien oder Ostafrika. Tabelle 15 Ausgewählte völkerrechtliche Vereinbarungen Abkommen Status Quelle Völkermord-Konvention von 1951 Beigetreten SIPRI Jahrbuch Genfer Konvention zum Schutz von Zivilisten in Kriegszeiten von 1950 Zusatzprotokolle zur Genfer Konvention von 1950 zum Schutz von Opfern in bewaffneten Konflikten von 1978 Internationaler Strafgerichtshof (Römisches Statut) von 2002 Anti-Korruptions-Konvention von 2005 Beigetreten SIPRI Jahrbuch Beigetreten SIPRI Jahrbuch Nicht beigetreten http://treaties.un.org Unterzeichnet, nicht ratifiziert http://treaties.un.org UN-Berichterstattung Saudi-Arabien boykottierte zum wiederholten Male, zusammen mit den meisten anderen arabischen Staaten, das von der UN initiierte Waffenregister. Hintergrund hierfür 34\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN sind unter anderem die nicht vorgesehenen Angaben über Massenvernichtungswaffen, die aber im Hinblick auf Israel für die arabischen Staaten von großer Bedeutung sind. Dieser Boykott, im Falle von Saudi-Arabien, eines der größten Waffen-Einkäufer des Nahen Ostens, minimiert zweifellos die Bedeutung des Waffenregisters als vertrauensbildende Maßnahme in der Region. Auch im Rahmen der Berichterstattung über Militärausgaben an die Vereinten Nationen übermittelt Saudi-Arabien keine Daten. Unerlaubte Wiederausfuhr Die Informationslage bezüglich geltender Waffenexportkontrollen ist unbefriedigend, da beispielsweise Informationen über einschlägige Gesetze oder authentifizierte Endverbraucherzertifikate schlichtweg nicht erhältlich sind. Die größte Gefahr bei der unerlaubten Wiederausfuhr liegt im Bereich der Kleinwaffen, welche im Land in Lizenz produziert werden. Erst 2015 wurde ein gravierender Fall unerlaubter Waffenausfuhr bekannt, als SaudiArabien Waffen als Unterstützung für Milizen, die gegen die Huthi-Rebellen kämpfen, an den Jemen lieferte. Dabei handelte es sich um deutsche Heckler & Koch G36Sturmgewehre, die die staatseigene saudi-arabische Rüstungsfirma MIC in Lizenz produziert. Die deutsche Bundesregierung hatte 2008 dem saudischen Regime eine Lizenz zur Produktion dieser Waffen erteilt, allerdings nur für den Eigenbedarf. Mit diesem Fall wurde eine brisante Lücke bei der Kontrolle deutscher Rüstungsexporte deutlich. Der Endverbleib von deutschem Kriegsgerät in den Empfängerländern ist kaum kontrollierbar, stattdessen wird auf die Eigenverantwortung der Empfänger der Waffen und Rüstungsgüter gesetzt, die eine Endverbleibserklärung unterzeichnen. Darin muss der Käufer schriftlich versichern, dass er weder aus Deutschland importierte noch mit deutschen Lizenzen gefertigte Waffen weiterverkauft. Im Falle Saudi-Arabiens wurde die Endverbleibserklärung missachtet. Eine „physische Kontrolle“ der Endverbleibskotrolle sei jedoch laut Wirtschaftsministerium nicht möglich. Die Produktion deutscher Waffen in Saudi-Arabien ist jedoch auch abhängig von der im Rahmen strikter Einzelfallprüfung genehmigten Zulieferung von Schlüsselkomponenten aus Deutschland. Seit der Erteilung der Lizenz hat Heckler & Koch Teile für mehr als 20.000 G36-Gewehre in den Wüstenstaat geliefert. Mitte 2014 geriet das Geschäft jedoch ins Stocken und es ist keine Ausfuhrgenehmigung für Komponenten der G36-Produktion in Saudi-Arabien mehr erteilt worden. Experten bezweifeln allerdings, dass SaudiArabien für die Produktion des G36 zwangsläufig deutsche Teile benötigt. Zudem wurde die Fabrik errichtet, die Maschinen justiert, die Ingenieure und Arbeiter eingewiesen – die Produktion in Saudi-Arabien funktioniert folglich. Heckler & Koch und die Bundesregierung haben demnach keinen Einfluss mehr auf die Produktion des G36 in Saudi-Arabien. Berichten des Spiegels zufolge wurde zwar 2008 vor der Lieferung der deutschen Waffenfabrik nach Saudi-Arabien eine sogenannte Erklärung des Königshauses eingeholt, dass die Lizenzwaffen nur zum Eigenbedarf produziert werden. Eine "Vor-Ort-Kontrolle" des Versprechens allerdings würde die Zustimmung des Königreichs voraussetzen - eine solche liege aber nicht vor. Das Problem wird zusätzlich dadurch verkompliziert, dass saudische Flugzeuge im April 2015 offensichtlich Kisten mit G3-Gewehren über dem Flughafen von Aden im Jemen abwarfen. Sie waren zur Bewaffnung von Milizen im Kampf gegen die Huthi- BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 35\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Rebellen gedacht. Wie bei den G36 war vereinbart worden, dass Saudi-Arabien die G3 ebenfalls nur für den Eigenbedarf herstellt. Die Menschenrechtslage im Land sowie Fälle wie die des Bloggers Raif Badawi tragen zusätzlich dazu bei, dass Lieferungen deutscher Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien stark umstritten sind. Dennoch genehmigt die Bundesregierung auch weiterhin millionenschwere Waffenlieferungen an Saudi-Arabien – allein im April 2015 winkte Berlin Exporte von 100 Kleindrohnen, Funkzubehör und Ersatzteilen für gepanzerte Fahrzeuge im Wert von 12,8 Millionen Euro durch. Des Weiteren wurden in den vergangenen Jahren zahlreichen Fälle bekannt, in denen Waffen illegal von privaten Waffenhändlern über die saudisch-jemenitische Grenze in den Jemen ausgeliefert wurden. Von dort werden viele der Waffen weiter nach Somalia gebracht. Wirtschaftliche und technische Kapazität des Landes Box 15 Auszug aus dem Länderbericht des Auswärtigen Amtes (Februar 2015) Saudi-Arabien ist die größte Volkswirtschaft im arabischen Raum. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) betrug im Jahr 2014 knapp 752,5 Milliarden US-Dollar (real). Für 2015 wird mit einem Wachstum von ca. 3,0 Prozent gerechnet. Das Land ist einer der weltgrößten Erdölproduzenten und weltweit größter Erdölexporteur. Dadurch ist es stark von der Entwicklung auf dem Erdölmarkt abhängig. Die Tagesproduktion betrug in den Jahren 2011-2013 zwischen 9,5 und 11 Millionen Barrel, mit einer Produktionsreserve von weiteren 2,5 Millionen Barrel/Tag, die stufenweise innerhalb von Tagen bis Wochen aktiviert werden kann. Damit ist es Saudi-Arabien möglich, Produktionsausfälle anderer Lieferanten - wie in der Vergangenheit u. a. im Falle Iraks oder Libyens – aufzufangen. Saudi-Arabien erwirtschaftete in den letzten Jahren regelmäßig Überschüsse. Die Devisenreserven betrugen im März 2015 697,55 Milliarden US-Dollar. Für 2015 budgetierte die saudische Regierung einen um 0,6 Prozent größeren Haushalt als für 2014 mit einem Defizit von knapp 39 Milliarden Euro. Es ist jedoch nicht bekannt, auf der Grundlage welchen Ölpreises der Haushalt berechnet wurde. Aktuelle Schätzungen gehen von einem deutlich größeren Haushaltsdefizit aus. Die Staatsverschuldung betrug Ende 2014 etwa 1,6 Prozent des BIP, könnte sich aber bis Ende des Jahres auf fast 10 Prozent ausdehnen. Die Inflationsrate betrug 2013 etwa 3,7 Prozent, 2014 lag sie bei 2,7 Prozent, im Juni 2015 bei knapp 2,2 Prozent. Inflationsängste angesichts der hohen Einnahmen haben sich somit als unbegründet erwiesen. Arbeitsmarkt. Die offizielle Arbeitslosenquote liegt im Januar 2015 bei knapp 5,7 Prozent, für saudische Staatsangehörige lag sie Ende 2014 bei 11,7%. Die Arbeitslosigkeit unter Frauen ist um ein Vielfaches höher als unter Männern. Hinzu kommt, dass davon auszugehen ist, dass eine nicht unbedeutende Anzahl von Frauen gerne arbeiten würde, dies aber mangels Zustimmung ihrer Männer nicht kann und somit nicht in die Statistik miteinfließt. Hinzu kommt, dass ein extrem aufgeblähter öffentlicher Sektor zahlreiche Personen beschäftigt, für die eigentlich keine Arbeit vorhanden ist. Die Jugendarbeitslosigkeit (unter 26-Jährige) betrug Ende 2014 29 Prozent. Dies erklärt auch die hohen staatlichen Investitionen im Bildungsbereich. Die Regierung bemüht sich seit 2011 verstärkt, mehr Staatsbürger in Beschäftigung zu bringen und gleichzeitig die Zahl der ca. 6-8 Millionen ausländischen Arbeitnehmer zu verringern. Allerdings ist 36\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN der größte Teil dieser Arbeitnehmer (insbesondere aus Pakistan, Bangladesch und den Philippinen) in Niedriglohnsegmenten des privaten Sektors beschäftigt, die von der einheimischen Bevölkerung bisher gemieden wurden. Das im Dezember 2011 begonnene "Saudisierungsprogramm" (Nitaqat) sieht für jede Branche und Unternehmensgröße eine eigene "Saudisierungsquote" vor. Bei Übererfüllung der Quote werden den betroffenen Unternehmen Privilegien eingeräumt, bei Nichterfüllung weitere Auflagen gemacht. Quelle: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Jordanien/Wirtschaft_node.html Tabelle 16 Anteile Militärausgaben, Gesundheitsausgaben und Bildungsausgaben am BIP/GDP (in%) 2010 2011 2012 2013 2014 47879 48531 54913 62933 73717 Militärausgaben/BIP 8,6 7,2 7,7 9,0 10,4 Gesundheitsausgaben/BIP 4,0 4,0 3,8 3,1 - - - - - - Militärausgaben (in Millionen US-Dollar) Bildungsausgaben/BIP Angaben in konstanten Preisen mit 2011 als Basisjahr. Quelle: SIPRI Military Expenditure Database, World Bank Data (World Development Indicators) Schaubild 5 Entwicklung Anteile Militärausgaben, Gesundheitsausgaben und Bildungsausgaben am BIP/GDP in Prozent 12 10 8 Bildungsausgaben 6 Militärausgaben Gesundheitsausgaben 4 2 0 2010 2011 2012 2013 2014 Quellen: SIPRI Military Expenditure Database (Militärausgaben); World Bank Data (World Development Indicators) BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 37\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Tabelle 17 Absolute Auslandsverschuldung/Anteil am BIP und Entwicklungshilfe 2009 2010 2011 2012 2013 Auslandsverschuldung - - - - - Anteil am BIP (in Prozent) - - - - - Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA)* - - - - - Net ODA (% of GNI)* - - - - - Deutsche ODA Zahlungen* - - - - - Angaben in konstanten Mio. US$ (2010) (Auslandsverschuldung); ODA in konstanten Mio. US$ (2012); Net ODA (% of GNI) in aktuellen Preisen; Deutsche ODA Zahlungen in konstanten Mio. US$ (2012). Quelle: Weltbank, IMF, OECD* Tabelle 18 Globaler Militarisierungsindex – Wert und Platzierung Militarisierungswert Index-Platzierung 2010 2011 2012 2013 2014 732,5 712,6 722,8 727,1 734,6 20 21 20 19 17 Tabelle 19 Globaler Militarisierungsindex – Wert und Platzierung der Nachbarstaaten Irak Militarisierungswert Index-Platzierung Jemen Militarisierungswert Index-Platzierung Jordanien Militarisierungswert 2010 2011 2012 2013 2014 645,3 675,1 660,3 674,7 663,8 50 35 40 34 37 682,0 686,9 681,8 675,8 670,8 33 32 32 33 33 827,8 818,2 810,6 810,6 808 6 6 6 5 4 631,8 628 621,8 618,3 - 57 57 56 57 - Index-Platzierung Katar Militarisierungswert Index-Platzierung 38\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015 LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Oman Militarisierungswert Index-Platzierung VAE Militarisierungswert Index-Platzierung 2010 2011 2012 2013 2014 758,5 760,2 771,7 763 750,9 14 14 12 13 13 705,4 698,9 696,6 708,4 712,7 29 28 28 25 24 Quelle: Global Militarization Index (GMI) – Bonn International Center for Conversion (BICC) Der Globale Militarisierungsindex (GMI) bildet das relative Gewicht und die Bedeutung des Militärapparats eines Staates im Verhältnis zur Gesellschaft als Ganzes ab. Daten basieren auf dem GMI 2015. http://gmi.bicc.de/index.php?page=ranking-table Die Platzierung der Länder kann aufgrund der Berechnungsmethode nur innerhalb eines Jahres verglichen werden, ist jedoch zur Veranschaulichung hier aufgeführt. Durch eine unterschiedliche Datenbasis in den einzelnen Jahren variiert die Anzahl der erfassten Länder in den einzelnen Jahren, so dass die Platzierung nicht über verschiedene Jahre hinweg verglichen werden kann. Tabelle 20 Militärausgaben der Nachbarstaaten absolut und am BIP in Prozent Irak Jemen Jordanien Katar Oman VAE Militärausgaben (absolut) Militärausgaben/BIP Militärausgaben (absolut) Militärausgaben/BIP Militärausgaben (absolut) Militärausgaben/BIP Militärausgaben (absolut) Militärausgaben/BIP Militärausgaben (absolut) Militärausgaben/BIP Militärausgaben (absolut) Militärausgaben/BIP 2010 2011 2012 2013 2014 3789 5905 5688 7281 8381 2,6 3,3 2,9 3,5 4,2 1731 1612 1384 1206 1150 4,6 5,1 4,9 4,4 4,1 1428 1385 1190 1082 1114 5,0 4,8 4,0 3,5 3,5 1913 - - - - 1,5 - - - - 5094 6668 11985 11218 8985 8,3 9,6 15,9 14,8 11,6 17658 19182 18898 23150 21877 5,7 5,2 4,8 5,5 5,1 Angaben in konstanten Mio. US$ (2011). Quelle: SIPRI Military Expenditure Database BICC \ LÄNDERBERICHT 12\2015 39\ LÄNDERBERICHT \ SAUDI-ARABIEN Tabelle 21 Human Development Index (HDI) HDI-Wert 2009 2010 2011 2012 2013 0.815 0.815 0.825 0.833 0.836 Quelle: http://hdrstats.undp.org/en/indicators/103106.html Der HDI ist ein Wohlstandsindikator und variiert zwischen 1 (beste Entwicklungsstufe und 0 (geringe Entwicklung). Die Länder werden in vier Klassen eingeteilt: sehr hohe, hohe, mittlere und niedrige menschliche Entwicklung. Die Berechnung des HDIs basiert auf den Kategorien Gesundheit (Lebenserwartung), Bildung und dem Bruttonationaleinkommen. Aufgrund veränderter Berechnungsmethoden sowie unterschiedlicher Verfügbarkeit von Daten ist das Jahr 2011 nicht mit den Jahren zuvor vergleichbar. Kommentar Saudi-Arabien ist ein hoch militarisiertes Land, in dem weiterhin gesellschaftliche und wirtschaftliche Defizite und Probleme vorherrschen. Der Anteil der Militärausgaben am Bruttoinlandsprodukt ist überproportional hoch, wodurch andere Sektoren wie der Gesundheits- und Bildungsbereich deutlich leiden. Zwar verfügt das Land über hohe Einnahmen aus dem Ölexport, doch werden diese weiterhin nur begrenzt in die wirtschaftliche und soziale Entwicklung investiert. In den letzten Jahren gab es wohl auf Initiative des Königshauses ein umfassendes Investitionsprogramm für den Bildungssektor, im Zuge dessen auch zahlreiche neue Universitäten entstanden sind. 40\ BICC \ LÄNDERBERICHT 12 \ 2015
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