© 2016 aok-business.de - PRO Online, 17.04.2016

Ausländische Arbeitnehmer - Abschiebung
Inhaltsübersicht
1.
2.
3.
4.
5.
Allgemeines
Begründung der Ausreisepflicht
Durchsetzung der Ausreisepflicht
Haftung und Gebühren
Regelungen für EU-Bürger
5.1 Ausreisepflicht
5.2 Verlust der Freizügigkeit/Einreiseverbot
5.3 Anwendung des AufenthG
6.
Rechtsprechungs-ABC
6.1 Passvorlage
Information
1. Allgemeines
Der illegale Aufenthalt ausländischer Arbeitnehmer darf nicht geduldet werden. Die aufenthaltsrechtlichen
Bestimmungen bieten deswegen ein ausgeklügeltes Maßnahmesystem, mit dem der illegale Status beendet
werden kann. Das Ende ist die Abschiebung. Der illegale Ausländer wird wieder in sein Herkunftsland oder
einen Drittstaat abgeschoben. Nach § 50 Abs. 1 AufenthG ist ein Ausländer zur Ausreise verpflichtet,
"wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem
Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht".
Praxistipp:
Arbeitgeber sollten den aufenthaltsrechtlichen Status ausländischer Arbeitnehmer nicht auf die leichte
Schulter nehmen. Wer sich illegal in der Bundesrepublik Deutschland aufhält und arbeitet, wird illegal
beschäftigt. Und die illegale Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer kann - abhängig vom Einzefall eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit oder eine echte Straftat sein, die Geld- oder Freiheitsstrafe
nach sich zieht.
Ein Ausländer wird zwingend ausgewiesen, wenn er gewichtige vorsätzliche Straftaten begangen hat (
§ 53 AufenthG ). Bei geringeren Straftaten und anderen Tatbeständen erfolgt die Ausweisung "in der Regel" (
§ 54 AufenthG ). § 55 AufenthG regelt die Fälle einer "Ermessensausweisung". Ist die Ausreisepflicht
vollziehbar, ist der Ausländer abzuschieben ( § 58 Abs. 1 AufenthG ). Zu diesem Zweck können
ausreisepflichtige Ausländer sogar nach Maßgabe des § 62 AufenthG in Abschiebungshaft genommen
werden. "Wird ein Ausländer zurückgewiesen, so hat ihn der Beförderungsunternehmer, der ihn an die
Grenze befördert hat, unverzüglich außer Landes zu bringen" ( § 64 Abs. 1 AufenthG ). Für dabei anfallende
Kosten kann auch der Arbeitgeber in die Pflicht genommen werden. Für EU-und EWR-Bürger gelten
Besonderheiten, die unter Gliederungspunkt 5. dargestellt sind.
2. Begründung der Ausreisepflicht
Die Vorschriften, die die Ausreisepflicht von Ausländern begründen, stehen in den §§ 50 bis 56 AufenthG .
Der Grundsatz: Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er keinen erforderlichen
Aufenthaltstitel besitzt oder nicht mehr besitzt und kein Aufenthaltsrecht nach dem
Assoziationsabkommen EWG/Türkei besteht oder nicht mehr besteht ( § 50 Abs. 1 AufenthG ). Der
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ausreisepflichtige Ausländer hat das Bundesgebiet
• unverzüglich oder
• mit Ablauf einer ihm gesetzten Ausreisefrist
zu verlassen ( § 50 Abs. 2 AufenthG ).
Praxistipp:
Der Ausländer genügt seiner Ausreisepflicht durch "die Einreise in einen anderen Mitgliedsstaat der
Europäischen Union oder in einen anderen Schengen-Staat" nur dann, wenn ihm Einreise und Aufenthalt
dort erlaubt sind ( § 50 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, "ist der
ausreisepflichtige Ausländer aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu
begeben" ( § 50 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ).
Der Aufenthaltstitel erlischt nach § 51 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3, Nr. 4 u. Nr. 5, Nr. 5a AufenthG u.a. mit:
• Ablauf der Geltungsdauer (Nr. 1),
• Rücknahme des Aufenthaltstitels (Nr. 3),
• Widerruf des Aufenthaltstitels (Nr. 4),
• Ausweisung des Ausländers (Nr. 5) oder
• Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG (Nr. 5a).
§ 52 AufenthG regelt den Widerruf von Aufenthaltstiteln:
1. So sind z.B. ein nationales Visum, eine Aufenthaltserlaubnis und eine Blaue Karte EU, die zwecks
Beschäftigung erteilt wurden, zu widerrufen, wenn die Bundesagentur für Arbeit ihre Zustimmung
zur Ausübung der Beschäftigung nach § 41 AufenthG widerrufen hat ( § 52 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ).
2. Eine nach § 16 Abs. 1 AufenthG zum Zweck eines Studiums erteilte Aufenthaltserlaubnis kann nach
§ 52 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG widerrufen werden, wenn der Ausländer eine Erwerbstätigkeit ausübt,
ohne die dafür erforderliche Erlaubnis zu haben.
3. Wurde dem Ausländer nach § 20 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Forschung
erteilt, kann diese Erlaubnis widerrufen werden, wenn "der Ausländer bei der Forschungseinrichtung
keine Forschung mehr betreibt oder betreiben darf" ( § 52 Abs. 4 Nr. 2 AufenthG ).
§ 52 AufenthG enthält einen langen Katalog unterschiedlicher Widerrufstatbestände, die hier nicht alle
angesprochen werden können.
Bei besonderen Straftaten ist eine zwingende Ausweisung vorgesehen ( § 53 AufenthG ). Bei Vorliegen der
in § 54 AufenthG geregelten Tatbestände erfolgt die so genannte Regelausweisung. § 55 AufenthG enthält
die Voraussetzungen, unter denen eine Ermessensausweisung möglich ist. So erlaubt § 55 Abs. 2
Nr. 6 AufenthG die Ausweisung, "wenn der Ausländer für sich, seine Familienangehörigen oder für sonstige
Haushaltsangehörige Sozialhilfe in Anspruch nimmt". Hilfsbedürftigkeit allein wird nicht reichen.
Sozialleistungen müssen bezogen werden. Auch SGB II-Leistungen sind "Sozialhilfe" i.S. des § 55 Abs. 2
Nr. 6 AufenthG . § 56 AufenthG sieht einen besonderen Ausweisungsschutz vor.
3. Durchsetzung der Ausreisepflicht
Die Durchsetzung der Ausreisepflicht erfolgt nach den §§ 57 bis 62a AufenthG .
Ausländer, die in Verbindung mit der unerlaubten Einreise über eine Grenze i.S.d. Art. 2 Nr. 2 VO
562/2006 EG aufgegriffen werden, sollen zurückgeschoben werden ( § 57 Abs. 1 AufenthG ). Ein
vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, der durch einen anderen EU-Mitgliedsstaat, Norwegen oder die
Schweiz auf Grund einer am 13.01.2009 geltenden zwischenstaatlichen Übernahmevereinbarung wieder
aufgenommen wird, soll in diesen Staat zurückgeschoben werden ( § 57 Abs. 2 Halbs. 1 AufenthG ). Die
§§ 58 Abs. 1b , 59 Abs. 8 , 60 Abs. 1 bis 5 und 7 bis 9 , 62 und 62a AufenthG gelten entsprechend ( § 57
Abs. 3 AufenthG ).
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Ein Ausländer ist abzuschieben, wenn
1. die Ausreisepflicht vollziehbar ist,
2. eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder bereits abgelaufen ist, und
3. die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder
4. aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich
erscheint ( § 58 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ).
Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung
in einem anderen EU-Mitgliedsstaat hat und in einem anderen EU-Mitgliedsstaat international
Schutzberechtigter ist, darf - außer in den Fällen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG - nur in den
schutzgewährenden Mitgliedsstaat abgeschoben werden ( § 58 Abs. 1b Satz 1 AufenthG ).
Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer
1. unerlaubt eingereist ist ( § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG ),
2. "noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die
Verlängerung beantragt hat und trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81
Abs. 3 AufenthG als erlaubt oder Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 AufenthG nicht als fortbestehend
gilt" ( § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG ) oder
3. "auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen EU-Mitgliedsstaates nach Art. 3 RL
2001/40/EG ausreisepflichtig wird ( § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AufenthG ).
"Im Übrigen", so § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG , "ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung
des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1
ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist."
Die oberste Landesbehörde kann gegen einen Ausländer
• aufgrund einer auf Tatsachen gestützten Prognose,
• zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik
• oder zur Abwehr einer terroristischen Gefahr
auch ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen ( § 58a Abs. 1
Satz 1 AufenthG ). Sie ist sofort vollziehbar und braucht vorher nicht angedroht zu werden ( § 58a Abs. 1
Satz 2 AufenthG ).
Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen
1. 7 und
2. 30 Tagen
für die freiwillige Ausreise anzudrohen ( § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ). In Ausnahmefällen kann eine kürzere
Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung sogar Abstand genommen werden, wenn dies zur Wahrnehmung
überwiegender öffentlicher Belange im Einzelfall zwingend erforderllch ist, zum Beispiel wenn
1. der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will ( § 59
Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG ) oder
2. von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht (
§ 59 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG ).
Je nach den Umständen des Einzelfalls kann eine Ausreisefrist angemessen verlängert oder für einen
längeren Zeitraum festgesetzt werden ( § 59 Abs. 1 Satz 4 AufenthG ).
In der Abschiebungsandrohung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden
soll ( § 59 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ). Für besondere Fällen gibt es in § 60 AufenthG ein Abschiebeverbot.
Unter Umständen kann die Abschiebung auch vorübergehend ausgesetzt werden ( § 60a AufenthG ). In
diesem Fall wird von einer Duldung gesprochen. Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen
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Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt ( § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ). Zur
Vorbereitung der Abschiebung kann der Ausländer nach Maßgabe des § 62 AufenthG in Abschiebungshaft
genommen werden. Für diese Abschiebehaft gibt es spezielle Hafteinrichtungen ( § 62a AufenthG ).
4. Haftung und Gebühren
Wer für die Rückbeförderung des illegalen Ausländers in die Pflicht genommen wird und die Kosten dafür
zu tragen hat, ist in den §§ 63 bis 70 AufenthG geregelt.
Ein Beförderungsunternehmer darf Ausländer nur dann in das Bundesgebiet befördern, wenn sie im Besitz
eines erforderlichen Passes und eines erforderlichen Aufenthaltstitels sind ( § 63 Abs. 1 AufenthG ). Die
Beförderung von Ausländern kann untersagt und bei Zuwiderhandlungen gegen die
Untersagungsverfügung ein Zwangsgeld verhängt werden ( § 63 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ). Das Zwangsgeld
beträgt für jeden Ausländer, der verfügungswidrig befördert wird, mindestens 1.000 EUR, höchstens
5.000 EUR ( § 63 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ). Wird ein Ausländer zurückgewiesen, so hat ihn der
Beförderungsunternehmer, der ihn an die Grenze befördert hat, nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 AufenthG
unverzüglich außer Landes zu bringen.
Der Beförderungsunternehmer hat den Ausländer auf Verlangen der mit der polizeilichen Kontrolle des
grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden in den Staat,
1. der das Reisedokument ausgestellt hat oder
2. aus dem er befördert wurde oder
3. in einen sonstigen Staat
zu bringen, in dem seine Einreise gewährleistet ist ( § 64 Abs. 3 AufenthG ).
§ 65 AufenthG verpflichtet Unternehmer eines Verkehrsflughafens, auf dem Flughafengelände geeignete
Unterkünfte
• für die Unterbringung von Ausländern,
• die nicht im Besitz eines erforderlichen Passes oder eines erforderlichen Visums sind,
• bis zum Vollzug der grenzpolizeilichen Entscheidung über die Einreise
bereitzustellen.
Kosten, die durch die Durchsetzung einer räumlichen Beschränkung, die Zurückweisung, Zurückschiebung
oder Abschiebung entstehen, hat der Ausländer zu tragen ( § 66 Abs. 1 AufenthG ). Daneben haftet
derjenige für die Kosten, der sich gegenüber Ausländerbehörde/Auslandsvertretung verpflichtet hat, für die
Ausreisekosten aufzukommen ( § 66 Abs. 2 AufenthG ). Kostenschuldner kann darüber hinaus auch der
Beförderungsunternehmer sein ( § 66 Abs. 3 AufenthG ). Für die Kosten der
• Abschiebung oder
• Zurückschiebung
haftet auch,
• derjenige, der den Ausländer als Arbeitnehmer beschäftigt hat, wenn diesem die Ausübung der
Erwerbstätigkeit nach den AufenthG-Vorschriften nicht erlaubt war ( § 66 Abs. 4 Satz 1
Nr. 1 AufenthG );
• ein Unternehmer, für den ein Arbeitgeber als unmittelbarer Auftragnehmer Leistungen erbracht hat,
wenn ihm bekannt war, oder er bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen
müssen, dass der Arbeitgeber für die Erbringung der Leistung den Ausländer als Arbeitnehmer
eingesetzt hat, dem die Ausübung der Erwerbstätigkeit nach den AufenthG-Vorschriften nicht
erlaubt war ( § 66 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AufenthG );
• wer als Generalunternehmer oder zwischengeschalteter Unternehmer ohne mittelbare vertragliche
Beziehungen zu dem Arbeitgeber Kenntnis von der Beschäftigung des Ausländers hat, dem die
Ausübung der Erwerbstätigkeit nach den AufenthG-Bestimmungen nicht erlaubt war ( § 66 Abs. 4
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Satz 1 Nr. 3 AufenthG );
• wer eine nach § 96 AufenthG strafbare Handlung begeht ( § 66 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 AufenthG );
• der Ausländer, soweit die Kosten von den anderen Kostenschuldnern nicht beigetrieben werden
können ( § 66 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 AufenthG ).
Praxistipp:
Der Arbeitgeber, der illegale Ausländer beschäftigt, muss nicht damit rechnen, unentdeckt zu bleiben. Die
von der illegalen Beschäftigung erhofften unternehmerischen Gewinne können ganz schnell neutralisiert
werden, wenn die Kosten für den Rücktransport und die zu erwartenden Geldbußen oder -strafen
abgezogen werden. Dann entwickelt sich aus der für lukrativ gehaltenen Schwarzarbeit ganz schnell ein
dickes Minusgeschäft.
Vom Kostenschuldner kann nach Maßgabe des § 66 Abs. 5 AufenthG sogar eine Sicherheitsleistung
verlangt werden. Der Umfang der Kostenhaftung ergibt sich aus ( § 67 AufenthG ). U.a. gehören die
Aufwendungen für Beförderung und Begleitung dazu. Die Ansprüche auf die in § 67 Abs. 1 u. 2 AufenthG
genannten Kosten verjähren innerhalb von sechs Jahren nach Eintritt der Fälligkeit ( § 70 Abs. 1 Satz
1 AufenthG ).
5. Regelungen für EU-Bürger
Trotz der EU-rechtlich garantierten Freizügigkeit müssen auch EU-Bürger ihren Aufenthalt in der
Bundesrepublik beenden, wenn sie sich hier illegal aufhalten. Dazu sieht das FreizügG/EU einige
Sonderregeln vor:
5.1 Ausreisepflicht
Unionsbürger sind ausreisepflichtig,
• wenn die Ausländerbehörde festgestellt hat,
• dass das Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht ( § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU ).
In dem Feststellungsbescheid soll die Abschiebung angedroht und eine Ausreisefrist gesetzt werden (
§ 7 Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU ). Außer in dringenden Fällen muss die Ausreisefrist mindestens einen Monat
betragen ( § 7 Abs. 1 Satz 3 FreizügG/EU ).
5.2 Verlust der Freizügigkeit/Einreiseverbot
EU-Bürger und ihre Familienangehörigen, die ihr Freizügigkeitsrecht nach § 6 Abs.1 FreizügG/EU verloren
haben, dürfen nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten ( § 7 Abs. 2
Satz 1 FreizügG/EU ).
Der Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt nach § 2 FreizügG/EU kann - "unbeschadet des § 2
Absatz 7 und des § 5 Absatz 4" FreizügG/EU - nur aus Gründen der öffentlichen
1. Ordnung,
2. Sicherheit oder
3. Gesundheit
festgestellt werden ( § 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU mit Hinweis auf Art. 45 Abs 3, Art. 52 Abs. 1 des
Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union).
Haben Unionsbürger (und ihre Familienangehörigen) das Freizügigkeitsrecht nach § 6 Abs. 1 AufenthG
verloren, dürfen sie nach § 7 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU
1. nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und
2. sich auch nicht darin aufhalten.
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Die Verbote nach § 7 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 FreizügG/EU sind von Amts wegen befristet ( § 7 Abs. 2
Satz 5 FreizügG/EU ). Die Frist ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzusetzen; sie darf
die Dauer von fünf Jahren nur in den Fällen des § 6 Abs. 1 FreizügG/EU überschreiten ( § 7 Abs. 2
Satz 6 FreizügG/EU ). Die Frist beginnt mit der Ausreise ( § 7 Abs. 2 Satz 7 FreizügG/EU ). Ein nach
angemessener Frist oder nach drei Jahren gestellter Antrag auf Aufhebung oder auf Verkürzung der
festgesetzten Frist ist innerhalb von sechs Monaten zu bescheiden ( § 7 Abs. 2 Satz 8 FreizügG/EU ).
Wer entgegen § 7 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU in das Bundesgebiet einreist oder sich darin aufhält, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft ( § 9 Abs. 2 FreizügG/EU ).
5.3 Anwendung des AufenthG
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU finden u.a.
• § 50 Abs. 3 bis 6 AufenthG - Bestimmungen zur Ausreisepflicht - und
• § 69 AufenthG - Gebühren für gewisse Amtshandlungen nach dem AufenthG auch auf EU-Bürger Anwendung und über § 12 FreizügG/EU auch auf Angehörige der EWR-Staaten.
§ 13 FreizügG/EU enthält besondere Regelungen für Staatsangehörige des Neu-EU-Staats Kroatien: "Soweit
nach Maßgabe des Vertrages vom 9. Dezember 2011 über den Beitritt der Republik Kroatien zur
Europäischen Union (BGBl. 2013 II S. 586) abweichende Regelungen anwendbar sind, findet ... [das
FreizügG/EU] Anwendung, wenn die Beschäftigung durch die Bundesagentur für Arbeit gemäß § 284 Abs. 1
[SGB III] ... genehmigt wurde." Ab dem 01.07.2015 steht der Arbeitsmarkt nach dem Ende der 2-jährigen
Übergangsfrist auch Arbeitnehmern aus Kroatien offen.
6. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle werden einige der interessantesten Entscheidungen zum Thema Abschiebung
ausländischer Arbeitnehmer in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet hinterlegt:
6.1 Passvorlage
Die Inhaftierung eines EU-Bürgers zum Zweck der Abschiebung, die wegen der unterbliebenen Vorlage
eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses - auch ohne Vorliegen einer Beeinträchtigung der
öffentlichen Ordnung - angeordnet wird, stellt ein nicht gerechtfertigtes Hindernis für den freien
Dienstleistungsverkehr dar und verstößt somit gegen Art. 49 EG (EuGH, 17.02.2005 - C 482/03).
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