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© PD Dr. M. Geuting 2004
RWTH Aachen
VERBALISIERUNG
„Den Stil verbessern – das heißt:
den Gedanken verbessern“
NIETZSCHE
„Sprachkürze gibt Denkweite“
JEAN PAUL
[RICHTER]
„Über die allmähliche Verfertigung der
Gedanken beim Reden...“
HEINRICH VON KLEIST
„Beherrsche die Sache dann folgen die Worte von selbst“
Rem tene, verba sequentur
CATO
„Wer viel redet, erfährt wenig“
ARMENISCHES SPRICHWORT
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Zur Lehrer-Sprache:
„Eine Sprache mit Geschick handhaben heißt: eine Art Beschwörungszauber ausüben“
BAUDELAIRE
Unterhaltungswert von Unterrichtssprache
Der beneidenswerte Lehrer, der durch seine Worte Aufmerksamkeit erregt und den Geist der Zuhörer fesselt...
Einige Bedingungen wirkungsvollen Redens:
- anschauliche Sprache
> Sprachbilder, bildhafte Vergleiche, konkrete Details, Beispiele
- emotional ansprechende Sprache
> deutlich artikuliert, durch Mimik und Gestik verstärkt, locker
gelöst in einem heiteren Plauderton vorgetragen
- spielerische Sprache < Sprachspiele
> witzig, heiter, fabulierend, assoziierend, wortgewandt ( mit
reichem Wortschatz ), kreativ neue Formulierungen erfindend
- rhetorisch-argumentative Sprache
> im Stile von CICERO, in Anlehnung an Politiker-Reden, an
Juristen-Disputationen, antithetisch–dialektische Zuspitzungen,
logische Denk-Figuren, verständliche Gedankenfolge und
klarer Aufbau ( Disposition ) im Ganzen
VERBALISIERUNG: Bemühungen um Verständlichkeit
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Pädagogische Grundentscheidung :
Anpassung der Sprache „nach unten“ hin ( etwa in Anbiederung an Schulhof-Zeitgeist und an Schüler-Jargon ?
oder
Geistige Herausforderung„nach oben“ hin durch höheres Sprachniveau(als vermutlich das der meisten Zuhörer)?
Bemühung um Verständlichkeit :
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Satzgestaltung:
 Sind die Sätze von begreifbarer Länge ? Kurze Sätze !
 Sind die Sätze von relativ einfacher Konstruktion ? Keine Satz-Verschachtelungen !
 Sind die Sätze ohne schwer verständliche grammatikalische Besonderheiten ?
 Drücken die Sätze inhaltlich genau das aus,
was im Grunde und im Kern eigentlich gemeint ist ?
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Wortwahl:
 Sind die einfachsten Worte gewählt worden, um einen Gedanken zum Ausdruck zu bringen?
 Stimmen die Worte mit dem Wortschatz der Schüler überein, z.B. alterstypische Schülersprache?
 Sind die Wörter der Unterrichtssprache frei vom „slang“, also von sog. Soziolekt ?
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 Sollte die Unterrichtssprache Wörter aus dem regionalen Dialekt meiden ?
 Ist der Sprachstil relativ „neutral“, das heißt:
- ohne wissenschaftliche, technische oder juristische Spezial-Ausdrücke von Experten,
- ohne altertümliche Redewendungen vergangener Jahrhunderte
- ohne alltagssprachliche Trivialitäten?
- ohne tagesaktuelle modische Anglizismen ?
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Stilebenen:
 Lehrer- und Schulbuch-Sprache als kultiviertes Sprachvorbild?
 Ein Schulproblem:
Hochdeutsch in Reinkultur? Hochdeutsch mit Dialekteinfärbung?
Ausgeprägter hochdeutscher Dialekt einer Region?
Plattdeutsch bzw. Niederdeutsch als eigenwertige Hochsprache ?
Zur inneren Strukturierung von Lehrtexten
Problem: Häufiger Widerspruch zwischen Sprachstruktur und Sachstruktur, und zwar:
einerseits der grammatikalisch erforderlichen prozessualen Abfolge der Worte und Sätze in ihrer durch das
Sprechen zeitbedingten Reihung (Sequenzierung) und
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andererseits dem gedanklichen Gefüge in seiner denklogischen und sachlogischen Beziehungsstruktur
(Systematisierung und Hierarchisierung der Gedanken und Sachverhalte)
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Wann den Text bzw. die Rede beginnen? Wie die Reihenfolge gestalten ? Wann beenden?
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Welchen Weg durch die gedankliche und sachbedingte Systematik nehmen? Wo anfangen ?
Es gibt mehrere Wege, um den sachstrukturellen Gesamtzusammenhang im sprachlichen
Nacheinander darzustellen Sprachwege sind zugleich auch Erkenntnis- und Lernwege!
Vertikal:Abstraktionsebenen
der Sach- und
Gedankensystematik
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Horizontal:Umsetzung in
sprachliche Sequenz des
Textes