EWH Europäischer Wirtschaftsverband für Handelsvermittlung und Vertrieb e.V. Ismaningerstr. 63 81675 München Tel.: 089 / 41 94 330 Fax.: 089 / 41 94 3340 E-Mail: [email protected]. Internet: www.ewh-eu.de Nicht geprüft und reingefallen „Selbständig als Handelsvertreter - optimale Vertragsgestaltung “ - 14. November 2015 Referent: HGF RA Rolf Sieweke Europäischer Wirtschaftsverband EWH "Einen Vertrag abschließen ohne Hintergedanken, ihn aufs Pünktlichste erfüllen, ist eine Tat von höchster geschäftlicher Klugheit. Immer habe ich nach dem Grundsatz gehandelt, lieber Geld verlieren, als Vertrauen! Die Unantastbarkeit meiner Versprechungen und der Glaube an mein Wort standen mir stets höher als ein vorübergehender Gewinn." Industrieller Robert Bosch, Stuttgart, in einer Rede vor vielen Jahren Verträge nie überhastet abschließen und unterzeichnen. Sorgfältige Überprüfung. Klare eindeutige Formulierungen. Bei späteren Meinungsverschiedenheiten kommt es nicht nur darauf an, Recht zu haben, dieses Recht muss zu beweisen sein. Deshalb sind schriftliche fixierte Verträge im Allgemeinen besser, als Verträge, die mündlich oder durch schlüssiges Handeln zustande gekommen sind, obwohl sie die gleiche Wirkung haben, wie schriftliche Vereinbarungen. Die wesentlichen Regeln für die Zusammenarbeit von Unternehmen mit Handelsvertretern enthalten die §§ 84 92 c HGB - teils als zwingendes, unabdingbares, teils als veränderbares Recht. Es sollten also kurze Vertragstexte genügen. Von Fabrikanten vorgelegte Verträge sind häufig zu weitschweifig! Folgende Kernpunkte müssen enthalten sein: - Vertretungsgebiet - Provisionssatz -Für welche Geschäfte gibt es Provision Kleiner Exkurs: - Scheinselbständigkeit - Arbeitnehmerähnliche Selbständigkeit Alleinvertretung (Definition) Alleinvertretung bedeutet, dass für die Bearbeitung des zugewiesenen Bezirkes der Handelsvertreter allein zuständig und damit für die ordnungsgemäße Betreuung auch verantwortlich ist. Das vertretene Unternehmen darf dann den Bezirk nicht noch durch andere Handelsvertreter, aber auch nicht durch Geschäftsreisende oder sonstige Angestellte bearbeiten lassen. Bezirksvertretung (Definition) Der Bezirksvertreter hat Anspruch auf Provision für alle direkten und indirekten Geschäfte mit Kunden, die im Vertretungsbezirk ihren Sitz haben (§87 Abs. 2 HGB). Gebietskarte PLZ-Bereiche Abzulehnen sind Regelungen, die dem vertretenen Unternehmen das Recht zugestehen, einseitig und nach eigenem persönlichen oder geschäftlichen Ermessen die Grenzen des Vertretungsbezirkes zu verändern oder etwa einseitig - willkürlich - Kunden aus der Betreuung durch den Handelsvertreter und der Verprovisionierung herauszunehmen. Änderungen eines zweiseitigen Vertrages können nur im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen. Lehnt eine Partei eine vom Partner angestrebte Veränderung ab, bleibt diesem nur die Kündigung des ganzen Vertrages. Teilkündigungen sind unzulässig, es sei denn, sie sind im Vertragstext - was nie akzeptiert werden sollte - ausdrücklich für zulässig erklärt. Übernahme weiterer Vertretungen Diese selbständige unternehmerische Befugnis darf nicht eingeschränkt werden. Die Übernahme von Konkurrenzvertretungen - ohne Zustimmung der beteiligten Unternehmen - ist bereits nach dem Gesetzestext (§ 86 Abs. 1 HGB) untersagt. Eine besondere Vertragsklausel dazu ist überflüssig. Bei Verstoß ist für den Partner ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung gegeben mit Verlust des Ausgleichsanspruches und möglicherweise Bejahung von Schadenersatzansprüchen. Unterscheidung: Konkurrenzfirma - Konkurrenzprodukt Unzumutbar sind Vertragstexte, nach denen der Handelsvertreter nur mit Einwilligung des vertretenen Unternehmens weitere Vertretungen - auch wenn sie nicht konkurrieren - übernehmen darf. Der Handelsvertreter wäre dann in seiner unternehmerischen Entfaltung blockiert. Vertragsdauer - Probezeit Unbestimmte Dauer / bestimmte Dauer Provisionsgestaltung Freie Vertragsgestaltung – kein Tarifsystem Erforderlich: kaufmännisches Geschick Ein marktgerechter und marktüblicher Provisionssatz darf nicht durch vielerlei vertraglich fixierte Einschränkungen (Minderung bei Kampfpreisen, bei Sonderkonditionen, bei Lieferungen nach verschiedenartigen Preislisten, bei Konzernen, bei Direktionskunden usw.) so verfälscht werden, dass sich bei der betriebswirtschaftlichen Jahresschlussrechnung ein Durchschnittsprovisionssatz ergibt, mit dem die notwendige Rendite und die Funktionsfähigkeit gefährdet sind. Abzulehnen sind Klauseln, die es einer vertretenen Firma ermöglichen sollen, für bestimmte Geschäfte einseitig - willkürlich - den Provisionssatz zu verkürzen. In vielleicht berechtigten Einzelfällen sollte die Minderung nur im Wege einer beiderseitigen Absprache vor Abschluss eines Geschäftes zulässig sein. Zu vereinbaren ist die übliche und im Gesetz (§ 87a Abs. 1 HGB) angesprochene Regelung, nach der die Provision bei Rechnungsausgang (Lieferung) zu vergüten ist und nicht erst nach Zahlungseingang. Wird das letztere aufgezwungen, besteht eine in § 87 a Abs. 1 Satz 2 HGB gesetzlich Verankerte unabdingbare Forderung auf angemessenen Vorschuss beim Rechnungsausgang. Ein Handelsvertreter hat auch dann einen unabdingbaren vollständigen Provisionsanspruch, wenn die vertretene Firma ein Geschäft ganz oder teilweise nicht, oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist (§ 87a Abs. 3 HGB). Das gilt auch für Retouren, Gewährleistungen, Lieferfehlmengen usw. Entgegenstehende Vertragsklauseln sind zurückzuweisen, sie sind gesetzlich unzulässig und unwirksam. Verjährung von Provisionsansprüchen Der Gesetzgeber hält es für angemessen und richtig - allerdings nicht unabdingbar - die Verjährungsfrist für Ansprüche aus einem Handelsvertretervertragsverhältnis auf drei Jahre festzulegen (§ 88 HGB). Betreuung der Kunden Unsinnig sind Klauseln, nach denen ein Handelsvertreter die Kundschaft "regelmäßig" oder "dreimal" oder "viermal" im Jahr zu besuchen hat. Bestimmungen, nach denen ein Handelsvertreter alle Kunden persönlich zu besuchen hat, sind abzulehnen. Auch hierbei gilt, dass er als selbständiger Dienstleistungsunternehmer seine Arbeit und damit auch seinen Dienstleistungsapparat so einzurichten und funktionsfähig zu erhalten hat, wie es für seine Partner wirtschaftlich am effektvollsten ist. Abzulehnen sind aber nicht nur Klauseln, nach denen die Beschäftigung von Mitarbeitern im Außendienst der Zustimmung der vertretenen Firma bedarf, sondern auch Bestimmungen, nach denen ein Untervertreter nur mit Zustimmung des vertretenen Werkes entlassen werden darf. Die Verpflichtung, "die Kreditwürdigkeit der Kunden zu überprüfen" oder "sich eingehend über die Kreditfähigkeit der zu beliefernden Kunden zu vergewissern", kann nur im Rahmen des Zumutbaren abverlangt werden. Selbstverständlich ist der vertretene Unternehmer bei einschlägigen wesentlichen Beobachtungen zu informieren. Werden aber in dieser Hinsicht spezielle Haftungen des Handelsvertreters angestrebt, sind besondere schriftliche Delkrederevereinbarungen mit Delkredereprovision zu statuieren (§ 86b HGB). Berichterstattung Wer von einem Handelsvertreter Tätigkeitskontrollberichte verlangen möchte sei es unregelmäßig, sei es monatlich, wöchentlich oder gar täglich, möglichst noch auf vorgedruckten Formularen -, der erkennt den Handelsvertreter nicht als selbständigen Dienstleistungsunternehmer an. Der Handelsvertreter soll vielmehr wie ein angestellter Reisender behandelt werden. Solche Forderungen sind von vornherein abzulehnen, weil damit die Grenzen des Weisungsrechts im Rahmen eines echten Partnerschaftsverhältnisses missachtet werden. Nach dem Gesetz hat der Handelsvertreter dem vertretenen Unternehmer (§ 86 Abs. 2 HGB) - wie auch umgekehrt der Unternehmer dem Handelsvertreter (§ 86a Abs. 2 HGB) - "die erforderlichen Nachrichten zu geben". Teilnahme an Veranstaltungen -Messen -Ausstellungen -Tagungen Bei vertraglichen Verpflichtungen, auf Wunsch auf Messen und Ausstellungen für das vertretene Haus tätig zu sein, auf dessen Wunsch an Vertreterbesprechungen, Kollektionsübergaben im Hause oder an ähnlichen Tagungen teilzunehmen, sollte im Vertrag auch die Kostenfrage geregelt werden, damit etwaige spätere unerfreuliche Auseinandersetzungen von vornherein ausgeschaltet sind. Kündigung Mitunter sollen in Verträgen die gesetzlichen Mindestkündigungsfristen in § 89 HGB unterschritten werden. Das ist rechtswidrig und unzulässig. Diese Fristen sind bei auf unbestimmte Zeit eingegangenen Vertragsverhältnissen: Im 1. Vertragsjahr 1 Monat Im 2. Vertragsjahr 2 Monate Im 3., 4. und 5. Vertragsjahr 3 Monate Ab dem 6. Vertragsjahr 6 Monate jeweils zum Monatsende Kündigung Daneben besteht für beide Vertragspartner das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund. In manchen Verträgen wird von vertretenen Werken ohne gleiches für das Kündigungsrecht des Handelsvertreters auszusagen - angeführt, was ein solcher wichtiger Grund gegenüber dem Handelsvertreter sein soll. Diese Festlegung in Form einer Bedrohung des schwächeren Partners von vornherein, ist unvernünftig und juristisch fragwürdig. Unbedingt abzulehnen sind - was oben bei der Bezirksvertretung bereits angesprochen wurde - Sätze wie: Teilkündigungen des Vertrages durch uns (das vertretene Haus) sind zulässig. Ausgleichsanspruch Der Ausgleichsanspruch für neu geworbene Kunden, der dem Handelsvertreter bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zusteht, ist im Gesetz (§ 89b HGB) zwingend und unabdingbar statuiert: § 89b IV HGB. Hin und wieder wird unter Einsatz einer gewissen wirtschaftlichen Machtposition versucht, diesen Anspruch vertraglich einzuengen oder gar auszuschließen. Mit dem Hinweis auf die unüberwindbare gesetzliche Barriere sind solche Manipulationen abzulehnen. Werden sie gleichwohl Vertragsinhalt, sind sie gesetzwidrig und damit unwirksam. Mustervereinbarung zur Übernahme eines Ausgleichsanspruches / einer Ablösesumme / einer Abstandszahlung Zwischen ….(Unternehmer) ……und Herrn/Frau (Handelsvertreter)…. Vereinbarung geschlossen: wird folgende 1. Der Unternehmer bezahlt Herrn .......... dem Vorgänger des Handelsvertreters, einen Ausgleichsbetrag gemäß § 89 b HGB in Höhe von €......... 2. Die Rückerstattung durch den Handelsvertreter beginnt am ...... und zwar dergestalt, dass von dem vertraglich vereinbarten Provisionssatz von ......% nur ...... % zur Auszahlung an den Handelsvertreter gelangen. 3. Infolge dieser Ausgleichsübernahme gelten sämtliche, bei Vertragsbeginn vorhandenen Kunden als vom Handelsvertreter neu geworben. 4. Sollte das Vertragsverhältnis zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter gleichgültig aus welchen Gründen enden, dann behält der Handelsvertreter gegen den Unternehmer ein Rückforderungsrecht hinsichtlich desjenigen Betrages, der bis dahin von ihm bezahlt wurde. 5. Ungeachtet dieser Vereinbarung gelten weiterhin die gesetzlichen Bestimmungen des § 89 b HGB, da zu erwarten ist, dass der Handelsvertreter wiederum Neukunden werben wird. Bei Beendigung des Vertrages - aus welchem Grund auch immer - erhält der Handelsvertreter eine Ausgleichszahlung in Höhe von mindestens der zur Übernahme der Vertretung vereinbarten Ablösesumme. Ort, Datum, Unterschriften (Unternehmer) (Handelsvertreter) Vor Vertragsbeginn spätestens bei Vertragsbeginn muss der Handelsvertreter über eine Liste verfügen, aus der alle bestehende Altkundenkontakte der Firma hervorgehen und zwar mit Umsatz pro Kunde in den letzten 12 Monaten vor Tätigkeitsbeginn. Schiedsgerichtsklausel Soll für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis ein Schiedsgericht vorgesehen sein, ist darauf zu achten, dass diese Schiedsgerichtsklausel nur als Kann-Vorschrift abgefasst wird. In jedem Falle muss als Alternative der ordentliche Rechtsweg offen bleiben. Gegen ein Schiedsgerichtsurteil gibt es keine Berufungsmöglichkeit. Das Urteil eines ordentlichen Gerichts kann dagegen bei der nächst höheren Instanz angefochten werden. Fortsetzung mit neuem Vertrag Will aus irgendwelchen Gründen eine vertretene Firma ein bestehendes Vertragsverhältnis für die Zukunft mit einem neuen Vertrag fortsetzen, sollte dieser neue Vertrag mit der Feststellung beginnen, dass es sich um die Fortsetzung des seit ………………... bestehenden Vertretungsvertragsverhältnisses handelt unter Wahrung sämtlicher bereits erworbener Rechte. Verträge mit ausländischen Herstellern - Gerichtsstandsvereinbarungen neu: § 5 EuGVVO: Artikel 5 Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden: wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre; wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre; ist Buchstabe b) nicht anwendbar, so gilt Buchstabe a); … - Anzuwendendes Recht z.Bsp.: französisches Recht wegen AA VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT!
© Copyright 2025 ExpyDoc