Abiturprüfung an den allgemein bildenden Gymnasien (Baden-Württemberg) 2015 Prüfungsfach: Chemie – Aufgabe I VP 1 Auf Raumstationen im Weltall sind zum Überleben der Bewohner Lebenserhaltungssysteme erforderlich. 1.1 Die Astronauten atmen unter anderem durch den Abbau von Glucose kontinuierlich Kohlenstoffdioxid und Wasser aus. Die Entfernung von Kohlenstoffdioxid aus der Atemluft ist lebensnotwendig, da bereits ein Volumenanteil von 5 % Schwindel hervorruft. Eine Möglichkeit zur Entfernung des Kohlenstoffdioxids ist die Reaktion mit Lithiumhydroxid, bei der festes Lithiumcarbonat und Wasser gebildet werden. • Formulieren Sie je eine Reaktionsgleichung für die beiden im Text beschriebenen Reaktionen. • Beurteilen Sie mit Hilfe der Oxidationszahlen, ob es sich bei diesen Reaktionen um Redoxreaktionen handelt. 5 1.2 Bei körperlicher Anstrengung atmet der Mensch bis zu 1 kg Kohlenstoffdioxid pro Tag aus. Bei Außeneinsätzen führen die Astronauten deshalb einen Behälter mit Lithiumhydroxid mit sich. Der Gehalt des darin enthaltenen Lithiumhydroxids wird in regelmäßigen Abständen überprüft. • Berechnen Sie die Masse an Lithiumhydroxid, die für die Reaktion mit 1 kg Kohlenstoffdioxid benötigt wird. • Skizzieren Sie einen vollständig beschrifteten Versuchsaufbau, um die Konzentration einer wässrigen Lithiumhydroxid-Lösung experimentell zu bestimmen. 4 2 Für geplante Marsmissionen ist es technisch noch nicht möglich, die erforderlichen Mengen Sauerstoff mitzuführen. Deshalb ist es notwendig, Sauerstoff aus dem ausgeatmeten Kohlenstoffdioxid zurückzugewinnen. Auf der ISS Raumstation wurde ein Modul in Betrieb genommen, das Kohlenstoffdioxid in einer Gleichgewichtsreaktion mit Wasserstoff zu Methan und gasförmigem Wasser umsetzt (SABATIER-Prozess). Das erzeugte Wasser wird zusammen mit dem der Raumluft entzogenen Wasser elektrolytisch in Sauerstoff und Wasserstoff umgewandelt. 2.1 • Formulieren Sie die Reaktionsgleichung für den SABATIER-Prozess und berechnen Sie die Standardreaktionsenthalpie und die Standardreaktionsentropie. • Begründen Sie das Vorzeichen der Standardreaktionsentropie. • Ermitteln Sie durch eine Rechnung, ob der SABATIER-Prozess bei Standardbedingungen und T = 298 K spontan abläuft. 6 2.2 • Begründen Sie mit Hilfe des Prinzips von LE CHAtelier drei Reaktionsbedingungen zur Optimierung des SABATIER-Prozesses. 3 2.3 • Nennen Sie Möglichkeiten, mit dem entstandenen Methan im Bereich der Raumstation weiter umzugehen. 2015-1 2 20 Lösungen 1.1 Reaktionsgleichungen für die Produktion und Fixierung von Kohlenstoffdioxid: (1) C6H12O6 + 6 O2 6 CO2 + 6 H2O (2) 2 LiOH + CO2 Li2CO3 + H2O Oxidationszahlen und Reaktionstyp: Die Reaktion (1) von Glucose mit Sauerstoff ist eine Redoxreaktion. Die Kohlenstoffatome geben Elektronen ab (Oxidation), die Sauerstoffatome nehmen diese auf (Reduktion): 0 +I +II C6H12O6 Glucose r r +IV –II 0 O2 +I –II CO2 Sauerstoff Kohlenstoffdioxid H2O Wasser Wird zur Zuweisung von Oxidationszahlen die Summenformel der Glucose benutzt, so ergibt sich eine durchschnittliche Oxidationszahl für die Kohlenstoffatome. Bei der zweiten Reaktion bleiben die Oxidationszahlen aller Teilchen gleich. Daher handelt es sich hier nicht um eine Redoxreaktion: +I –II +I +I +IV –II Li(OH) Li2(CO3) Lithiumhydroxid Lithiumcarbonat 1.2 Masse von Lithiumhydroxid zur Fixierung von Kohlenstoffdioxid: nCO 2 = mCO 2 M CO 2 = 1 000 g ≈ 22,73 mol 44 g ⋅ mol −1 Aus der Reaktionsgleichung geht hervor, dass für die Reaktion von einem Mol Kohlenstoffdioxid zwei Mol Lithiumhydroxid benötigt werden, also 45,46 mol. ⎛ nCO 2 ⎞ 1 = ⇔ nLiOH = 2 ⋅ nCO 2 ⎟⎟ ⎜⎜ ⎝ nLiOH 2 ⎠ mLiOH ⇒ mLiOH = nLiOH ⋅ M LiOH = 45, 46 mol ⋅ 23,9 g ⋅ mol −1 ≈ 1086,5 g nLiOH = M LiOH Es werden 1 086,6 g Lithiumhydroxid benötigt, um 1 kg Kohlenstoffdioxid umzusetzen. r r r r r r r r r r r r Alternative Berechnung: Bei einem Umsatz gemäß der Reaktionsgleichung werden 44 g Kohlenstoffdioxid und 47,8 g Lithiumhydroxid verbraucht. 47,8 g Lithiumhydroxid 47,8 g 1 g Kohlenstoffdioxid Lithiumhydroxid 44 47,8 g 1 000 g Kohlenstoffdioxid 1 000 ⋅ ≈ 1086, 4 g Lithiumhydroxid 44 44 g Kohlenstoffdioxid Die Abweichung im Zahlenwert erklärt sich durch die oben vorgenommenen Rundungen. 2015-2
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