Bürgerdialog Handlungsfeld Industrie und GHD 2015-10

Bürgerdialog zum Klimaschutzplan 2050:
Informationen zu Industrie und
Gewerbe/Handel/Dienstleistungen
Die gesamten Treibhausgasemissionen Deutschlands beliefen sich im Jahr 2012 auf etwa
930 Mio. Tonnen CO2. Energieintensive Branchen wie die Zementherstellung, die Metallerzeugung, die Grundstoffchemie oder auch die Ernährungsindustrie haben heute zusammen
direkte Treibhausgasemissionen von fast 190 Mio. Tonnen CO2. Dies stellte einen Rückgang
der industriellen Emissionen um gut 30 % gegenüber dem Jahr 1990 dar. Zusätzlich fielen
2013 mit 114 Millionen Tonnen weitere indirekte CO2-Emissionen durch den Strombezug der
Industrie an (vgl. Abbildung).
Mio. t CO2 bzw. CO2 äq.
500
450
400
Indirekte THG-Emissionen der Industrie
(Mio. t CO2) durch Strombezug
350
300
Direkte Emissionen aus der
Produktverwendung (Mio. t CO2 äq.)
250
200
Prozessbedingte direkte Emissionen der
Industrie (Mio. t CO2 äq.)
150
100
Brennstoffbedingte direkte Emissionen der
Industrie (Mio. t CO2)
50
0
1990
2013
Treibhausgasinventar der Bundesrepublik Deutschland (UBA 2014); Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 (BMUB 2014); Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen;
Statistisches Bundesamt; Stand 2012
Der Energiebedarf (Strom und Brennstoffe) der Industrie verursacht knapp 80 Prozent der
Emissionen; gut 20 Prozent entstehen in Produktionsprozessen, beispielsweise beim Bearbeiten von Eisenerz im Hochofen oder beim Zementbrennen. Der Strombedarf der Industrie
stagniert seit 2004 auf gleichem Niveau, weil sich das Produktionswachstum und die effizientere Stromnutzung die Waage halten. Bei weiter wachsender Wirtschaft stellt sich die
Frage: Wird es gelingen, das absolute Niveau der industriellen Treibhausgasemissionen bis
2050 signifikant zu senken?
Energieeffizienz in der Produktion
Energie besser auszunutzen, sollte bei der Industrieproduktion mehr in den Blickpunkt rücken. In allen Branchen sind in den kommenden 30 Jahren Energieeinsparungen von 30 Prozent und mehr möglich.
Solche Effizienzverbesserungen betreffen z.B. die Wärmeerzeugung in Kesselanlagen und
mittels Wärmepumpen sowie viele Stromanwendungen (z.B. Elektromotoren mit höherem
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Wirkungsgrad). Auch die Nutzung von Abwärme findet in vielen Unternehmen noch wenig
Beachtung. Man sieht sie zuweilen als Dampf, der aus großen Trocknungsanlagen entweicht
(z.B. in der Zucker- oder Papierindustrie). Würde man die Abwärme mehr nutzen – sei es im
Betrieb selbst, im Nachbarbetrieb oder in umliegenden Gebäuden – ließe sich der Energiebedarf eines Industriebetriebes wesentlich reduzieren.
Manchmal sind auch andere Lösungen wirkungsvoller, denn Abwärme ist nicht gleich Abwärme. Es kommt darauf, wie heiß die Abwärme ist. Bei alleinstehenden Zement- und Papierfabriken mit einer großen Menge heißer Abwärme könnte mit einem kleinen Kraftwerk
auch Strom erzeugt werden. Falls Gewerbegebiete in der Nähe von Siedlungen liegen, bietet
sich hier der Einsatz von Nahwärme-Netzen oder die Einspeisung in Fernwärme-Netze an.
So nutzen die Stadtwerke Karlsruhe in großem Stil anfallende Abwärme einer örtlichen Raffinerie im Fernwärmenetz.
Bei einem Zeithorizont von mehr als 30 Jahren besteht auch die Möglichkeit, Produktionsverfahren insgesamt durch energiearme Prozesse zu ersetzen. Frage: Welche Rahmenbedingungen ermöglichen es Unternehmen und Investoren, sich strategisch auf die Förderung
von Klimaschutz einzustellen?
Optimierte Produktgestaltung bzw. Produktnutzung
Wenn große Produkte wie Hausgeräte, Autos und Maschinen länger genutzt werden können,
braucht man weniger Stahl, Kunststoffe, Elektroleitungen oder Aluminium aus der Industrie.
Dies bedeutet weniger Energiebedarf und weniger Treibhausgas-Emissionen. Dazu zählt
auch das verstärkte gemeinsame Nutzen von Gebrauchsgütern und Fahrzeugen („Pooling“;
z.B. Maschinen-Leasing, Mieten von Geräten und Baumaschinen etc.). Durch diese Maßnahmen verringert sich die Nachfrage. Auch der Bedarf an entsprechenden Grundstoffen
(Kunststoffe, Zement, Stahl, etc.) bzw. Zwischen- und Fertigprodukten geht zurück.
Ein anderes „Produktdesign“ kann den Bedarf an Roh- und Grundstoffen zusätzlich vermindern. So kann eine optimale Konstruktion eines Produkts Abfälle beim Stanzen oder Fräsen
vermeiden. Ergebnis: ein kleinerer “CO2-Rucksack” eines Produktes.
Frage: Wie können Wirtschaft und Verbraucher dazu gebracht werden, Produkte länger sowie häufiger gemeinsam zu nutzen?
Grenzen
Heutige Industrieprozesse können nicht alle Treibhausgas-Emissionen vermeiden (z.B. Produktion von Ammoniak, Lachgas bei der Adipinsäure-Herstellung oder CO2 bei der Stahl- und
Kalkherstellung). Hier besteht die Möglichkeit, die entstehenden CO2-Emissionen und andere
Treibhausgase aufzufangen und in anderen Industrie-Prozessen weiter zu nutzen (CCU = Carbon Capture and Utilization). Eine derartige Nutzung des anfallenden CO2 dürfte längerfristig
z.B. in der chemischen Grundstoff-Industrie interessant sein.
Erhöht sich die Energieeffizienz der Industrie, kommt es zu einem entsprechenden Rückgang
der Energie-Importe nach Deutschland. Gleichzeitig nehmen Investitionen in innovative Technologie zu, die Industrie senkt ihre Energiekosten und bleibt wettbewerbsfähig. Zusätzliche
Arbeitsplätze entstehen.
Frage: Wie kann die Bundesregierung weitere Innovationen, Technologiewechsel und klimaschonende Prozesse anstoßen?
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