AspE e. V. Brusendorfer Str. 20 12055 Berlin Fon 030 / 624 33 69 www.aspe-berlin.de Vortrag zum Fachtag am 7.Oktober 2015 / sfbb Nr. 6038/15 , Andrea Walter-Gröger, AspE e.V. „Ambulante Hilfen zur Erziehung in geflüchteten Familien – Qualitätsentwicklung in den Hilfen zur Erziehung“ Vortragsgliederung anhand des Titels: 1.) Ambulante Hilfen zur Erziehung – 2.) geflüchtete Familien – 3.) Qualitätsentwicklung 4.) Ausblick auf den Aspekt des Kinderschutzes 1.) Ambulante Hilfen zur Erziehung § 31 SGB VIII Sozialpädagogische Familienhilfe Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. (Sie ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie.) Was macht in der praktischen Arbeit die Besonderheit im Hinblick auf die sozialpädagogische Familienhilfe in geflüchteten Familien aus? Die Familie befindet sich in einer existenziellen Krise, sie muss den Alltag mit seinen besonderen Problemlagen bewältigen. Dieser Alltag ist durch einen intensiven Kontakt zu Ämtern und Institutionen geprägt. Wir erfahren in unserer Arbeit bei Familien in der Regel das Bestreben nach Unabhängigkeit und das Bestreben selbstaktiv und selbstbestimmt ihre Lebenssituation (besonders für ihre Kinder) zu verbessern, also den Wunsch nach Hilfe zur Selbsthilfe. Den Wunsch sich versorgen und verwalten zu lassen können wir eher nicht erkennen. Andrea Walter-Gröger [email protected] AspE e. V. Brusendorfer Straße 20 12055 Berlin Fazit: Grundlegende Aspekte in der Arbeit mit geflüchteten Familien finden sich in der sozialpädagogischen Arbeit einer Familienhelfer/in wieder. Die Mitarbeit der Familie ist in der Regel durch den Wunsch nach eigener Aktivität und Steuerung in natürlicher Weise gegeben. Da Flucht einhergeht mit Entwurzelung und so mit großer Verunsicherung in völlig unbekannter Umgebung ist in der Regel auch eine längere Dauer einer Begleitung, die einhergeht mit einem notwendigen Vertrauensaufbau sinnvoll. Die Eltern in ihren Erziehungsaufgaben zu unterstützen und zu stärken, tritt zunächst in den Hintergrund. Existentielle Notwendigkeiten zum Erhalt der Familie und zum Schutz ihrer Kinder stehen davor und nehmen den ganzen Raum ein. Sie liegen vordringlich in der Verantwortung der Eltern. Gleichzeitig werden die Eltern durch eine mehr als prekäre Lebenssituation in ihrer Erziehungsrolle geschwächt. Rollenverteilungen ändern sich oft dramatisch. Eltern können ihren Kindern wenig Orientierung geben, da sie sich selbst bei ihrer Ankunft in Deutschland neu orientieren müssen. Thomas Berthold sagt in einer Studie des deutschen Komitees für Unicef / 2014 hierzu: „ (Die Kinder) erleben ihre Eltern als Hilfeempfänger, als hilfesuchend und als hilfsbedürftig. Das Bild der starken, schützenden Eltern, die die familiären Belange selbst regeln können, wird in vielen Situationen erschüttert.“ Fazit: Der Fokus in der ambulanten Familienhilfe in geflüchteten Familien liegt auf der Stärkung der Eltern/Sorgeberechtigten Bezugspersonen, der Unterstützung ihre prekäre Lebenssituation zu verbessern, Hilfe bei der Befähigung Zugang zu dieser Gesellschaft zu finden um ihrer Erziehungsverantwortung im Sinne von Orientierung, Förderung und Schutz ihrer Kinder nachkommen zu können. Für die unmittelbare Arbeit der FamilienhelferInnen bedeutet dies Begleitung und Vermittlung zu Ämtern und Institutionen zu Sprachkursen und Integrationskursen zu Beratungsstellen, Vermittlung von Schulplätzen und Kitaplätzen, Vermittlung zu Leistungen der Grundversorgung und Gesundheitsversorgung und vieles mehr. Und bei alledem die Bedürfnisse der Kinder nicht aus dem Blick verlieren, denn der Schutz und die Förderung der Kinder ist der eigentliche Jugendhilfeauftrag. 2 Andrea Walter-Gröger [email protected] AspE e. V. Brusendorfer Straße 20 12055 Berlin Das bedeutet auch, dass den Familien durch ein bloßen Fallmanagement nicht geholfen ist. Die Familie, ihre Bedürfnisse und ihre Ressourcen müssen erkannt werden. Gleichzeitig sind Familiensysteme durch Flucht- und Gewalterfahrungen zutiefst erschüttert, aus den Fugen geraten. Sie reagieren mit Verunsicherung, Angst, Misstrauen und versuchen das Familiengefüge durch enge Bindungen und den Ausschluss Anderer zu schützen. Fazit: Vertrauensaufbau und Beziehungsarbeit ist in der Arbeit mit geflüchteten Familien unerlässlich. Vertrauensaufbau braucht Zeit und Geduld und stellt im Kontext von Traumatisierungen hohe Anforderungen an die Kompetenz der Fachkräfte. Also eine Hochkomplexe Aufgabe! Setzen wir diese Tätigkeit der Fachkräfte nun in ihrer Mittlerfunktion zu den Systemen in dieser Gesellschaft, d.h. zum Umfeld der geflüchteten Familien, in welches Sie im Sinne ihrer Kinder gut hineinwachsen sollen – ich meine damit z.B. Systeme der Gesundheitsversorgung, der Erwerbsfähigkeit bzw.- erlaubnis, des Arbeitsmarktes, des Wohnungsmarktes, der Bildungssysteme, der Kultursysteme in einer diversen Gesellschaft- in Bezug, so wird die Aufgabe in ihrer Vielschichtigkeit für die Fachkräfte noch um einige notwendige Perspektiven komplexer. Dies möchte ich in folgender Betrachtungsweise des Begriffs „geflüchtete Familien“ deutlich machen: 2.) Geflüchtete Familien Wer oder Was sind „geflüchtete Familien“? Zunächst eine Menge von Menschen, die wir durch die Medien als eine homogene Gruppe oder gar eine Bewegung beschrieben bekommen. Es ist die Rede von einer „Flut“, einer Flüchtlings“welle“, die Menschen werden in Zahlen in Flüchtlings“strömen“ beschrieben. Auch Einzelschicksale werden beschrieben, die dann allerdings stellvertretend für eine Beschreibung der Gruppe der Geflüchteten steht. Was sind die gemeinsamen Kennzeichen der Gruppe „geflüchtete Familien“? Mir fallen zunächst mal nur zwei Gemeinsamkeiten ein: Es sind Menschen und sie begreifen sich selber als Flüchtlinge. 3 Andrea Walter-Gröger [email protected] AspE e. V. Brusendorfer Straße 20 12055 Berlin In unserer Arbeit begegnen uns aber zahlreiche Kriterien, die für eine große Heterogenität dieser Gruppe „geflüchtete Familien“ steht. Die Menschen unterscheiden sich aufgrund Ihrer Herkunftsländer und ihrer Lebenssituation in ihren Herkunftsländern, der Fluchtgründe, der Fluchtwege, der Gewalterfahrungen, des Status im Asylanerkennungsverfahren, bzw. des Aufenthaltsstatus und den damit verbundenen Zugängen zu Leistungen, durch Religionszugehörigkeiten und, Traditionen, durch Minderheitenzugehörigkeiten, Muttersprachen, Zweitsprachen, Alter, Geschlecht, Bildungsgrad, Familienstruktur, …. Ich könnte wahrscheinlich noch lange so weiter machen. Ich glaube es wird deutlich, dass es auch und besonders einer individuellen Betrachtungsweise und Umgangs in der praktischen Arbeit der Kinder- und Jugendhilfe in geflüchteten Familien bedarf. Fazit: Fachkräfte der ambulanten Erziehungshilfe in geflüchteten Familien müssen ein hohes Komplexitätsverständnis haben und über interkulturelle Kompetenz verfügen. Bestandteil von interkultureller Kompetenz im Kontext von ambulanter Hilfe zur Erziehung muss hier sein: - Es sind immer multidimensionale Handlungsansätze notwendig - Es ist immer ein kontextualisierter Umgang mit den Familien notwendig - Es ist immer eine Herangehensweise, an den individuellen Bedürfnissen der einzelnen Familienmitgliedern orientiert, notwendig. - Es sind gleichzeitig individualisierende und kollektive Perspektiven erforderlich. 3.) Qualitätsentwicklung in einem komplexen Feld steuern (oder: Woher weiß ich wohin ich segeln soll, wenn es stürmt und schaukelt?) Um der komplexen Verantwortung in der Arbeit der Jugendhilfe gerecht zu werden, muss die Steuerung der Qualitätsentwicklung nicht nur prozesshaft, sondern auch mehrdimensional in ihrer Struktur, partizipativ und mit inklusiver Haltung angelegt sein. Gesundheit Berlin e.V. und die Forschungsgruppe Public Health des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung gGmbH beschreiben auf ihrer Homepage eine Partizipative Qualitätsentwicklung für das Feld ihrer Projektarbeit in folgenden Worten: 4 Andrea Walter-Gröger [email protected] AspE e. V. Brusendorfer Straße 20 12055 Berlin „Partizipative Qualitätsentwicklung meint die ständige Verbesserung von Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention durch die gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen Projekt, Zielgruppe, Geldgeber und eventuell anderen wichtigen Akteuren. Ein Kennzeichen dieser Zusammenarbeit ist eine möglichst starke Teilnahme und Teilhabe (Partizipation) der Projektmitarbeiter/innen und vor allem der Zielgruppe an den vier Phasen der Entwicklung von Maßnahmen: Bedarfsbestimmung, Interventionsplanung, Umsetzung und Evaluation/Auswertung. Die Partizipative Qualitätsentwicklung lebt maßgeblich vom lokalen Wissen der Beteiligten und hilft ihnen dieses Wissen zu nutzen, zu reflektieren und zu erweitern.“ Wenn wir diesen Ansatz (aus der Projektarbeit) nun für das Feld der ambulanten Erziehungshilfen in geflüchteten Familien nutzen wollen, einem Feld in welchem individuelle Bedarfe und Perspektiven von Bedeutung sind und sehr heterogene Systeme aufeinandertreffen, wird deutlich, dass sich dieser Prozess in mehreren Ebenen, bzw. Dimensionen entwickeln muss: Dimensionsebenen wären hier: - Ebene der Familie und Ihre/r Beraterin/spFh Fachkraft - Ebene der Fachkraft (mit ihren Beratungsfällen) und ihrer Einbindung in die Organisation - Ebene der Fachkraft (mit ihrer Beratungsebene und Organisationsebene) und ihrer Kooperationspartner und anderen Akteuren (Auftraggeber Jugendamt, Verwaltungs- und Dienstleistungsorganisationen, andere Beratungseinrichtungen, Soziales Umfeld) Diese Mehrdimensionale Aufgabe ist in prozesshaft angelegten Strukturen leistbar, die in diversen Arbeitsgruppenformaten (auch Bereichsübergreifend) umgesetzt und in Ihrer Zusammenführung in Form von Netzwerken gesteuert werden können. Hinzu kommt, dass Strukturen in diesem Feld (gerade in Zeiten von Krisen) der Anforderung von Flexibilität und Durchlässigkeit genügen müssen. D.h. die Organisation/ der Träger muss Strukturen vorhalten, die nicht nur Partizipation fördern, sondern auch Engagement und Kreativität fördern. Flexibles, zügiges Reflektieren und der eventuelle Umbau von Strukturen in Krisensituationen muss möglich sein. Mit anderen Worten: Es ist uns wichtig und hilfreich, Qualitätsentwicklung durch multiprofessionelle und multikulturelle Zusammentreffen von Fachkräften unter 5 Andrea Walter-Gröger [email protected] AspE e. V. Brusendorfer Straße 20 12055 Berlin Beteiligung von Hilfeadressatinnen zu steuern. Ein ganzheitlicher Ansatz und eine enge interne Vernetzung aller Fachbereiche hilft auch Qualitätszirkel inklusiv zu denken. So haben sich bei unserem Träger aus dem Bedürfnis und mit Eigeninitiative der Mitarbeiter/innen verschiedene Arbeitsgruppen/Qualitätszirkel fachbereichsübergreifend und offen installiert, z.B.: - interkultureller Fachaustausch (moderierte Möglichkeit in einen offenen Erfahrungsaustausch zu aktuellen Bedarfen und Netzwerkmöglichkeiten zu gehen, trifft sich in unregelmäßigen Abständen und auf Anfrage von Fachkräften) - Qualitätszirkel Flexible Erziehungshilfe im Kontext Südosteuropa/Roma (Recherchiert Netzwerke und Kontaktpersonen, erstellt Arbeitshilfen für Fachkräfte in den ambulanten Hilfen, trifft sich regelmäßig einmal im Monat) - Qualitätszirkel Kinderschutz im Feld der flexiblen Erziehungshilfe (reflektiert aktuelle Bedarfe und erarbeitet strukturelle und individuelle Handlungsmöglichkeiten, trifft sich regelmäßig einmal im Monat) - Trägerübergreifende Austauschmöglichkeiten werden aktiv in Netzwerken gesucht und durch Veranstaltungen installiert wie z.B. das regelmäßige Angebot des AfterWork-Fachaustausch für Fachkräfte und Akteure, Fachtage und Foren sind weitere Möglichkeiten. Zwischen allen Formaten ist Rückkoppelung, Informationsfluss und Beteiligung gesichert. - Die Anforderung durch hohe Komplexität, Flexibilität und Kreativität und die daraus erwachsende Belastung für die Fachkräfte muß gesicherte Unterstützung und Entlastung erfahren. D.h. es müssen Strukturen vorhanden sein, die zur Entlastung und gleichzeitig zur Sicherung von Qualitätsstandards der Fachkräfte führen. Wir haben hierfür Formate installiert, wie: regelmäßige gesicherte Supervision und die Möglichkeit für zusätzliche Supervision in besonderen Belastungsmomenten, Fortbildung und Schulungen im Themenfeld interkulturelles und vorurteilbewusstes Handeln, Rückzugsmöglichkeiten und die Möglichkeit des Teilens und Abgebens durch Co-Teams und/oder MitarbeiterInnen im Hintergrund. Es braucht nicht nur ein gutes Netzwerk für Anlauf- und Beratungsstellen und Spezialdienste, es braucht auch ein gutes Beziehungsnetzwerk für die emotionale und mentale Gesundheit der Fachkräfte. 6 Andrea Walter-Gröger [email protected] AspE e. V. Brusendorfer Straße 20 12055 Berlin Um eine gute Zusammenarbeit aller Akteure im Bereich der ambulanten Hilfen zur Erziehung für geflüchtete Familien zu sichern sind mehrere Aspekte zu berücksichtigen: - Eine vorurteilsbewusste Haltung als Voraussetzung - Kenntnisse um – und Verständnis für die Lebensbedingungen und häufige Belastungsfaktoren der Familien - Intensive Beziehungsarbeit und Vertrauensaufbau - Gute Vernetzung und regelmäßige Zusammenarbeit der Fachkräfte zu passenden Unterstützungsangeboten - Nutzbarmachung der familiären Ressourcen - Lebenspraktische Unterstützung und konkrete Hilfestellung - Sicherung der Kommunikationssprache für alle Beteiligten durch Einsatz von muttersprachlichen Fachkräften und Sprachmittlern und den Einsatz von multikulturellen (Co-)Teams um Akzeptanz auf Seiten der Familien und der Fachkräfte zu schaffen und den Integrationsprozess zu befördern. 4.) Welche Möglichkeiten bieten ambulante Hilfen für geflüchtete Familien im Kontext von Kinderschutz? Kinderschutz als Aufgabe der Kinder und Jugendhilfe in Bezug auf geflüchtete Familien zu gewährleisten, stellt aktuell eine besondere Herausforderung für alle Akteure dar. Geflüchtete Familien leben per se schon in Kindeswohlgefährdenden Lebenslagen, meist ohne Verschulden der Eltern und ohne Handlungsmöglichkeiten der Eltern diese Situation für ihre Kinder maßgeblich zu verändern. Allem voran sind prekäre Wohnsituationen bis hin zur Obdachlosigkeit deutlich sichtbar. In den Unterkünften gibt es für die Familien und die Kinder und Jugendlichen oft keinerlei Privatsphäre. Durch die Unterbringung in beengten Verhältnissen haben die Flüchtlingskinder faktisch keine Räume, in denen sie für sich sein können. Besonders belastet das oft Jugendliche, die in der Pubertät nach mehr Autonomie streben. Aber auch kleineren Kindern fehlt ihr eigener Raum. Es gibt zudem oft keinen Platz, um z.B. innerfamiliäre Konflikte ohne Beisein von Dritten zu bearbeiten. Der Schulbesuch, wie auch die Förderung durch Kindertagesstätten ist oft aus einem Mangel an freien Plätzen nicht gewährleistet. 7 Andrea Walter-Gröger [email protected] AspE e. V. Brusendorfer Straße 20 12055 Berlin Die Gesundheitsversorgung ist oft durch unklare Verhältnisse im Leistungsanspruch nicht gesichert, oft ist nur eine Notversorgung möglich. Da die Eltern in diesen Fällen gar nicht die Möglichkeit haben eigenständig und alleine die kindeswohlgefährdenden Situationen in denen sich ihre Kinder befinden zu verändern, macht es wohl auch wenig Sinn hierbei Forderungen an die Eltern zu stellen im Sinne ihrer Elternverantwortung aktiv zu werden. Vielmehr brauchen Eltern in diesen Situationen stärkere Lebenspraktische Unterstützung und konkrete Hilfestellung (Unterstützung bei der Wohnungssuche oder eines Wohnheimplatzes, bei der Durchsetzung von gesetzlichen Ansprüchen, bei der Durchsetzung des Anspruchs auf gesundheitliche Versorgung usw.) bis hin zu zeitlich begrenzten kompensatorischen Hilfen. Wird eine Inobhutnahme als letztes Mittel zum Schutze des Kindes in Erwägung gezogen, sind die Bedürfnisse des Kindes zu berücksichtigen. Für Kinder aus geflüchteten Familien hat die Familie als einziges sicheres System, als das was Sie kennen und was sie vormals als sichere Bindung erfahren haben eine besondere Bedeutung. Es gilt immer und individuell abzuwägen zwischen notwendigem Schutz des Kindes und neuerlicher Traumatisierung durch eine Herausnahme des Kindes. Hier bietet der Einsatz von einer ambulanten Hilfeform mit passgenauem Schutzkonzept die Möglichkeit das Familiensystem im Sinne des Kindes zu stützen. Besonders für Menschen, die unter Ausgrenzung, Diskriminierung und rassistischen Übergriffen sowie unter existenzgefährdender Armut und/oder traumatisierenden Flüchtlingserfahrungen leiden, müssen ihre Sicherheit, ihr Selbstbewusstsein und ihre Selbstachtung in den Fokus genommen werden, um die Sicherheit des Kindes und sein Wohlbefinden positiv zu beeinflussen. Viele Verhaltensweisen und momentane Notlagen (z.B. Obdachlosigkeit) sind per se keine Gefährdung, sondern ein Risiko für ein Kind und individuell zu betrachten. Checklisten sind Hilfsmittel, die lediglich der Orientierung dienen. Wenn wir die Qualitätsentwicklung im Kinderschutz im Kontext von geflüchteten Familien in den Fokus nehmen, kommen wir nicht darum herum, jeder einzelnen Familie mit viel Interesse und Wertschätzung zu begegnen. Und gemeinsam mit der Familie Zugangsmöglichkeiten und Unterstützungsmöglichkeiten für jedes einzelne Familienmitglied und die Familie als Gesamtes individuell zu erarbeiten. 8 Andrea Walter-Gröger [email protected] AspE e. V. Brusendorfer Straße 20 12055 Berlin 5.) Zu guter Letzt: Das ist viel Arbeit und eine komplexe Arbeit. Das braucht Zeit und Geduld. Das braucht kein Pauschalrezept aber viel Unterstützung von Akteuren und Fachkräften. Um den Worten von Frau Apfelbacher für das heutige World Cafe vorwegzugreifen: Wir brauchen kein Pauschalrezept – gut strukturiertes Networking kann eine hilfreiche Unterstützung für passgenaue Hilfen sein. - Vielen Dank - 9 Andrea Walter-Gröger [email protected]
© Copyright 2025 ExpyDoc