Selbständig als Handelsvertreter

EWH
Europäischer Wirtschaftsverband für
Handelsvermittlung und Vertrieb e.V.
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Nicht geprüft und reingefallen
„Selbständig als Handelsvertreter
- optimale Vertragsgestaltung “
- 14. November 2015 Referent:
HGF RA Rolf Sieweke
Europäischer Wirtschaftsverband EWH
"Einen Vertrag abschließen ohne Hintergedanken,
ihn aufs Pünktlichste erfüllen, ist eine Tat von
höchster geschäftlicher Klugheit. Immer habe ich
nach dem Grundsatz gehandelt, lieber Geld
verlieren, als Vertrauen! Die Unantastbarkeit
meiner Versprechungen und der Glaube an mein
Wort standen mir stets höher als ein
vorübergehender Gewinn."
Industrieller Robert Bosch, Stuttgart, in einer
Rede vor vielen Jahren
Verträge nie überhastet abschließen und
unterzeichnen. Sorgfältige Überprüfung.
Klare eindeutige Formulierungen. Bei
späteren Meinungsverschiedenheiten kommt
es nicht nur darauf an, Recht zu haben,
dieses Recht muss zu beweisen sein.
Deshalb sind schriftliche fixierte Verträge im
Allgemeinen besser, als Verträge, die
mündlich oder durch schlüssiges Handeln
zustande gekommen sind, obwohl sie die
gleiche Wirkung haben, wie schriftliche
Vereinbarungen.
Die wesentlichen Regeln für die
Zusammenarbeit von Unternehmen mit
Handelsvertretern enthalten die §§ 84 92 c HGB - teils als zwingendes,
unabdingbares, teils als veränderbares
Recht.
Es sollten also kurze Vertragstexte genügen. Von
Fabrikanten vorgelegte Verträge sind häufig zu
weitschweifig!
Folgende Kernpunkte müssen enthalten sein:
- Vertretungsgebiet
- Provisionssatz
-Für welche Geschäfte gibt es
Provision
Kleiner Exkurs:
- Scheinselbständigkeit
- Arbeitnehmerähnliche Selbständigkeit
Alleinvertretung (Definition)
Alleinvertretung bedeutet, dass für die Bearbeitung des
zugewiesenen Bezirkes der Handelsvertreter allein zuständig
und damit für die ordnungsgemäße Betreuung auch
verantwortlich ist.
Das vertretene Unternehmen darf dann den Bezirk nicht noch
durch andere Handelsvertreter, aber auch nicht durch
Geschäftsreisende oder sonstige Angestellte bearbeiten
lassen.
Bezirksvertretung (Definition)
Der Bezirksvertreter hat Anspruch auf Provision für alle direkten
und indirekten Geschäfte mit Kunden, die im Vertretungsbezirk
ihren Sitz haben (§87 Abs. 2 HGB).
Gebietskarte PLZ-Bereiche
Abzulehnen sind Regelungen, die dem vertretenen
Unternehmen das Recht zugestehen, einseitig und nach
eigenem persönlichen oder geschäftlichen Ermessen die
Grenzen des Vertretungsbezirkes zu verändern oder etwa
einseitig - willkürlich - Kunden aus der Betreuung durch den
Handelsvertreter und der Verprovisionierung herauszunehmen.
Änderungen eines zweiseitigen Vertrages
können nur im gegenseitigen Einvernehmen
erfolgen. Lehnt eine Partei eine vom Partner
angestrebte Veränderung ab, bleibt diesem nur
die
Kündigung
des
ganzen
Vertrages.
Teilkündigungen sind unzulässig, es sei denn,
sie sind im Vertragstext - was nie akzeptiert
werden sollte - ausdrücklich für zulässig erklärt.
Übernahme weiterer Vertretungen
Diese selbständige unternehmerische Befugnis darf nicht
eingeschränkt
werden.
Die
Übernahme
von
Konkurrenzvertretungen - ohne Zustimmung der beteiligten
Unternehmen - ist bereits nach dem Gesetzestext (§ 86 Abs. 1
HGB) untersagt. Eine besondere Vertragsklausel dazu ist
überflüssig. Bei Verstoß ist für den Partner ein wichtiger Grund zur
fristlosen
Kündigung
gegeben
mit
Verlust
des
Ausgleichsanspruches und möglicherweise Bejahung von
Schadenersatzansprüchen.
Unterscheidung: Konkurrenzfirma - Konkurrenzprodukt
Unzumutbar sind Vertragstexte, nach denen der Handelsvertreter
nur mit Einwilligung des vertretenen Unternehmens weitere
Vertretungen - auch wenn sie nicht konkurrieren - übernehmen
darf.
Der
Handelsvertreter
wäre
dann
in
seiner
unternehmerischen Entfaltung blockiert.
Vertragsdauer - Probezeit
Unbestimmte Dauer / bestimmte Dauer
Provisionsgestaltung
Freie Vertragsgestaltung – kein Tarifsystem
Erforderlich: kaufmännisches Geschick
Ein marktgerechter und marktüblicher
Provisionssatz darf nicht durch vielerlei
vertraglich
fixierte
Einschränkungen
(Minderung
bei
Kampfpreisen,
bei
Sonderkonditionen, bei Lieferungen nach
verschiedenartigen
Preislisten,
bei
Konzernen, bei Direktionskunden usw.)
so verfälscht werden, dass sich bei der
betriebswirtschaftlichen Jahresschlussrechnung ein Durchschnittsprovisionssatz ergibt, mit dem die notwendige
Rendite und die Funktionsfähigkeit
gefährdet sind.
Abzulehnen sind Klauseln, die es einer
vertretenen Firma ermöglichen sollen, für
bestimmte Geschäfte einseitig - willkürlich
- den Provisionssatz zu verkürzen. In
vielleicht berechtigten Einzelfällen sollte
die Minderung nur im Wege einer
beiderseitigen Absprache vor Abschluss
eines Geschäftes zulässig sein.
Zu vereinbaren ist die übliche und im Gesetz (§ 87a
Abs. 1 HGB) angesprochene Regelung, nach der
die Provision bei Rechnungsausgang (Lieferung)
zu
vergüten
ist
und
nicht
erst
nach
Zahlungseingang.
Wird das letztere aufgezwungen, besteht eine in
§ 87 a Abs. 1 Satz 2 HGB gesetzlich Verankerte
unabdingbare Forderung auf angemessenen
Vorschuss beim Rechnungsausgang.
Ein Handelsvertreter hat auch dann einen
unabdingbaren vollständigen Provisionsanspruch,
wenn die vertretene Firma ein Geschäft ganz oder
teilweise nicht, oder nicht so ausführt, wie es
abgeschlossen worden ist (§ 87a Abs. 3 HGB).
Das gilt auch für Retouren, Gewährleistungen,
Lieferfehlmengen
usw.
Entgegenstehende
Vertragsklauseln sind zurückzuweisen, sie sind
gesetzlich unzulässig und unwirksam.
Verjährung von Provisionsansprüchen
Der Gesetzgeber hält es für angemessen und
richtig
- allerdings nicht unabdingbar - die
Verjährungsfrist für Ansprüche aus einem
Handelsvertretervertragsverhältnis auf drei Jahre
festzulegen (§ 88 HGB).
Betreuung der Kunden
Unsinnig sind Klauseln, nach denen ein Handelsvertreter die
Kundschaft "regelmäßig" oder "dreimal" oder "viermal" im
Jahr zu besuchen hat. Bestimmungen, nach denen ein
Handelsvertreter alle Kunden persönlich zu besuchen hat,
sind abzulehnen. Auch hierbei gilt, dass er als selbständiger
Dienstleistungsunternehmer seine Arbeit und damit auch
seinen
Dienstleistungsapparat
so
einzurichten
und
funktionsfähig zu erhalten hat, wie es für seine Partner
wirtschaftlich am effektvollsten ist. Abzulehnen sind aber
nicht nur Klauseln, nach denen die Beschäftigung von
Mitarbeitern im Außendienst der Zustimmung der vertretenen
Firma bedarf, sondern auch Bestimmungen, nach denen ein
Untervertreter nur mit Zustimmung des vertretenen Werkes
entlassen werden darf.
Die
Verpflichtung,
"die
Kreditwürdigkeit der Kunden zu
überprüfen"
oder
"sich
eingehend
über
die
Kreditfähigkeit
der
zu
beliefernden
Kunden
zu
vergewissern", kann nur im
Rahmen
des
Zumutbaren
abverlangt
werden.
Selbstverständlich
ist
der
vertretene Unternehmer bei
einschlägigen
wesentlichen
Beobachtungen zu informieren.
Werden aber in dieser Hinsicht
spezielle
Haftungen
des
Handelsvertreters
angestrebt,
sind
besondere schriftliche
Delkrederevereinbarungen mit
Delkredereprovision
zu
statuieren (§ 86b HGB).
Berichterstattung
Wer
von
einem
Handelsvertreter
Tätigkeitskontrollberichte verlangen möchte sei es unregelmäßig, sei es monatlich,
wöchentlich oder gar täglich, möglichst noch
auf vorgedruckten Formularen -, der erkennt
den Handelsvertreter nicht als selbständigen
Dienstleistungsunternehmer
an.
Der
Handelsvertreter soll vielmehr wie ein
angestellter Reisender behandelt werden.
Solche Forderungen sind von vornherein
abzulehnen, weil damit die Grenzen des
Weisungsrechts im Rahmen eines echten
Partnerschaftsverhältnisses
missachtet
werden. Nach dem Gesetz hat der
Handelsvertreter
dem
vertretenen
Unternehmer (§ 86 Abs. 2 HGB) - wie auch
umgekehrt
der
Unternehmer
dem
Handelsvertreter (§ 86a Abs. 2 HGB) - "die
erforderlichen Nachrichten zu geben".
Teilnahme an Veranstaltungen
-Messen
-Ausstellungen
-Tagungen
Bei vertraglichen Verpflichtungen, auf
Wunsch auf Messen und Ausstellungen für
das vertretene Haus tätig zu sein, auf
dessen Wunsch an Vertreterbesprechungen,
Kollektionsübergaben im Hause oder an
ähnlichen Tagungen teilzunehmen, sollte im
Vertrag auch die Kostenfrage geregelt
werden, damit etwaige spätere unerfreuliche
Auseinandersetzungen
von
vornherein
ausgeschaltet sind.
Kündigung
Mitunter sollen in Verträgen die gesetzlichen
Mindestkündigungsfristen in § 89 HGB
unterschritten werden. Das ist rechtswidrig
und unzulässig.
Diese Fristen sind bei auf unbestimmte Zeit
eingegangenen Vertragsverhältnissen:
Im 1. Vertragsjahr
1 Monat
Im 2. Vertragsjahr
2 Monate
Im 3., 4. und 5. Vertragsjahr
3 Monate
Ab dem 6. Vertragsjahr
6 Monate
jeweils zum Monatsende
Kündigung
Daneben besteht für beide Vertragspartner
das Recht zur fristlosen Kündigung aus
wichtigem Grund.
In manchen Verträgen wird von vertretenen
Werken
ohne
gleiches
für
das
Kündigungsrecht
des
Handelsvertreters
auszusagen - angeführt, was ein solcher
wichtiger
Grund
gegenüber
dem
Handelsvertreter sein soll.
Diese Festlegung in Form einer Bedrohung
des schwächeren Partners von vornherein, ist
unvernünftig und juristisch fragwürdig.
Unbedingt abzulehnen sind - was oben bei der
Bezirksvertretung
bereits
angesprochen
wurde - Sätze wie: Teilkündigungen des
Vertrages durch uns (das vertretene Haus)
sind zulässig.
Ausgleichsanspruch
Der
Ausgleichsanspruch
für
neu
geworbene
Kunden,
der
dem
Handelsvertreter
bei
Vorliegen
bestimmter Voraussetzungen zusteht, ist
im Gesetz (§ 89b HGB) zwingend und
unabdingbar statuiert: § 89b IV HGB. Hin
und wieder wird unter Einsatz einer
gewissen wirtschaftlichen Machtposition
versucht, diesen Anspruch vertraglich
einzuengen oder gar auszuschließen. Mit
dem Hinweis auf die unüberwindbare
gesetzliche
Barriere
sind
solche
Manipulationen abzulehnen. Werden sie
gleichwohl Vertragsinhalt, sind sie
gesetzwidrig und damit unwirksam.
Mustervereinbarung zur Übernahme
eines Ausgleichsanspruches
/ einer Ablösesumme
/ einer Abstandszahlung
Zwischen ….(Unternehmer) ……und Herrn/Frau (Handelsvertreter)….
Vereinbarung geschlossen:
wird folgende
1. Der Unternehmer bezahlt Herrn .......... dem Vorgänger des Handelsvertreters, einen
Ausgleichsbetrag gemäß § 89 b HGB in Höhe von €.........
2. Die Rückerstattung durch den Handelsvertreter beginnt am ...... und zwar dergestalt,
dass von dem vertraglich vereinbarten Provisionssatz von ......% nur ...... % zur
Auszahlung an den Handelsvertreter gelangen.
3. Infolge dieser Ausgleichsübernahme gelten sämtliche, bei Vertragsbeginn
vorhandenen Kunden als vom Handelsvertreter neu geworben.
4. Sollte das Vertragsverhältnis zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter
gleichgültig aus welchen Gründen enden, dann behält der Handelsvertreter gegen
den Unternehmer ein Rückforderungsrecht hinsichtlich desjenigen Betrages, der bis
dahin von ihm bezahlt wurde.
5. Ungeachtet dieser Vereinbarung gelten weiterhin die gesetzlichen Bestimmungen des
§ 89 b HGB, da zu erwarten ist, dass der Handelsvertreter wiederum Neukunden
werben wird. Bei Beendigung des Vertrages - aus welchem Grund auch immer - erhält
der Handelsvertreter eine Ausgleichszahlung in Höhe von mindestens der zur
Übernahme der Vertretung vereinbarten Ablösesumme.
Ort, Datum, Unterschriften (Unternehmer)
(Handelsvertreter)
Vor Vertragsbeginn spätestens bei
Vertragsbeginn
muss
der
Handelsvertreter über eine Liste
verfügen, aus der alle bestehende
Altkundenkontakte
der
Firma
hervorgehen und zwar mit Umsatz
pro Kunde in den letzten 12
Monaten vor Tätigkeitsbeginn.
Schiedsgerichtsklausel
Soll für Streitigkeiten aus einem
Vertragsverhältnis ein Schiedsgericht
vorgesehen sein, ist darauf zu achten,
dass diese Schiedsgerichtsklausel nur
als Kann-Vorschrift abgefasst wird. In
jedem Falle muss als Alternative der
ordentliche Rechtsweg offen bleiben.
Gegen ein Schiedsgerichtsurteil gibt
es keine Berufungsmöglichkeit. Das
Urteil eines ordentlichen Gerichts
kann dagegen bei der nächst höheren
Instanz angefochten werden.
Fortsetzung mit neuem Vertrag
Will aus irgendwelchen Gründen eine
vertretene Firma ein bestehendes
Vertragsverhältnis für die Zukunft mit
einem neuen Vertrag fortsetzen, sollte
dieser
neue
Vertrag
mit
der
Feststellung beginnen, dass es sich
um
die
Fortsetzung
des
seit
………………...
bestehenden
Vertretungsvertragsverhältnisses
handelt unter Wahrung sämtlicher
bereits erworbener Rechte.
Verträge mit ausländischen Herstellern
- Gerichtsstandsvereinbarungen
neu: § 5 EuGVVO:
Artikel 5
Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats
hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden:
wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand
des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die
Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre;
wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand
des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die
Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre;
ist Buchstabe b) nicht anwendbar, so gilt Buchstabe a);
…
- Anzuwendendes Recht
z.Bsp.: französisches Recht wegen AA
VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT!