Fall zum Anschluss- und Benutzungszwang Die kreisangehörige

Dr. Rüdiger Engel, Kommunalrecht WS 2015/2016, Arbeitsblatt zum 28.1.2016, S. 1
Fall zum Anschluss- und Benutzungszwang
Die kreisangehörige Gemeinde Liebenzell hatte im Dezember 2014 für den Betrieb
ihrer neu errichteten gemeindlichen Wasserversorgungsanlage eine Wasserversorgungssatzung mit Anschluss- und Benutzungszwang erlassen. Das zuständige Landratsamt Calw beanstandete mit Schreiben vom 30. Mai 2015 die Satzung mit dem
Hinweis, ohne Befreiungsregelung würde der Anschluss- und Benutzungszwang gegen Art. 14 GG verstoßen. Daraufhin beschließt der Gemeinderat in der nächsten
Gemeinderatssitzung am 22. Juni 2015 folgende Befreiungsregel einzufügen:
§7
Anlieger, die zur Zeit des Inkrafttretens der Satzung über einen eigenen, funktionsfähigen Brunnen verfügen, können vom Anschluss- und Benutzungszwang
befreit werden, wenn dieser für sie eine unbillige Härte darstellt. Eine Befreiung
ist auch möglich, wenn die Leistung der gemeindlichen Wasserversorgungsanlage für einen Anlieger unbrauchbar ist.
Am 25. Juni 2015 wird der von der Bürgermeisterin unterschriebene Satzungstext im
Amtsblatt der Gemeinde bekannt gemacht, wobei die Satzung nach dessen § 15 am
1. Januar 2015 in Kraft treten soll.
Am 6. Juli 2015 wird dem Geschäftsführer der in Liebenzell ansässigen Firma "Liebenzeller Quell GmbH", Herrn Dirk Krautmann, ein Bescheid der Gemeinde Liebenzell vom 4. Juli 2015 zugestellt. Darin wird er aufgefordert, seine Firma an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Liebenzell anschließen zu lassen und die
Benutzung des im Januar 2015 errichteten und ordnungsgemäß genehmigten eigenen Brunnens zu unterlassen.
Krautmann legt dagegen im Namen der GmbH am 7. Juli 2015 schriftlich Widerspruch bei der Gemeinde ein und trägt substantiiert vor, dass seinem getränkeherstellenden Betrieb die baldige Insolvenz drohe, wenn er die Wasserpreise der Gemeinde zahlen müsse. Ferner könne es nicht sein, dass die erheblichen Kosten, die
er im Januar in den Brunnen investiert habe, nutzlos gewesen sein sollen. Schließlich
sei die rückwirkende Satzungsänderung rechtswidrig. Die Gemeinde hilft dem Widerspruch nicht ab, da bei einer Befreiung der GmbH die gemeindliche Wasserversorgungsanlage nicht rentabel arbeiten könne.
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