reiseberichte Tour-Story: Die schönsten Treks der Welt – rund um die Torres del Paine „Da bin ich wieder“, grüße ich in den wütend tosenden Sturm. Während alle anderen möglichst schnell vom Bus in das Häuschen des Guardaparque huschen, bleibe ich draußen stehen und genieße. Was für eine Luft! Welch ein bescheidenes Wetter! Nicht nur Regentropfen rinnen mir über die Backen, so sehr freue ich mich. Eine Erklärung? Wozu? Eigentlich gibt es nicht einen einzigen vernünftigen Grund, nahezu jeden Winter seine gesamten Ersparnisse zusammen zu kratzen und in dieser Schlechtwetterküche am Ende der Welt zu verpulvern. Trotzdem tue ich es! Dieses Mal sogar mit Zeit, allein vier Wochen habe ich für die Torres del Paine eingeplant. Kurze Zeit später, im Campamento Japones am Ende des Valle del Silencio, lerne ich, daß auch vier Wochen eine relativ kurze Zeit sind. Rolando und Bruno, zwei Bergsteiger aus Argentinien, sind schon seit 7 Wochen im Basislager und warten auf besseres Wetter. An einem einzigen Tag war es bisher gut - so gut, daß sie die zweite Besteigung des Cumbre Prinicipal des Paine Grande für sich verbuchen konnten. Die Erstbesteigung war übrigens im Jahre 1954; das macht 47 Jahre mit gescheiterten Expeditionen. Jetzt warten die Beiden auf einen weiteren brauchbaren Tag zur Besteigung des Torre Central, und man könnte schließen, wenn sie nicht gestorben sind, dann warten sie noch heute. Im nächsten Jahr wollen sie nämlich wieder da sein, denn in zwei Tagen ist Ihr Urlaub zu Ende. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist sehr hoch, „it’s raining cats and dogs“, würde der Engländer sagen. Am Nachmittag kommen noch drei Franzosen triefend naß zurück ins Basislager. Sie haben ihre Kletterausrüstung, welche in einem vorgeschobenen Camp am Ende des Valle del Silencio deponiert war, zurückgeholt. Jetzt haben Sie die Nase gestrichen voll und wollen statt auf Berge zu steigen in den nächsten Tagen Pinguine gucken. Eine etwas trockenere Alternative. Noch später gesellt sich auch der Guardaparque aus dem nahegelegene Campamento Torres zu uns. Er hat gerochen, daß heute die letzten Vorräte auf den Kopf gehauen werden und bringt daher auch eine Flasche Pisco, den chilenische Nationalschnaps, mit. Nach äußerlicher und innerlicher Durchfeuchtung verabschieden wir uns spät und auf wackeligen Beinen in die verschiedenen, um die Hütte verteilten Zelte. Nur ich bleibe noch ein wenig sitzen, ständig kichernd über den am Eingang der Hütte eingravierten Leitspruch der Bergsteiger: „Los esclavos del barometro!“ – die Sklaven des Barometers. Hinzufügen ließe sich noch „Los eslcavos del humo!“ – die Sklaven des Rauchs, denn wer in dieser Hütte nicht frieren will, muß Feuer machen und produziert damit zwangsläufig viel Qualm. Gegen 4 Uhr morgens werde ich wach. Irgend etwas fehlt! Richtig, die Windboen, die sonst wie beim Einfahren eine D-Zuges in den Hamburger Hauptbahnhof durch den Wald rauschen. Kurze Zeit später höre ich auch schon einige Töpfe klappern. Aufbruchstimmung unter den Kletterern, selbst die Franzosen packen wieder ihre regennassen Sachen in die Rucksäcke und verschwinden in den anbrechenden Morgen. Pinguine oder Granit, bei Bergsteigern ist die Entscheidung klar. Auch ich bin hellwach, ein glasklarer patagonischer Tag scheint anzubrechen. Nur, daß ich nicht zum Klettern hier bin, sondern das Ende des Valle del Silencio, das Tal der Stille, näher erkunden möchte. Ich steige auf einen unscheinbaren Hügel gegenüber des Basislagers auf, auf der Karte als Cerro Oggioni markiert. Oben angekommen staune ich vor allen Dingen über die unterschiedliche Bedeutung des Wortes „Berg“: Hier, der Cerro Oggioni, ein riesiger Haufen Schotter, dessen Existenz an ein physikalisches Wunder grenzt. Dort, direkt gegenüber, 1.000 m senkrechter und dem Augenschein nach fester Granit! Die Torres, die Fortaleza und der Escudo geben sich die Ehre. Allerdings dauert die Vorstellung nicht lange, innerhalb von Minuten zieht es sich zu und es fängt an zu schneien. Unten im Basislager treffen wir uns, Zufall?, alle zum gleichen Zeitpunkt. Rolando strahlt in die etwas angeschlagen wirkende Gruppe, denn „ein bißchen Bewegung tat uns ja allen mal wieder gut“. Er ist von allen Anwesenden derjenige mit der meisten Patagonienerfahrung und weiß, ohne gute Laune hält es hier keiner lange aus. Ich beende meinen Ausflug in das Valle del Silencio und gehe zurück zur Hosteria „Las Torres“. Unten angekommen ist es rund 20° wärmer als oben, die Spitzen der Torres ragen in einen azurblauen Himmel. Vom Schnee ist hier unten nichts zu spüren, die Sonne schien ja auch die ganze Zeit. Kopfschüttelnd wundere ich mich über die lokalen Wetterkapriolen und mache mich auf den Weg. Hier im Osten der Paine-Gruppe ist es deutlich trockener, die patagonische Pampa liegt im Regenschatten der Anden. In einer kleinen Lagune schwimmen einige Enten, Gänse grasen am Ufer, rosafarbene Flamingos stehen in einem unglaublichen Kontrast zum Grün der umliegenden, von blühenden Margariten bedeckten Wiesen. Auf der anderen Seite des Rio Paine äsen einige Guanakos, artverwandte der Lamas und in den Torres del Paine mittlerweile so zutraulich, daß sie sich fast streicheln lassen. Außerhalb des Parks bekommt man sie so gut wie nie zu Gesicht, zu schmackhaft ihr Fleisch und zu gering die Akzeptanz des allgemeinen Jagdverbots. Damit geht es den Guanakos fast so wie den Pumas, auf die außerhalb der imaginären und damit für Tiere unsichtbaren Grenze sogar ein Kopfgeld ausgesetzt ist. 200 $ zahlen die Besitzer der Estancias für einen toten „Leon“, wie die stolzen Tiere hier genannt werden. Ich erreiche das Campamento Serón. Zahlreiche Schilder informieren mich über verschiedene Preise, Dusche, Wasser umsonst scheint hier nichts zu sein. Mit Wehmut erinnere ich mich an meinen ersten Besuch in den Torres del Paine, damals vor 15 Jahren, als das Campamento Serón noch nicht Campamento Serón hieß, sondern nur eine Außenstelle der Estancia „Las Torres“ war. Kurz vor Beginn der Dunkelheit erreichte ich die kleine Hütte und fragte die beiden hier arbeitenden peones – patagonische Gauchos –, ob ich mein Zelt draußen aufbauen könnte. Selbstverständlich durfte ich nicht, die patagonische Gastfreundschaft verbat es. Statt dessen bekam ich ein Bett zugewiesen und wurde anschließend zum Asado eingeladen. Lang, lang ist es her. Aber wer möchte es den hier lebenden Menschen verübeln, auch etwas vom Geldsegen des Tourismus abzuzweigen. Wobei mir persönlich scheint, daß gerade in den Modegebieten Patagoniens doch etwas übertrieben wird. 200 $ für eine Übernachtung in der Hosteria „Las Torres“ zeugt nicht gerade von einem guten Sinn bzw. Gefühl für Verhältnismäßigkeit. Das Campamento Serón kostet nur 5 $ und ist sein Geld wert. Der Weg weiter schlängelt sich entlang des milchig-graugrünen Rio Paine. Sein Wasser stammt vom Dickson-Gletscher, einem Eisstrom, der vom patagonischen Inlandeis in den Lago Dickson reicht. Von dort aus fließt der Rio Paine in einem weiten Bogen rund um das gesamte Massiv, dazwischen den Lago Paine, den Lago Nordenskjöld und den Lago Pehoe bildend. Gut zu beobachten ist, wie jeder See eine eigene Farbe entwickelt. Der Lago Dickson, auf dem noch Eisberge schwimmen, ist schmutzig grau, wie auch der ebenfalls von einem Gletscher des Inlandeises gespeiste Lago Grey. Weiter flußabwärts wird das Wasser immer leuchtender, das Grau tritt zurück und wird ersetzt durch Türkis. Geradezu unwirklich leuchtet dann später der Lago Pehoe in smaragdgrün. Wissenschaftlich erklären läßt sich dies einfach durch die Abnahme der Schwebstoffe flußabwärts, aber wen interessiert das schon angesichts solcher Farben. Oberhalb des Lago Paine, an einem kleinen Paß, wird allerdings alles wieder grau. Eine dunkle Wand rollt von Westen auf mich zu, im Nu peitschen mir Hagelkörner ins Gesicht. Patagonia – „la reina del viento“, die Königin des Winds. Immer wieder werde ich vom Wind fast umgeworfen, die zahlreichen Matschlöcher, in denen die Schuhe meistens ohne Vorwarnung versinken, heben nicht gerade meine Laune. Völlig durchnäßt erreiche ich nach ca. 4 Stunden das Refugio Dickson. Es ist das erste Mal, daß ich mich wirklich über das neue System der bewirtschafteten Hütten freue. Ein herzliches „Hola“ grüßt mich vom Tresen, es ist kuschelig warm und ich erstehe ein kühles Bier. Wandererherz, was begehrst du mehr!? Dazu bekomme ich selbstgemachtes Brot und „manjar“. „Manjar“, in Argentinien auch „Dulce de Leche“ genannt, ist das südamerikanische Äquivalent zu Nutella. Es besteht aus gekochter Kondensmilch und viel Zucker, im Prinzip also Karamel. Und genauso wie Nutella hat man „Manjar“ ein hohes Suchtpotential. Der Einsteiger ißt es mit Brot, im fortgeschrittenen Stadium kleben nur noch einige Krümel unterhalb der beigen Masse, den echten Abhängigen erkennt man am gezückten Eßlöffel neben dem geöffneten Glas. Am Nachbartisch lärmen einige Argentinier und plötzlich dreht sich das Gespräch um Politik. Wenn unter diesen Umständen eine Landkarte gezückt wird, wird es Zeit möglichst schnell den Ort des Geschehens verlassen. Zu spät! Genauso wie die antarktische Halbinsel auf allen chilenischen Karten zu Chile gehört, ist sie auf den argentinischen ein Teil von Argentinien. Und dann das Hielo Continental, das patagonische Inlandeis. Welch ein Drama für viele Argentinier, daß Präsident Menem vor einigen Jahren einige Quadratkilometer Inlandeis zur Bereinigung der Grenzstreitigkeiten an Chile abgegeben hat. Hintergrund dieser immer wieder aufflammenden Diskussion zwischen den beiden Völkern ist die chaotische Geographie der Anden. 1881 entschied eine zur Schlichtung der Streitigkeiten eingesetzte englische Kommission, daß die Grenze zwischen den beiden Ländern über die höchsten Gipfel und damit über die Wasserscheide zwischen Atlantik und Pazifik verlaufen soll. Nur leider entspringt so mancher patagonischer Fluß auf der Ostseite der Anden, um anschließend in den Pazifik zu entwässern und über die Höhen der Gipfel wird bis heute viel spekuliert. Ich habe auf jedenfalls noch keinen Kletterer getroffen, dessen Höhenmesser auf dem Gipfel des Torres Central 2.800 m angezeigt hat. Grund genug auf jeden Fall für eine heftige Diskussion zwischen dem chilenischen Personal und den argentinischen Gästen, ernsthafte Handgreiflichkeiten konnten letztendlich nur durch das beherzte Auftreten einiger spanisch sprechender Europäer verhindert werden. Am nächsten Morgen ist die Welt zum Glück wieder friedlich, angesichts von 30 cm Neuschnee und vielen Wolken besinnt man sich wieder der grandiosen Natur und begreift vielleicht auch ein wenig, daß manche Probleme im Angesicht dieser Berge lächerlich wirken. Nur der patagonische Wind zürnt weiter über so viel menschliche Borniertheit am Ende der Welt, es stürmt und zwar ohne Ende. Auch wenn einige Trekker tapfer losstapfen und im Wald verschwinden, ich bleibe liegen und lese, schließlich habe ich ja Zeit. Aber wie schon anfangs erwähnt, Zeit ist relativ und irgendwann reicht‘s. Nach drei Tagen warten packe auch ich die Sachen und ... drehe um. Es hat keinen Sinn. Der Guardaparque am Campamento „Perros“ meldet über 1 m Neuschnee. Auf dem Rückweg komme ich mir vor wie ein Vertriebener. War es hier auf dem Hinweg besonders schwer gegen den Wind, werde ich jetzt vom patagonischen Wind geschoben und getreten, man könnte auch sagen: freundlich heraus komplementiert. Traurig bin ich schon, hat es also schon wieder nicht mit dem „Circuito“ geklappt. An der Hosteria los Torres angekommen fahre ich weiter zur Parkverwaltung, es folgt Teil 2 meiner ewigen patagonischen Romanze. Je weiter ich mich vom Massiv entferne, desto besser wird das Wetter. Am Lago Pehoe strahlt die Sonne, selbst der Wind beruhigt sich. Die „Cuernos del Paine“ leuchten jungfräulich in den Himmel, so schön, so rein, als wäre nie etwas gewesen. Patagonische Berge kommen mir vor wie eine Diva: Erst machen sie sich rar um dann um so betörender und anziehender zu wirken. Als der Bus endlich an der Parkverwaltung zum stehen kommt bin ich völlig zappelig und mache mich gleich wieder auf den Weg: Richtung Camping Pehoe und zum Lago Grey, vielleicht klappt es ja in umgekehrter Richtung. Von Süden kommend wachsen die Paine-Berge über der Pampa in den Himmel. Die trockene Steppe steht im starken Kontrast zu den senkrechten Eisgipfeln, es ist hier vor allen Dingen die Weite, die fasziniert. Der Himmel wirkt wie eine Glocke, deren Inneres immer wieder neu mit faszinierenden Wolkenformationen bemalt wird. Zum Abend, am Lago Pehoe, haben sich einige Windprinzessinen gebildet, eine linsenförmige Wolkenerscheinung, die normalerweise den nächsten Sturm ankündigt. Allerdings nicht in diesem Fall, der nächste Tag bestätigt die einzig gültige patagonische Wetterregel, nämlich die, daß es keine gibt. Zusammen mit einem Herrn Kohl aus Oggersheim (!) mache ich mich auf zum Lago Grey. Es wird einer dieser patagonischen Traumtage, glasklare Farben und die zum Greifen nahen Berge lassen mich wie in Trance die Landschaft in mich aufsaugen. Zahlreiche Eisberge treiben auf dem See, stumme Zeugen eines sich verändernden Klimas. Denn auch wenn der Grey-Gletscher noch ziemlich imposant aussieht, die steigenden Temperaturen auf der Erde haben dem Eisstrom stark zugesetzt. Die Abbruchkante ist kaum noch 10 m hoch, polierter Fels zeugt vom Rückzug es Eises in den letzten Jahren. Zeit ist relativ, auch hier. 4 Wochen sind für mich eine lange Zeit, für den Gletscher spielt es keine Rolle. In den nächsten 4 Jahren allerdings werden hier schon die ersten Flechten wachsen und bereiten damit den Boden für den weiteren Fortschritt des Lebens vor. Oder umgekehrt werden sie wieder von den Eismassen überrollt, falls es sich das Klima doch noch anders überlegt und andere, dem Menschen bisher nicht bekannte Faktoren die Klimauhr zurückdrehen. Sinnierend sitze ich oberhalb der Eismassen und kann mich von deren Anblick gar nicht losreißen. Mal tief blau, an anderen Stellen einfach dreckig, im Gegenlicht gleißend, zum Abend hin ins violette abtauchend. Ich genieße den Tag, über mir die Westwände des Paine Grande, die aussehen wie die Eisschlösser aus dem Märchen „Die Schneekönigigin“ von Christian Andersen. Soll ich jetzt noch weiter gehen? Ich entscheide mich dagegen, schließlich möchte ich meine Zeit – die noch übrig gebliebene – hier am stürmischsten Ende der Welt in Ruhe genießen. Informationskasten 1: Allgemeines: Der Nationalpark „Torres del Paine“ beherbergt eine der schönsten Landschaften Südamerikas. Viele fahren allein deswegen nach Chile, aus meiner Sicht durchaus verständlich. Denn wo sonst wird auf so kleinem Raum eine derartige landschaftliche Vielfalt geboten: senkrechte Felsnadeln, riesige Gletscherzungen, Regenwald, Halbwüste, türkisgrüne Seen, schäumende Wasserfälle... die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Entsprechend groß und von Jahr zu Jahr steigend ist der Andrang der Besucher. Die Parkverwaltung versucht mit der steigenden Beliebtheit des Parks Schritt zu halten, über den Erfolg mag jeder selbst urteilen. Von den vielen Wandermöglichkeiten in den Torres del Paine ist der „Circuito“ die klassische Trekkingroute schlechthin. Mit den angegebenen Abstechern in das Valle Asencio und Valle del Francés ist der Weg rund 110 km lang, für die zwischen 7 und 10 Tagen eingeplant werden sollten. Orientierungsschwierigkeiten gibt es keine. Seitdem ein Teil der Lebensmittel auch in den „teuren“ Kiosken unterwegs erworben werden können, ist das Geschleppe der gesamten Essensvorräte nicht mehr notwendig. Startpunkt der Wanderung ist normalerweise das Kassenhäuschen am Beginn des Park, kurz hinter der Laguna Amarga. Einige beginnen den Weg auch am Rifugio Pehoe, meines Erachtens nicht so prickelnd, da in diesem Falle viele der Höhepunkte schon vorweggenommen werden. Ich empfehle die Hosteria „Las Torres“ mit dem Abstecher ins Valle Asencio zu Beginn des Rundweges. In allen Fällen wird der „Circuito“ normalerweise gegen den Uhrzeigersinn angegangen. Anreise: Ausgangsort für Die Torres del Paine ist Puerto Natales, ein kleines Städtchen am Meeresarm der letzten Hoffnung, auf spanisch „Seno Ultima Esperanza“. Von hier aus fahren jeden Morgen zahlreiche Busse (verschiedene Gesellschaften, Abfahrtszeiten zwischen 7 und 9 Uhr morgens) in den 117 km entfernten Park. Die Fahrtzeit beträgt ca. 3 bis 4 Stunden. Die Bustickets lassen sich direkt in den verschiedenen Hotels und Pensionen erwerben. Sämtliche Busse fahren bis zur Administration (Parkverwaltung). Haltestellen sind u. a. Laguna Amarga (Parkeingang, Startpunkt des Circuito), Refugio Pudeto (Schiff zum Refugio Pehoe, kurze Wanderung zum Salto Grande), Camping Pehoe (schönster Blick auf das Massiv) und die Administration. Am Nachmittag fahren die Busse die Haltestellen in umgekehrter Reihenfolge auf ihrem Weg zurück nach Puerto Natales wieder an. Beste Reisezeit: Eine Wettervorhersage für die Torres del Paine ist das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt wird. Eine kurze Charakterisierung der verschiedenen Jahreszeiten hilft daher vielleicht mehr: • Oktober bis Dezember: Frühling in Patagonien, die Bäume tragen ein erfrischendes Grün, viele Sträucher der präandigen Zone blühen (z. B. Notro, der Feuerbusch), wenig Touristen. Nachteil: Der Paso John Garner kann noch metertief verschneit sein und seine Überquerung daher unmöglich. • Januar bis Februar: Mit den Bergsteigern kommt der Wind! Oder war es umgekehrt? Verschiedene, von Kletterern im Selbstversuch durchgeführten Experimente belegen, der Hochsommer ist die sturmreichste Zeit, darüber hinaus sind die meisten Touristen unterwegs. • März bis Mai: Der Herbst kann wunderschöne klare Tage mit phantastischen Farben hervorbringen. Wie gesagt, er kann... muß aber nicht. • Juni bis September: Winter in den Torres del Paine. Es wird aufgrund der Nähe zum Meer zwar nicht richtig kalt, aber der Schnee liegt normalerweise bis in die Tallagen. Die Hütten haben geschlossen, Ruhe kehrt ein. Selbst der Wind fällt in den Winterschlaf und sammelt Kräfte für den Sommer (wenn die Bergsteiger kommen). Ausrüstung: Es kann zu allen Jahreszeiten schneien, stürmen und schlichtweg eklig sein. Die Wege sind z.T. ausgesprochen feucht und rutschig. Folgende Ausrüstung ist zu empfehlen: feste Trekkingstiefel (möglichst mit Goretex), Funktionsunterwäsche (für nachts und wenn es mal richtig kalt wird), Trekkinghose (schnelltrocknend), Flies, Regenschutzbekleidung. Darüber hinaus einen Schlafsack (bis ca. –15°C), Isomatte und ein sturmsicheres Zelt! Kocher und Lebensmittel gehören ebenfalls zur Grundaustattung. Ausrüstung verleiht in Puerto Natales u. a.: – Casa Cecilia, Tomas Rogers 60, Tel. 411797 (deutschsprachig) – Tourismo Andescape, Pedro Montt 308, Tel. 412592 Die Auswahl ist mittlerweile sehr groß, die Qualität so naja. Übernachtungen: Im Park gibt es neben einigen, unglaublich teuren Hotels (wie z. B. die Hosteria „Las Torres“) Hütten und Zeltplätze. Die Hütten sind den Alpenvereinshütten ähnlich und häufig total überfüllt. Die Mitnahme und Nutzung eines Zelts ist daher meist unumgänglich. Im nachfolgenden sind die Übernachtungsmöglichkeiten auf dem „Circuito“aufgelistet: Name des Zeltplatzes bzw. der Art der Übernachtung Serviceeinrichtungen Preis/Person* Las Torres Hotel, Hütte und Zeltplatz Dusche, WC, Kiosk, Restaurant ca. 5 $ Refugio Chileno Hütte und Zeltplatz Dusche, WC und Restaurant ca. 5 $ Campamento Torres Zeltplatz WC gratis Campamento Japones Zeltplatz – gratis Campamento Serón Zeltplatz Dusche, WC ca. 5 $ Campamento Coiron Zeltplatz Schlechter Zustand gratis Refugio Dickson Hütte, Zeltplatz Dusche, WC, Kiosk, Restaurant ca. 5 $ Campamento Los Perros Zeltplatz Dusche, WC und Kiosk ca. 5 $ Campamento Paso Zeltplatz – gratis Campamento Zeltplatz – gratis Refugio und Campamento Grey Hütte, Zeltplatz Dusche, WC, Kiosk, Restaurant ca. 5 $ Refugio und Camping Pehoe Hütte, Zeltplatz Dusche, WC, Kiosk, Restaurant ca. 5 $ Campamento Italiano Zeltplatz – gratis Campamento Britanico Zeltplatz – gratis Refugio und Camping Los Hütte, Zeltplatz Dusche, WC, Restaurant ca. 5 $ Hütte Los Guardas Cuernos * bei Übernachtung im Zelt Verpflegung: Siehe obere Tabelle. Ansonsten müssen alle Lebensmittel aus Puerto Natales bzw. Puntas Arenas (deutlich günstiger) mitgebracht werden. Trinkwasser: Überall reichlichst! In den Tallagen, z. B. am Campamento Serón, gegebenenfalls zuvor abkochen, da in diesem Bereich auch Kühe weiden. Gefahren: Der Wind kann auch schon mal einen gestandenen Trekker umblasen. Geld: Der chilenische Peso. Aus Deutschland mitnehmen sollte man Dollar (ca. 400 Pesos = 1 Dollar) in bar und eine Kreditkarte. Die Preise entsprechen durchaus mitteleuropäischem Niveau. Chile ist kein „Billigland“. Telefon: Am einfachsten ist das Telefonieren von den sogenannten „Centros de Llamados“: Die gewünschte Nr. vorne abgeben, anschließend in die zugewiesene Kabine und los geht’s. Vorwahl von Chile nach Deutschland ist 0049, Österreich 0046 und die Schweiz 0041. Information: • Sernatur (Servicio national de tourismo) in Santiago de Chile, Providencia 1550, Tel. 2/2361416 • Sernatur in Puntas Arenas, Waldo Seguel 689, Tel. 61/241330 Informationen über den Nationalpark Torres del Paine gibt die Conaf-Zentrale (Cooperation national forestal) in Santiago, Avenia Presidente Bulnes 285, Tel. 2/6991257, Fax: 2/6971831 In Puerto Natales dreht sich alles um den Park, daher sind fast in jedem Laden detaillierte Karten und Informationen zum Park zu finden. Organisierte Touren: Sowohl im Puerto Natales als auch in Deutschland lassen sich die Torres del Paine (u. a. auch den „Circuito“) buchen. In Deutschland u. a. bei: • Hauser Exkursionen, Marienstraße 17, 80331 München, Tel. 089/2350060, Fax: 089/2913714, E-Mail: 07223/911787, E-Mail: [email protected] • Amical Alpin, Bühlerseite 83, 77815 Bühl-Altschweier, Tel. 07223/911786, Fax: [email protected] In Chile: • Tourismo Andescape, Pedro Montt 308, Tel. u. Fax: 412592 • Concepto Big Foot Expeditiones, Ladrilleros 119, Puerto Natales, Tel. 61/41461, E-Mail: [email protected] Bücher: • Heckmann, Dirk; Chile: Torres del Paine, Circuito, Outdoor-Handbuch aus dem Konrad Stein Verlag 2000 • Brunner/Gantzhorn; Abenteuer Trekking: Patagonien und Feuerland; Bruckmann-Verlag 1997 • Oscar Guineo N., Flora und Berge der Torres del Paine, Punta Arenas – Chile 1995 Karten: • Torres del Paine Trekking Map, Autor ist Juan Luis Mattasi (1:100.000) • Mapa Official Parque National Torres del Paine (1:100.000) Beide unterscheiden sich nicht sonderlich und sind für den „Circuito“ völlig ausreichend. Genauere Karten gibt das Militär heraus: Instituto Geografico Militar, Dieciocho 369, Santiago. Informationskasten 2: Von Tag zu Tag Die nachfolgende Beschreibung des „Circuito Torres del Paine“ in einzelnen Tagesetappen ist eine persönliche Empfehlung. Ob man sich daran hält oder nicht ist Geschmackssache, die Etappen lassen sich sowohl verlängern als auch verkürzen bzw. zum Teil als Tagestouren angehen (Abstecher ins Valle Asencio bzw. Valle del Frances). Anreise: Mit dem Bus bis zum Eingang des Parks an der Laguna Armarga. Dort umsteigen in einen der dort wartenden Bus zur Hosteria „Las Torres“ (ca. 1000 Pesos extra). Lebensmittel für die Rundtour in der Hosteria deponieren, anschließend für mindestens 2 Tage zum Campamento Torres. 1. Etappe: Hosteria las Torres – Campamento Torres (4 Stunden, ca. 700 Höhenmeter rauf) Startpunkt der Tour ist der Kiosk an der Hosteria „Torres“. Von dort aus den Fahrweg bis zum Ende durchgehen. Der Weg wird etwas schmaler und quert auf einer Hängebrücke den Rio Asencio. Circa 100 m dahinter nach rechts. Auf gut markiertem Weg steil ansteigend und anschließend wieder runter zum Refugio Chileno. Auf der orografisch rechten Seite des Bachs weiter bis zum Campamento Torres. Hier sollte man 2 Tage verweilen und zum einen den berühmten Blick auf die Torres genießen (ca. 1 Stunde vom Campamento auf markiertem Steig über Moränenschotter zu einem kleinen See) und zum anderen das Valle del Silencio besuchen. 2. Etappe: Campamento Torres – Campamento Serón (7 Stunden, 700 Meter runter) Abstieg über gleichen Weg zur Hosteria „Las Torres“, Lebensmittel einpacken und auf dem Fahrweg zurück bis zum gleichnamigen Refugio. Dort beginnt der Pfad zum Campamento Serón und damit der eigentliche „Circiuto“. Nach einem kleinen Anstieg geht es in das breite Tal des Rio Paine. Über Blumenwiesen (Margariten) erreicht man nach ca. 4 Stunden (von der Hosteria) das an einem kleinen Bach gelegene Campamento Serón. Duschen offeriert das nahegelegene Farmhaus. 3. Etappe: Campamento Serón – Refugio Dickson (6–7 Stunden, 400 Höhenmeter im An- und Abstieg) Zunächst weiter das Tal des Rio Paine flußaufwärts bis zu einer kleinen Lagune. Dort geht es steil hinauf zu einem Paß, vom dem sich ein schöner Blick auf die vergletscherten Berge hinter dem Lago Dickson bietet. Abstieg zum Campamento Coiron, daß sich in einem sehr schlechten Zustand befindet und offiziell geschlossen wurde. Der Weiterweg ist zum Teil sehr feucht und führt in wiederum 3 Stunden zum traumhaft gelegenen Refugio Dickson. 4. Etappe: Refugio Dickson – Campamento Los Perros (ca. 4 Stunden, 500 Höhenmeter rauf) Wir verabschieden uns von der Pampa und tauchen ein in den Südbauchenwald. Der Pfad steigt entlang des Rio de los Perros bis zum gleichnamigen Campamento auf. 5. Etappe: Campamento los Perros – Refugio Grey (ca. 8 - 10 Stunden, 600 Höhenmeter hoch und 1.200 m runter) Die „Königsetappe“, in der Länge nur bei gutem Wetter zu empfehlen. Nach dem Wald wird es sumpfig, anschließend ist der Weg mit orangefarbenen Holzpfeilen markiert, die dem vom Gegenwind geplagten Wanderer über Geröllfelder hinauf zum Paß führen (ca. 1.200 m). Bei gutem Wetter bietet sich eine phantastische Sicht auf den riesigen Eisstrom des Grey-Gletschers. Der Abstieg vom Paß ist steil und schlüpfrig, so manche Südbuche mußte schon als Rettungsanker für vorbei rutschende Trekker herhalten. Das 700 m tiefer gelegene Campamento Paso ist häufig voll und naß. Ich empfehle den Weiterweg über das Campamento Los Guardas bis zum Refugio Grey. Die vielen umgestürzten Bäume erleichtern nicht gerade den Weg. 6. Etappe: Refugio Grey – Refugio Pehoe (ca. 4 Stunden, 400 Höhenmeter An- und Abstieg) Eine Traumwanderung, wobei man den Mirador auf den Grey-Ggletscher nicht verpassen sollte. 7. Etappe: Refugio Pehoe – Campamento Britanico (5 Stunden, 700 Höhenmeter) Noch eine etwas eigentümliche Empfehlung, da das Campamento Britanico wie das Campamento Torres eine Sackgasse bildet. Trotzdem! Vom häufig überfüllten Refugio Pehoe zum Campamento Italiano. Von dort steil aufsteigend in das Hochteil des Valle del Frances. Kurz vor Ende des Waldes liegt das Campamento Britanico. Welch ein Ausblick bietet sich von den Wiesen etwas weiter oberhalb! 8. Etappe: Campamento Britanico – Hosteria „Las Torres“ (7–8 Stunden, 1.000 m Abstieg und 400 m Aufstieg) Der Kreis schließt sich. Nach dem Abstieg zum Campamento Italiano führt der Weg am Nordufer des Lago Nordenskjöld in Richtig Hosteria „Las Torres“. Dazwischen liegt noch das neu eröffnete Refugio „Los Cuernos“, der Paso los Cuernos erfordert noch einmal rund 400 Höhenmeter im An- und Abstieg. Informationskasten 3: 1. Auch wenn es schon vier Jahre alt ist und einige Informationen nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen, ist das Buch unseres Autors, Ralf Gantzhorn, verfaßt zusammen mit Armin Brunner, immer noch der einzige vernünftige deutschsprachige Trekkingführer zu Patagonien: Armin Brunner/Ralf Gantzhorn, Abenteuer Trekking: Patagonien und Feuerland, BruckmannVerlag 1997. 2. Nach 5–10 Tagen in der Wildnis geht nichts über ein reichhaltiges Essen in Puerto Natales, möglichst mit Blick auf den Paine Grande, der sich bei gutem Wetter rechts des beherrschenden Cerro Balmaceda erkennen läßt. Als Aperitif empfehle ich einen „Pisco Sour“ – das chilenische Nationalgetränk. Als Hauptspeise ist in Südchile Fisch den Vorzug zu geben. Hervorragend zubereitet und in riesigen Portionen serviert wird u. a. Lachs („salmon“) oder „Congrio“, ein im Orginal nicht ganz so hübscher Fisch. Gute Restaurants finden sich in überall in Puerto Natales. Auch zu empfehlen ist „Curanto“, der Nationaltopf Chiloes. 3. Selbst wer meint, nach dem Grey-, Tyndall- oder Pingo-Gletscher könnte es keine Steigerung mehr geben, der sollte sich bei einem der (anstrengenden, da viel Fahrerei...) Tagesausflüge von Puerto Natales zum Perito Moreno Gletscher vom Gegenteil überzeugen lassen. 1.000 Fotos können nicht das widerspiegeln, was einem angesichts dieser Eismassen durch den Kopf geht. Der Perito Moreno Gletscher auf der argentinischen Seite Patagoniens ist ein absolutes Muß. 4. Die Umrundung des Paine-Massivs ist der logischste und der beliebteste Weg im Park. Hier einige Alternativen: Wer nicht so viel Zeit hat, sollte sich auf das sogenannte „W“ beschränken: Ausgangspunkt ist das Refugio Pehoe (erreichbar mit der Fähre oder zu Fuß von der Posada Rio Serrano=Parkverwaltung), dann Campamento Italiano und Besuch des Valle Frances, anschließend am Nordufer des Lago Nordenskjöld zur Hosteria „Las Torres“, Ausflug in das Valle Asencio und zurück. Wer die Einsamkeit sucht, ist am Lago Pingo gut aufgehoben Wer Guanakos mit einem 80‘er Tele formatfüllend fotografieren möchte, sollte entweder an der Laguna Azul nächtigen, oder die Wanderung zur Laguna Verde unternehmen. 5. Rio Gallegos ist der Horror eines jeden Patagonienreisenden, grau und gesichtslos sitzt diese Stadt wie eine Spinne im Netz der patagonischen Verkehrsverbindungen. Fast jeder wird daher irgendwann mal Opfer und fragt sich, wie er den Tag sinnvoll gestalten soll. Es gibt ein Lichtblick! Von Rio Gallegos führt ein äußerst empfehlenswerter Tagesausflug zur Pinguinkolonie am Cabo Virgenes und zur Estancia Monte Dinero. Informationen erteilt die Touristeninformation im Bus-Terminal von Rio Gallegos. 6. Spanisch lernen.
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