AvU 20.04.16 Seite 3

Bezirk Uster l 3
ZO/AvU
Mittwoch, 20. April 2016
Stadtrat weist Irreführung-Vorwurf zurück
USTER Sie stützen sich auf
eine Aussage des Ustermer
Bauvorstands Thomas Kübler:
Diese beweise, dass die Stadt
Uster immer nur die Hälfte
des Zeughausareals habe
erwerben wollen, sagen die
Gegner des Gestaltungsplans.
Der Stadtrat widerspricht.
Es sind happige Vorwürfe, die
das Komitee Nein zum Gestaltungsplan Zeughaus gegen den
Ustermer Stadtrat erhebt. Von
«gezielter Irreführung» spricht
Gemeinderat Thomas Wüthrich
(Grüne). Von «Falschinformation» und «Intransparenz» sein
Ratskollege Paul Stopper (BPU).
Auslöser der harschen Worte
ist eine Bemerkung des Ustermer Bauvorstands Thomas Kübler (FDP). An einer Info-Veranstaltung zur geplanten Bebauung des Zeughausareals wollte
ein Votant aus dem Publikum
von ihm Folgendes wissen: Hätte
die Armasuisse, die Besitzerin
des Zeughausareals, das Grundstück der Stadt im Baurecht als
Ganzes abgegeben? Küblers Antwort: Ja, aber für die Stadt sei
das ganze Gebiet zu gross gewesen (wir berichteten).
Neue Ausgangslage
«Diese Aussage verändert alles»,
sagt der grüne Gemeinderat Patricio Frei. Seine Partei, die BPU
und auch Privatpersonen hätten
jahrelang dafür gekämpft, dass
die Stadt das ganze Areal für sich
nutzen könne. Anders als der
Stadtrat und die Mehrheit des Gemeinderats wollen sie das ganze
Gebiet öffentlich nutzen (siehe
Box rechts). Immer aber habe es
seitens der Exekutive geheissen,
die Armasuisse wolle Uster nicht
das gesamte Gelände geben, sondern nur die Hälfte. «Unsere Forderung wurde so stets als unrealistisch dargestellt.»
Mit Küblers Aussage sei nun
«die Wahrheit ans Licht gekommen», sagt Frei. «Die ganzen
Jahre ging es um die Frage, ob
So wollen die Gegner des Gestaltungsplans das Zeughausareal: als grossen, freien Kulturplatz für Feste und Konzerte. Visualisierung Noah Kriesi, Creative Design
«Der Stadtrat ist
von Anfang an der
Diskussion ausgewichen, ob die Stadt
das ganze Areal
oder nur die Hälfte
kaufen soll.»
Patricio Frei, Gemeinderat Grüne
die Stadt Uster das ganze Zeughausareal oder nur die Hälfte
nutzen soll. Der Stadtrat ist dieser Diskussion aber von Anfang
an ausgewichen.»
Für das Referendumskomitee
wird damit auch der Vorwurf
obsolet, es würde die bisherigen
Entscheide der Bevölkerung und
des Gemeinderats nicht akzeptieren. «Der Stadtrat hat verschwiegen, welche Alternativen
es zu seinen Plänen gegeben
hätte», sagt Paul Stopper.
An Rendite interessiert
Bauvorstand Thomas Kübler
weist diese Vorwürfe «entschieden» zurück, wie er sagt. Die
Armasuisse habe der Stadt
Uster das ganze Land zwar im
Baurecht angeboten, dabei aber
einen möglichst hohen Bau-
rechtszins erwirtschaften wollen. «Ihre Immobilienstrategie
sieht vor, dass sie aus nicht mehr
benötigten Liegenschaften eine
möglichst hohe Rendite abschöpft.» Dieses Ziel erreiche sie
aber nur, wenn das Areal privat
genutzt werde, wenn also Wohnungen entstünden. Die Stadt
Uster hätte deshalb laut Kübler
bereit sein müssen, für das Land
einen Baurechtszins zu zahlen,
der auf dem hohen Preis für eine
private Nutzung basiert, obwohl
sie das Land öffentlich nutzen
will. «Dieses absurde Szenarium
verfolgte die Stadt aus naheliegenden Gründen nicht», sagt
der Bauvorstand.
Der Stadtrat habe stattdessen
in die Waagschale geworfen,
dass nur die Stadt Wohnzonen
schaffen könne. So habe er er-
SO WILL DAS REFERENDUMSKOMITEE DAS ZEUGHAUSAREAL NUTZEN
weder durch einen Verkauf des
Lands oder die Abgabe im Baurecht. «Der Vergleich mit anderen Städten zeigt: Ein Kaufpreis
von 5 bis 10 Millionen Franken
wäre realistisch», sagt Kessler.
Auch Kulturzentrum möglich
Einmal der Stadt überlassen, soll
auf dem Zeughausareal gemäss
dem Komitee ein grosser Platz
für kulturelle Veranstaltungen
entstehen. Dort könnten Grosskonzerte, Filmfestivals, Sportanlässe, Märkte oder auch Zirkusvorführungen stattfinden.
«Für diese Nutzungen wäre der
im Gestaltungsplan vorgesehene
Platz von zweimal 50 Metern viel
zu klein», sagt Paul Stopper.
Die bestehenden Zeughäuser
würde das Komitee den Vereinen überlassen oder sie als Museen oder Ateliers für Künstler
Wer wollte Wohnungen?
Das Referendumskomitee stellt
diese Version des Stadtrats infrage. Auch seine Protagonisten
werfen den Blick zurück auf den
Beginn der Gespräche zwischen
der Stadt und der Armasuisse.
Das war in den Jahren nach
2005. Der damalige Stadtrat
habe verkündet, dass er zwar das
ganze Areal kaufen wolle; auf
zwei Dritteln des Areals aber
«Vergleiche sind schwierig»
Auch hier widerspricht Kübler.
Die Armasuisse habe von Anbeginn sehr wohl Vorstellungen gehabt, welchen Ertrag sie mit dem
Zeughausareal erzielen wolle.
Mit anderen Städten könne man
die Situation in Uster nur schwer
vergleichen: Der Verkauf des
Zeughausareals Rapperswil etwa
sei erfolgt, bevor die Armasuisse
ihre Immobilienstrategie verabschiedet habe. Und in Winterthur habe die Stadt bereits einen
Teil des Grundstücks besessen.
«Wir aber haben in langen
Verhandlungen eine Lösung erreicht, die für die Stadt Uster
grosse Entwicklungsmöglichkeiten bietet.»
Raphael Brunner
GESUCH BEIM STADTRAT HÄNGIG
Ein Areal, ganz für die Kultur und die Öffentlichkeit
Das Referendumskomitee strebt
an, dass das ganze Zeughausareal für die Öffentlichkeit sein
soll. Deshalb lehnt es den Gestaltungsplan ab, der eine Zweiteilung des Gebiets vorsieht und auf
dem Westteil eine private Wohnnutzung erlaubt. «Das ganze
Areal soll in der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen bleiben», sagt BPU-Gemeinderat
Werner Kessler. Er bildet zusammen mit seinen Ratskollegen Paul Stopper (BPU), Patricio
Frei, Thomas Wüthrich (beide
Grüne) sowie dem Journalisten
Manu Gehriger das Abstimmungskomitee Nein zum Gestaltungsplan Zeughaus.
Das Komitee ist überzeugt,
dass die Armasuisse der Stadt
das ganze Areal zur Nutzung
überlassen wird, wenn sie keine
Renditemöglichkeit sieht – ent-
reicht, dass die Armasuisse im
Gegenzug für eine Umzonung
die Hälfte des Lands an die
Stadt verkauft habe. «Entgegen
ihrer Immobilienstrategie und
zu einem günstigen Preis», sagt
Kübler. «Eine Abgabe des gesamten Areals im Baurecht für eine
öffentliche Nutzung ist hingegen
nie zur Debatte gestanden.»
werde er Wohnungen und Gewerbe ansiedeln, damit er auf
dem dritten Drittel Kultur finanzieren könne.
«Ein verheerender taktischer
Fehler», sagt Thomas Wüthrich.
Nur schon mit der geäusserten
Absicht, eine Umzonung für
Wohnungen ins Auge zu fassen,
habe das Land massiv an Wert
gewonnen. «Warum sollte die
Armasuisse das Areal jetzt noch
günstig verkaufen, wenn sie
weiss, dass sie selber damit gut
verdienen könnte?»
Die Gestaltungsplan-Gegner
verweisen auf andere Städte,
etwa auf Wil, Winterthur oder
Rapperswil-Jona. Dort habe
die Armasuisse ähnlich grosse
Grundstücke günstig an die
Stadt verkauft – weil deren Exekutiven von Anfang an klargemacht hätten, dass es niemals zu
einer Umzonung komme und für
die Immobiliengesellschaft damit keine Aussicht auf Rendite
bestanden habe. «Deshalb haben
wir immer gefordert, dass das
Ustermer Zeughausareal in der
Zone für öffentliche Bauten bleiben soll – dann ist die Armasuisse auch hier gezwungen, das
für sie sonst nutzlose Land zu
veräussern», sagt Frei.
verwenden. In der Zone für
öffentliche Bauten und Anlagen
sei es auch möglich, einen Ersatz
für den Stadthofsaal sowie eine
Kleinkunstbühne inklusive Kino
zu errichten, sagt Wüthrich.
«Die Befürworter des Gestaltungsplans machen den Kulturschaffenden Angst, bei einem
Nein stünden sie in Zukunft
ohne Räume da. Das stimmt
nicht.» Ausserdem werde das
Areal bereits heute von Künstlern und Vereinen genutzt. «Die
meisten müssten wohl weg,
wenn der Gestaltungsplan angenommen wird.»
Lärmriegel für Anwohner
Zum Schutz der Anwohner
schlägt die Gruppe die Errichtung von Lärmriegeln vor, etwa
durch eine permanente Bühne
im Westteil sowie als Verbin-
dungsbau zwischen den Zeughäusern (siehe Visualisierung).
«Der Gestaltungsplan sieht hingegen Wohnen und Kulturveranstaltungen in unmittelbarer
Nachbarschaft vor. Da kommt
es zwangsläufig zu Konflikten»,
sagt Stopper.
Wünsche der Bevölkerung
Thomas Wüthrich erinnert daran, dass ein Nein zum Gestaltungsplan kein Ja zu den Vorstellungen des Komitees bedeute. «Wir erhalten uns damit
aber die Möglichkeit, das umzusetzen, was die Ustermer
Bevölkerung in den Stadtentwicklungsgesprächen einst als
Wunsch formuliert hat.» Mit der
im Gestaltungsplan vorgesehenen Wohnnutzung verliere Uster
hingegen öffentlichen Raum an
Private. rbr
Kampf um Akteneinsicht
Die Gegner des Zeughaus-Gestaltungsplans verlangen schon
seit längerer Zeit Einblick in die
Akten, die zum Schriftverkehr
zwischen dem Stadtrat und der
Armasuisse vorhanden sind. Im
Oktober 2015 stellte BPU-Gemeinderat Paul Stopper ein entsprechendes Gesuch an die Armasuisse und an den Stadtrat.
Beide lehnten das Gesuch ab.
Im Fall der Armasuisse stellte
Stopper einen Schlichtungsantrag an den eidgenössischen
Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten. Dieser hiess
den Antrag gut und verpflichtete
die Immobiliengesellschaft der
Armee, Stopper Einsicht in die
Akten zu gewähren. Die Armasuisse darf für den Aufwand aber
die Kosten verrechnen. Ein erster Kostenvoranschlag betrug
gemäss Stopper 700 Franken –
für die Bereitstellung von 17 Dokumenten mit insgesamt 59 Seiten. Stopper akzeptierte den Kostenvoranschlag nicht und stellte
beim Öffentlichkeitsbeauftragten einen zweiten Antrag. Dieser
ist noch offen.
Im Fall des stadträtlichen
Neins habe er zuerst auf einen
Weiterzug des Gesuchs an den
Bezirksrat verzichtet, sagt Stopper. Er stellte nun beim Stadtrat
jedoch einen neuen Antrag um
Akteneinsicht, der sich auf einen
Entscheid des Bezirksrats in
einem ähnlichen Fall in Fällanden stützt (wir berichteten). Dieser ist noch hängig. Stopper sagt:
«Ich kann die Geheimnistuerei
nicht nachvollziehen. Der Verdacht drängt sich auf, dass der
Stadtrat und die Armasuisse
etwas vor der Öffentlichkeit zu
verheimlichen haben.» rbr
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