Department für Akutgeriatrie / Remobilisation Leitung: OA Dr. Walter Müller Polypharmazie – ist weniger mehr Altersbedingte körperliche Veränderungen Besonderheiten bei Krankheiten im Alter Oft chronische nur teilweise therapierbare Krankheiten Symptomarmut Atypische Krankheitspräsentation Atypische Krankheitspräsentation Beispiel Herzinfarkt Wird bei >70-Jährigen zu 40% nicht diagnostiziert keine typischen Symptome, sondern: Vegetative Symptome (Übelkeit, Schweißausbruch, etc.) Akute Verwirrtheit plötzliche AZ-Verschlechterung Besonderheiten bei Pharmakotherapie im Alter Veränderung der Plasmaeiweißbindung (höhere freie Medikamenten-Konzentration,) Verminderung der metabolischen Leistung der Leber Verminderung der Nierenfunktion Patienten > 60 Jahre haben mehr UAW Compliance-Probleme • Verminderung der kognitiven Leistung • Seh- und Hörbehinderung • Feinmotorische Störungen Multimorbidität im Alter 96 Prozent der 70-Jährigen und Älteren haben mindestens eine 30 Prozent fünf und mehr behandlungsbedürftige Erkrankungen Quelle: Berliner Altersstudie Leitlinien • Leitlinien basieren auf Evidenz und Expertenkonsens • Helfen in Standardsituationen • Sind in der Regel nur für Einzelerkrankungen erstellt Leitlinien Durch Multimorbidität steigt Anzahl der nach Leitlinien verordneten Medikamente Zusätztlich Selbstmedikation (Arzneien durch „Familienvorrat“, rezeptfreie Medikamente, Drogisten, etc.) Konsultation mehrerer Ärzte und Krankenhäuser Mangelnde Koordination und Kommunikation Polypharmazie Die meisten Menschen versterben an ihren Arzneimitteln und nicht an ihren Krankheiten Jean-Baptiste Molière (1622 – 1673) Häufigkeit von ernsten ArzneimittelNebenwirkungen • 35 % der älteren, selbstständig lebenden Bevölkerung leiden an unerwünschten Wirkungen ihrer Medikation, ein Drittel davon nimmt ärztliche Hilfe in Anspruch Hanlon 1997 • 6,5% der Spitalseinsweisungen wegen Arzneimittel-Nebenwirkungen - davon ca. 70% vermeidbar - bei 2% der betroffenen unmittelbare Todesursache Brit. Med. J. 329, 15-19, 2004 • 17,7% von 28 548 Pat. > 60 a wiederholte KH-Aufnahmen wegen UAW, Multimorbidität stärker wirksam als Alter Zhang M et al, BMJ 2009 Häufigkeit von ernsten ArzneimittelNebenwirkungen Es sterben in den USA dreimal so viele Personen an einer unerwünschten Arzneimittelwirkung als an Verkehrsunfällen In den USA sind UAW die 5.häufigste direkte oder indirekte Todesursache bei geriatrischen Patienten Quelle: Univ.-Prof. Dr. Beubler, Institut für klinische Pharmakologie Graz Ursachen für UAW 50-60% Dosierungsfehler (davon 60% mit NINS) 15-25% K.I. nicht beachtet 15-20% Medikamenteninteraktion (70% davon dosisabhängige Interaktion) Mehr als 10 % Allergie auf Medikament Quelle: Grandt, Saarbrücken 2005 Pharmakovigilanzprojekt Salzburg Projektzeitraum 20.2.-15.5.2007 Aufnahme an der Internen Abteilung: 543 PatientInnen > 75 Jahre Im Mittel 7,4 Medikamente (ohne rezeptfreie Medikamente/pflanzliche Mittel) bei stationärer Aufnahme 18% dieser PatientInnen hatten unerwünschte Arzneimittelwirkungen 10% wurden deswegen stationär aufgenommen Quelle: Wiener Klinische Wochenschrift, 2008 Anzahl der Medikamente „Behandlungskaskade“ Medikamentennebenwirkungen werden fälschlicher Weise als neues Symptom oder Krankheitsverschlechterung gedeutet. Es kommt zur Verschreibung eines zusätzlichen, neuen Medikamentes. Polypharmazie und Verschreibungskaskaden Polypharmazie Interaktionsrisiko: bei zwei gleichzeitig verabreichten Medikamenten 13 %, bei vier Medikamenten 38 % bei sieben am gleichen Tag verabreichten Medikamenten 82 %. Nicht alle dieser Interaktionen sind klinisch relevant, manche beeinflussen die Wirksamkeit, und einige wenige führen zu gefährlichen Nebenwirkungen. Quelle: Prof. Müller, Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie in Wien 22 Hohes Risiko bei Polypharmakotherapie Besonders hohes Risiko einer UAW bei: Medikamenten mit niedriger therapeutischer Breite Medikamente mit steiler Dosis-Wirkungskurve bei Einschränkungen der funktionellen Reserven lebenswichtiger Organe (Niere Leber) 23 Polypharmazie Der häufigste Aufnahmegrund, der aus einer unerwünschten Medikamentenreaktion resultiert: gastrointestinale und zerebrale Blutungen infolge einer Therapie mit NSAR, besonders in Kombination mit Azetylsalizylsäure oder Clopidogrel. Ein weiterer wichtiger Grund für Spitalseinweisungen sind Störungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes durch Diuretika. 24 Polypharmazie Beispiele einer nachteiligen Interaktion: Aufhebung des kardioprotektiven Effekts von Azetylsalizylsäure durch NSAR. Bei gleichzeitiger Gabe wird ASS durch NSAR von der Bindungsstelle verdrängt. Daher: ASS zwei Stunden vor einem NSAR verabreichen 25 Eingeschränkte Nierenfunktion GFR bei >70-Jährigen: 30 bis 50% vermindert Dosis der renal eliminierten Medikamente anpassen Bei altersbedingter reduzierter Muskelmasse: bei scheinbar „normalen“ Kreatininwerten schon deutliche Nierenfunktionseinschränkung 26 Eingeschränkte Nierenfunktion Cockroft-Goult Formel zur Abschätzung der glomerulären Filtrationsrate GFR = (140-Alter) X Gewicht X FG Kreatinin im Serum X 72 (FG Frauen= 0.85 Männer = 1) 27 Einschränkte Nierenfunktion Kombinationen aus blutdrucksenkenden Wirkstoffen und NSAR zur Vasokonstriktion am Vas afferens (NSAR) und Vasodilatation am Vas efferens (ACE-Hemmer, Sartane) Folge ist ein Filtrationsverlust am Glomerulum und, vor allem bei bestehender Hypovolämie, ein konsekutives akutes Nierenversagen. 28 Eingeschränkte Nierenfunktion In diesem Zusammenhang sollte stets der Hydratationszustand des Patienten beachtet werden besonders bei zusätzlicher Gabe von : Laxantien Diuretica NSAR 29 Eingeschränkte Nierenfunktion Auswirkungen von zentral dämpfenden Substanzen (Opiate, Benzodiazepine, etc.) auf das Trinkverhalten älterer Patienten. Durch fehlendes Durstempfinden kann es hierbei zu Exsikkose und folglich zum akuten Nierenversagen kommen 30 Einschränkte Nierenfunktion Blutdrucksteigerung durch NSAR -Vaskonstriktion am vas afferens durch Prostaglandinsynthesehemmung, -natrium- und wasserretinierende Wirkung der NSAR bei kardial vorgeschädigten Patienten Gefahr einer bedrohlichen Dekompensation der bestehenden Herzinsuffizienz. 31 Elektrolytstörungen Hypokaliämien: Kombinationen von Diuretika (Vor allem die Kombination von Schleifen- mit Thiaziddiuretika) Hyperkaliämien: durch die gleichzeitige Verwendung von kaliumsparenden Diuretika (Spironolacton) und anderen Substanzen mit hemmender Wirkung auf das Renin-AngiotensinAldosteron-System ACE-Hemmer, Sartane, Aliskiren (Reninhemmer), Aldosteronantagonisten, Betablocker, Digitalis, Kaliumsalze, NSAR (K Retention in der Niere), Diabetes (geringere Aufnahme von K in die Zellen), unzureichende K-Kontrolle Herzrythmusstörungen, Synkopen, akutes Nierenversagen bis Dialyse 32 Elektrolytstörungen Hyponatriämie: Erhöhte Na-Ausscheidung : Oft durch Kombinationen von Thiaziddiuretika mit anderen Diuretika: ↓Na ↓ K Beeinflussung RAAS (ACE-I, Spironolacton, Sartane): Na↓ K↑ SIADH: Viele Substanzen führen durch Interaktion mit zentralen Rezeptoren zur Ausscheidung hoher Mengen von ADH und in der Folge zu einer Abnahme des Serumnatriums (z.B. trizyklische Antidepressiva, Neuroleptika, NSAR, Li, Antikonvulsiva, etc). Na↓ 33 Begünstigende Faktoren für ein Delir • Höheres Lebensalter • Männliches Geschlecht • Cerebrovasculäre Schädigung • Vorbestehende kognitive Defizite (ca.25% der Pat.) • Sensorische Einschränkungen • Multimorbidität • Cardiovasculäre Erkrankungen • Infektionen, Operationen • Alkohol • Polypharmazie Delir Welche Symtome zeigen die Patienten? • gestörte Aufmerksamkeit • Gedächtnisstörungen • Probleme bei der Orientierung • veränderte Wahrnehmung • Auffälligkeiten im Verhalten • gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus Delir Welche Symtome zeigen die Patienten? 2 Formen: - hyperaktiv Delir - hypoaktives Delir 70% haben Halluzinationen Patienten neigen zur Selbstgefährdung und Selbstverletzung Delir Pathogenese des Delirs ist bislang nicht definitiv geklärt das cholinerge System - anticholinerg wirksame Medikamente (z.B.: Spasmolytika, Antiemetika, Bronchodilatatoren, etc.) bergen ein hohes Risiko für das Auftreten eines Delirs das dopaminerge System - Dopa-Agonisten oder L-Dopa können Delirien induzieren Delir GABA-Rezeptoren Der wichtigste hemmende Neurotransmitter des ZNS ist die Gamma-Amino-Buttersäure (GABA). Penicilline und andere Betalaktam- Antibiotika reduzieren die Aktivität von GABARezeptoren können so Delirien auslösen. Delir Glutamat - wichtigste exzitatorische Transmitter des ZNS delirante Syndrome durch Chinolone durch Aktivierung glutamaterger Rezeptoren Serotoninsyndrom Überstarke serotonerge Stimulation Mentale Symptome: Agitiertheit, Verwirrtheit, Halluzinationen, Bewusstseinstrübung, Koma Störung des Autonomen Nervensystems: Durchfall, Fieber, Schüttelfrost, Schwitzen, Tachycardie, RR-Schwankungen, Erbrechen Neuromuskuläre Symtome: Muskeltonuserhöhung, Myoklonus, Koordinationsstörung, Ataxie, Reflexsteigerung, Tremor Serotoninsyndrom Bei Monotherapie mit SSRI Risiko steigt bei Kombinationstherapie mit anderen serotonergen Pharmaka (SSRI+SNRI) Auch bei Kombination mit nicht psychotropen Pharmaka, z.B. Opioide Verbotene Kombination: MAO-Hemmer + Serotenerge Pharmaka Höchstes Risiko bei Kombination mit irreversiblen, nichtselektiven MAO-Hemmern z.B. Tranylcypromin (Jatrosom) weniger Risiko bei Kombination mit reversiblen selektiven MAOHemmer Meclobemid (Aurorix) Erhöhtes Sturzrisiko bei Polypharmazie vigilanzdämpfende Wirkung, anticholinerge Wirkung, Hyponatriämie, muskelrelaxierende Wirkung, orthostatische Dysregulation, Rhythmusstörungen gastrointestinale Nebenwirkungen, die zu Inappetenz und konsekutiver Mangelernährung führen Besonders häufige Stürze bei Kombinationstherapie von Psychopharmaka Weitere AM - Interaktionen Wechselwirkungen mit Transportern P-Glycoprotein Cytochrom–P–450 Beeinflussung Inhibition, Induktion; poor/rapid metaboliser, …) 43 Cytochrom P450 = Monooxygenasen: oxidative Umsetzung in Phase 1 der Biotransformation Menschen: v. A. in der Leber; > 60 verschiedene Arzneimittel: wichtige Cytochrome P450 sind CYP2D6, CYP2C9, CYP2C19, CYP1A2, CYP3A4 Inhibitoren meist eine schnell einsetzende, kompetitive Hemmung Abbau der Substrate wird gehemmt Spiegel↑ meist reversibel Induktoren induzieren die Genexpression stark erhöhte Enzymaktivität verstärkter Abbau der Substrate bis Wirkverlust Langsam! Max. nach zwei bis drei Wochen, kann über vier Wochen nach dem Absetzen des Induktors anhalten 44 Cytochrom P450 Inhibitoren von CYP3A4 Fluconazol, Ketokonazol, Itraconazol Amiodaron, Verapamil, Diltiazem Alprazolam, Midazolam, Triazolam, Erythromycin, Diazepam Clarithromycin Zolpidem, Atorvastatin, Fluvoxamin, Fluoxetin Simvastatin, Lovastatin, Buspiron, Voriconazol, TCA, Trazodon, Mirtazapin, Proteaseinhibitoren Fentanyl, Tramadol, Nifedipin, Cimetidin, Amlodipin, Phenprocoumon, Grapefuitsaft Paracetamol, Buprenorphin, Methadon, … CYP3A4 Substrate Induktoren von CYP3A4 Barbiturate Carbamazepin Phenytoin Johanniskraut Rifampicin 45 Cytochrom P450 Inhibitoren von CYP2C9 Fluconazol, Voriconazol Fluvoxamin, Fluoxetin Fluvastatin, Lovastatin, Amiodaron CYP2C9 Substrate Diclofenac, Ibuprofen, Meloxicam,Naproxen Glipizid, Glibenclamid, Glimepirid Losartan, Irbesartan Phenytoin, Celecoxib, Rosiglitazon Phenprocoumon Induktoren von CYP2C9 Carbamazepin Phenytoin Rifampicin Glucocorticoide 46 Cytochrom P450 Inhibitoren von CYP2D6 Amiodaron, Bupropion Celecoxib, Fluoxetin Duloxetin Metoclopramid Paroxetin Ritonavir Sertralin >150mg/d Terbinafin CYP 2D6 Substrate Induktoren von CYP2D6 keine relevanten Substanzen bekannt Flecainid Amitriptylin, Fluoxetin, Venlafaxin, Haloperidol, Risperidon Carvedilol, Metoprolol, Propranolol Metoclopramid, Ondansetron, Oxycodon, Dextromethorphan, Tramadol 47 Cytochrom P450 genetische Variabilität: zum Beispiel CYP2D6 und CYP2C19 CYP2D6: • 7-10% der Mitteleuropäer und Afroamerikaner sind langsame Metabolisierer (Poor metabolizer; PM). Bei Asiaten sind es 1-2%. • 1-10% der Mitteleuropäer sind Ultraschnelle Metabolisierer (Ultarapid metabolizer; UM), bei Nordafrikanern und Orientalen sind es 10-29%. CYP2C19: • Ca. 2-5% der Mitteleuropäer und Afroamerikaner sind langsame Metabolisierer (Poor metabolizer, PM), bei Asiaten sind es 12-23%. • Etwa 29% der Mitteleuropäer und Afroamerikaner sind heterozygote oder homozygote Träger des CYP2C19*17-Allels und dadurch schnelle oder ultraschnelle Metabolisierer (Ultra-rapid metabolizer; UM). 48 P-Glycoprotein Arzneistoffpumpe nach draußen Kommt vor allem in Epithelgeweben vor, die eine Ausscheidungsfunktion besitzen, z.B. in Leber, Nieren, Dünn- und Dickdarm, Bauspeicheldrüse, Plazenta, Blut-Hirn- und Blut-Testis-Schranken Substrate meist lipophile oder amphiphile Verbindungen viele dieser Substanzen gleichzeitig auch Substrate von CYP3A4 • Chinidin + Digoxin Chinidin hemmt die Transportfunktion des P-Glykoproteins im Darm und in den Nieren Digoxin wird verlangsamt ausgeschieden DigoxinKonz ↑ Kardiale oder neurotoxische Nebenwirkungen • Loperamid + Chinidin oder Ritonavir Loperamid (vorher kaum ZNS-gängig) kann die Blut-Hirn-Schranke verstärkt passieren zentrale Nebenwirkungen 49 P-Glycoprotein Inhibitoren Induktoren Stark Johanniskraut systemisch Mittelstark Acetyldigoxin Rifampicin Schwach Dexamethason Hydrocortison Methylprednisolon Spironolacton Trazodon Valproat Venlafaxin uvm. Fördern Abbau Antiarrhythmika, HIV Medikamente, Calciumantagonisten, Immunsuppressiva, Steroide, Antibiotika Substrate Citalopram Clopidogrel Digitoxin Digoxin Domperidon Loperamid Metformin Ondansetron Phenytoin Quetiapin Risperidon Sertralin Trospium Venlafaxin …. Mittelstark Grapefruit Fluconazol Itraconazol Ketoconazol Amiodaron Omeprazol Verapamil Carvedilol Fluoxetin Paroxetin Lovastatin Atorvastatin Simvastatin Roxithromycin Clarithromycin Erythromycin …. Schwach Dexamethason Hydrocortison Methylprednisolon Spironolacton Trazodon Valproat Venlafaxin uvm. Hemmen Abbau 50 Rote Hand Meldung November 2011 51 Rote Hand Meldung Dezember 2011 52 Rote Hand Meldung April 2015 Wichtige Information des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen über neue Einschränkungen für hydroxyzinhaltige Arzneimittel zur weiteren Minimierung des bekannten Risikos einer QT-Zeit Verlängerung 53 QTc-Zeit Verlängerung QTC-Zeit normal: < 450ms bei Männern < 440 ms bei Frauen Symptome: Herzrasen, Benommenheit, Schwindel oder Ohnmacht Hypokaliämie Hypomagnesiämie Frauen Bradykardie Chron. Alkohol KHK Medikamente QTc-Verlängerung Ventrik. Tachykardie Kammerflimmern Plötzlicher Herztod 54 QTc-Zeit Verlängerung Auswahl: • Antiarrhytmika: Amiodaron, Dronedaron, Sotalol, …. • Antibiotika: Makrolide, Chinolone • Antimykotika: Ketokonazol, Amphotericin • Antipsychotika • Antidepressiva: TCA, SSRI, Venlafaxin • Andere: Amantadin, Li, Triptane, Methadon, Domperidon (>30mg/d) 55 QTc-Zeit Verlängerung Empfehlungen AM-Therapie: • Keine zeitgleiche Applikation von zwei oder mehr QT-verlängernden Arzneistoffen • vermeiden, dass QT-verlängernde Arzneistoffe wie Fluoxetin gleichzeitig mit Hemmstoffen ihres CYP-vermittelten Abbaus, zum Beispiel Makroliden, Azol-Antimykotika oder Grapefruitsaft, eingenommen werden. •Patienten, bei denen eine erbliche LQT-Mutation bekannt ist, sollten nur bei sehr dringlicher Indikation ein QT-verlängerndes Arzneimittel erhalten. •Patienten, die ein Pharmakon erhalten, das die QT-Zeit um mehr als 50 ms verlängert, zum Beispiel Sotalol, sollten nur im Krankenhaus oder unter EKG-Kontrolle eingestellt werden. •Bei Menschen mit anderen Risiko\-faktoren sollten QT-verlängernde Medikamente möglichst vermieden werden. 56 QTc-Zeit Verlängerung Therapieempfehlungen: Dtsch Ärzteblatt Int 12/2011 • Aufzeichnung eines EKGs vor Therapiebeginn und unter Steady-StateBedingungen • Langsame Aufdosierung mit Dosisanpassung bei Ausscheidungsstörungen und unter Begleitmedikation mit konkurrierendem Abbauweg • EKG-Kontrollen in regelmäßigen Abständen bei Risikopatienten sowie zusätzlicher QTc-verlängernder Begleitmedikation • Kontrolle der Serumkaliumspiegel 57 Medikamentöse Unterversorgung Beispiel: Osteoporose Das Risiko einer über 50-jährigen Frau, an den Folgen einer Schenkelhalsfraktur zu sterben, gleicht dem Mortalitätsrisiko beim Mammakarzinom (2,8 Prozent). Die Kosten der medizinischen Versorgung (OP und Spitalsaufenthalt) einer Oberschenkelhalsfraktur betragen aktuell etwa 12.500 Euro Bei 14.000 Schenkelhalsfrakturen jährlich in Österreich resultieren daraus Kosten von 175 Millionen Euro pro Jahr. Mit den Kosten der Remobilisation, verdreifacht sich diese Zahl auf etwa 525 Millionen Euro. Quelle: MMA, Geriatrie Praxis 01/2008 58 Medikamentöse Unterversorgung Beispiel: Osteoporose Trotz dem Vorhandensein hervorragender Therapieoptionen ist die Anzahl der behandelten Osteoporose-Patienten viel zu gering: Deutschland bei 21,7% Häussler B, Gothe H, Göl D et al (2007) USA Patienten nach Hüftfraktur 2 % Jennings LA, Auerbach AD, Maselli J et al (2010) Auch für hochbetagte Patientengruppen konnten sowohl ein medizinischer als auch volkswirtschaftlicher Benefit nachgewiesen werden. 59 Medikamentöse Unterversorgung Beispiel: Vitamin D Nationalen Verzehrsstudie II Bundesministerium für Ernährung, Deutschland (2008): bis zu 90% der Bevölkerung ist mit Vitamin D unterversorgt Grenzwerte: > 30 ng/ml (= 75 nmol/l) als optimal, 20 bis 29 ng/ml werden als ausreichend angesehen 10 bis 19 ng/ml spricht man von einer Insuffizienz <10 ng/ml schweren Mangel. sichere Obergrenze 100 ng/ml ab 150 ng/ml toxische Bereich 60 Medikamentöse Unterversorgung Beispiel: Vitamin D Vitamin D nicht nur für den Knochen gut auch für die neuromuskuläre Funktion der Skelettmuskulatur die kardiovaskulären Gewebe das ZNS die Immunabwehr 61 Medikamentöse Unterversorgung Beispiel:Vitamin D Die Gruppe um Mei Chung vom Tufts Medical Center in Boston vorbereitende Meta-Analyse für Überarbeitung der Leitlinie über den Einsatz von Vitamin D zur Vorbeugung von Frakturen. tägliche Einnahme von mehr als 400 IE 25-hydroxy-Vitamin D (25-(OH)-D) Senkt die Frakturrate um nahezu 20 Prozent. Mei Chung et al, Annals of Internal Medicine (2011: 155: 827-838) 62 Medikamentöse Unterversorgung Beispiel:Vitamin D empfohlene Aufnahmemenge für Vitamin D: Deutsche Gesellschaft für Ernährung Januar 2012 Mindestens 20 µg/Tag (800 I.E.) 1 µg = 40 Internationale Einheiten (IE); 1 IE = 0,025 µg z.B. Oleovit D3 Tropfen: 1 gtt =400I.E. 20-30 gtt pro Woche = 8ooo I.E. -12.000 I.E. 63 Patientin: Frau Maria M., 93 Jahre HKH trifft Patientin an, verlangsamt, hochgradig red. AZ, Reaktion auf Ansprache und Reize sehr verzögert Lebt alleine, 3 x tgl. HKH, im wesentlichen orientiert, mit Rollator selbstständig. Gestern normal aufgestanden, selbst angezogen, Telefonat mit Tochter Patientin: Frau Maria M., 93 Jahre Status: Temp: 38,2°C, verlangsamt, jedoch kontaktfähig, nicht meningeal, keine Paresen, stehende Hautfalten, trockene SH RR: 95/60 Labor: Harn: Leuko+++, Nitrit: pos, Ery++, Protein + Serum: Leuko 13,2 g/l, CRP 15,3 mg/dl Kreat 1,17mg/dl, GFR 45ml/min Na 147mmol/l Patientin: Frau Maria M., 93 Jahre Medikamente: Transtec 35 µg Pflaster Pantropazol 20 mg 1/0/0 Fosamax 70 mg 1 x wöchentl. Euthyrox 50 µg 1/0/0 Lasix 40 mg 1/0/0 Mirtabene 30 mg 0/0/1 Haldol gtt 3/3/5 Kombi Kalz 1/0/1 Patientin: Frau Maria M., 93 Jahre Medikamente: Transdec 35 µg Pflaster Pantropazol 20 mg 1/0/0 Fosamax 70 mg 1 x wöchentl. Euthyrox 50 µg 1/0/0 Lasix 40 mg 1/0/0 Mirtabene 30 mg 1/0/0 Haldol gtt 3/3/5 Kombi Kalz 1/0/1 Konsequenzen • klin. Pharmazeutin : evaluiert die Medikation jedes neu aufgenommenen Patienten • Nutzen-Risiko-Relation hinterfragen (v.a.bei langjähriger Therapiedauer) • Reduktion od. Absetzen „verdächtiger“ Medikamente • Medikamentenregime so einfach wie möglich halten • Monitoring möglicher Nebenwirkungen während der gesamten Therapiedauer von Risikomedikamenten Medication Appropriateness Index 1. Gibt es eine aktuelle Indikation für das Medikament? 2. Ist das Medikament in dieser Indikation wirksam? 3. Ist es korrekt dosiert? 4. Ist die Verordnung korrekt? 5. Ist die Verordnung praktikabel? 6. Gibt es klinisch relevante Drug/Drug- Interaktionen? 7. Gibt es klinisch relevante Drug/Disease-Interaktionen? 8. Ist ein gleichartiges Medikament verordnet ohne klare Notwendigkeit? 9. Ist die Therapiedauer akzeptabel? 10.Ist das verordnete Medikament das wirtschaftlichste der Substanzgruppe? Hanlon et al, Am J Med 1996; 100/4:428-37 69 „PIM“ - Listen Beers-Liste: wurde 1991 von dem amerikanischen Geriater Mark H. Beers erstellt. 2003 + 2012 wurde die Liste aktualisiert Liste von Medikamente, bei denen es insbesondere bei älteren Menschen vermehrt zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen kommen kann, oder für die Alternativpräparate mit weniger Nebenwirkungen verfügbar sind. 70 Beers-Liste: Pocket card 2012 71 „PIM“ - Listen Es gab Projekt zur Adaptierung der Liste in Deutschland. Dies wurde erforderlich, da viele gelisteten Substanzen bei uns kaum oder gar keine Verwendung finden Verbundprojekt "priscus" (lateinisch: „alt, altehrwürdig“) Holt S, Schmidl S, Thürmann PA: Potentially inappropriate medication in the elderly – PRISCUS list. Dtsch Ärztebl Int 2010; 107: 543-551 Liste von 83 Medikamente, die für Senioren ungeeignet sind www.priscus.net 72 Priscus-Liste 73 the Austrian consensus panel list Potentiell inadäquate Medikamente bei geriatrischen Patienten Mann E, Böhmdorfer B, Frühwald T, Roller-Wirnsberger RE, Dovjak P, Dückelmann-Hofer C, Fischer P, Rabady S, Iglseder B Konsensus-basierten Liste von Arzneimitteln, deren Verordnung potentiell inadäquat für geriatrische Patienten ist, und die deshalb vermieden werden sollten. Die finale Liste enthält 73 Arzneimittel, die aufgrund eines ungünstigen Nutzen/Risiko Profils oder aufgrund fraglicher Wirksamkeit bei geriatrischen Patienten nicht verordnet werden sollten. Die Liste enthält auch Vorschläge für therapeutische Alternativen Informationen über das pharmakologische und pharmakokinetische Verhalten von potentiell inadäquaten Medikamenten Wien Klin Wochenschr. 2012 Mar;124(5-6):160-9. Epub 2011 Dec 2 74 Die österreichische PIM-Liste Google >die österreichische pim liste < pdf file Arbeitsbehelf 75 Die österreichische PIM-Liste 76 Hilfreiche Internet Adressen www.dosing.de Dosierung bei Niereninsuffizienz 77 Hilfreiche Internet Adressen www.dosing.de 78 Hilfreiche Internet Adressen www.dosing.de 79 Hilfreiche Internet Adressen www.qtsyndrome.ch, www.torsades.org www.qtdrugs.org www.crediblemeds.org 80 Hilfreiche Internet Adressen http://medicine.iupui.edu/clinpharm/ddis/ CYP 450 Drug Interaction Table 81 Flyer „Polypharmazie“ Arbeitsgruppe der ÖGGG: „Polypharmazie und Pharmakotherapie im Alter“ Leitung: OA Mag. Dr. Markus Gosch Mitarbeiter: Geriater aus der Inneren Medizin Geriater aus der Neurologie klinische Pharmazeuten Polypharmazie-Board Interdisziplinäre Fallbesprechung von Patienten, die mehr als sieben verschiedene Medikamente gleichzeitig einnehmen Evaluierung der Medikamente nach vorgegebenem Protokoll Teilnehmer: Ärzte verschiedener Fachrichtungen Klinische Pharmazeuten Seite 78 Polypharmazie-Board Ziel: Erkennen potentieller Kontraindikationen oder unzweckmäßige Anwendungen und Dosierungen Erkennen von potentiellen oder bereits relevanten Wechsel- und Nebenwirkungen Streichen von nicht sinnvolle Kombinationen bzw. Doppelverordnungen Seite 79 Polypharmazie-Board Board, an das sich sowohl Spitalsärzte als auch Kollegen aus dem niedergelassenen Bereich wenden können Seite 80 Patientenfallkonferenz nach Siebolds Erste Phase Arzt berichtet alles was er über eine vorgestellten Patienten weiß (Arzt-Patienten-Beziehung) Informationen werden schriftlich festgehalten Zweite Phase Der Behandlungsverlauf wird chronologisch berichtet und dokumentiert Beschreibung der Erkrankungen, Folgeerkrankungen, Diagnostik, Befunde, Therapie Dritte Phase Bisheriger Therapieplan wird Vorgaben aus EbM bzw. Leitlinien Gegenübergestellt und diskutiert Vierte Phase Neuer Behandlungsplan wird entwickelt Seite 81 Patientenfallkonferenz nach Siebolds Qualitätszirkel Vier Aspekte der Reflexion Die individuelle ärztliche Expertise Die Arzt-Patienten Beziehung Der kollegiale Austausch Die evidenzbasierten Leitlinien Seite 82 Patientenfallkonferenz nach Siebolds Dieses Instrument der Qualitätsarbeit ist besonders geeignet um ärztliches Handeln in seiner ganzen Komplexität abzubilden zu diskutieren abzugleichen zu verbessern Seite 83 Danke!
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