Jahresbericht 2014 Soziale Schuldnerberatung ZBS Hannover Frage: Ihre Schuldnerberatung gehört zur ZBS, der Zentralen Beratungsstelle des Diakonischen Werkes für Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten. Wer kommt zu Ihnen in die Schuldnerberatung? Antwort: Die Bandbreite unserer Klientinnen und Klienten ist vielfältig. Typisch ist: Zwei Drittel von ihnen sind Männer, 30 bis 50 Jahre alt, oft arbeitslos, keine feste Beziehung, eher niedriger Bildungsabschluss. Der vergessene Teil der Gesellschaft, der marginalisiert wird oder sich selber marginalisiert. Häufig sind psychische Probleme mit dabei. Dieses Problemfeld nimmt zu und auch wir Mitarbeitende in den Schuldnerberatungsstellen sind sensibler dafür geworden. Frage: Wie hoch sind die Klienten im Durchschnitt verschuldet? Antwort: Es gibt Zahlen für ganz Deutschland. Die durchschnittliche Summe der privaten Schulden liegt bei 35.000 Euro pro Person. Bei unseren Klienten liegt sie im Durchschnitt bei 10.000 Euro, also deutlich darunter. Dennoch eine ungeheure Summe für Menschen, die über praktisch kein Einkommen außer der Grundsicherung verfügen. Frage: Müssen Sie Anfragende ablehnen, zum Beispiel, weil sie aus einem Land kommen, für das Sie nicht zuständig sind? Antwort: Nein, wir weisen niemanden ab, er muss lediglich in der Region Hannover leben. Der Anfangskontakt läuft meist über das Telefon und wir vereinbaren dann ein erstes Gespräch. Wir hören zu, sortieren die Fakten und den persönlichen Blick, den der Klient auf diese Fakten legt: „Warum bin gerade ich in diese Lage mit diesen Schulden gekommen und wie finde ich da raus?“ Wir suchen den roten Faden. Und uns interessiert, warum dem Klienten gerade jetzt die Schulden auf den Nägeln brennen. Frage: Welche Antworten gibt es da? Antwort: Man hat z.B. schon einmal einen Anlauf genommen, aber abgebrochen. Oder man hat eine neue Beziehung und die Partnerin entdeckt die Schulden und drängt zur Regulierung. Dann ist es auch so, dass sich in den letzten Jahren tatsächlich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geändert haben: Mehr Menschen bekommen Arbeit, wenn auch oft schlecht bezahlt. Da wollen dann Verschuldete genau wissen: Was passiert eigentlich, wenn ich einen Arbeitsvertrag unterschreibe und es kommt dann zu einer Pfändung? Arbeite ich dann nur für das Schuldenabzahlen? Kann ich deswegen gekündigt werden? Oder Menschen kommen aufgrund besonderer Lebensumstände in eine stationäre Einrichtung und beginnen dann Schritt für Schritt, ihre Dinge zu klären. Sie setzten sich neue Ziele, um wieder mit sich selbst und ihrem Leben ins Reine zu kommen. Wenn die ganz große Krise organisiert ist, kann man sich auch den Schulden zuwenden. Das ist ein gutes Zeichen. Und manchmal ein Überlebensmittel. Frage: Wie ist das zu verstehen – Schulden als Überlebensmittel? Antwort: Schulden haben für die Menschen manchmal auch die Bedeutung, dass sie noch einen Anker werfen können, allen traumatischen Erlebnissen und allen Untiefen des Lebens zum Trotz. Sie koppeln sich an die Realität. Und dazu gehört: Schulden bezahlt man. Das wusste ja schon Heinrich Heine: „Mensch, bezahle deine Schulden, lang ist ja die Lebensbahn, und du musst noch manchmal borgen, wie du es so oft getan.“ (Auszug eines Interviews der Schuldnerberatung ZBS Hannover mit der hannoverschen Wohnungslosen-Zeitung „Asphalt“) Anzahl der beratenen Haushalte insgesamt: 226 Schuldnerberatung nach §16 Abs.2 Nr.2 SGB II §11 Abs.5 SGB XII § 67 SGB XII Summe Anzahl 118 61 47 226 in Prozent aller Fälle 52,21% 26,99% 20,80% 100,00% Davon abgeschlossene Beratungen: 104 Ergebnis beendete Beratungen Abbruch durch Berater Abbruch durch Schuldner Ende Insolvenz/ Beginn der Wohlverhaltensphase Gerichtl. Schuldenbereinigungsplan angenommen Regelinsolvenz eröffnet Schulden außergerichtlich reguliert Verbraucherinsolvenz beantragt Weiterleitung an andere Beratungsstellen Sonstiges (Teilregulierung, Schuldnerschutz, Wegzug, Tod) Summe Anzahl 7 24 11 in Prozent abgeschlossener Fälle 6,73 % 23,08 % 10,58 % 4 3,85 % 5 13 13 3 24 4,81 % 12,5 % 12,5 % 2,88 % 23,08 % 104 100 % Wartezeit und Dauer der Beratung Wie auch den letzten Jahren hatte die Beratungsstelle faktisch keine Wartezeiten. Die Dauer der Beratung stieg, da die neuen gesetzlichen Möglichkeiten einer Verfahrensvertretung in der Insolvenz und des Insolvenzplans es geboten erscheinen lassen, die Klientel länger zu begleiten. Dauer der Beratung bis 4 Monate Mehr als 4 bis 8 Monate Mehr als 8 bis 12 Monate Über 12 Monate Summe Anzahl 25 25 24 30 104 in Prozent abgeschlossener Fälle 24,04 % 24,04 % 23,08 % 28,85 % 100 % Geschlecht, Alter und Familienstand Wie in den letzten Jahren, bildete sich ein Schwerpunkt von männlichen Alleinlebenden. 69,03 % der Ratsuchenden waren männlich. 57,52 % waren ledig, weitere 20,08 % geschieden. Nur 15,05 % lebten mit Partner(in) oder Kind(ern) zusammen. Staatsangehörigkeit Der Anteil ausländischer Klienten, vor allem aus Nicht-EU-Staaten, nimmt weiterhin zu. Die vielfältigen Erfahrungen mit der Klientel haben dazu geführt, ein Präventionsprojekt (www.dein-name-zählt.de) zu starten. Herkunft Anderer EU-Staat Anderer EU-Staat und Nicht-EU-Staat Deutsch Nicht EU-Staat Summe Anzahl 14 1 171 40 226 In Prozent aller Fälle 6,19 % 0,44 % 75,66 % 17,70 % 100,00 % Erwerbsstatus Nur 11,95 % der Ratsuchenden sind abhängig erwerbstätig. Erwerbsstatus abhängig beschäftigt anderweitig nicht erwerbstätig arbeitslos (nicht gemeldet) arbeitslos (gemeldet) selbstständig Summe Anzahl 27 29 4 161 5 226 In Prozent aller Fälle 11,95 % 12,83 % 1,77 % 71,24 % 2,21 % 100,00 % Bildnachweis: mit freundlicher Genehmigung und Copyright by Bernd Ellerbock, Hannover
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