hubert lepka spricht über SÄGEWERK, juni 2015

DIE URPRODUKTION DES SCHÖNEN –
HUBERT LEPKA ÜBER SEIN „SÄGEWERK“ BEI DER SOMMERSZENE
Die Sommerszene Salzburg (23. Juni–4. Juli 2015) wird mit einer Uraufführung von Hubert
Lepka eröffnet: „SÄGEWERK. Über die Herstellung von Landschaft.“
Erstmals seit 1999 spielt das Künstlerkollektiv Lawine Torrèn wieder auf einer herkömmlichen
Bühne und nicht an einem Ort im Freien. In SÄGEWERK entfaltet sich eine romantische
Geschichte, bei der Tänzer, Schauspieler, ein Zimmerer, ein Baum, ein A-cappella-Chor und
eine Videowall auf eindrucksvolle Weise die Erzeugung von Natur inszenieren.
Hubert Lepka über das Verhältnis zu Natur und Landschaft und die Urproduktion des
Schönen.
Fotos: Daniela Faria im Sägewerk & Portrait Hubert Lepka, beide © Bernhard Müller
In jeder Ihrer choreografischen Produktionen erzählen Sie Geschichten – welche Geschichte
erzählen Sie in SÄGEWERK?
In SÄGEWERK geht es um das Nachdenken über Landschaft. Eine Moderatorin und ihre Gäste
verstricken sich zwischen rationalen und irrationalen Gedanken und suchen bei Adalbert Stifter und
einer alten Sage über einen Wildschützen Zuflucht. Durch einen teuflischen Pakt besitzt dieser
Wildschütz eine verzauberte Kugel, die immer den trifft, den er sich denkt. Teuflische Pakte haben
allerdings an sich, dass sie nicht gut ausgehen. Da kann selbst die Liebe zu einer der Schwestern aus
Stifters Der Hochwald nicht helfen.
Ausgangspunkt von SÄGEWERK sind Texte von Heidegger, Stifter und Bernhard: Wohin wird
der Weg den Zuschauer führen?
Landschaft wird ja in erster Linie durch die Land- und Forstwirtschaft hergestellt. Landwirtschaft ist
Urproduktion – Kunst ist das Gegenteil, sie findet am alleräußersten Ende der Verwertungskette
landwirtschaftlicher Produkte statt. Sie ist aber insofern auch Urproduktion, weil ihr von dieser Seite
nichts entgegenwächst. SÄGEWERK möchte das ästhetische Wachstumspotenzial des Tanzes für die
Gestaltung von Landschaft nutzbar machen.
Thema ist die Kapitalisierung von Natur – wo ist das am stärksten zu beobachten?
Die kleinbäuerliche Landwirtschaft, die meine Urgroßeltern noch betrieben hatten, ist längst
ausgestorben.Was nun folgt ist eine vollständige Industrialisierung der Land- und Forstwirtschaft, die
andere Ästhetiken mit sich bringt. Nämlich die Ästhetik der großen, standardisierten und
austauschbaren Fläche. Sie erzeugt eine Kulturlandschaft, die wir vielleicht auch gestalten können,
wenn wir nur wüssten, wie.
Die ursprünglichen Naturlandschaften Europas sind zerstört – ist eine Rückgestaltung möglich
oder wie kann ein neuer Entwurf des Ursprünglichen aussehen?
Genau darüber zerbrechen sich unsere Protagonisten den Kopf, im wörtlichen Sinn. Wald und Flur
sind die Orte des Irrationalen, der Märchen – einerseits. Eine Neugestaltung kann aber nur rational
erfolgen. Das geht nicht zusammen.
Kann die Kunst Denkansätze liefern, die das Verhältnis der Gesellschaft zur Landschaft
verändert?
Kunst ist Urproduktion des Schönen. Wenn wir eine schöne Landschaft wollen, können wir
ausschließlich die Kunst befragen.
Ihre Produktionen der vergangenen 15 Jahre finden alle im öffentlichen Raum oder in
Naturlandschaften statt – was hat Sie damals bewogen, aus dem Theaterraum zu treten? Was
heute, dahin zurückzukehren?
Damals war der Theaterraum zu eng, mit Fluchtwegen verbarrikadiert. Fahrzeuge, Tiere, alles Echte
aus irrationalen Gründen ausgeschlossen, damals wie heute. Für die Frage nach einer Synthetisierung
von Landschaft macht es allerdings durchaus Sinn, in ein solchermaßen steriles Raumlabor zu gehen.
Wir können den Wald nur bedingt ins Theater bringen, aber Musik und Film helfen uns, ein dichtes
und mögliches Bild zu erschaffen. Ein achtstimmiges Männerensemble verwebt kontrapunktische
Musik der Renaissance mit teppichartigen Filmen aus den vorangegangenen Experimenten in der
Natur zu einer neuartigen Spielfläche.
Hubert Lepka/lawine torrèn/SÄGEWERK. Über die Herstellung von Landschaft
Di. 23. und Mi 24. Juni, 20.00 Uhr
republic
60 Min, 24/12 € ermäßigt
In deutscher Sprache
Künstlergespräch: Mi 24. Juni, nach der Vorstellung
www.szene-salzburg.net
www.torren.at
Pressekontakt:
Hinterland. Büro für Kommunikation
Julia Lepka-Fleischer
[email protected]
mobil: 0043 664 2109659
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