Polypharmazie – ist weniger mehr

Department für Akutgeriatrie /
Remobilisation
Leitung: OA Dr. Walter Müller
Polypharmazie – ist weniger mehr
Altersbedingte körperliche
Veränderungen
Besonderheiten bei Krankheiten im Alter
 Oft chronische nur teilweise therapierbare
Krankheiten
 Symptomarmut
 Atypische Krankheitspräsentation
Atypische Krankheitspräsentation
Beispiel Herzinfarkt
 Wird bei >70-Jährigen zu 40% nicht diagnostiziert
keine typischen Symptome, sondern:



Vegetative Symptome (Übelkeit, Schweißausbruch, etc.)
Akute Verwirrtheit
plötzliche AZ-Verschlechterung
Besonderheiten bei Pharmakotherapie
im Alter
 Veränderung der Plasmaeiweißbindung (höhere freie
Medikamenten-Konzentration,)
 Verminderung der metabolischen Leistung der Leber
 Verminderung der Nierenfunktion
 Patienten > 60 Jahre haben mehr UAW
 Compliance-Probleme
• Verminderung der kognitiven Leistung
• Seh- und Hörbehinderung
• Feinmotorische Störungen
Multimorbidität im Alter
 96 Prozent der 70-Jährigen und
Älteren haben mindestens eine
 30 Prozent fünf und mehr
behandlungsbedürftige
Erkrankungen
Quelle: Berliner Altersstudie
Leitlinien
• Leitlinien basieren auf Evidenz und
Expertenkonsens
• Helfen in Standardsituationen
• Sind in der Regel nur für
Einzelerkrankungen erstellt
Leitlinien
 Durch Multimorbidität steigt Anzahl der nach Leitlinien
verordneten Medikamente
 Zusätztlich Selbstmedikation (Arzneien durch
„Familienvorrat“, rezeptfreie Medikamente, Drogisten, etc.)
 Konsultation mehrerer Ärzte und Krankenhäuser
 Mangelnde Koordination und Kommunikation
Polypharmazie
Die meisten Menschen versterben
an ihren Arzneimitteln und nicht an
ihren Krankheiten
Jean-Baptiste Molière (1622 – 1673)
Häufigkeit von ernsten ArzneimittelNebenwirkungen
• 35 % der älteren, selbstständig lebenden Bevölkerung leiden an
unerwünschten Wirkungen ihrer Medikation, ein Drittel davon nimmt
ärztliche Hilfe in Anspruch
Hanlon 1997
• 6,5% der Spitalseinsweisungen wegen Arzneimittel-Nebenwirkungen
- davon ca. 70% vermeidbar
- bei 2% der betroffenen unmittelbare Todesursache
Brit. Med. J. 329, 15-19, 2004
• 17,7% von 28 548 Pat. > 60 a wiederholte KH-Aufnahmen
wegen UAW, Multimorbidität stärker wirksam als Alter
Zhang M et al, BMJ 2009
Häufigkeit von ernsten ArzneimittelNebenwirkungen
 Es sterben in den USA dreimal so viele Personen an einer
unerwünschten Arzneimittelwirkung als an Verkehrsunfällen
 In den USA sind UAW die 5.häufigste direkte oder indirekte
Todesursache bei geriatrischen Patienten
Quelle: Univ.-Prof. Dr. Beubler, Institut für klinische Pharmakologie Graz
Ursachen für UAW
 50-60% Dosierungsfehler (davon 60% mit NINS)
 15-25% K.I. nicht beachtet
 15-20% Medikamenteninteraktion (70% davon
dosisabhängige Interaktion)
 Mehr als 10 % Allergie auf Medikament
Quelle: Grandt, Saarbrücken 2005
Pharmakovigilanzprojekt Salzburg
Projektzeitraum 20.2.-15.5.2007
􀂃
 Aufnahme an der Internen Abteilung:
543 PatientInnen > 75 Jahre
 Im Mittel 7,4 Medikamente (ohne rezeptfreie
Medikamente/pflanzliche Mittel) bei stationärer
Aufnahme
 18% dieser PatientInnen hatten unerwünschte
Arzneimittelwirkungen
 10% wurden deswegen stationär aufgenommen
Quelle: Wiener Klinische Wochenschrift, 2008
Anzahl der Medikamente
„Behandlungskaskade“
Medikamentennebenwirkungen werden fälschlicher
Weise als neues Symptom oder
Krankheitsverschlechterung gedeutet.
 Es kommt zur Verschreibung eines zusätzlichen,
neuen Medikamentes.
Polypharmazie und Verschreibungskaskaden
Polypharmazie
Interaktionsrisiko:
bei zwei gleichzeitig verabreichten Medikamenten 13 %,
bei vier Medikamenten 38 %
bei sieben am gleichen Tag verabreichten Medikamenten 82 %.
Nicht alle dieser Interaktionen sind klinisch relevant, manche
beeinflussen die Wirksamkeit, und einige wenige führen zu
gefährlichen Nebenwirkungen.
Quelle: Prof. Müller, Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie in Wien
22
Hohes Risiko bei
Polypharmakotherapie
Besonders hohes Risiko einer UAW bei:
 Medikamenten mit niedriger therapeutischer Breite
 Medikamente mit steiler Dosis-Wirkungskurve
 bei Einschränkungen der funktionellen Reserven lebenswichtiger
Organe (Niere Leber)
23
Polypharmazie
Der häufigste Aufnahmegrund, der aus einer
unerwünschten Medikamentenreaktion resultiert:
gastrointestinale und zerebrale
Blutungen infolge einer Therapie mit NSAR,
besonders in Kombination mit Azetylsalizylsäure oder
Clopidogrel.
Ein weiterer wichtiger Grund für Spitalseinweisungen
sind Störungen des Wasser- und
Elektrolythaushaltes durch Diuretika.
24
Polypharmazie
Beispiele einer nachteiligen Interaktion:
Aufhebung des kardioprotektiven Effekts
von Azetylsalizylsäure durch NSAR.
Bei gleichzeitiger Gabe wird ASS durch NSAR von
der Bindungsstelle verdrängt. Daher: ASS zwei
Stunden vor einem NSAR verabreichen
25
Eingeschränkte Nierenfunktion
 GFR bei >70-Jährigen: 30 bis 50% vermindert
 Dosis der renal eliminierten Medikamente anpassen
 Bei altersbedingter reduzierter Muskelmasse: bei
scheinbar „normalen“ Kreatininwerten schon
deutliche Nierenfunktionseinschränkung
26
Eingeschränkte Nierenfunktion
 Cockroft-Goult Formel
zur Abschätzung der glomerulären Filtrationsrate
GFR = (140-Alter) X Gewicht X FG
Kreatinin im Serum X 72
(FG Frauen= 0.85 Männer = 1)
27
Einschränkte Nierenfunktion
Kombinationen aus blutdrucksenkenden
Wirkstoffen und NSAR
zur Vasokonstriktion am Vas afferens (NSAR) und
Vasodilatation am Vas efferens (ACE-Hemmer,
Sartane)
Folge ist ein Filtrationsverlust am Glomerulum und,
vor allem bei bestehender Hypovolämie, ein
konsekutives akutes Nierenversagen.
28
Eingeschränkte Nierenfunktion
In diesem Zusammenhang sollte stets der
Hydratationszustand des Patienten beachtet werden
besonders bei zusätzlicher Gabe von :
Laxantien
Diuretica
NSAR
29
Eingeschränkte Nierenfunktion
Auswirkungen von zentral dämpfenden
Substanzen (Opiate, Benzodiazepine,
etc.) auf das Trinkverhalten älterer
Patienten.
Durch fehlendes Durstempfinden kann es
hierbei zu Exsikkose und folglich zum
akuten Nierenversagen kommen
30
Einschränkte Nierenfunktion
Blutdrucksteigerung durch NSAR
-Vaskonstriktion am vas afferens durch
Prostaglandinsynthesehemmung,
-natrium- und wasserretinierende Wirkung
der NSAR
bei kardial vorgeschädigten Patienten Gefahr einer
bedrohlichen Dekompensation der bestehenden
Herzinsuffizienz.
31
Elektrolytstörungen
Hypokaliämien:
Kombinationen von Diuretika (Vor allem die Kombination
von Schleifen- mit Thiaziddiuretika)
Hyperkaliämien:
durch die gleichzeitige Verwendung von kaliumsparenden
Diuretika (Spironolacton) und anderen Substanzen mit
hemmender Wirkung auf das Renin-AngiotensinAldosteron-System
 ACE-Hemmer, Sartane, Aliskiren (Reninhemmer),
Aldosteronantagonisten, Betablocker, Digitalis, Kaliumsalze, NSAR (K
Retention in der Niere), Diabetes (geringere Aufnahme von K in die
Zellen), unzureichende K-Kontrolle
 Herzrythmusstörungen, Synkopen, akutes Nierenversagen bis Dialyse
32
Elektrolytstörungen
Hyponatriämie:
 Erhöhte Na-Ausscheidung : Oft durch Kombinationen
von Thiaziddiuretika mit anderen Diuretika: ↓Na ↓ K
 Beeinflussung RAAS (ACE-I, Spironolacton,
Sartane): Na↓ K↑
 SIADH: Viele Substanzen führen durch Interaktion
mit zentralen Rezeptoren zur Ausscheidung hoher
Mengen von ADH und in der Folge zu einer
Abnahme des Serumnatriums (z.B. trizyklische
Antidepressiva, Neuroleptika, NSAR, Li,
Antikonvulsiva, etc). Na↓
33
Begünstigende Faktoren für ein Delir










• Höheres Lebensalter
• Männliches Geschlecht
• Cerebrovasculäre Schädigung
• Vorbestehende kognitive Defizite (ca.25% der Pat.)
• Sensorische Einschränkungen
• Multimorbidität
• Cardiovasculäre Erkrankungen
• Infektionen, Operationen
• Alkohol
• Polypharmazie
Delir
Welche Symtome zeigen die Patienten?
 • gestörte Aufmerksamkeit
 • Gedächtnisstörungen
 • Probleme bei der Orientierung
 • veränderte Wahrnehmung
 • Auffälligkeiten im Verhalten
 • gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus
Delir
Welche Symtome zeigen die Patienten?
 2 Formen: - hyperaktiv Delir
- hypoaktives Delir
 70% haben Halluzinationen
 Patienten neigen zur Selbstgefährdung und
Selbstverletzung
Delir
Pathogenese des Delirs ist bislang nicht
definitiv geklärt
 das cholinerge System
-
anticholinerg wirksame Medikamente (z.B.: Spasmolytika,
Antiemetika, Bronchodilatatoren, etc.) bergen ein hohes Risiko
für das Auftreten eines Delirs
 das dopaminerge System
- Dopa-Agonisten oder L-Dopa können Delirien induzieren
Delir
 GABA-Rezeptoren
Der wichtigste hemmende Neurotransmitter
des ZNS ist die Gamma-Amino-Buttersäure
(GABA).
Penicilline und andere Betalaktam- Antibiotika
reduzieren die Aktivität von GABARezeptoren können so Delirien auslösen.
Delir
 Glutamat
- wichtigste exzitatorische Transmitter des ZNS
delirante Syndrome durch Chinolone durch
Aktivierung glutamaterger Rezeptoren
Serotoninsyndrom
 Überstarke serotonerge Stimulation
Mentale Symptome: Agitiertheit, Verwirrtheit, Halluzinationen,
Bewusstseinstrübung, Koma
Störung des Autonomen Nervensystems:
Durchfall, Fieber, Schüttelfrost, Schwitzen, Tachycardie,
RR-Schwankungen, Erbrechen
Neuromuskuläre Symtome: Muskeltonuserhöhung, Myoklonus,
Koordinationsstörung, Ataxie, Reflexsteigerung, Tremor
Serotoninsyndrom
 Bei Monotherapie mit SSRI
 Risiko steigt bei Kombinationstherapie mit anderen
serotonergen Pharmaka (SSRI+SNRI)
 Auch bei Kombination mit nicht psychotropen Pharmaka, z.B.
Opioide
Verbotene Kombination: MAO-Hemmer + Serotenerge Pharmaka
 Höchstes Risiko bei Kombination mit irreversiblen,
nichtselektiven MAO-Hemmern z.B. Tranylcypromin (Jatrosom)
 weniger Risiko bei Kombination mit reversiblen selektiven MAOHemmer Meclobemid (Aurorix)
Erhöhtes Sturzrisiko bei Polypharmazie







vigilanzdämpfende Wirkung,
anticholinerge Wirkung,
Hyponatriämie,
muskelrelaxierende Wirkung,
orthostatische Dysregulation,
Rhythmusstörungen
gastrointestinale Nebenwirkungen, die zu Inappetenz und
konsekutiver Mangelernährung führen
Besonders häufige Stürze bei
Kombinationstherapie von Psychopharmaka
Weitere AM - Interaktionen
 Wechselwirkungen mit Transportern
P-Glycoprotein
 Cytochrom–P–450 Beeinflussung
Inhibition, Induktion; poor/rapid metaboliser, …)
43
Cytochrom P450
= Monooxygenasen: oxidative Umsetzung in Phase 1 der Biotransformation
 Menschen: v. A. in der Leber; > 60 verschiedene
Arzneimittel:
wichtige Cytochrome P450 sind
CYP2D6, CYP2C9, CYP2C19,
CYP1A2, CYP3A4
Inhibitoren
 meist eine schnell einsetzende,
kompetitive Hemmung
 Abbau der Substrate wird gehemmt
 Spiegel↑
 meist reversibel
Induktoren
 induzieren die Genexpression
 stark erhöhte Enzymaktivität
 verstärkter Abbau der Substrate
bis Wirkverlust
Langsam! Max. nach zwei bis drei
Wochen, kann über vier Wochen nach
dem Absetzen des Induktors anhalten
44
Cytochrom P450
Inhibitoren
von CYP3A4
Fluconazol,
Ketokonazol, Itraconazol
Amiodaron, Verapamil,
Diltiazem
Alprazolam, Midazolam, Triazolam,
Erythromycin,
Diazepam
Clarithromycin
Zolpidem, Atorvastatin,
Fluvoxamin, Fluoxetin
Simvastatin, Lovastatin, Buspiron,
Voriconazol,
TCA, Trazodon, Mirtazapin,
Proteaseinhibitoren
Fentanyl, Tramadol, Nifedipin,
Cimetidin,
Amlodipin, Phenprocoumon,
Grapefuitsaft
Paracetamol, Buprenorphin,
Methadon, …
CYP3A4
Substrate
Induktoren
von CYP3A4
Barbiturate
Carbamazepin
Phenytoin
Johanniskraut
Rifampicin
45
Cytochrom P450
Inhibitoren von
CYP2C9
Fluconazol,
Voriconazol
Fluvoxamin,
Fluoxetin
Fluvastatin,
Lovastatin,
Amiodaron
CYP2C9
Substrate
Diclofenac,
Ibuprofen, Meloxicam,Naproxen
Glipizid, Glibenclamid, Glimepirid
Losartan, Irbesartan
Phenytoin,
Celecoxib,
Rosiglitazon
Phenprocoumon
Induktoren von
CYP2C9
Carbamazepin
Phenytoin
Rifampicin
Glucocorticoide
46
Cytochrom P450
Inhibitoren von
CYP2D6
Amiodaron,
Bupropion
Celecoxib,
Fluoxetin
Duloxetin
Metoclopramid
Paroxetin
Ritonavir
Sertralin >150mg/d
Terbinafin
CYP 2D6
Substrate
Induktoren von
CYP2D6
keine relevanten
Substanzen bekannt
Flecainid
Amitriptylin,
Fluoxetin, Venlafaxin,
Haloperidol, Risperidon
Carvedilol, Metoprolol,
Propranolol
Metoclopramid, Ondansetron,
Oxycodon,
Dextromethorphan,
Tramadol
47
Cytochrom P450
 genetische Variabilität: zum Beispiel CYP2D6 und CYP2C19
CYP2D6:
•
7-10% der Mitteleuropäer und Afroamerikaner sind langsame Metabolisierer
(Poor metabolizer; PM). Bei Asiaten sind es 1-2%.
•
1-10% der Mitteleuropäer sind Ultraschnelle Metabolisierer (Ultarapid
metabolizer; UM), bei Nordafrikanern und Orientalen sind es 10-29%.
CYP2C19:
•
Ca. 2-5% der Mitteleuropäer und Afroamerikaner sind langsame
Metabolisierer (Poor metabolizer, PM), bei Asiaten sind es 12-23%.
•
Etwa 29% der Mitteleuropäer und Afroamerikaner sind heterozygote oder
homozygote Träger des CYP2C19*17-Allels und dadurch schnelle oder ultraschnelle Metabolisierer (Ultra-rapid metabolizer; UM).
48
P-Glycoprotein
Arzneistoffpumpe nach draußen
 Kommt vor allem in Epithelgeweben vor, die eine Ausscheidungsfunktion
besitzen, z.B. in Leber, Nieren, Dünn- und Dickdarm, Bauspeicheldrüse,
Plazenta, Blut-Hirn- und Blut-Testis-Schranken
 Substrate meist lipophile oder amphiphile Verbindungen
 viele dieser Substanzen gleichzeitig auch Substrate von CYP3A4
• Chinidin + Digoxin
Chinidin hemmt die Transportfunktion des P-Glykoproteins im Darm und
in den Nieren  Digoxin wird verlangsamt ausgeschieden  DigoxinKonz ↑  Kardiale oder neurotoxische Nebenwirkungen
• Loperamid + Chinidin oder Ritonavir
Loperamid (vorher kaum ZNS-gängig) kann die Blut-Hirn-Schranke
verstärkt passieren  zentrale Nebenwirkungen
49
P-Glycoprotein
Inhibitoren
Induktoren
Stark
Johanniskraut systemisch
Mittelstark
Acetyldigoxin
Rifampicin
Schwach
Dexamethason
Hydrocortison
Methylprednisolon
Spironolacton
Trazodon
Valproat
Venlafaxin
uvm.
Fördern Abbau
Antiarrhythmika, HIV Medikamente,
Calciumantagonisten,
Immunsuppressiva, Steroide, Antibiotika
Substrate
Citalopram
Clopidogrel
Digitoxin
Digoxin
Domperidon
Loperamid
Metformin
Ondansetron
Phenytoin
Quetiapin
Risperidon
Sertralin
Trospium
Venlafaxin
….
Mittelstark
Grapefruit
Fluconazol
Itraconazol
Ketoconazol
Amiodaron
Omeprazol
Verapamil
Carvedilol
Fluoxetin
Paroxetin
Lovastatin
Atorvastatin
Simvastatin
Roxithromycin
Clarithromycin
Erythromycin
….
Schwach
Dexamethason
Hydrocortison
Methylprednisolon
Spironolacton
Trazodon
Valproat
Venlafaxin
uvm.
Hemmen Abbau
50
Rote Hand Meldung November 2011
51
Rote Hand Meldung Dezember 2011
52
Rote Hand Meldung April 2015
Wichtige Information des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen über
neue Einschränkungen für hydroxyzinhaltige Arzneimittel zur weiteren
Minimierung des bekannten Risikos einer QT-Zeit Verlängerung
53
QTc-Zeit Verlängerung
QTC-Zeit normal:
< 450ms bei Männern
< 440 ms bei Frauen
Symptome: Herzrasen, Benommenheit, Schwindel oder Ohnmacht
Hypokaliämie
Hypomagnesiämie
Frauen
Bradykardie
Chron. Alkohol
KHK
Medikamente
QTc-Verlängerung
Ventrik. Tachykardie
Kammerflimmern
Plötzlicher Herztod
54
QTc-Zeit Verlängerung
Auswahl:
• Antiarrhytmika: Amiodaron, Dronedaron, Sotalol, ….
• Antibiotika: Makrolide, Chinolone
• Antimykotika: Ketokonazol, Amphotericin
• Antipsychotika
• Antidepressiva: TCA, SSRI, Venlafaxin
• Andere: Amantadin, Li, Triptane, Methadon, Domperidon (>30mg/d)
55
QTc-Zeit Verlängerung
Empfehlungen AM-Therapie:
• Keine zeitgleiche Applikation von zwei oder mehr QT-verlängernden
Arzneistoffen
• vermeiden, dass QT-verlängernde Arzneistoffe wie Fluoxetin gleichzeitig
mit Hemmstoffen ihres CYP-vermittelten Abbaus, zum Beispiel Makroliden,
Azol-Antimykotika oder Grapefruitsaft, eingenommen werden.
•Patienten, bei denen eine erbliche LQT-Mutation bekannt ist, sollten nur bei
sehr dringlicher Indikation ein QT-verlängerndes Arzneimittel erhalten.
•Patienten, die ein Pharmakon erhalten, das die QT-Zeit um mehr als 50 ms
verlängert, zum Beispiel Sotalol, sollten nur im Krankenhaus oder unter
EKG-Kontrolle eingestellt werden.
•Bei Menschen mit anderen Risiko\-faktoren sollten QT-verlängernde
Medikamente möglichst vermieden werden.
56
QTc-Zeit Verlängerung
Therapieempfehlungen:
Dtsch Ärzteblatt Int 12/2011
• Aufzeichnung eines EKGs vor Therapiebeginn und unter Steady-StateBedingungen
• Langsame Aufdosierung mit Dosisanpassung bei Ausscheidungsstörungen
und unter Begleitmedikation mit konkurrierendem Abbauweg
• EKG-Kontrollen in regelmäßigen Abständen bei Risikopatienten sowie
zusätzlicher QTc-verlängernder Begleitmedikation
• Kontrolle der Serumkaliumspiegel
57
Medikamentöse Unterversorgung
Beispiel: Osteoporose
 Das Risiko einer über 50-jährigen Frau, an den Folgen einer
Schenkelhalsfraktur zu sterben, gleicht dem Mortalitätsrisiko
beim Mammakarzinom (2,8 Prozent).
 Die Kosten der medizinischen Versorgung (OP und
Spitalsaufenthalt) einer Oberschenkelhalsfraktur betragen
aktuell etwa 12.500 Euro
 Bei 14.000 Schenkelhalsfrakturen jährlich in Österreich
resultieren daraus Kosten von 175 Millionen Euro pro Jahr.
 Mit den Kosten der Remobilisation, verdreifacht sich diese Zahl
auf etwa 525 Millionen Euro.
Quelle: MMA, Geriatrie Praxis 01/2008
58
Medikamentöse Unterversorgung
Beispiel: Osteoporose
 Trotz dem Vorhandensein hervorragender Therapieoptionen ist die
Anzahl der behandelten Osteoporose-Patienten viel zu gering:


Deutschland bei 21,7%
Häussler B, Gothe H, Göl D et al (2007)
USA Patienten nach Hüftfraktur 2 % Jennings LA, Auerbach AD, Maselli J et al (2010)
 Auch für hochbetagte Patientengruppen konnten sowohl ein
medizinischer als auch volkswirtschaftlicher Benefit nachgewiesen
werden.
59
Medikamentöse Unterversorgung
Beispiel: Vitamin D
Nationalen Verzehrsstudie II
Bundesministerium für Ernährung, Deutschland (2008):
 bis zu 90% der Bevölkerung ist mit Vitamin D unterversorgt
Grenzwerte:
> 30 ng/ml (= 75 nmol/l) als optimal,
20 bis 29 ng/ml werden als ausreichend angesehen
10 bis 19 ng/ml spricht man von einer Insuffizienz
<10 ng/ml schweren Mangel.
sichere Obergrenze 100 ng/ml
ab 150 ng/ml toxische Bereich
60
Medikamentöse Unterversorgung
Beispiel: Vitamin D
 Vitamin D nicht nur für den Knochen gut
 auch für die neuromuskuläre Funktion der
Skelettmuskulatur
 die kardiovaskulären Gewebe
 das ZNS
 die Immunabwehr
61
Medikamentöse Unterversorgung
Beispiel:Vitamin D
Die Gruppe um Mei Chung vom Tufts Medical Center in Boston
vorbereitende Meta-Analyse für Überarbeitung der Leitlinie über
den Einsatz von Vitamin D zur Vorbeugung von Frakturen.
 tägliche Einnahme von mehr als 400 IE 25-hydroxy-Vitamin D
(25-(OH)-D)
 Senkt die Frakturrate um nahezu 20 Prozent.
Mei Chung et al, Annals of Internal Medicine (2011: 155: 827-838)
62
Medikamentöse Unterversorgung
Beispiel:Vitamin D
empfohlene Aufnahmemenge für Vitamin D:
Deutsche Gesellschaft für Ernährung Januar 2012
Mindestens 20 µg/Tag (800 I.E.)
1 µg = 40 Internationale Einheiten (IE); 1 IE = 0,025 µg
z.B. Oleovit D3 Tropfen:
1 gtt =400I.E.
20-30 gtt pro Woche = 8ooo I.E. -12.000 I.E.
63
Patientin: Frau Maria M., 93 Jahre
 HKH trifft Patientin an, verlangsamt,
hochgradig red. AZ, Reaktion auf Ansprache
und Reize sehr verzögert
 Lebt alleine, 3 x tgl. HKH, im wesentlichen
orientiert, mit Rollator selbstständig.
 Gestern normal aufgestanden, selbst
angezogen, Telefonat mit Tochter
Patientin: Frau Maria M., 93 Jahre
 Status: Temp: 38,2°C, verlangsamt, jedoch kontaktfähig,
nicht meningeal, keine Paresen, stehende Hautfalten,
trockene SH
RR: 95/60
 Labor: Harn: Leuko+++, Nitrit: pos, Ery++,
Protein +
Serum: Leuko 13,2 g/l, CRP 15,3 mg/dl
Kreat 1,17mg/dl, GFR 45ml/min
Na 147mmol/l
Patientin: Frau Maria M., 93 Jahre
 Medikamente: Transtec 35 µg Pflaster
Pantropazol 20 mg 1/0/0
Fosamax 70 mg 1 x wöchentl.
Euthyrox 50 µg 1/0/0
Lasix 40 mg 1/0/0
Mirtabene 30 mg 0/0/1
Haldol gtt 3/3/5
Kombi Kalz 1/0/1
Patientin: Frau Maria M., 93 Jahre
 Medikamente: Transdec 35 µg Pflaster
Pantropazol 20 mg 1/0/0
Fosamax 70 mg 1 x wöchentl.
Euthyrox 50 µg 1/0/0
Lasix 40 mg 1/0/0
Mirtabene 30 mg 1/0/0
Haldol gtt 3/3/5
Kombi Kalz 1/0/1
Konsequenzen
• klin. Pharmazeutin :
evaluiert die Medikation jedes neu aufgenommenen Patienten
• Nutzen-Risiko-Relation hinterfragen (v.a.bei langjähriger Therapiedauer)
• Reduktion od. Absetzen „verdächtiger“ Medikamente
• Medikamentenregime so einfach wie möglich halten
• Monitoring möglicher Nebenwirkungen während der
gesamten Therapiedauer von Risikomedikamenten
Medication Appropriateness Index
1. Gibt es eine aktuelle Indikation für das Medikament?
2. Ist das Medikament in dieser Indikation wirksam?
3. Ist es korrekt dosiert?
4. Ist die Verordnung korrekt?
5. Ist die Verordnung praktikabel?
6. Gibt es klinisch relevante Drug/Drug- Interaktionen?
7. Gibt es klinisch relevante Drug/Disease-Interaktionen?
8. Ist ein gleichartiges Medikament verordnet ohne klare Notwendigkeit?
9. Ist die Therapiedauer akzeptabel?
10.Ist das verordnete Medikament das wirtschaftlichste der Substanzgruppe?
Hanlon et al, Am J Med 1996; 100/4:428-37
69
„PIM“ - Listen
 Beers-Liste: wurde 1991 von dem amerikanischen Geriater
Mark H. Beers erstellt. 2003 + 2012 wurde die Liste aktualisiert
 Liste von Medikamente, bei denen es insbesondere bei älteren
Menschen vermehrt zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen
kommen kann, oder für die Alternativpräparate mit weniger
Nebenwirkungen verfügbar sind.
70
Beers-Liste: Pocket card 2012
71
„PIM“ - Listen


Es gab Projekt zur Adaptierung der Liste in Deutschland.
Dies wurde erforderlich, da viele gelisteten Substanzen bei
uns kaum oder gar keine Verwendung finden
Verbundprojekt "priscus" (lateinisch: „alt, altehrwürdig“)
Holt S, Schmidl S, Thürmann PA:
Potentially inappropriate medication in the
elderly – PRISCUS list.
Dtsch Ärztebl Int 2010; 107: 543-551
Liste von 83 Medikamente, die für Senioren
ungeeignet sind
www.priscus.net
72
Priscus-Liste
73
the Austrian consensus panel list
 Potentiell inadäquate Medikamente
bei geriatrischen Patienten
Mann E, Böhmdorfer B, Frühwald T, Roller-Wirnsberger RE, Dovjak P, Dückelmann-Hofer C,
Fischer P, Rabady S, Iglseder B
 Konsensus-basierten Liste von Arzneimitteln, deren Verordnung
potentiell inadäquat für geriatrische Patienten ist, und die deshalb
vermieden werden sollten.
 Die finale Liste enthält 73 Arzneimittel, die aufgrund eines
ungünstigen Nutzen/Risiko Profils oder aufgrund fraglicher
Wirksamkeit bei geriatrischen Patienten nicht verordnet werden
sollten.
 Die Liste enthält auch Vorschläge für therapeutische Alternativen
 Informationen über das pharmakologische und
pharmakokinetische Verhalten von potentiell inadäquaten
Medikamenten
Wien Klin Wochenschr. 2012 Mar;124(5-6):160-9. Epub 2011 Dec 2
74
Die österreichische PIM-Liste
Google >die österreichische pim liste < pdf file Arbeitsbehelf
75
Die österreichische PIM-Liste
76
Hilfreiche Internet Adressen
 www.dosing.de
Dosierung bei Niereninsuffizienz
77
Hilfreiche Internet Adressen
 www.dosing.de
78
Hilfreiche Internet Adressen
 www.dosing.de
79
Hilfreiche Internet Adressen
 www.qtsyndrome.ch, www.torsades.org
 www.qtdrugs.org  www.crediblemeds.org
80
Hilfreiche Internet Adressen
 http://medicine.iupui.edu/clinpharm/ddis/
CYP 450 Drug Interaction Table
81
Flyer „Polypharmazie“
Arbeitsgruppe der ÖGGG: „Polypharmazie und
Pharmakotherapie im Alter“
Leitung:
 OA Mag. Dr. Markus Gosch
Mitarbeiter:
 Geriater aus der Inneren Medizin
 Geriater aus der Neurologie
 klinische Pharmazeuten
Polypharmazie-Board
Interdisziplinäre Fallbesprechung von Patienten, die mehr als
sieben verschiedene Medikamente gleichzeitig einnehmen
Evaluierung der Medikamente nach vorgegebenem Protokoll
Teilnehmer:
 Ärzte verschiedener Fachrichtungen
 Klinische Pharmazeuten
Seite 78
Polypharmazie-Board
Ziel:
 Erkennen potentieller Kontraindikationen oder
unzweckmäßige Anwendungen und Dosierungen
 Erkennen von potentiellen oder bereits relevanten
Wechsel- und Nebenwirkungen
 Streichen von nicht sinnvolle Kombinationen
bzw. Doppelverordnungen
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Polypharmazie-Board
Board, an das sich sowohl Spitalsärzte als auch Kollegen
aus dem niedergelassenen Bereich wenden können
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Patientenfallkonferenz nach Siebolds
Erste Phase
Arzt berichtet alles was er über eine vorgestellten Patienten weiß
(Arzt-Patienten-Beziehung) Informationen werden schriftlich festgehalten
Zweite Phase
Der Behandlungsverlauf wird chronologisch berichtet und dokumentiert
Beschreibung der Erkrankungen, Folgeerkrankungen, Diagnostik,
Befunde, Therapie
Dritte Phase
Bisheriger Therapieplan wird Vorgaben aus EbM bzw. Leitlinien
Gegenübergestellt und diskutiert
Vierte Phase
Neuer Behandlungsplan wird entwickelt
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Patientenfallkonferenz nach Siebolds
Qualitätszirkel
Vier Aspekte der Reflexion
 Die individuelle ärztliche Expertise
 Die Arzt-Patienten Beziehung
 Der kollegiale Austausch
 Die evidenzbasierten Leitlinien
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Patientenfallkonferenz nach Siebolds
Dieses Instrument der Qualitätsarbeit ist besonders
geeignet um ärztliches Handeln in seiner
ganzen Komplexität
abzubilden
zu diskutieren
abzugleichen
zu verbessern
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Danke!