Unsere Böden: Grundlage landwirtschaftlicher Erzeugung

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Pflanze
BAUERNBLATT l 25. April 2015 ■
Bodenfruchtbarkeit: Bedeutung – Erhalt – Förderung, Teil 1
Unsere Böden: Grundlage landwirtschaftlicher Erzeugung
Der Boden hat verschiedene
natürliche Funktionen: Er erfüllt
Transfer- und Pufferfunktionen
und dient einer umfangreichen
Flora und Fauna als Lebensraum.
Aufgrund dieser Funktionen ist er
Voraussetzung für jegliche landwirtschaftliche Erzeugung, er ist
einmalig und nicht zu vermehren.
Irreversible Schädigungen schränken das Ertragspotenzial langfristig ein. Weltweit schreiten Bodendegradierungen unter anderem
durch Versalzung, Überschwemmung, Verdichtung, Erosion sowie
Versiegelung voran und schränken die natürliche Bodenfruchtbarkeit vieler Standorte ein. Die
Bodenbewirtschaftung erfordert
weltweit ein zunehmendes Be-
wusstsein für den Wert und die
Bedeutung des Bodens als elementare Lebensgrundlage. Um
dieses Bewusstsein zu stärken und
einen sensiblen sowie verantwortungsvollen Umgang mit dem Boden zu fördern, haben die Vereinten Nationen das Jahr 2015 zum
internationalen Jahr des Bodens
deklariert. Die Landwirtschaftskammer nimmt dieses zum Anlass
einer Fachartikelserie im Bauernblatt, in der wichtige Aspekte der
Bodenfunktionen und -bewirtschaftung beleuchtet werden sollen. Ergänzend werden ausgewählte Personen aus verschiedenen Blickwinkeln kurze Statements zur Bedeutung von Bodenfruchtbarkeit abgeben.
mit hohen Grundwasserständen
konnten sich Hoch-, Nieder- und Anmoore entwickeln. Die Marschböden formten sich hingegen aus feinen marinen Sedimenten an der
Westküste.
In Schleswig-Holstein haben sich
die Böden aus den unterschiedlichsten Ausgangsmaterialien in den Naturräumen entwickelt. Während sich
die Böden der Hohen Geest in der
Regel aus sandigem Material der
Saale-Eiszeit, die der Vorgeest aus
weichseleiszeitlichen Sandersanden
entwickelten, entstanden die Böden
des Östlichen Hügellandes aus
weichseleiszeitlichen Geschiebesanden und -mergel. In Niederungen
„Fette“ und „magere“
Böden
Je nach Ausgangsmaterial, natürlicher Bodengenese (Entstehung) und Bewirtschaftung weisen die Böden unterschiedliche Eigenschaften auf. Exemplarisch
sind für einzelne charakteristische
Böden Schleswig-Holsteins die Bodeneigenschaften in Steckbriefformat in den begleitenden Abbildungen zusammengestellt. Es wird
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■ BAUERNBLATT l 25. April 2015
Podsol
Entwicklung: Aus sandigen Substraten im Zuge von Verwitterung, Versauerung und Nährstoffverarmung entstandener Bodentyp der Geest. Charakteristisch
sind der sogenannte Bleichhorizont im Oberboden (Verarmung)
und der darauffolgende dunkle,
oft verfestigte Orterde- beziehungsweise Ortsteinhorizont.
Verbreitung in Schleswig-Holstein:
Geest.
Eigenschaften: Der Oberboden
weist in der Regel einen relativ hohen Humusgehalt auf. Die Nährstoffverfügbarkeit und der pHWert sind meistens niedrig. Aufgrund des relativ hohen Grobporenanteils ist der Boden gut durchlüftet, Wasserhaltevermögen beziehungsweise Wassernachlieferung sind hingegen schlecht. Die
verfestigten Orterde- beziehungsweise Ortsteinhorizonte beschränken oft die Durchwurzelung.
Nutzung: Traditionelle Grünlandnutzung, auf Standorten mit
niedrigem
Grundwasserstand,
ackerbauliche Nutzung möglich,
Foto: Eisenhumuspodsol, Enge-San- mittleres bis niedriges Ertragsniveau, bis 25 Bodenpunkte.
de (NF), Dr. Conrad Wiermann.
Parabraunerde
Entwicklung: Entwickelt sich aus
Mergelgestein und weist ein lehmiges Substrat auf. Durch Carbonatauswaschungen im Oberboden und anschließende Tonverlagerung in den Unterboden haben sich die typbestimmenden
Horizonte, der (fahl-)hellbraune
Al-Horizont und der tiefbraune
Bt-Horizont entwickelt.
Verbreitung in Schleswig-Holstein:
Östliches Hügelland.
Eigenschaften: Der Oberboden
weist in der Regel einen Humusgehalt zwischen 2 und 4 % auf,
und der pH-Wert liegt zwischen
6,5 und 7. Dieser Bodentyp weist
eine gute Nährstoffspeicherfähigkeit und -verfügbarkeit auf. Aufgrund einer gleichmäßigen Porengrößenverteilung ist der Luftund Wasserhaushalt ausgewogen. Lediglich der mit Tonpartikeln angereicherte Bt-Horizont
weist einen höheren Feinporenanteil auf und kann deshalb als
Staukörper wirken.
Nutzung: Traditionelle Ackernutzung, hohes bis mittleres ErtragsFoto: Braunerde-Parabraunerde,
Schleswig (SL), Dr. Conrad Wiermann. niveau, > 40 Bodenpunkte.
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BAUERNBLATT l 25. April 2015 ■
MEINUNG
Dr. Robert Habeck,
Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und
ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein
Was verbinden Sie mit
Menschen satt machen
dem Begriff „Bodenzu können und gleichfruchtbarkeit“?
zeitig unsere LebensDr. Robert Habeck: Mit
grundlage Boden nicht
der Fruchtbarkeit des
aufs Spiel zu setzen,
Bodens verbinde ich
denn es muss ein dreiGesundheit und hohe
facher Spagat gelinErträge; einen Boden,
gen: Die Bodennutder robust ist gegenzung muss nachhaltig
über Belastungen und
sein – auch unter sich
Stresssituationen, der
ändernden Klimabekräftige Pflanzen herFoto: Olaf Bathke dingungen –, wir brauvorbringt und sich imchen eine Ertragssteimer wieder selbst regeneriert.
gerung, und wir wollen bislang
unberührte Natur erhalten.
Gibt es ein persönliches Ereignis/ein Bild, das Sie mit „Boden- Sie haben drei Wünsche frei:
fruchtbarkeit“ verknüpfen?
Welche Aktivitäten/Maßnahmen
Bodenfruchtbarkeit meint für würden Sie ergreifen, um die Bomich ganz wörtlich, Früchte des denfruchtbarkeit zu erhalten beBodens zu ernten. Ich denke an ziehungsweise zu fördern?
Karottenernten bei meiner Oma, Ich wünsche mir mehr Bewusstder schwere, braune Mutterbo- sein und mehr Achtsamkeit von
den, der an den Händen zu einer allen. Denn fast alles, was wir
Kruste wird und der Geschmack zum Leben brauchen, verdanken
von Erde, wenn man die Möhren wir letzten Endes dem Boden.
dann nur an der Hose abgewischt Dazu müssen wir unser Wissen
isst.
über die Leistungen und die
Welche Bedeutung hat die Boden- komplexen Vorgänge im Boden
fruchtbarkeit im Hinblick auf die verbessern und dieses Wissen
globale Lebensmittelknappheit? besser verbreiten. Wir brauchen
Wir werden uns klug und beson- eine gerechte Verteilung der Resnen verhalten müssen, um alle sourcen.
deutlich, dass sich aufgrund der
unterschiedlichen
Bodeneigenschaften in den Naturräumen verschiedene landwirtschaftliche Nutzungsschwerpunkte
ausbilden
konnten. Während sich auf den
schwereren und weniger durch
Grundwasser beeinflussten Standorten des Östlichen Hügellandes
und der Marschen der Ackerbau
durchsetzte, etablierten sich auf
den grundwassernäheren und
leichteren Böden Milchvieh-Futterbaubetriebe. In einer Veröffentlichung von 1889 verglich der
Kieler Geologe Hippolyt J. Haas
Schleswig-Holstein deshalb mit einem fetten Schwein, das zu beiden
Seiten eines mageren Rückens die
fetten Speckseiten hat.
Tabelle: Auswirkungen anthropogener Einwirkungen auf
Bodeneigenschaften
Ursache
Prozess
Auswirkung vor Ort
mechanische Überlastung
● Bodenbearbeitung
● Fahrzeuggewichte
● Nutzungsintensität
Bodenverdichtung
eingeschränkte Funktionen:
● Durchwurzelbarkeit
● Wasserinfiltration
● Durchlüftung
● biologische Aktivität
instabile Bodenstruktur
unzureichende Wasserinfiltration
unzureichender Pflanzenbewuchs
unzureichende Düngung
(mineralisch und organisch),
Fruchtfolgegestaltung
Zufuhr an organischer Substanz
nicht ausreichend –
beschleunigter Abbau –
Bodenbearbeitung
Bodenerosion:
Wind und Wasser
Nährstoffarmut
Humusabbau
Verlust:
● Bodensubstanz
● Nährstoffe
Nährstoffineffizienz
sinkendes Ertragspotenzial
eingeschränkte Funktionen:
● Nährstoffverfügbarkeit
● Wasserhaltefunktionen
● Bodenstruktur
Pseudoglei
Entwicklung: Pseudogleiböden
entwickeln sich häufig aus Parabraunerden, sind in der Regel
grundwasserferne Standorte und
weisen charakteristische Rostflecken auf. Diese Marmorierung
(Oxidation von Eisen) entsteht
durch einen stetigen Wechsel von
Stauwasser und Austrocknung im
Sw-Horizont.
Verbreitung in Schleswig-Holstein: Östliches Hügelland.
Eigenschaften: Pseudogleie weisen je nach Lage Staunässe bis in
den Oberboden auf. Die Durchlüftung ist dann bis in die betroffenen Bodenschichten eingeschränkt. Die Wasserleitfähigkeit
des Stauhorizontes (Sd) ist oft gering. In Abhängigkeit von der Lage des Stauhorizontes ist die
Nährstoffverfügbarkeit als mäßig
bis schlecht zu beurteilen.
Nutzung: Oft dränierte AckerbauFoto: Parabraunerde-Pseudoglei, standorte, die im Frühjahr schlecht
Moldenit (SL), Dr. Conrad Wiermann. abtrocknen. 25 bis 50 Bodenpunkte.
L
Braunerde
Entwicklung: Braunerden entwickeln sich durch durch Silikatverwitterung hervorgerufene Verbraunung und Verlehmung. Charakteristisch ist der unterhalb des humosen
Oberbodens entstandene Bv-Horizont, in dem der Anteil leicht verwitterbarer Minerale deutlich geringer
als im darauffolgenden Horizont ist.
Dieser Bodentyp kann sich sowohl
aus sandigen als auch aus lehmigen
Substraten entwickeln. Oft stellen
Braunerden eine Zwischenform in
der Entwicklung zu Podsolen (sandige Substrate) oder Parabraunerden
(lehmige Substrate) dar.
Verbreitung in Schleswig-Holstein: Geest/Östliches Hügelland
Eigenschaften: Je nach Ausgangsmaterial weisen Braunerden sehr
unterschiedliche Eigenschaften
auf. Besonders charakteristisch
für sandige/basenarme Braunerden ist eine Zunahme des Porenvolumens von unten nach oben
im Profil, wobei sowohl der Feinund Mittelporenanteil als auch
der Grobporenanteil zunimmt.
Das Wasser- und Nährstoffhaltevermögen ist mittel bis mäßig, je
nach Ausgangssubstrat.
Nutzung: Acker- und Grünlandnutzung möglich. Mittleres bis geFoto: Braunerde, Bornhöved (PLÖ) ringes Ertragsniveau. 25 bis 40 BoDr. Conrad Wiermann.
denpunkte.
Ah
Bv1
Bv2
BvC
Pflanze
■ BAUERNBLATT l 25. April 2015
Was ist
Bodenfruchtbarkeit?
Die Bodenfruchtbarkeit beschreibt die Fähigkeit des Bodens,
aufgrund seiner natürlichen Eigenschaften als Pflanzenstandort
zu fungieren. Hierbei sind die
Funktionalität des Bodenwasserund Lufthaushaltes, die Nährstoffverfügbarkeit, der Humusgehalt
und die Aktivität des Bodenlebens
maßgeblich. Ein fruchtbarer Boden verfügt deshalb über:
● eine stabile, natürliche Aggregatstruktur, die keine Störschichten aufweist,
● ein Porensystem, das Grob-, Mittel- und Feinporen in einem ausgeglichenen Verhältnis zueinander aufweist sowie Ober- und Unterboden
kontinuierlich miteinander verbindet, um eine ausgewogene Durchlüftung, kapillaren Aufstieg und
zügige Infiltration gleichzeitig zu
gewährleisten,
● einen konstanten, standortangepassten Humusgehalt,
● eine hohe Nährstoffverfügbarkeit, standortangepassten pH-Wert,
● eine hohe Aktivität des Bodenlebens, Schaffung eines Sekundärporensystems durch Regenwürmer
Was gefährdet die
Bodenfruchtbarkeit?
Die Produktionsfähigkeit landwirtschaftlicher Böden wird durch
zahlreiche Bewirtschaftungsmaßnahmen beeinflusst: unter ande-
rem Bodenbearbeitung, Düngung,
Pflanzenschutz und Fruchtfolge.
Ziel dieser Maßnahmen ist die Erhaltung oder auch Verbesserung
der Bodenfruchtbarkeit. Bewirtschaftungsfehler hingegen führen
zu einem Verlust an Bodenfruchtbarkeit. Bedeutsam sind in diesem
Zusammenhang Einwirkungen und
Prozesse, die Bodenverdichtungen,
Bodenerosion, Nährstoffarmut und
Humusabbau hervorrufen. Welche
Auswirkungen die einzelnen Prozesse im Hinblick auf die Boden-
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BAUERNBLATT l 25. April 2015 ■
Knickmarsch
Entwicklung: Marschen bilden sich
aus Schlick, einem carbonat- und sulfidhaltigen, feinkörnigen Sediment,
das reich an organischer Substanz ist.
Aufgrund von Entwässerung und
der damit verbundenen Belüftung
kommt es zur Sackung, Versauerung, Verwitterung, Entkalkung und
schließlich zur Tonverlagerung. Charakteristisch für die Knickmarsch ist
der durch Toneinlagerung entstandene Stau(knick)horizont (Sq), der in
der Regel ein ausgeprägtes Polyedergefüge aufweist. Auch durch
Grundwasser beeinflußt.
Verbreitung in Schleswig-Holstein:
Marsch.
Eigenschaften: Aufgrund des Knickhorizontes (wenig Grobporen, geringe Wasserleitfähigkeit) bildet
sich oft ganzjährig, meist bis in den
Oberboden hinein Stauwasser. Die
Durchlüftung dieser Bodenschichten ist folglich mäßig bis schlecht.
Die Erwärmung im Frühjahr verläuft sehr langsam. Die Nährstoffreserven sind durch den hohen Gehalt
an organischer Substanz gut. Bei
Ackernutzung neigen diese Böden
zur Verschlämmung.
Foto: Knickmarsch, Peterswarft (NF), Nutzung: Typischer Grünlandstandort, Bodenpunkte > 30.
Dr. Conrad Wiermann.
fruchtbarkeit haben können, ist in ● regelmäßige Überprüfung des
der Tabelle (siehe Seite 28) exem- Nährstoffgehaltes und des pH-Werplarisch zusammengefasst.
tes
● Zufuhr organischer Düngemittel
Wie die Bodenfruchtbarkeit
langfristig erhalten?
Um Einschränkungen der natürlichen Bodenfunktionen zu vermeiden, sind grundsätzlich vor jeder Bewirtschaftungsmaßnahme nicht nur
die kurzfristige Zielerreichung, sondern auch die langfristigen Auswirkungen zu prüfen. Dabei sollte immer berücksichtigt werden, dass Bodenfruchtbarkeit das Ergebnis des
Zusammenwirkens der verschiedensten Bodenbildungsprozesse unter
wechselnden klimatischen Bedingungen während einer sehr langen
Zeitspanne ist. Bewirtschaftungsmaßnahmen müssen also darauf ausgerichtet sein, die natürlichen Bodenfunktionen zu erhalten und in ihrer Entwicklung zu fördern. Hierbei
sind unter anderem von Bedeutung:
● Beachtung des Bodenwassergehaltes bei Bodenbearbeitungsmaßnahmen
● Vermeidung von Bodenverdichtung durch zu hohe Fahrzeuggewichte
● Fruchtfolgegestaltung: Zwischenfruchtanbau, Leguminosen, Sommerungen
FAZIT
Bodenfruchtbarkeit ist das Ergebnis eines komplexen Zusammenwirkens von unterschiedlichen
Bodeneigenschaften. Nur mit einer ausgewogenen und nachhaltigen
Bodenbewirtschaftung wird es
zukünftig möglich sein, Anbausysteme zu etablieren, die
stabil auf wechselnde Umwelteinwirkungen reagieren können. Dabei gilt der Grundsatz:
Je stabiler die natürlichen Bodenfunktionenn desto größer
ist das Kompensationsvermögen des Standortes gegenüber
äußeren Einflüssen und damit
die Ertragssicherheit. In diesem Sinne gilt es, das internationale Jahr des Bodens zu
nutzen und dieses Bewusstsein
zu stärken.
Dr. Conrad Wiermann
Landwirtschaftskammer
Tel.: 0 43 31-94 53-300
[email protected]
MEINUNG
Claus Heller, Landwirt und Präsident der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein
Was verbinden Sie mit
durch eine auf den Standdem Begriff „Bodenort ausgerichtete mefruchtbarkeit“?
chanische Bodenbearbeitung und -lockerung das
Claus Heller: Boden geBodenleben gefördert.
hört für mich als Bauer
neben Luft, Licht und
Wasser zu den essenzielGibt es ein persönliches
len Lebensgrundlagen.
Ereignis/ein Bild, das Sie
Deshalb muss man sorgmit „Bodenfruchtbarsam mit ihnen umgehen.
keit“ verknüpfen?
Mit der guten fachlichen
Indikator und damit
Praxis verbinden wir allFoto: privat Sinnbild für Bodengemein die nachhaltige
fruchtbarkeit sind für
Sicherung der Bodenfruchtbarkeit mich die Regenwürmer. Sie sind unund Leistungsfähigkeit zum Wohle verzichtbare Helfer im Untergrund.
von Mensch und Tier. Dabei sollen Um das Bodenleben zu fördern,
bei der Bodenbearbeitung der sind vielfältige Fruchtfolgen zum
Standort und die Witterung beson- Beispiel Anbau von Leguminosen,
ders berücksichtigt werden. Nur Zwischenfrüchten et cetera und
dann kann die Bodenstruktur erhal- der sachgemäße Einsatz von orten beziehungsweise verbessert und ganischen Düngern wichtig und
können Bodenverdichtungen ver- unterstützen die Humusbildung.
mieden werden. Durch die Förde- Ebenso müssen Verdichtungen verrung des Bodenlebens werden si- mieden werden. Nur durch ein inchere Erträge erwirtschaftet, bei ge- taktes Bodenleben werden die
ringerem Einsatz von Dünger und Pflanzennährstoffe
gespeichert
Pflanzenschutz. Außerdem wird und nicht benötigtes Regenwasser
in die Dränagen abgeführt. Deshalb sind die Unterhaltung und
Pflege der wasserführenden Elemente in unserer Kulturlandschaft
unverzichtbar.
Welche Bedeutung hat die Bodenfruchtbarkeit im Hinblick auf die
globale Lebensmittelknappheit?
Boden ist nicht vermehrbar. Im
Gegenteil! Täglich verlieren wir in
Deutschland zirka 90 ha durch Siedlungs- und Verkehrsmaßnahmen.
So sind seit 1992 fast 820.000 ha
landwirtschaftliche Fläche verloren gegangen. Der Verlust von
Boden und seiner Fruchtbarkeit
verringert das Produktionspotenzial, wenn es um die Erzeugung
von Lebensmitteln geht. Da bei
uns der Boden ein knapper Faktor
ist und bleibt, müssen wir intensiv
und nachhaltig wirtschaften. Die
Sicherung einer Welternährung
wird nur gelingen, wenn weltweit
mit der Ressource Boden sorgsam
umgegangen wird.
Sie haben drei Wünsche frei:
Welche Aktivitäten/Maßnahmen
würden Sie ergreifen, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten beziehungsweise zu fördern?
Ich wünsche allen Bauern das notwendige Gespür für ihren Boden und
dass sie verinnerlichen, dass im Boden eine große natürliche Helferschar für sie arbeitet. Wenn die Verbraucher, also wir, dann noch für die
gute Qualität regional erzeugter
Lebensmittel angemessene Preise
bezahlen, ist mir nicht bange um die
Zukunft der Landwirtschaft. Es wäre
hilfreich, wenn jeder Bodeneigentümer – nicht nur der Landwirt – sich
seiner Verantwortung gegenüber
„seinem Stück Erde“ bewusst ist. Hier
ist Aufklärung sinnvoll. Die heutige
Agrarwirtschaft muss lernen, dass
Zukunft nicht nur das Moderne ist.
Frühere Generationen haben mit ihrem Tun uns den Boden und seine
Fruchtbarkeit vererbt. Wir sind aufgerufen, sie zu erhalten und auch die
alten Praktiken neu zu beachten.
Pflanze
■ BAUERNBLATT l 25. April 2015
Bodendegradierung: Ein weltweites Problem
Was helfen kann
sammengedrückt, die chemischen,
hydraulischen, thermischen Bodeneigenschaften werden verschlechtert und damit letztendlich auch der
Ertrag beziehungsweise die Ertragssicherheit verringert. Bodendegradation durch Bodenverdichtung ist
alleine in Europa bereits auf 35 %
der Flächen nachgewiesen worden.
Durch den Verlust an organischer
Substanz werden 45 % der landwirtschaftlichen Flächen beeinträchtigt,
ebenso wie durch Wind- und Wassererosion in der Größenordnung
von insgesamt zirka 150 Mio. ha bereits jetzt als irreversibel verloren
eingestuft werden. Um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren,
muss als Herausforderung für das
Jahr 2050 zum Beispiel der weltweiDurch zunehmende Bodenver- te Getreideertrag eigentlich expo- Das natürliche Gefüge des Bodens wird durch Bodenverdichtungen beschädigt
dichtung werden aber die Böden zu- nentiell steigen; nach statistischen oder sogar zerstört.
Foto: Dr. Conrad Wiermann
Die standortspezifischen nachhaltigen Bodenbewirtschaftungsformen auch zur Produktion von
Nahrungsmitteln für eine weltweit wachsende Bevölkerung auf
einer immer kleineren nutzbaren
landwirtschaftlichen Fläche werden zunehmend kritisch diskutiert. Bodenfunktionen, wie zum
Beispiel günstige Nährstoff- und
Wasserspeicherung,
günstige
Wasserinfiltration bei gleichzeitig
optimaler Puffer- und Filterfunktion von Böden für sauberes Grundwasser, setzen eine stabile Bodenstruktur bei gleichzeitig hoher Zugänglichkeit und Erreichbarkeit
der Poren und Partikeloberflächen voraus.
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Pflanze
BAUERNBLATT l 25. April 2015 ■
MEINUNG
Marga Trede,
Präsidentin des LandFrauenverbandes
Schleswig-Holstein e. V.
Was verbinden Sie mit
wachsende Weltbevöldem Begriff „Bodenkerung
ausreichend
fruchtbarkeit“?
mit Nahrungsmitteln
Marga Trede: Der Bozu versorgen, da die
den ist die Grundlage
landwirtschaftlich gejedes landwirtschaftlinutzten Böden die
chen Betriebes. Die Fäwichtigste
Lebenshigkeit die Pflanzen
grundlage für die Ermit genügend Nährzeugung von Lebensstoffen, Wasser und
mitteln darstellen.
Sauerstoff zu versorgen, kennzeichnet ei- Foto: LandFrauen- Sie haben drei Wünnen fruchtbaren und
verband sche frei: Welche Aktidamit ertragsfähigen
vitäten/Maßnahmen
Boden. Jede/-r bemühte Landwirt/ würden Sie ergreifen, um die Bo-in kennt seinen/ihren Boden und denfruchtbarkeit zu erhalten beweiß, dass von einer optimalen ziehungsweise zu fördern?
Bodenbearbeitung, Düngung und Die zukünftige Versiegelung von
Wasserversorgung die Boden- landwirtschaftlichen Flächen durch
fruchtbarkeit und damit die Erträ- Siedlungs- und Verkehrsflächen ist
ge der jährlichen Ernte abhängen. mit großem Augenmaß durchzuführen, da sonst unmittelbare AusGibt es ein persönliches Ereig- wirkungen auf den Wasserhausnis/ein Bild, was sie mit „Boden- halt und die ausreichende Lebensfruchtbarkeit“ verknüpfen?
mittelproduktion zu verzeichnen
Bei der jährlichen Kartoffelernte sind. Da der Flächenbedarf für Auswaren meine damals noch kleinen gleichsmaßnahmen zum Schutz
Kinder stets überrascht und freu- der Natur oft zu Konflikten mit
ten sich übermäßig, dass doch vie- Landbesitzern- und/oder Nutzern
le Kartoffeln in unserem kargen führt, sollten Vorschriften zur
Gartenboden zu finden waren.
Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen überarbeitet werden, um
Welche Bedeutung hat die Boden- die Ersatzmaßnahmen in besseren
fruchtbarkeit im Hinblick auf die Kooperationen mit der Landwirtglobale Lebensmittelknappheit? schaft umzusetzen. LandwirtDa die Ressource Boden ein be- schaftliche Maßnahmen wie zum
grenztes Gut ist, ist die Boden- Beispiel eine angepasste Fruchtfolfruchtbarkeit die essenzielle gegestaltung, eine schonende BoGrundlage für eine Sicherstellung denbearbeitung und der Anbau
der Nahrungsmittelversorgung. Es von Zwischenfrüchten fördern die
ist Auftrag der Landwirtschaft, die Bodenfruchtbarkeit.
Auswertungen hingegen kommt es
trotz deutlich gestiegener Mineraldüngerapplikationen zu einer
jährlich abnehmenden Steigerung
des Ertragszuwachses (Bodenatlas
2015).
Diese Diskrepanz gilt es aufzulösen, was aber nur durch erhebliche
Innovationsschübe erreicht werden
kann. Weder durch eine hocheffektive Weiterentwicklung des Saatgutes, der Anbaumethoden noch
durch eine deutlich verbesserte Düngerwirkung alleine oder in Kombination mit den vorigen Parametern
ist es bisher gelungen, diese notwendige Steigerung der Erträge langfristig sicher zu erzielen. Dies bedeutet
aber gleichzeitig im Umkehrschluss,
dass selbst hochproduktive Böden
an die Grenzen der nachhaltigen
und effektiven Produktivität stoßen.
Wir sind daher dringend aufgefordert, Lösungswege zu suchen, um eine verlässliche Ertragsprognose
trotz darüber hinaus unkontrollierbarer Klimawandeleffekte zu erzielen.
Wie viel Boden ist weltweit
landwirtschaftlich effektiv?
Die landwirtschaftliche Nutzfläche ist begrenzt, und bei der gegenwärtigen Flächeninanspruchnahme
gehen täglich weitere 100 ha alleine in Deutschland durch Versiegelung et cetera irreversibel verloren
(dies entspricht statistisch betrachtet mehr als der Größe eines durchschnittlichen landwirtschaftlichen
Betriebs in Schleswig-Holstein). Ab-
bau von Rohstoffen, Neubau von
Straßen, Siedlungen, Industriegebieten, aber auch durch Bodenzerstörung aufgrund von Bodenverschmutzung, Kontamination mit
Abfallstoffen et cetera sind weitere
Gründe für diese hohen Verluste.
Weltweit gehen vergleichsweise
pro Tag 300 km² an Fläche verloren,
was der Fläche der Stadt München
oder in 1,5 Tagen der gesamten
Stadtfläche von Berlin mit seinen
mehreren Millionen Einwohnern
entspricht. Gleichzeitig ist die gesamte landwirtschaftliche Fläche
auf der Erde nur zu 22 % ohne Einschränkungen nutzbar, von der
aber schon weit mehr als 50 % in
der Nutzung sind und die übrigen
Flächen zum Beispiel in wenig erschlossenem Gebiet liegen. 20 %
der Böden auf der Welt sind klimatisch betrachtet zu kalt, 20 % der
Flächen weisen eine zu steile Neigung auf, 23 % sind zu trocken,
weitere 5 % sind zu nass, und die
letzten 10 % schließlich kommen
als Rohböden (Felsböden oder Ähnliches) für die Pflanzenproduktion
nicht infrage. Wenn nun die Bodenqualität vergleichbar eingeordnet
wird, konzentrieren sich die besten
Böden weltweit auf nur knapp
12 %, das sind 16 Mio. km² Fläche,
auf denen bereits jetzt knapp 25 %
der Weltbevölkerung wohnen und
arbeiten. Knapp 22 % der Bevölkerung lebt hingegen in Regionen, in
denen bereits heute sehr gering bis
unfruchtbare Böden zirka 50 % der
Fläche ausmachen Eine weitere Zunahme der Bevölkerung in diesen
Regionen verschärft damit die Nahrungsmittelproblematik. Zur Kompensation dieses erwarteten Defizits werden die guten oder mittleren Böden intensiver genutzt und
damit auch überfordert.
Entwicklung mechanischer
Bodenbelastung
Es ist unzweifelhaft, dass selbst bei
noch so herausragenden technischen Weiterentwicklungen der
land- und forstwirtschaftlichen Maschinen folgender Grundsatz gilt:
Bei steigender Masse der Maschine
und gleichzeitig steigender Kontaktfläche, das heißt gleichem Kontaktflächendruck, wird der Druck immer
tiefer in den vor allem nach unten
weniger stabilen Boden eingetragen
und verursacht dort dann irreversible Verdichtungen mit einer geringeren Nährstofferreichbarkeit, länger feuchten und kalten Bodenverhältnissen. Außerdem werden diese
Komprimierungen im gesamten Boden aufsummiert. Das heißt, Böden
haben ein Gedächtnis, wie in einer
eindrucksvollen Dokumentation der
bei der Maisernte verursachten bis
zu 32 Überrollungen bei gleichzeitig
durch die Zuladung steigenden Radlasten und Kontaktflächendrücken
bis in 80 bis 100 cm Tiefe nachgewiesen werden konnte. Gleisketten
oder Laufwerke, abgesenkte Reifeninnendrücke als bodenschonende
Varianten haben, wenn überhaupt,
nur marginale positive beziehungsweise bei hohen Maschinenlasten
und nicht starren aktiv drückenden
Gummilaufwerken überhaupt keine
positive bodenschonende Wirkung,
sondern wirken zusätzlich verstärkt
komprimierend. Dies ist darauf zurückzuführen, dass zusätzlich zu der
statischen Last auch die scherende
Verformung zu einer intensiveren
Zerstörung der Porenleitungen und
damit der Bodenfunktionen (Leitfähigkeit für Luft und Wasser, Erreichbarkeit der Austauscherplätze
et cetera) führt (Abbildung 1). Als
sicheres und gerade auf Hofboden-
Abbildung 1: Was sind die Folgen der mechanischen Belastungen
Oberboden
Änderung der
physikalischen
Bodenfunktionen
Hoher Spannungseintrag
bis in den Unterboden
• Infiltration
• Belüftung
• N2O-, CH4- Freisetzung
• Wasserhaltekraft
• Oberflächenabfluss
Unterboden
Auswirkung auf
ökologische Kenngrößen
• Wurzelwachstum
• Erreichbarkeit von Oberfl.
• Wasser- und
Nährstoffaufnahme
• Zerstörung der
Bodenstruktur
• Erosion
• Nährstoffverlust
• Wasserverunreinigung
• Ertragsunsicherheit
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■ BAUERNBLATT l 25. April 2015
Abbildung 2: Bestimmung von Boden(schad)verdichtungen
anhand von Wasserleitfähigkeit und Luftkapazität in SH
Bodenschadverdichtung
Irreversible
Alteration
Änderung
vonof
properties
Bodeneigenschaften
Grundwert
(Referenz)
Parameterauswahl
Unproblematisch:
z. B. Braunerde aus
Geschiebesand,
Podsol aus Flugsand
Testwert (TW)
LK < 8 Vol. %
kf < 20 cm/d
Parabraunerde aus
Geschiebelehm Al,
(Bt), Cv,
degradiert
Aktionswert (AW)
LK < 5 Vol. %, O2 Verfügbarkeit
kf < 10 cm/d
Problematische Böden: z. B.
Kolluvisole, Pseudogleye, Gleye,
Pseudogley-Parabraunerde aus
Geschiebemergel und -lehm
Grundwert abhängig von: Ausgangsgestein, Textur, Gefügeentwicklung, Lagerungsdichte,
Humusgehalt et cetera
kartenebene anwendbares Verfahren hat sich die Bestimmung der Vorbelastung, das heißt die Eigenfestigkeit des Bodens in den einzelnen
Horizonten bewährt, und auch eine
generelle Einordnung der Böden
bezüglich ihrer Empfindlichkeit ist
mittels der Werte der Luftkapazität
und der Wasserleitfähigkeit möglich
(Abbildung 2).
Böden sind unterschiedlich
empfindlich
Es ist nachvollziehbar, dass sandige Böden nicht als verdichtungsempfindlich einzustufen sind und
damit auch mit keinen schwerwiegenden mechanischen Bodendegradationen gerechnet werden muss.
Dahingegen steigt die Gefahr der
irreversiblen
Bodendegradation
durch wiederholte und/oder bei ungünstigen feuchten Bodenverhältnissen erfolgende Befahrung bereits
bei den im Östlichen Hügelland
dominierenden Parabraunerden aus
Geschiebemergel/-lehm, bei denen
durch unsachgemäße Befahrung/Belastung die Toleranzwerte leicht erreicht werden, was mit der Aussage
„Gefahr ist im Verzug“ zusammengefasst werden kann. Bei steigender
Feuchtigkeit und Stauwasser sind
Pseudogleie und Parabraunerden
schließlich als äußerst empfindlich
einzustufen. Hier werden die kritischen Grenzwerte (Aktionswert)
sehr leicht bis in tiefere Bodenbereiche unterschritten und Bodendeformationen generiert. In der Folge
muss auch langfristig mit Ertragseinbußen gerechnet werden, zumal
bei den klimatischen Bedingungen
in Schleswig-Holstein nur selten mit
Austrocknungssituationen bis in diese Tiefen gerechnet werden kann,
um eine Tiefenlockerung hervorzurufen. Gleichzeitig müsste dann
auch der Maschinenpark an die ge-
ringere Bodenstabilität angepasst,
das heißt durch leichtere Maschinen ausgetauscht werden. Zusätzlich kann als gesichert gelten, dass
kontinuierliche, das heißt nicht
nur sporadisch, sondern dauerhaft
durchgeführte minimale Bodenbearbeitung die Eigenstabilität des
Bodens erhöht und die Funktionalität des Bodengefüges insgesamt
verbessert.
Erosion durch Wasser,
Wind und Bearbeitung
Der Bodenverlust durch Erosion
stellt eine weitere wesentliche Form
der Bodendegradation in unseren
Böden besonders in der Jungmoränen- und Geestlandschaft dar, denn
hierdurch werden vor allem die
nährstoffreichen Oberböden (A-Horizont) abgeschwemmt oder verweht. Am Auswaschungs- beziehungsweise Auswehungsort stellen
sich dann negative Folgen im Vergleich zum ursprünglichen Zustand
ein. Auf diesen Flächen dominieren
die sogenannten geköpften Bodenprofile mit entsprechend schlechteren Standorteigenschaften. Bodenverluste durch Wind, Wasser, aber
auch die Bodenbearbeitung bei
trockenen Verhältnissen führen zu
schlechteren Erträgen und darüber
hinaus zu langfristig abnehmender
Bodenmächtigkeit. In SchleswigHolstein kann als grober Anhaltswert mit einem jährlichen Bodenverlust durch Erosion von durchschnittlich 6 bis 8 t/ha gerechnet werden.
Verglichen mit einer maximalen Bodenneubildungsrate von 500 kg/ha
im Jahr kann also ein Mehrfaches abtransportiert werden und somit zu
einer entsprechenden Bodendegradation führen. Zwischen den einzelnen Transportvorgängen gibt es nur
graduelle Unterschiede, die auf verschiedene Art und Weise mit der Be-
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BAUERNBLATT l 25. April 2015 ■
boden und der organischen Substanz gleichzeitig auch die Nährund Schadstoffe mit in tiefer gelegene Regionen oder den Vorfluter
geleitet.
Bodenerosion durch Wasser und seitlicher Stofftransport aufgrund von Unterbodenverdichtung.
Foto: Prof. Dr. Monika Frielinghaus
deutung von Wasser und Humus als die Niederschlagsintensität und
sowie der natürlichen Bodenstruk- -menge, muss bei nicht vollständig
ebenem Gelände mit einem seitlitur im Zusammenhang stehen:
chen Abtransport des Bodensicker● Wasser: Immer wenn die Wasser- wassers gerechnet werden. Hierleitfähigkeit im Boden geringer ist durch werden außer dem Mineral-
MEINUNG
Otto-Boje Schoof,
Landwirt und Repräsentant der Landwirtschaftskammer
für den Kreis Dithmarschen
Was verbinden Sie mit
Welche Bedeutung hat
dem Begriff „Bodendie Bodenfruchtbarkeit
fruchtbarkeit“?
im Hinblick auf die
globale LebensmittelOtto-Boje Schoof: Ich
knappheit?
habe einmal gelernt: Bodenfruchtbarkeit ist die
Bodenfruchtbarkeit
Fähigkeit eines Bodens,
ermöglicht
meines
Frucht zu tragen, das
Erachtens die nachheißt den Pflanzen als
haltige
Produktion
Standort zu dienen und
von
Lebensmitteln.
nachhaltig PflanzenerWer in den Nachrichträge von hoher QualiFoto: Landwirt- ten hungernde Mentät zu erzeugen. Wenn
schaftskammer schen in den Krisengeich dies auf unserem
bieten unserer Zeit
Standort in Hedwigenkoog nicht sieht, weiß, dass es keine Alterbeachte, dann gefährde ich die Zu- native zur Landwirtschaft gibt,
kunft unseres Familienbetriebes.
die auf Bodenfruchtbarkeit
setzt.
Gibt es ein persönliches Ereignis/ein Bild, das sie mit „Boden- Sie haben drei Wünsche frei:
fruchtbarkeit“ verknüpfen?
Welche Aktivitäten/Maßnahmen
Ich habe als Negativbeispiel Flä- würden Sie ergreifen, um die Bochen vor Augen, die jahrelang nur denfruchtbarkeit zu erhalten bemit einer Frucht bestellt und nur ziehungsweise zu fördern?
auf Stickstoffentzug hin gedüngt Das sind für mich ganz einfache
wurden. Diese Flächen zeigen ei- Dinge: bodenschonende Bearbeinem von der Bodenstruktur, vom tung, Fruchtwechsel, ausgewogeBodenleben und vom Pflanzenbe- ne Nährstoffversorgung, auch mit
wuchs her, „watt man allns ver- Wirtschaftsdünger (Humusversorkehrt moken kann“.
gung).
Wenn
❍ an der Bodenoberfläche als Folge
einer Verschlämmung bei schlechter
Bodenstrukturstabilität es zu einer
Krustenbildung kommt,
❍ im Boden eine Plattenstruktur
als Ergebnis einer Bodenverdichtung
durch Maschinen nachgewiesen werden kann,
❍ in größerer Bodentiefe als
Gedächtnis der eiszeitspezifischen
Komprimierungen der vertikale Wassertransport verzögert wird,
staut das Wasser auf diesen Flächen
auf und verursacht dann einen entsprechenden Massentransport zur
Seite in tiefer liegende Gebiete. Hier
kann es im günstigsten Fall zu einer
erneuten Sedimentation und Akkumulation der Nährstoffe, organischen Substanz in einem allerdings
geschichteten Kolluvium mit ungünstiger Durchlüftung kommen.
Abhilfe schafft nur eine gute und
tief in den Boden hineinwirkende
Bodenstruktur mit günstiger Wasser- und Luftleitfähigkeit und günstigen Durchwurzelungsbedingungen.
● Wind: Nicht erst seit dem verheerenden Unglück auf der Autobahn
bei Rostock aufgrund einer nach
der Bodenbearbeitung sandiger
Äcker erhöhten Erosivität sind feinsandige Böden als besonders empfindlich eingestuft. Bodenverluste
durch Winderosion ereignen sich
zum Beispiel in unbedeckten oder
spät im Jahresverlauf deckenden
Kulturen (zum Beispiel Mais). In
den durch Bearbeitungsmaßnahmen weitgehend homogenisierten
sandigen A-Horizonten fehlt dann
aufgrund einer zu geringen Wassernachlieferung die Stabilität. Bei
entsprechendem Starkwind können dann leicht mehrere Tonnen
je Hektar in kurzer Zeit verfrachtet
werden. Hier helfen nur eine
möglichst ganzjährig wirkende Bodenbedeckung, stabile Bodenstrukturen (Wurmlosungsgefüge)
und eine bodenschonende Bewirtschaftung.
Prof. Prof. h.c. Dr. Dr. h.c.
Rainer Horn
Institut für Pflanzenernährung
und Bodenkunde
Christian-Albrechts-Universität
zu Kiel
Tel.: 04 31-8 80 31 90
[email protected]
FAZIT
● Durch die Bodendegradation gehen weltweit ständig
dringend für die Nahrungsmittelproduktion notwendige
Ackerflächen verloren. Dies
führt zu einer deutlichen Verschärfung der Lebensmittelknappheit und auch der Bereitstellung von sauberem Grundund damit auch Trinkwasser
für die Menschheit.
● Eine standortangepasste Bodenbearbeitung muss die Anpassung der Maschinentechnik
und -ausstattung (auch unter
Einbeziehung des überbetrieblich genutzten Maschinenparks) an die spezifischen Boden- und Standortverhältnisse
auch im Jahresverlauf mit berücksichtigen, denn nur bei
langfristiger Berücksichtigung
der Eigenstabilität des Bodens
kann seine Funktionsfähigkeit
erhalten und verbessert werden. Dies setzt voraus, dass die
Merkmale zum Beispiel der
Landmaschinen an die Eigenschaften des Bodens angepasst
werden und nicht umgekehrt!
● Je intensiver die Bearbeitung (Ackergröße, Grünland),
desto größer die Gefahr der
nachhaltigen Veränderung der
Leitfunktionen des Bodens.
Hinsichtlich der Bewirtschaftungsformen sind besonders
konventionell
bearbeitete
Äcker empfindlicher als konservierend beziehungsweise
pfluglos bewirtschaftete Ackerflächen.
● Langfristig reduzierte Bodenbearbeitung, verbesserte
Humuswirtschaft beziehungsweise stabilere Ton-HumusVerbindungen bei gleichzeitig
günstigen pH-Werten vor allem auch in den lehmigen, tonigen Böden (im Neutralbereich) führen zu günstigen Bodenstrukturen und damit zu
günstigen Bodenfunktionen.
● Bodenschutz und Bodennutzung widersprechen sich nicht,
solange die standortspezifischen Bedingungen als Grundlage für die Bewirtschaftungsformen und -intensitäten unter dem Aspekt einer nachhaltigen Bewirtschaftung dienen.
Bodendegradation kann man
damit verhindern, denn sie
kann nicht in kurzen Zeiträumen (mehrere Jahrzehnte)
wieder rückgängig gemacht,
das heißt melioriert werden.
Pflanze
■ BAUERNBLATT l 2. Mai 2015
Bodenfruchtbarkeit: Bedeutung – Erhalt – Förderung, Teil 2
Aus Sicht der Beratung
Für den Landwirt, der sein Leben
lang meist an einem Standort
wirtschaftet, steht der Boden
oft als mehr oder weniger nicht
veränderbare Größe fest. Während der Ostholsteiner Ackerbauer auch im Stoppelweizen in
guten Jahren 100 dt/ha drischt,
schlägt man sich auf der Geest
mit mittleren Maiserträgen als
der lohnendsten aller Kulturen
durch. Ungerecht, sagen die
einen; man wächst mit seinen
Aufgaben, vielleicht die anderen. Letztendlich lernt ein jeder,
auf seinem Standort zurechtzukommen.
In der Pflanzenproduktion ist die
Bodenfruchtbarkeit ein entscheidender Punkt. Diese wird als die natürliche, nachhaltige Fähigkeit eines
Bodens zur Pflanzenproduktion beschrieben. Die Bodenfruchtbarkeit
ergibt sich aus der Summe unterschiedlichster Bodeneigenschaften
wie beispielsweise Körnung, Luftund Wasserführung oder der mikrobiellen Aktivität. Daraus lässt sich unter anderem die Bearbeitbarkeit ableiten.
Wie wirkt sich Bodengüte
im Ertrag aus?
Der Parameter, der am einfachsten eine Einschätzung der Bodenfruchtbarkeit liefert, ist die Einstufung nach Bodenpunkten. Wie
groß der Ertragseffekt bei einer
Änderung der Bodengüte ist, stellt
die Abbildung dar. Diese zeigt
Rapsweizenerträge aus den Rückmeldungen der Hanse-Agro-Beratungskunden in klimatisch vergleichbaren Regionen. Man sieht
in guten Jahren mit einer homogenen
Niederschlagsverteilung
wie 2013 und 2014 eine Ertragsreduktion von zirka 10 %. Dagegen
lag in den Jahren 2011 und 2010
mit ungünstigerer Niederschlagsverteilung der Weizenertrag der
um zehn Bodenpunkte schlechteren Standorte nur bei 74 % beziehungsweise 75 %.
Dass man auf die Bodengüte eines Standortes zunächst keinen
Einfluss hat, ist richtig. Grundlegende Eigenschaften wie die des
Ausgangsmaterials und den Anteil
der unterschiedlichen Korngrößen
wie Sand, Schluff und Ton kann
man nicht ändern. Allerdings sind
verschiedene Faktoren der Bodenfruchtbarkeit steuerbar. Beispielsweise wird die Bodenreaktion
durch Kalkung verbessert, Struktur
durch angepasste Bodenbearbeitung geschaffen und der Humus-
Abbildung: Mittlere Weizenerträge mit Vorfrucht Winterraps
in verschiedenen norddeutschen Regionen auf Standorten,
die mindestens 10 Bodenpunkte auseinanderliegen, Erträge
des jeweils besseren Standortes sind relativ 100 gesetzt
Relativer Ertragsverlust im
Winterweizen nach Raps bei Minderung
der Bodengüte um 10 Punkte
100%
90%
80%
70%
60%
2014
2013
besserer Standort
2011
2010
schlechterer Standort
Daten der Ertragsrückmeldungen Hanse-Agro-Beratungskunden
2009
gehalt durch Düngung sowie
Rückfuhr von organischen Komponenten beeinflusst. Auch die Dränage stellt einen entscheidenden
Einflussfaktor dar. Durch eine optimale Produktionstechnik sollte
man sich einerseits bemühen, das
Optimum aus seinem Standort
herauszuholen und andererseits
die Ressource Boden in ihrem Wert
erhalten. Dazu gehört sowohl der
Ausgleich der Grundnährstoffe als
auch der Humusbilanz. Eine Schonung der Bodenstruktur und Verhinderung von Erosion sind weitere Punkte. Als essenzieller Beitrag ist auch die Fruchtfolge zu
sehen.
Warum sind Fruchtfolgen
erforderlich?
Im Vergleich zu früher, als die
Fruchtfolge auf einem Kreislaufgedanken beruhte, wird diese heute
weniger aus ackerbaulichen Gesichtspunkten, sondern vornehmlich aufgrund von Vermarktungsaspekten gewählt. Die Preise entscheiden in den Marktfruchtbetrieben die Fruchtfolgen zugunsten
von Weizen und Raps, bei Betrieben mit Biogas zugunsten des Maises. Technisierung und Möglichkeit
eines intensiven Pflanzenschutzes
sorgen trotz enger Fruchtfolge zumindest zeitweilig für hohe Erträ-
MEINUNG
Hauke Göttsch,
MdL und Vorsitzender Umwelt- und Agrarausschuss
des schleswig-holsteinischen Landtages
Was verbinden Sie mit
dem Begriff Bodenfruchtbarkeit?
Hauke Göttsch: Die
weltweit zunehmende
Bodendegradierung
und der damit verbundene Rückgang der
Bodenfruchtbarkeit ist
eines der drängendsten landwirtschaftlichen Probleme. Die
Bodenfruchtbarkeit ist das Maß
für alle das Pflanzenwachstum
beeinflussenden Bodenfaktoren.
Allzu häufig ist sie dabei auch
Maß für Wohlstand und technische Entwicklung ganzer Regionen und Länder.
Diese Kraft des Bodens
ist heute entscheidender denn je. Immer
mehr Flächen werden
versiegelt, kontaminiert oder fallen der
Ausbreitung von Wüsten zum Opfer, und
das, obwohl die weiter
zunehmende Weltbevölkerung immer mehr
Nahrungsmittel benötigt. Ohne die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und zu verbessern, können wir den Kampf gegen die globale Lebensmittelknappheit und gegen den Hunger in der Welt nicht gewinnen.
Sie haben drei Wünsche frei:
Welche Aktivitäten/Maßnahmen
würden Sie ergreifen, um Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und zu
fördern?
Hätte ich einen Wunsch für den
Erhalt der Bodenfruchtbarkeit
frei, wünschte ich mir, dass sich die
landwirtschaftliche
Nutzfläche
nicht weiter künstlich reduziert.
Je stärker die Ausweisung von
Schutzgebieten und Ausgleichsmaßnahmen ist, desto höher der
Produktionsdruck auf die Böden.
Das gilt auch für die Gefährdung
Welche Bedeutung hat die Boden- der Bodenfruchtbarkeit. Der
fruchtbarkeit im Hinblick auf die Gunststandort Schleswig-Holstein
globale Lebensmittelknappheit? muss erhalten bleiben.
Gibt es ein persönliches Ereignis/
Bild, das Sie mit „Bodenfruchtbarkeit“ verknüpfen?
Sehr gut kann ich mich daran erinnern, wie ich als 14-Jähriger mit
dem frisch erworbenen Treckerführerschein das erste Mal selbst
den Acker pflügte. Der Duft des
frischen, feuchten Bodens und
diese spürbare Kraft, die darin
steckt, haben mich schon als junger Mensch sehr beeindruckt.
Und das ist bis heute so.
41
42
Pflanze
BAUERNBLATT l 2. Mai 2015 ■
zug in den schleswig-holsteinischen Ackerbau hält, ist sicherlich
bedauernswert. Gerade der Einbau
von Sommerungen schafft Platz
für Zwischenfrüchte und Zeit für
Bodenbearbeitung. Bereits heute
gibt es Standorte, die aufgrund des
hohen Ackerfuchsschwanzdruckes
bei zunehmender Resistenzproblematik auch ohne Greeningzwang
ihre Fruchtfolge aufweiten müssen. Ackerbaulich vielleicht der
letzte Schritt, bevor man vor der
Alternative Grünland zur Standortsanierung steht.
Bodens leisten. Allerdings muss daWie viel Eingriff
für auch Zeit sein, und die ausgeist nötig?
wählten Zwischenfrüchte müssen in
die Fruchtfolge passen. Bei der klasMeist bestimmt die Fruchtfolge,
sischen dreigliedrigen Marktfrucht- wie intensiv die Bodenbearbeitung
folge mit drei Winterungen macht erfolgen muss. Ein tiefes Lockern
dies wenig Sinn. Auf vielen Stand- und auch der Pflugeinsatz sind bei
orten in Schleswig-Holstein liegt der hohen Getreideanteilen und vielen
Aussaattermin gerade nach Winter- Winterungen vonnöten. Wenn es
weizen oft zeitlich zu knapp, um um Bearbeitungstechniken geht,
eine optimale Herbstentwicklung zu garantieren, zumal die Rapsaussaat meist zeitgleich
läuft. Der Zwischenfruchtanbau nach WinWelche Zwischenfrüchte tergerste oder GPS-Getreide stellt da die sichewählen?
re Alternative dar. Die
Neben den Hauptkulturen kön- Etablierung von Zwinen Zwischenfrüchte einen großen schenfrüchten, die eines
AufBeitrag zur Gesunderhaltung des entsprechenden
wandes an Bodenbearbeitung und Drilltechnik
bedarf, ist in der Praxis
häufig ein Problem. ÄrHeinrich Kröger,
gerlich sind Zwischenfruchtmischungen, die
Landwirt und Vorsitzender Fachausschuss Ackerbau
zur Hälfte aus Ausfallgeder Landwirtschaftskammer
treide oder -raps bestehen. Auch brauchen ZwiWas verbinden Sie mit
Erfolg bringen, wenn
schenfrüchte Stickstoff.
dem Begriff „Bodeneine Wechselwirkung
Mischungen mit Legumifruchtbarkeit“?
mit leistungsfähiger
nosenkomponenten, die
Heinrich Kröger: Den
Produktionstechnik erSticksoff fixieren sollen,
Boden voll ertragsfäfolgt.
kümmern gesät auf Ge- Durchwurzelungstiefe von Zwischenfruchtmihig und ertragssicher
treidestoppeln nach Re- schungen am Beispiel Phacelia. Foto: Hanse Agro
zu erhalten, hat für
Welche Bedeutung hat
korderträgen genauso
mich höchste Priorität
die Bodenfruchtbarkeit
dahin, wie es ein Ölrettich tun wür- sind auch die Standorteigenschaften
und ist Grundvorausim Hinblick auf die
de. An dieser Stelle sind organische zu berücksichtigen. Tendenziell sind
setzung für nachhaltig
globale LebensmittelDünger aufgrund der warmen Bö- die besseren Standorte eher mulchhohe Erträge. Nährknappheit?
den und guten Mineralisationsbe- saatgeeignet. Ein trockener und tostoffversorgung, WasDie Erhaltung der Bodingungen gut aufgehoben und niger Standort, aber auch zu viel
serhaltevermögen, Fruchtfolge denfruchtbarkeit und Nutzungskönnen eine hohe N-Effizienz errei- Wasser und hohe Sandanteile maund eine an den Standort ange- fähigkeit ertragreicher Ackerschen. Der Zwischenfruchtanbau soll chen einen Pflugverzicht schwierig.
passte Produktionstechnik sind tandorte sichert die globale Lesich letztendlich in seine positiven Die Hygiene ist in engen Fruchtfolfür mich von elementarer Bedeu- bensmittelversorgung. Vor dem
Eigenschaften wie der Stickstoff- gen ebenfalls problematisch. Als
tung, um erfolgreich Ackerbau Hintergrund eines zu erwartenfixierung, Humusmehrung und der deutlicher Vorteil des konservierenbetreiben zu können. Gesunde den Klimawandels können wir es
Schaffung einer guten Bodenstruk- den Bodenbearbeitungssystems ist
Bestände durch einen gezielten uns nicht leisten, ertragsfähige
tur lohnen, selbst wenn dies nicht die Erhöhung der Tragfähigkeit in
Pflanzenschutzmitteleinsatz und Standorte zu extensivieren oder
immer direkt am Ertrag der Folge- Hinblick auf die immer schwereren
eine angepasste Düngung, die aus der Produktion zu nehmen.
frucht messbar ist.
das Ertragspotenzial voll ausMaschinen zu nennen. Ein intensiveschöpft, genießen bei mir einen Sie haben drei Wünsche frei:
hohen Stellenwert.
Welche Aktivitäten/Maßnahmen
würden Sie ergreifen, um BodenTabelle: Nährstoffentzugswerte in kg/ha bei fiktiven Erträgen und
Gibt es ein persönliches Ereignis/ fruchtbarkeit zu erhalten und zu
fünfgliedriger Fruchtfolge
Bild, das Sie mit „Bodenfrucht- fördern?
K2O
MgO
CaO
Kultur
Ertrag
P2O
barkeit“ verknüpfen?
Zur Erhaltung der Bodenfruchtdt/ha
Wichtig für mich ist, ein möglichst barkeit wünsche ich mir zukünf81
45
22,5
22,5
Raps
45
verdichtungsfreies Bodengefüge tig weiterhin eine gute Nährstoffzu erhalten. Die Förderung von versorgung, eine Düngung, die
72
54
27
9
Weizen
90
Mikroorganismen zum Humus- das Ertragspotenzial voll aus68
51
25,5
8,5
Gerste
85
und Nährstoffaufschluss, eine schöpft, einen angepassten Pflan90
180
45
45
Mais
450
gute Wasserführung sowie aus- zenschutzeinsatz und eine inno85
161,5
34
34
Weizen
85
reichende Sauerstoffgehalte si- vative Landtechnik, die uns Bo(Stroh abgefahren)
chern nachhaltig eine gute Bo- denbearbeitungssysteme zur Ver119
Summe Entzug (5 Jahre)
396
491,5
154
denfruchtbarkeit, und die muss fügung stellt, welche BodenverSumme
Auswaschung
(5
Jahre)
10
100
200
1.700
Leitgedanke unseres Wirtschaf- dichtungen verhindern oder miGrunddüngung
406
591,5
354
1.819
tens sein. Sie kann uns aber nur nimieren.
ge. Doch gerade enge Fruchtfolgen zehren an der Leistungsfähigkeit des Bodens. Die sogenannte
Rapsmüdigkeit, die sich durch einen verstärkten Verticilliumbefall,
Altaufschlagraps bis hin zu der auf
immer mehr Flächen auftretenden
Kohlhernie äußert, sind Folgen. Alle genannten Probleme sind bodenbürtig und nur vorbeugend bekämpfbar. Die negative Humusbilanz auf Flächen mit langjähriger
Maismonokultur ist ein weiteres
bekanntes Problem. Für eine optimale Fruchtfolge gilt auch heute
noch das alte Lehrbuchwissen, dass
sich Blatt- und Halmfrucht abwechseln sollten und sich eine höhere
Anzahl an Fruchtfolgegliedern positiv auswirkt. Dass die Ackerbohne
ohne eine Förderung vielfältiger
Kulturen keinen verstärkten Ein-
MEINUNG
Entzug + Auswaschung
Pflanze
■ BAUERNBLATT l 2. Mai 2015
res Bodenleben und teilweise auch
die Verbesserung des Wasserhaushaltes sind weitere Vorteile. Außerdem ist zu beachten, dass jeder Bearbeitungsgang zu einem Humusverlust führt. Die Ziele der Bodenbearbeitung sollten daher mit so wenigen Arbeitsgängen wie möglich erreicht werden. Ein Einklang von Bodenschutzgesetz und guter fachlicher Praxis gemeinsam mit den
ackerbaulichen Zielen ist somit
durchaus möglich. Dazu gehören in
das Bodenbearbeitungssystem eingebundene Pflanzenschutzmitteleinsätze, unter anderem von nichtselektiven Herbiziden wie Glyphosat. Ohne diese Wirkstoffe führt dies Optimale Bodenstruktur mit so wenigen Arbeitsgängen wie möglich schaffen.
Foto: Lemken
zwangsläufig zu einem höheren Anteil an Bodenbearbeitungsgängen
und erhöhtem Pflugeinsatz.
MEINUNG
Düngestrategien
sind gefragt
Neben der Erhaltung des Humus
und der Bodenstruktur ist auch die
Rückführung von Nährstoffen von
Bedeutung. Für den eigenen Betrieb eine Grunddüngungsstrategie zusammenzustellen, ist kein
Hexenwerk. Als Beispiel sind in der
Tabelle die Nährstoffentzüge einer
fünfgliedrigen Fruchtfolge bei fiktiven Erträgen inklusive Zuschlägen für Auswaschungsverluste dargestellt. Damit ergeben sich Gesamtmengen der einzelnen Nährstoffe, die in den Boden zurückgeführt werden müssen. Die Gaben
können dann größtenteils zu den
Blattfrüchten ausgebraucht werden, wo sich eine Grunddüngung
am ehesten bemerkbar macht.
Phosphat zum Mais als Unterfußdünger ist mittlerweile als Standard anzusehen. Auch das abtragende Getreide reagiert oft positiv
auf Phosphat- und Kaligaben. Der
wunde Punkt des Themas Grunddüngung sind die hohen Kosten.
Denn anders als bei Düngerfenstern mit ausgelassener Stickstoffdüngung, wo eine Wirkung sofort
sichtbar wird, haben präzise und
über Jahre angelegte Grunddüngungsversuche oft nur geringe
Ertragseffekte. Denn der Ertrag
scheint doch im Ackerbau das Maß
aller Dinge zu sein. An dem Punkt
angekommen, wo sich ein Mangel
an Grundnährstoffen im Ertrag bemerkbar macht, ist ein Boden jedoch derart verarmt, dass es eine
komplette Generation dauern
kann, um diese Flächen wieder aufzuwerten. Damit es also nicht heißt
„reiche Väter, arme Söhne“, sollten
Landwirte versuchen, das Leistungspotenzial ihres Standortes zu
Werner Schwarz,
Landwirt und Präsident des Bauernverbandes
Schleswig-Holstein
Was verbinden Sie mit
dem Begriff „Bodenfruchtbarkeit“?
Werner Schwarz:
Fruchtbarer Boden ist
existenziell. Deshalb
müssen wir verantwortungsvoll damit umgehen. Auf lediglich
30 cm Bodenkrume
wächst unsere gesamte Nahrung. Wir haben
den Ernteertrag bis heute trotz
aller Technik und Wissenschaft
nicht in der Hand – Gott sei Dank.
Wir unterstützen unsere Feldfrüchte lediglich, indem wir sie ernähren und schützen – und wir einen fruchtbaren Boden bereitstellen, auf dem die Pflanze ihr
Potenzial ausschöpfen kann.
Gibt es ein persönliches Ereignis/
Bild, das Sie mit „Bodenfruchtbarkeit“ verbinden?
Ich mag gern den Geruch von
frisch gepflügtem Boden.
Welche Bedeutung hat die Bodenfruchtbarkeit im Hinblick auf die
globale Lebensmittelknappheit?
Unsere Erde besteht zu 30 % aus
Land – aus „Erde“. Davon sind
nur 11 % landwirtschaftlich nutzbar. Weltweit geht jährlich etwa
1 % der Krume verloren. Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung. Wie erhalten wir die Bodenfruchtbarkeit? Nicht, indem
wir nichts tun! Von Natur aus
wird Boden immer unfruchtbarer
– durch Auswaschung von Nährstoffen, Versauerung und Ver-
dichtung. Durch Düngen, Kalken, Pflügen
und Pflanzenschutz erhöhen wir die Fruchtbarkeit und erhalten
den Boden.
Sie haben drei Wünsche
frei: Welche Aktivitäten
und Maßnahmen würden Sie ergreifen, um
die Bodenfruchtbarkeit
zu erhalten und zu fördern?
Bodeneigenschaften sind durch
die Natur vorgegeben, ebenso
wie Regenmenge, Temperatur
oder Sonnenscheindauer. Bauern
brauchen die Freiheit, auf die örtlichen Bodenverhältnisse einzugehen. Mehr Reglementierungen nehmen uns die Möglichkeit,
um auf natürliche Zusammenhänge zu reagieren. Deshalb
brauchen wir erfüllbare Rahmenbedingungen, zum Beispiel für
den Einsatz organischer Dünger.
Stillgelegte und „naturgeschützte“ Flächen verlieren massiv an
Bodenfruchtbarkeit. Auch der
Naturschutz muss sich fragen, wie
weit er in Konkurrenz gehen will
zur Erzeugung von Lebensmitteln. Bodenfruchtbarkeit setzt
Krumenpflege voraus.
Die Zukunft erfordert einen intensiven Bodenschutz. Wir brauchen eine Kompensationsverordnung, die den Flächenausgleich
für Baumaßnahmen mit mehr
Augenmaß regelt. Ich wünsche
mir ein „Ackerschutzgesetz“, das
landwirtschaftliche Nutzfläche
aktiv unter Schutz stellt.
erhalten. Gerade schwächere Teilflächen, wie sandige oder tonige
Kuppen, profitieren besonders davon. Die Investition lohnt sich immer.
Zur Aufrechterhaltung der Nährstoffversorgung, aber vor allem zur
Verhinderung des Humusabbaus
sind organische Komponenten essenziell. Die Tabelle zeigt in der
Entzugsrechnung für Weizen mit
und ohne Strohverbleib auf der
Fläche enorme Unterschiede. Dass
Güllerückfuhr diesen Entzug ausgleicht, ist ein Irrglaube. Gerade
der Silomais zehrt mit hohen Ernteentzügen stark am Bodenvorrat.
Dabei ist gerade auf leichten
Standorten die organische Bodensubstanz wichtig für den Kationenaustausch und die Gefügebildung,
da hier Tonminerale fehlen, die auf
schweren Böden diese Aufgabe
übernehmen. Erhalt und Mehrung
von Humus kann besonders
schwierige Standorte deutlich aufwerten. Gerade hohe Gaben mit
langfristig wirkenden organischen
Düngern, wie beispielsweise Hühnertrockenkot oder Festmist, lassen sich trotz positiver Effekte heute kaum noch gesetzeskonform
verwirklichen. Kompost oder Klärschlamm können hier eine stickstoffärmere Alternative darstellen,
deren Düngewirkung ist jedoch
kaum zu kalkulieren. Eine Wirkung
solcher Maßnahmen auf die Bodenfruchtbarkeit ist erst nach wiederholter Anwendung und nach
einigen Jahren zu sehen.
FAZIT
Ein guter Bodenzustand bildet die Grundlage der landwirtschaftlichen Produktion.
Es gilt, sich diesen entscheidenden Einflussfaktor zu bewahren und in seinem täglichen Wirtschaften zu bedenken. Ein guter Standort verzeiht ackerbauliche Fehler
eher als ein schlechter, weshalb gerade auf die nicht so
leistungsfähigen Standorte
ein besonderes Augenmerk
gelegt werden sollte. Eine
ausgeglichene Düngung mit
allen Nährstoffen sowie eine
angepasste Fruchtfolge und
Bodenbearbeitung sind dabei
essenzielle Bausteine.
Anna Schwinger
Detlev Dölger Hanse Agro
Beratung und Entwicklung GmbH
Tel.: 0 43 46-36 82-0
[email protected]
43
44
Pflanze
BAUERNBLATT l 2. Mai 2015 ■
Nachhaltige Bodenbewirtschaftung
Die Kunst der Bodeneinschätzung
Boden ist einer der drei klassischen Produktionsfaktoren in
der landwirtschaftlichen Produktion. Der nachhaltige Umgang
mit ihm sichert die Bodenfruchtbarkeit. Nur auf fruchtbarem,
fachgerecht bewirtschaftetem
Boden kann der Landwirt hohe
und sichere Erträge realisieren.
Nachhaltige Bodennutzung und
die Einhaltung der guten fachlichen Praxis bei der Landbewirtschaftung setzen die Kenntnis
der prägenden Bodeneigenschaften voraus. Bodenzustand
und Bodeneigenschaften sind
Merkmale, die sich im Jahresverlauf und in Abhängigkeit von der
Bodenbewirtschaftung
verändern. Darum sollte der Landwirt
in der Lage sein, die wichtigsten
Bodenmerkmale unmittelbar vor
Ort selbst anzusprechen, um
über Art und Zeitpunkt von Bewirtschaftungs- und Bearbeitungsmaßnahmen richtig entscheiden zu können.
haushaltes besonders beeinflussen,
sind Bodenart, Humusgehalt und
Struktur. Darüber hinaus ist der pHWert des Bodens von zentraler Bedeutung. Bodenart und Humusgehalt entscheiden darüber, wie die
Speicherfähigkeit des Bodens für
Nährstoffe ist und in welchem Maße
diese verfügbar gebunden werden
können. Auch die Wasserhaltefähigkeit des Bodens und damit das Wasserangebot werden von diesen beiden Faktoren geprägt. Die Wasserzügigkeit wird sehr stark durch die
Bodenstruktur, das sogenannte Bodengefüge beeinflusst, das wiederum in enger Wechselbeziehung zur
Bodenart steht. Bodenstruktur und
Bodenverdichtung
entscheiden
nicht nur darüber, ob überschüssiges
Bodenmerkmale, die die Eigen- Wasser nach Regenfällen in den Unschaften des Bodens hinsichtlich sei- terboden abgeführt wird, sondern
nes Wasser-, Luft- und Nährstoff- auch darüber, ob der Boden für die
Bodenbearbeitung: wendende Grundbodenbearbeitung mit dem Pflug.
angebaute Feldfrucht gut durchwurzelbar und durchlüftet ist. Günstige Wasser- und Nährstoffverhältnisse entscheiden auch über die
Qualität der biologischen Aktivität
des Bodens. Sie ist für Umsetzungsund Abbauprozesse erforderlich.
Günstige Bodeneigenschaften sind
eine wichtige Voraussetzung für eine hohe Ertragserwartung und eine
gute Bodenfruchtbarkeit.
Die tatsächliche Nährstoffversorgung, das zur Verfügung stehende
Nährstoffangebot für die nächste
Feldfrucht und der Kalkzustand werden durch agrikulturchemische Untersuchungen im Labor repräsentativ im Feld entnommener Bodenproben ermittelt. Sie werden nicht vor
Ort festgestellt, sind aber ebenfalls
eine zentrale Voraussetzung für optimales Pflanzenwachstum und damit wirtschaftlichen Erfolg. Ebenso
helfen diese Untersuchungen, Düngergaben im Übermaß zu vermeiden. Damit sichern sie nicht nur gegen Belastungen im System Boden/Grundwasser ab, sondern maximieren auch den ökonomischen Erfolg durch Vermeidung zu hoher
Aufwendungen.
Bodenfläche, Ober- und
Unterboden
Vom Traktor aus betrachtet besteht der Boden aus humosem
Oberboden, der dunklen Ackerkrume. Nur wenn der Landwirt tiefer pflügt oder die Ackerkrume
zum Beispiel durch Bodenerosion
an Mächtigkeit verloren hat,
kommt es vor, dass helleres, meist
braunes oder gelblich-braunes Bodenmaterial an die Oberfläche gelangt. Hier kommt Unterbodenmaterial zum Vorschein, das für den
Pflanzenbau ebenfalls wichtige
Funktionen hat. Der Unterboden
gehört je nach Bodenart in mehr
oder weniger großer Tiefe zum
Wurzelraum der angebauten Kulturpflanze und hat ebenfalls wichtige Funktionen im ertragsbestimmenden Wasser-, Luft- und
Nährstoffhaushalt. Strukturschäden im Oberboden sind zwar augenfälliger, solche im Unterboden
jedoch mindestens ebenso stark
ertragsmindernd und wesentlich
schwerer zu beheben.
Richtige
Bodenansprache
Die vertiefte Bodenansprache erfolgt an ausgehobenen Bodenprofilen. An einem kleineren Bodenausschnitt kann sie auch an einem
Bohrkern durchgeführt werden,
wenn auch nicht so intensiv und
umfassend. Für die Praxis ist immer
ein kleiner Aushub mit dem Spaten
zu empfehlen, um die wichtigsten
Eigenschaften des Bodens festzustellen. Dies ist insbesondere für
die Beurteilung der Bodenstruktur
wichtig. Dabei sollte die Krume immer durchgraben werden, damit
man sich auch ein Bild von den Eigenschaften und dem Zustand des
Unterbodens machen kann. Auch
den Aushub sollte man dabei aufmerksam betrachten.
Die Bodenansprache ist an feuchtem Material vorzunehmen. Trockenes Bodenmaterial lässt eine sichere Einteilung der Bodenmerkmale nicht zu. Die Bestimmung der
Bodenart, des grundlegenden Bodenmerkmals, erfolgt im Feld mit
der sogenannten Fingerprobe. Dabei werden deren Merkmale gemäß Tabelle 1 insbesondere im
Hinblick auf ihre Körnigkeit, StauFoto: Thomas Schröder bigkeit bei Abtrocknung, Formbar-
Pflanze
■ BAUERNBLATT l 2. Mai 2015
Einstufung in die
Bodenart ab.
Der Humusgehalt
des Bodens lässt sich
im Feld gemäß Tabelle 2 aus der Bodenfarbe ableiten.
Dabei gilt: Je dunkler das Bodenmaterial ist, desto mehr
Humus ist in der Probe enthalten. Eine
bessere und größere
Differenzierung der
Farben, um den Humusgehalt einzustufen, lässt sich über
die Farbtafel erreichen, die die Farben
nach Ton, Helligkeit
und Intensität genauer unterscheidet.
Die Bodenstruktur ist insbesondere
von der Bodenart
und LagerungsdichBodenprofil: Podsol-Braunerde aus Sand, Hohe Geest, te abhängig. Ihre
Insel Föhr.
Foto: Dr. Marek Filipinski Einordnung erfolgt
über die Gefügeforkeit und Bindigkeit ermittelt. Aus men gemäß Tabelle 3. Dabei spiedem Ergebnis leitet sich dann die len die Prozesse, die zur Bodenbil-
dung führen, eine wichtige Rolle.
Das gilt insbesondere für den Wassergehalt des Bodens und seine Änderung im Verlauf des Jahres.
Die Bodenansprache von Lagerungsdichte und Rostfleckungen
als Nässe- beziehungsweise Staunässezeiger und weiterer Merkmale ist ebenso von Bedeutung.
Diese Merkmale ergeben sich aus
der Bodenart und -struktur. Sie wirken sich auf die Funktionen des
Bodens und seine Fruchtbarkeit
aus. Die Ansprache von Moorböden erfolgt über gesonderte
Kennwerte, die hier nicht Gegenstand der Betrachtung sein sollen.
Ausgewogenheit – das
Maß aller Dinge
FAZIT
Mineralische und organische
Bodenbestandteile des Bodens bestimmen seine Beschaffenheit. Sie wirken auf
Wasser- und Nährstoffhaushalt und auch auf die biologische Aktivität eines Bodens.
Ist alles in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander
vorhanden, ist der Boden
fruchtbar und gewährleistet
sichere und hohe Erträge. Bewirtschaftungsmaßnahmen
wirken je nach Bodenzustand
unterschiedlich auf den Boden. Aus diesem Grunde ist es
sehr wichtig, dass der Landwirt seinen Boden kennt sowie dessen Beschaffenheit
und Zustand beurteilen kann.
So ist es ihm zur rechten Zeit
möglich, die angemessene Bewirtschaftungsmaßnahme zu
ergreifen, den Boden nachhaltig zu bewirtschaften und
dessen Fruchtbarkeit langfristig sicherzustellen.
Wie bei so vielen Dingen ist auch
bei den Bodenkennwerten die goldene Mitte die günstigste Bodenbeschaffenheit – von allem nicht zu
viel und nicht zu wenig. Günstig ist
eine nicht zu große Menge an Feinsubstanz. Auch der Wassergehalt
im Boden sollte nicht zu hoch oder
zu niedrig sein. Alle Eigenschaften
sollten in einem ausgewogenen
und Lehrkräfte auf dem Lehr- und
Maß vorliegen.
Vertiefte fachliche Hinweise Versuchszentrum Futterkamp zum
zur Bodenansprache sind der Bo- Einsatz kommen und erläutert.
Tabelle 1: Vereinfachte Bestimmung der Bodenart mit der Fingerdenkundlichen Kartieranleitung
probe (Bodenartenhauptgruppen)
(Schweizerbart 2005) zu entnehDr. Eckhard Cordsen
Bodenart
Erkennungsmerkmale
men. Hinweise zur Aufnahme der
Landesamt für Landwirtschaft,
Sand
nicht formbar, „schmutzt“ nicht und ist sicht- und fühlbar körnig
Bodenstruktur gibt die Anleitung
Umwelt und ländliche Räume
zur einfachen Feldansprache für
des Landes Schleswig-Holstein
Schluff
mäßig formbar, kaum bindig, von samtig-mehliger Beschaffenheit,
„schmutzt“ nicht und zeigt raue Gleitflächen
den Praktiker des Johann-HeinrichTel.: 0 43 47-704-550
[email protected]
Ton
gut formbar, klebrig, bindig, „schmutzt“ und zeigt glänzende Gleitflächen von-Thünen-Instituts und der Gesellschaft für konservierende BoLehm
enthält alle drei Kornfraktionen in unterschiedlichen Anteilen; die dodenbearbeitung e. V. (GKB 2012).
Prof. Dr. Ulrich Herms
minierende Kornfraktion bestimmt seine überwiegenden Merkmale
Beide Anleitungen werden beim
Fachhochschule Kiel
Fachbereich Agrarwirtschaft
Tabelle 2: Grobeinstufung des Humusgehaltes über die Bodenfarbe Praxistag Boden der Landwirtschaftskammer
Schleswig-Holstein
Tel.: 0 43 31-845-127
Humusgehalt
Bodenfarbe
am 21. Mai 2015 für [email protected]
humusfrei
sehr schwach humos, weniger als 1 % Humus
schwach humos, 1 % bis 2 % Humus
mittelhumos, 2 % bis 4 % Humus
stark humos, 4 % bis 8 % Humus
sehr stark humos, 8 % bis 15 % Humus
hellgrau bis grau
grau bis dunkelgrau
dunkelgrau bis schwarzgrau
schwarzgrau bis schwarz
schwarz
schwarz
Tabelle 3: Vereinfachte Kennzeichnung der Bodenstruktur mit der
Feldgefügeansprache (Auswahl)
Gefügeform
Einzelkorngefüge
Krümelgefüge
Subpolyedergefüge
Prismengefüge
Kittgefüge
Kohärentgefüge
Erkennungsmerkmale
Einzelteilchen lose nebeneinander
rundliche Teilchen biogener
Entstehung
unregelmäßige Bodenteilchen
mit stumpfen Kanten
regelmäßige, längliche Bodenteilchen mit scharfen Kanten
verkittete Einzelkörner,
verfestigt
nicht gegliederte, zusammenhaftende Bodenmasse
Vorkommen
sandiger Unterboden
Oberboden
lehmig-sandiger Unterboden
feinkornreicher Unterboden
Einlagerungshorizont,
Ortstein
feinreicher, wassergesättigter
Unterboden
Bodenansprache am Bohrstock: Bestimmung der Bodenart.
Foto: Bernd Burbaum
45
22
Pflanze
BAUERNBLATT l 9. Mai 2015 ■
Aufgaben des Humus im Boden, Teil 3
Humus – ein Alleskönner
Seit dem ersten Klimagipfeltreffen
in Kioto interessieren Themen wie
Klimaveränderung und Treibhausgase die Öffentlichkeit. Um eine potenziell drohende Klimakatastrophe abzuwenden, reduziert man
weltweitdenKohlendioxidausstoß
bei der Energieerzeugung, entwickelt Methoden zur Energieeinsparung und diskutiert die Einführung
einer Ökosteuer. Zudem wird auf
die positiven Auswirkungen von
Wäldern auf den Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre gesetzt. Dabei wird oft vergessen, dass wir
Menschen eine große Quelle und
Senke für das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) im wahrsten Sinne des
Wortes mit Füßen treten: den Boden. Böden und Sedimente enthalten Humus, in dem zweimal mehr
CO2 gebunden ist, als die Lufthülle
der Erde enthält. Außerdem kann
Humus je nach Nutzung CO2 liefern
oder aufnehmen.
Humus ist ein Bodenbestandteil, der
insbesondere in sandigen Böden wesentlich deren Nähr- und Wasserspeichervermögen bestimmt. Neuere Forschungen zeigen, dass hinsichtlich der
Bodeneigenschaften nicht nur die Humusmenge, sondern vor allem dessen
Qualität – die man mit spektroskopischen Verfahren erfassen kann – entscheidend sind. Allerdings ist Humus
kein statischer Bodenbestandteil, wie
etwa die Tonminerale, sondern hängt
von äußeren Bedingungen wie Klima,
Bewirtschaftung und Ausgangsgestein ab und kann innerhalb des Bodens auch in große Tiefen verlagert
werden. Bekannt ist, dass durch die Art
der Bodennutzung und die Bewirtschaftungsintensität signifikante und
anthropogen beeinflussbare Wirkungen auf das globale Klima entstehen.
Abbildung:FotosvonBodenprofilena)einerSchwarzerde,b)einerFahlerde,c)einesPodsols,
d) einer Kalkmarsch, e) einer Vega und f) eines Plaggeneschs (Böden der Jahre 2005, 2006,
2007, 2009, 2011 und 2013)
Quelle: Steckbriefe vom Kuratorium Boden des Jahres
a) Schwarzerde
b) Fahlerde
c) Podsol
d) Kalkmarsch
e) Vega
f) Plaggenesch
Quellenangaben: Kuratorium Boden des Jahres in Zusammenarbeit mit:
a) 2005 Schwarzerde: Manfred Altermann, Ines Merbach, Martin Körschens, Jörg Rinklebe, UFZ Halle – Leipzig
b) 2006 Fahlerde: Konrad Billwitz, Greifswald, und Peter Kühn, Tübingen
c) 2007 Podsol: Herbert Sponagel, Hannover, Daniela Sauer/Karl Stahr, Hohenheim
d) 2009 Kalkmarsch: Hans-Peter Blume, Rainer Horn, Marek Filipinski, Heiner Fleige, Kiel
e) 2011 Vega: Sabine Fiedler, Wolfgang Fleck, Gerd Glomb, Daniela Sauer, Jörg Schneider, Karl Stahr
f) 2013 Plaggenesch: Luise Giani, Universität Oldenburg, Lutz Makowsky/Klaus Mueller, Hochschule Osnabrück, Wolf Eckelmann,
BGR Hannover
23
■ BAUERNBLATT l 9. Mai 2015
Da Land- und Forstwirte durch Nutzung und Bewirtschaftung Menge und
Qualität des Humus in einem gewissen
Maß mitbestimmen können, liegt es
auch in der Hand des Menschen, ob
Humus zur Quelle oder Senke für CO2
wird. Oder ob er zu einer besseren
Ertragsfähigkeit der Böden beiträgt
und/oder zu einem Problem bei der
Trinkwassergewinnung wird, wenn er
bis in Grundwasser führende Bodenschichten verlagert wird.
Humus: Kohlenstoffspeicher,
Senke oder Quelle
Weltweit enthalten Böden 1.500 bis
1.800 Gt Kohlenstoff. Damit sind etwa
81 % der Kohlenstoffvorräte der Erde,
die am aktiven Kohlenstoffkreislauf
teilnehmen, in Böden als Humus gebunden, die übrigen 19 % sind in der
Vegetation enthalten. Die höchste
Humuskonzentration ist in den oberen
10 bis 30 cm der Böden zu finden –
MEINUNG
Kirsten Eickhoff-Weber,
MdL und agrarpolitische Sprecherin
der SPD-Landtagsfraktion
die globale LebensmitWas verbinden Sie mit
telknappheit?
dem Begriff „Bodenfruchtbarkeit“?
Landwirtschaftliche
Bodenfruchtbarkeit ist
Bodennutzung kann
mir durch meine faminur dann gesichert
liären Wurzeln – der eiwerden, wenn sie
ne Teil waren Bauern,
nachhaltig und resder andere Gärtner –
sourcenschonend ausals etwas Wertvolles
gerichtet ist, hier bei
vertraut. Eine vorausuns wie überall auf der
schauende BodenbearErde, wo Nahrungsmitbeitung ist die VorausFoto: privat tel für die wachsende
setzung für FruchtbarWeltbevölkerung prokeit, für Produktion und Ernte. duziert werden. Es geht nur mit
Der Erhalt der Bodenfruchtbar- fruchtbarem Boden und im Einkeit für die künftigen Generatio- klang mit den örtlichen Gegebennen ist Verpflichtung.
heiten. Wir brauchen eine BodenFür qualitativen und quantitati- kunde, die sich mit Grundlagenven Bodenschutz in Schleswig- forschung, der Bedeutung der
Holstein ist eine Bodenschutzpla- Ökosystemfunktionen und dem
nung nötig, um nachhaltig Bo- Erhalt der Fruchtbarkeit befasst;
den-, Gewässer- und Naturschutz Forschung für eine nachhaltige
betreiben zu können. Wir müssen Landwirtschaft, gemeinsam mit
den Schutz des Bodens stärker ins der Praxis.
Bewusstsein der Bevölkerung
und der Politik bringen und Im- Sie haben drei Wünsche frei:
pulse für künftige politische Stra- Welche Aktivitäten/Maßnahmen
tegien im Bodenschutz geben.
würden Sie ergreifen, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und
Gibt es ein persönliches Ereig- zu fördern?
nis/ein Bild, das Sie mit „Boden- Als mein Sohn klein war, hatte ich
fruchtbarkeit“ verknüpfen?
ihn in der Sandkiste „geparkt“, um
Während meines Studiums habe in Ruhe in den Gemüsegarten geich gelernt, welch ein komplexes hen zu können. Und dann stand er
System sich hinter dem Begriff hinter mir und sagte fast vorwurfsBoden verbirgt. Der Boden ist voll: „Ich auch Erde!“ Kartoffeln
nicht nur mineralische Bodensub- pflanzen, Zwiebeln stecken, Möhstanz, er ist auch Lebensraum. Bo- ren säen, das geht auch gemeindentiere und Mikroorganismen sam. Das würde ich mir wünschen,
sorgen mit für den Erhalt der dass wir den Kontakt zum Boden
Fruchtbarkeit. Das System Boden und den Respekt vor der Bodenist empfindlich, wenn Raubbau fruchtbarkeit auch unseren Kindamit betrieben wird, wenn nicht dern vermitteln. Ob im eigenen
nachhaltig und vorausschauend Garten, im Kindergarten, in Schuldamit umgegangen wird. Der gärten, im Kleingarten oder in ErdVerlust der Bodenfruchtbarkeit kisten inmitten der Großstadt. Bokann unwiederbringlich sein.
denschutz ist eine gesellschaftliche
Aufgabe. Bewusstsein durch BilWelche Bedeutung hat die Bo- dung, nicht nur für den Boden, auf
denfruchtbarkeit im Hinblick auf dem wir stehen.
24
Pflanze
MEINUNG
Henning Untiedt,
Landwirt und Vorsitzender Fachausschuss Ökolandbau
der Landwirtschaftskammer
Sie haben drei WünWas verbinden Sie
sche frei: Welche
mit dem Begriff „BoAktivitäten/Maßnahdenfruchtbarkeit“?
men würden Sie erDie Bodenfruchtbargreifen, um Bodenkeit ist das Resultat alfruchtbarkeit zu erler
physikalischen,
halten und zu förbiologischen und chedern?
mischen EigenschafDer Bodenbildungsten des Bodens und
prozess hat in einigen
lässt sich wie folgt
Regionen Jahrmilliocharakterisieren: Ein
nen, in unserem Gefruchtbarer
Boden
biet immerhin auch
vermag
möglichst Foto: Daniela Rixen
einige Jahrtausende
reichhaltige Ernten
hervorzubringen. Zudem erfüllt in Anspruch genommen. Der
der fruchtbare Boden eine wich- menschliche Einfluss beschränkt
tige Filterfunktion im Hinblick auf sich auf maximal einige JahrtauReinhaltung und Speicherung der sende. Vor diesem Hintergrund
Ressource Wasser. Einen „mage- würde ich mir Folgendes wünren“ Standort zeichnet eine ande- schen:
re Form der Fruchtbarkeit aus: Er Die Erhaltung der Bodenfruchtist oft Standort und Rückzugsge- barkeit ist eine Investition über
biet für gefährdete Biozönosen. Generationen hinweg. In der
Den Begriff „Bodenfruchtbar- aktuellen ökonomischen Lehre
keit“ würde ich somit nicht allzu und auch im gesellschaftlichen
eng an die Betrachtung des Bewusstsein gilt der Boden als
Wachstums von Kulturpflanzen ein „Produktionsfaktor“, neben
Kapital und Arbeit. Die Fokusanlehnen wollen.
sierung auf die kurzfristigen
Gibt es ein persönliches Ereig- ökonomischen Aspekte lässt alle
nis/ein Bild, das Sie mit „Boden- notwendigen langfristigen Betrachtungen unter den Tisch falfruchtbarkeit“ verknüpfen?
Besonders plastisch wird für mich len. Mein Wunsch wäre daher,
der Begriff „Bodenfruchtbar- den Boden nicht mehr unter
keit“, wenn man sich mit der Ab- dem Primat der kurzfristigen
wesenheit derselben befasst. Die Ökonomie zu betrachten, sonZerstörung des Bodens als Le- dern zu Modellen zu kommen,
bensgrundlage hat ganze Kultu- die den gesellschaftlichen Wert
ren eliminiert. Besonders drama- des Bodens jenseits von Rentisch, weil auf engstem Raum diteüberlegungen abzubilden
und somit ohne Ausweichmög- vermögen.
lichkeit, war dies auf den Oster- Die Entkoppelung der landinseln der Fall. Die Verkettung wirtschaftlichen Tätigkeit von
von starkem Bevölkerungs- der Lebensrealität des Großwachstum – Rodung der Wälder teils der Bevölkerung hat dazu
– Erosion des Bodens führte letzt- geführt, dass der Boden nicht
lich zum Zusammenbruch der (mehr?) als notwendige Resdortigen Gesellschaft, und dies source betrachtet wird, die es
ist nur ein Beispiel.
mit gesamtgesellschaftlichem
Aufwand zu schützen gilt.
Welche Bedeutung hat die Bo- Mein Wunsch wäre es deshalb,
denfruchtbarkeit im Hinblick auf die gesamtgesellschaftliche Bedie globale Lebensmittelknapp- deutung des Bodens besser in
die Realität der urbanen Miheit?
Ob es gelingen kann, eine stei- lieus zu vermitteln.
gende Weltbevölkerung zu er- Mögen alle Landwirte wieder
nähren, hängt entscheidend finanziellen Spielraum haben,
von der Erhaltung der Boden- sich sinnvolle Fruchtfolgen
fruchtbarkeit beziehungsweise „leisten“ zu können. Weg von
der Ressource „Boden“ ab. Oder Mais-Mono, Weizen-Mono und
plakativer: „Ist der Boden weg, sonstigen einseitig und kurzist die Ernährungsgrundlage fristig ökonomisch optimierten
Verhaltenszwängen.
weg!“
BAUERNBLATT l 9. Mai 2015 ■
Auenböden, kolluviale Böden und
Moore ausgenommen. In den oberen
10 bis 30 cm der Böden wird der größte Teil des Humus bei der Zersetzung
von totem tierischen und pflanzlichen
Material gebildet. Die Menge des Humus in den oberen 10 bis 30 cm unserer Böden hängt dabei in starkem Maße von der Bodenbildung (Bodentyp;
Abbildung) und von der Bodennutzung (Acker, Grünland, Wald) ab. Dies
ist teilweise schon bei der Betrachtung
verschiedener Bodenprofile zu erkennen (siehe Abbildung).
Werden in den Boden gelangende
Anteile an Pflanzenresten, Kompost,
organischem Dünger und so weiter
weniger stark abgebaut, reichert sich
die organische Substanz im Boden an,
der Humusgehalt steigt, der Boden
wird zur Senke für CO2. Dies spielt insbesondere dort eine Rolle, wo zum
Beispiel durch Erosion Unterböden
oder gar das Ausgangsgestein an die
Oberfläche gelangt. Die Senkenwirkung dieser Böden dauert allerdings
nur so lange an, bis ein standort- und
nutzungsspezifisches Gleichgewicht
erreicht ist. Werden dagegen zum Beispiel Wälder abgeholzt oder Moore
trockengelegt, wird der Humus verstärkt abgebaut, und der Boden wirkt
als CO2-Quelle.
Grundsätzlich gilt, je stabiler der
Humus, desto eher wirkt der Boden als
Senke für CO2. Dies erscheint simpel,
allerdings muss man wissen, wie es zur
Stabilisierung der organischen Bodensubstanz kommt, um zu verstehen,
wann Böden als CO2-Senke oder
-Quelle wirken, also der Humus aufbeziehungsweise abgebaut wird. Hier
kommt die Wissenschaft ins Spiel, die
untersucht, wann unter welchen Bedingungen welche Böden Humus anreichern können und bis zu welchem
Grad. Denn beides hängt in erheblichem Maße vom Bodentyp (Podsol,
Schwarzerde), seinen chemischen und
mineralogischen Eigenschaften ab.
Entsprechend kann ein auf einem
Podsol funktionierendes Verfahren
zur Abschätzung der Humusanreicherung gegebenenfalls für eine
Schwarzerde nicht erfolgreich eingesetzt werden.
Humus und
Bodeneigenschaften?
Humus dient nicht nur als Zwischenspeicher für CO2, er ist ein Bodenbestandteil, der aktiv das Nähr- und
Schadstoffspeichervermögen von Böden sowie deren Wasserhaltfähigkeit
beeinflusst. Dies gilt in besonderem
Maße für sandige Böden, in denen die
organische Bodensubstanz der für die
Nähr- und Schadstoffbindung wichtigste Bodenbestandteil ist, da in san-
digen Böden die Tonminerale – denen
in lehmigen Böden diese Rolle zufällt
– nur in geringen Mengen enthalten
sind oder fehlen.
Anders als bei seiner Quellen- und
Senkenfunktion für CO2 ist hier nicht
nur die Humusmenge, sondern auch
seine Qualität ausschlaggebend. So
gibt es Humusformen, die Wasser
liebend sind – also Wasser leicht aufnehmen, speichern und wieder abgeben können –, aber auch solche, die
stärker Wasser abweisend sind und
gegebenenfalls die Benetzung der
Böden mit Wasser verhindern können.
Auch ist zu bedenken, dass der Humus
je nach Nutzung und Bewirtschaftung
– so wie ein Chamäleon seine Farbe an
die Umgebung anpasst – seine Qualität angleicht und damit ändert. So
kann ein gewünschter Effekt wie die
Kohlenstoffspeicherung durchaus mit
einer unerwünschten Verringerung
der Benetzbarkeit einhergehen, die
gegebenenfalls zu einer erhöhten Erodierbarkeit der Böden führt.
Nutzung und Bewirtschaftung beeinflussen sowohl Gehalt, Menge als
auch Qualität des Humus. Änderungen der Landnutzung/Bewirtschaftung können also zu Veränderungen
in der Zusammensetzung der organischen Substanz führen. Dies kann beispielsweise eine Erhöhung des Sorptionsvermögens zur Folge haben. Solange Humus nicht löslich ist, erhöht sich
auf diese Weise auch das Sorptionsvermögen der Böden, ein unter Umständen wünschenswerter Effekt. Wird der
Humus jedoch löslich oder abgebaut,
kann dies zur Folge haben, dass Nährund Schadstoffe mit dem Sickerwasser
ins Grundwasser gelangen. Bislang ist
nicht bekannt, wie verschiedene Formen der Landnutzung/Bewirtschaftung die Eigenschaften der organischen Substanz verändern und welche
Folgen sich daraus langfristig ergeben.
Entsprechend wichtig sind Kenntnisse
über diese Wechselbeziehungen, um
langfristig abzuschätzen, wie sich der
Nährstoff- und Wasserspeicher Humus
gegebenenfalls verändert.
Mit spektroskopischen Verfahren
kann man quasi in den Humus hineinschauen und seine Qualität ermitteln,
dabei kommen auch Verfahren, mit
denen zum Beispiel Futtermittelqualitäten ermittelt werden, zum Einsatz.
So lässt sich beispielsweise die Kationenaustauschkapazität mit infrarotspektroskopischen Verfahren in ähnlicher Weise ermitteln wie der Proteinanteil im Getreide.
Dr. Ruth H. Ellerbrock
Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (Zalf) e.V.
Tel.: 03 34 32-8 22 38
[email protected]
Pflanze
■ BAUERNBLATT l 9. Mai 2015
FAZIT
Humus ist – besonders in sandigen
Böden – ein hinsichtlich der Bodenfruchtbarkeit und Wasserhaltefähigkeit wichtiger Faktor. Gerade in
Sandböden lässt sich der Humusgehalt jedoch nicht unbegrenzt steigern. In lehmigen und tonhaltigen
Böden können in der Regel größere
Mengen an Humus gespeichert werden. Hier beeinflusst der Humus jedoch vor allem die Wasserhaltefähigkeit oder Benetzbarkeit. Kenntnisse
hinsichtlich der Rolle des Humus in
Böden haben sich in den vergangenen Jahren vervielfacht, allerdings
wird auch immer deutlicher, dass
Humus in seiner Dynamik, seinen Eigenschaften und seiner Beziehung
zu den mineralischen Bodenkomponenten nicht ohne Weiteres mit einfachen Modellen abbildbar ist. Daher
gilt es, das Wissen von Anwendern
(Land- und Forstwirten) und die Erkenntnisse der Wissenschaft unter ei-
nen Hut zu bringen, und dies nach
Möglichkeit in einer Form, die in der
Politik Widerhall findet und praxisgerecht umgesetzt werden kann.
Da Veränderungen in der Zusammensetzung, insbesondere der stabilen Humusanteile, Bodeneigenschaften wie das Sorptionsvermögen nachhaltig beeinflussen, ist zu
untersuchen, inwieweit eine CO2Speicherfunktion des Bodens (in
Form von Humus) gegebenenfalls
Veränderungen im Stoffhaushalt
nach sich zieht. Die spektroskopische Charakterisierung des Humus
eröffnet dabei eine Möglichkeit,
den Output der C-Umsatzmodelle
hinsichtlich seiner Bedeutung für
den Stofftransport qualitativ zu gewichten. Damit lassen sich Grundlagen schaffen, mit denen sich letztendlich auch Stofftransportvorgänge in Landschaften besser prognostizieren lassen.
25
26
Pflanze
BAUERNBLATT l 9. Mai 2015 ■
Bodendauerbeobachtung in Schleswig-Holstein, Teil 3
Vorsorgender Bodenschutz sichert Boden als Lebensgrundlage
Der Boden wurde im Vergleich zu
anderen Umweltmedien erst spät
als Schutzgut erkannt. Trotz seiner
Leistungen für Mensch, Natur und
Kultur war das Bewusstsein über
die Folgen von Bodenbelastungen
und -verbrauch nur wenig präsent.
Boden wurde als etwas selbstverständlich Vorhandenes wahrgenommen. Die Erkenntnis, dass der
Boden mit seinen Funktionen eine
kaum erneuerbare Ressource ist,
die nachhaltig geschützt werden
muss, setzte sich erst ab Ende der
1980er Jahre durch. Vorsorgender
Bodenschutz setzt die Erfassung
und Auswertung bodenbezogener Informationen voraus. Die Informationen dienen dazu, schädliche Einwirkungen auf den Boden
und Änderungen der Bodeneigenschaften zunächst zu erkennen
und zu verstehen, um darauf aufbauend Entwicklungen zu prognostizieren und Schutzstrategien
zu erarbeiten.
Da sich Veränderungen des Bodens nur sehr langsam zeigen, bedarf es langfristiger Messreihen zur
statistischen Absicherung der Ergebnisse. Die ermittelten Veränderungstendenzen sind über den Bodenschutz hinaus für vielfältige Fragestellungen der Umweltpolitik, wie
beispielsweise auch des Klimawandels, von Bedeutung. Mit zunehmender Länge der Zeitreihen wird
eine Analyse an Robustheit und Aussagekraft gewinnen.
Dauerbeobachtungsflächen
schon seit 1989
In Schleswig-Holstein wurden seit
1989 39 Boden-Dauerbeobachtungsflächen eingerichtet. Derzeit
werden 37 Boden-Dauerbeobachtungsflächen – verteilt über das gesamte Landesgebiet – betrieben (Abbildung 1 und Tabelle). Die Flächen
befinden sich auf repräsentativen
Standorten. In ihrer Gesamtheit spiegeln diese Flächen die Vielfalt des
Bodens, seiner Ausgangsmaterialien, seiner Nutzungen und seiner
räumlichen Verteilung im Land wider. 28 dieser Untersuchungsstandorte liegen auf landwirtschaftlich
genutzten Flächen – 17 auf Ackerund elf auf Grünlandflächen. Für eine langfristige Verfügbarkeit dieser
Flächen als Bodendauerbeobachtungsflächen bestehen mit den
Landwirten als Partnern vor Ort Gestattungsverträge, um Betretungsund Probenentnahmerechte abzusichern sowie Bewirtschaftungsdaten
erfassen zu lassen. Fünf Untersuchungsflächen liegen in Wäldern,
vier auf Sonderstandorten. Die gute,
verlässliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Flächeneigentümern und Pächtern ist Voraussetzung für den Erfolg der Unter-
suchungen und läuft seit mehr als
25 Jahren ausgezeichnet.
Die erste Beschreibung des Bodenzustandes wurde im Zuge der Einrichtung der Boden-Dauerbeobachtungsflächen vorgenommen. Sie erfolgte jeweils an einem Bodenprofil
und weiteren Proben, die mit einem
Bohrer auf der gesamten Fläche entnommen wurden. Neben der ausführlichen Feldansprache liegen
hierzu Ergebnisse aus bodenchemischen und -physikalischen Untersuchungen im Labor vor. Zudem wird
für jede Boden-Dauerbeobachtungsfläche von den Landwirten eine Schlagkartei geführt, in der die
Bewirtschaftung detailliert und fortlaufend notiert wird. Die langfristige
Überwachung von Veränderungen
des Bodens erfolgt durch regelmäßige Wiederholungsuntersuchungen.
Tabelle: Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Schleswig-Holstein: Standorte und Standorteigenschaften
(vereinfacht)
Nr.
Name
Land- Naturraum
kreis
Hohe Geest
Hohe Geest
NF
List/Sylt
1
NF
Süderlügum
2
3
NF
Goldelund
4
SL
Gintoft
5
6
Sönke-Nissen-Koog
NF
7
Pobüller Bauernholz
SL
8
Havetoftloit
SL
9
Schuby
SL
RD
10
Holzdorf
NF
11
Lehmsiek
12
Vadersdorf/Fehmarn
OH
13
St. Peter-Ording
NF
14
Meggerdorf
SL
Achterwehr
RD
15
PLÖ
Schwartbuck
16
PLÖ
Dannau
17
OH
Heringsdorf
18
RD
Mörel/Nindorf
19
OH
Wüstenfelde
20
21 Speicherkoog Dithmarschen HEI
HEI
Hindorf
22
IZ
Bokhorst
23
Vorgeest
Hügelland
Marsch
Hohe Geest
Hügelland
Vorgeest
Hügelland
Hohe Geest
Hügelland
Marschen
Niederung
Hügelland
Hügelland
Hügelland
Hügelland
Hohe Geest
Hügelland
Marschen
Hohe Geest
Hohe Geest
24
Bornhöved
PLÖ
Hügelland
25
26
27
28
29
30
31
Landscheide
Bad Bramstedt
Tankenrade
Groß Offenseth-Aspern
Niederbüssau
Neuendorf
Pinneberg
IZ
SE
OH
PI
HL
IZ
PI
Marsch
Niederung
Hügelland
Hohe Geest
Hügelland
Marschen
Hohe Geest
32
33
34
35
36
37
38
39
Hahnheide
Hellbachtal
Kiel
Lindhöft
Lindhöft
Hamburger Hallig
Witsum/Föhr
Hevenbruch
OD
RZ
KI
RD
RD
NF
NF
RZ
Hügelland
Hügelland
Hügelland
Hügelland
Hügelland
Marsch
Marsch
Hügelland
Ausgangsgestein
Bodentyp
Nutzung
Flugsand
Sand über Flugsand
stillgelegt
Flugsand über Sandersand
Geschiebemergel
Meeresablagerungen
Sand über Geschiebelehm
Geschiebemergel
Sandersand
Geschiebemergel
Geschiebelehm
Geschiebemergel
Meeresablagerungen
Niedermoor
Geschiebesand
Geschiebemergel
Geschiebemergel
Geschiebemergel
Geschiebesand über Geschiebelehm
Geschiebemergel
Meeresablagerungen
Geschiebesand über Geschiebelehm
Geschiebesand über
Schmelzwassersand
Geschiebesand über
Schmelzwassersand
Niedermoor
Sandersand
Geschiebemergel
Geschiebemergel
Beckenablagerungen
Meeresablagerungen
Geschiebesand über
Schmelzwassersand
Geschiebesand
Niedermoor
aufgetragenes Material
Geschiebemergel
Geschiebesand
Meeresablagerungen
Flugsand über Schmelzwassersand
Geschiebemergel
Regosol
Podsol
Düne
Forst
Glei-Podsol
Pseudoglei-Parabraunerde
Kalkmarsch
Pseudoglei-Podsol
Parabraunerde
Glei-Podsol
Pseudoglei-Parabraunerde
Pseudoglei
Pseudoglei
Knickmarsch
Niedermoor
Kolluvisol über Pseudoglei
Pseudoglei-Parabraunerde
Pseudoglei-Parabraunerde
Pseudoglei-Parabraunerde
Pseudoglei-Parabraunerde
Parabraunerde-Pseudoglei
Kalkmarsch
Pseudoglei-Podsol
Braunerde
Acker
Acker
Acker
Forst
Grünland
Acker
Acker
Grünland
Acker
Grünland
Grünland
Acker
Acker
Acker
Acker
Acker
Forst
NSG
Grünland
Acker
Braunerde
Acker
Grünland
Niedermoor
Grünland
Glei-Podsol
Acker
Pseudoglei-Parabraunerde
Grünland
Pseudoglei
Acker
Braunerde-Pseudoglei
Grünland
Kleimarsch
Baumschule
Braunerde-Hortisol
Podsol-Braunerde
Niedermoor
Pararendzina
Parabraunerde
Parabraunerde
Rohmarsch
Podsol
Pseudoglei-Braunerde
Forst
Grünland
Park
Grünland
Acker
Schafweide
Grünland
Naturwald
Pflanze
■ BAUERNBLATT l 9. Mai 2015
Mit Stechzylindern werden im Gelände ungestörte Bodenproben entnommen, um im Labor
das Trockenraumgewicht, die Wasserleitfähigkeit und das Porenvolumen zu bestimmen.
Fünf Flächen sind seit 2003 für vertiefende Untersuchungen zu Intensiv-Boden-Dauerbeobachtungsflächen ausgebaut worden. Hier werden Einträge über die Luft, durch mineralische und organische Düngung
sowie Austräge durch Ernteentzug
und Sickerwasser in gesonderten
und zeitlich eng getakteten Messungen erfasst. Ziel ist es, die im Boden
ablaufenden Stoffflüsse zu erfassen.
ermittlung. Selten sind zunehmende
oder abnehmende Gehalte von Stoffen im Boden sofort eindeutig einzelnen Einflussfaktoren zuzuordnen. Zeigen die Untersuchungsergebnisse keine Veränderungen des
Bodens an, ist dies nach dem Motto
„Kein Ergebnis ist auch ein Ergebnis“ ein gutes Ergebnis. Die BodenDauerbeobachtung wird zur Ermittlung langfristiger Veränderungen
des Bodens eingesetzt. BewirtschafLangfristige Veränderungen tungs- oder witterungsbedingte
Schwankungen von Bodenkennwerdes Bodens
ten im Jahresverlauf sind nicht die
Sind Veränderungen des Bodens Zielgröße der langfristigen Betrachfestzustellen, beginnt die Ursachen- tung und Auswertung.
Bodenprofil: Rohmarsch aus schluffig-tonigen Meeresablagerungen, Marsch, Hamburger Hallig. Fotos (2): Dr. Marek Filipinski
Vielfach wird die Besorgnis geäußert, dass die Humusgehalte langfristig abnehmen, da nicht ausreichend auf eine stabile Humusversorgung in der Landbewirtschaftung
geachtet wird und der Klimawandel
zusätzlich zur Beschleunigung von
Umsetzungsprozessen im Boden
beiträgt. Eine tatsächliche Abnahme
des Humusgehaltes im Oberboden
konnte für zwei Boden-Dauerbeobachtungsflächen festgestellt werden. Allerdings sind diese Ergebnisse
aufgrund ihrer Größenordnung und
der Standortverhältnisse auf der Untersuchungsfläche nicht sicher und
nicht eindeutig der Bewirtschaftung
zuzuweisen. Auf eine ausgeglichene
langfristige Humusbilanz ist jedoch
unbedingt zu achten, da Änderungen sich nur langsam vollziehen.
Insgesamt bestätigt sich die Besorgnis abnehmender Humusgehalte im Boden aufgrund der Bewirtschaftung anhand der hier untersuchten
Boden-Dauerbeobachtungsflächen für Schleswig-Holstein
derzeit nicht. Bewirtschaftungsmaßnahmen wie eine intensive Entwässerung, die eine starke Mineralisierung und damit Humusabbau fördert, wurden während des Untersuchungszeitraums auf keinem Standort durchgeführt.
Abbildung 1: Lage der Boden-Dauerbeobachtungsflächen in
Schleswig-Holstein in den Naturräumen
Um für Analysen gut gemischtes Bodenmaterial zu erhalten, wird die getrocknete Bodenprobe vorzerkleinert und abgesiebt.
Foto: Thorsten Nack
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Pflanze
BAUERNBLATT l 9. Mai 2015 ■
Abbildung 2: Stickstoffauswaschung und kritische N-Frachten im Herbst auf vier untersuch- Geest, Niedere Geest und Östliches
ten Intensiv-Boden-Dauerbeobachtungsflächen (BDF 06 Acker und BDF 09 Acker: konven- Hügelland ab.
Um die Stickstoffdynamik im Botionelle Bewirtschaftung, BDF 35 Grünland und BDF 36 Acker: ökologische Bewirtschaftung) den zu beschreiben und das Stick-
stoff-Austragspotenzial einzuschätzen, werden Bodenproben in unmit160
telbarer Nähe der Intensiv-BodenDauerbeobachtungsflächen zu Ve140
BDF06
BDF09
BDF36
BDF35
getationsbeginn Ende März, gleich
nach der Ernte im August/Septem120
ber und zum Ende der Vegetationsperiode im November entnommen
100
und auf die Gehalte an verfügbarem
80
mineralisierten sowie an organisch
gebundenen Stickstoff analysiert.
60
Zur Ermittlung des Nährstoffaustrages mit dem Sickerwasser wird dieses
40
anhand von sogenannten Saugker20
zen beprobt.
Die Gehalte an mineralischem
0
Stickstoff weisen im Herbst im
Boden aller Intensiv-Boden-Dauerbeobachtungsflächen
starke
Schwankungen und auch deutliStickstoffauswaschung
kritische Stickstofffracht
che Überschreitungen der tolerierbaren Gehalte auf. Im Boden der
bewirtschafteten
Im Rahmen der Boden-Dauer- lastbare Zeitreihen dieser Messwer- Boden intensiv beobachtet konventionell
beobachtung werden an Schadstof- te, um daraus Aussagen zu Entwick- – was passiert kurzfristig? Ackerstandorte werden tolerierbare Gehalte an mineralischem
fen im Boden Schwermetalle und Ar- lungen beziehungsweise Trends
sen sowie organische Schadstoffe abzuleiten, ist die bisherige DatenDer Hauptuntersuchungsansatz Stickstoff im Boden im Herbst in
wie Dioxine und eine Reihe weiterer grundlage allerdings noch zu klein. der Intensiv-Boden-Dauerbeobach- der Mehrzahl der Jahre überschritVerbindungen untersucht. Die bis- Die ermittelten Gehalte an organi- tung betrifft die Nährstoffdynamik ten (Abbildung 2).
herige Auswertung ergibt, dass die schen Verbindungen sind überwie- im Boden. Wegen der größeren
Gesamtgehalte an Schwermetallen gend sehr gering, häufig liegen sie Düngungsintensität wird auf vier
Weitere Hinweise und Ausführunund Arsen auf den verschiedenen unterhalb der Bestimmungs- oder Untersuchungsflächen unter acker- gen zur Boden-Dauerbeobachtung
Flächen über die Zeit sowohl Zu- als sogar unterhalb der Nachweis- baulicher Nutzung gemessen. Sie de- in Schleswig-Holstein finden sich in
auch Abnahmen aufweisen. Für be- grenze.
cken die Naturräume Marsch, Hohe den Veröffentlichungen.
180
Stickstofffracht [kg/ha]
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MEINUNG
Bischof Gothart Magaard, Evangelisch-lutherische Kirche in Norddeutschland
Was verbinden Sie mit
fruchtbarkeit“ verknüpdem Begriff „Bodenfen?
fruchtbarkeit“?
Mich hat es sehr beeinLeben ist ohne Boden
druckt, als ich erfahren
und seine Fruchtbarhabe, wie viel Leben in
keit nicht möglich. Ich
dem Boden steckt, auf
stelle allerdings fest,
dem wir stehen, gehen,
dass wir oft diese hohe,
fahren, wirtschaften –
auch spirituelle Bedeuohne davon wirklich zu
tung des Bodens aus
wissen. In einem Teelöfden Augen verlieren.
fel fruchtbarer Erde leJe höher wir uns aufFoto: privat ben Millionen von unschwingen, umso ferscheinbaren Bodenlebener ist uns so etwas wie Boden- wesen. Unsere Existenz beruht auf
ethik. Unser Leben kommt aus der diesem Organismus Boden, aber es
Erde, und wir werden wieder zu entzieht sich unserem Wissen, wie
Erde. Wir kommen diesem Zusam- alles zusammenhängt. Wir hoffen,
menhang bei Erdbestattungen na- dass unsere Eingriffe in diesen Orhe, aber sonst? Landwirte und ganismus keine existenziellen Fol(Hobby-)Gärtner nutzen die Bo- gen für uns Menschen haben. Wir
denfruchtbarkeit und spüren da- hoffen, dass wir es rechtzeitig merbei vielleicht, dass der Boden eine ken, wenn wir uns den Boden unGabe Gottes ist.
ter unseren Füßen wegziehen. Unser Glaube sagt uns, dass Gott es
Gibt es ein persönliches Ereig- gut mit uns meint, aber behandeln
nis/ein Bild, das Sie mit „Boden- wir Gottes Schöpfung gut?
Welche Bedeutung hat die Bodenfruchtbarkeit im Hinblick auf die
globale Lebensmittelknappheit?
Für jeden Menschen auf dieser Erde
stehen 2.000 m² Ackerfläche zur
Verfügung. Das klingt gar nicht so
wenig. Aber diese Fläche sinkt rapide, denn wir werden mehr Menschen, und die Ackerfläche wird weniger durch Versalzung, Ausbreitung der Wüsten, Versiegelung und
so weiter. Wenn die Ernährungsgrundlage knapper wird, dann wird
die Fruchtbarkeit der Böden immer
kostbarer. Wir haben in Norddeutschland in dieser Hinsicht ein
„Sahnestück“ abbekommen. Wir
können nicht die Welt ernähren,
aber jeder versiegelte Quadratmeter ist ein Verlust für alle Zeit.
Sie haben drei Wünsche frei:
Welche Aktivitäten/Maßnahmen
würden Sie ergreifen, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und
zu fördern?
Weltweit verändert der Klimawandel die Bodenverfügbarkeit und
Bodenfruchtbarkeit. Am Klimawandel sind vor allem die Länder
des Nordens ursächlich beteiligt.
Dafür sollten wir Verantwortung
übernehmen und geeignete Maßnahmen ergreifen.
Boden zu erhalten und nicht zu
zerstören, damit können wir hier
bei uns viel tun. Ich wünsche mir
ein klares Konzept von der Politik,
mit dem die Versiegelung gebremst wird.
Ich wünsche mir ein stärkeres Bewusstsein für die Abhängigkeit
von uns Menschen von der Bodenfruchtbarkeit. Auch unsere Kirche
in Norddeutschland kann darauf
hinweisen, und nicht nur an Erntedank. Gott hat uns diese Erde gegeben, und bei allen technischen
Errungenschaften unserer Zeit:
Wir leben von einer dünnen Krume und der Hoffnung auf eine Zukunft.
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■ BAUERNBLATT l 9. Mai 2015
Metallbehälter mit Sammelbehältern und Transportleitungen für Sickerwasser
bei einer Intensiv-Boden-Dauerbeobachtungsfläche. Foto: Thomas Schröder
● „Boden-Dauerbeobachtung
in
Schleswig-Holstein – Boden unter
die Lupe genommen“,
● „Boden-Dauerbeobachtung
in
Schleswig-Holstein Boden-Zustände
erfassen, Veränderungen erkennen,
Handeln ableiten“ und
● „25 Jahre Boden-Dauerbeobachtung in Schleswig-Holstein“,
die man beim Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche
Räume unter http://www.umwelt
daten.landsh.de/bestell/bestellpubl.
html kostenlos als gedrucktes
Exemplar bestellen und als pdf-Datei
herunterladen kann, sowie im Inter-
net im Themenportal Landwirtschaft und Umwelt Schleswig-Holstein unter Schleswig-Holstein –
Boden-Dauerbeobachtung und im
Landwirtschafts- und Umweltatlas
des Landes Schleswig-Holstein unter
http://www.umweltdaten.landsh.de/
atlas/script/index.php, dort unter der
Rubrik Boden –> Bodenzustand –>
Boden-Dauerbeobachtungsflächen
Dr. Eckhard Cordsen
Landesamt für Landwirtschaft,
Umwelt und ländliche Räume
des Landes Schleswig-Holstein
Tel.: 0 43 47-704-550
[email protected]
FAZIT
Boden-Dauerbeobachtung dient
der nachhaltigen Sicherung des
Schutzgutes Boden und damit
der Sicherung unserer Lebensgrundlage. Sauberes Trinkwasser, gesunde Nahrungsmittel
und ein positiver Einfluss auf
das Klima sind nur einige Stichworte für die herausragende
Bedeutung des Bodens. Boden
ist eine Ressource, die nicht vermehrbar ist. Wir können ihn
nicht nach unseren Bedürfnissen herstellen. Vorsorge und
rechtzeitiges Handeln setzen
das Erkennen und Verstehen
von Veränderungen des Bodens
voraus. Nur wenn dies vorhan-
den ist, ist eine frühzeitige Anpassung und Steuerung der Bodennutzung und anderer Einwirkungen auf den Boden möglich. Die Boden-Dauerbeobachtung liefert hierfür eine valide
Datenbasis. Viele Bodenveränderungen erfolgen nur schleichend und werden erst langsam
wirksam und sichtbar. Gerade
deshalb ist ein langfristig angelegtes und kontinuierliches Bodenmonitoring so wichtig.
Besonderer Dank gilt den Landwirten, die ihre Flächen für die
Untersuchungen im Rahmen der
Boden-Dauerbeobachtung zur
Verfügung stellen.