EIN ORGAN, VIER MODALITÄTEN? Oder: Wie man mit Fischen für die Elimination von Sinnesmodalitäten argumentieren kann. S. Benjamin Fink & Christin Zang Eine naturwissenschaftliche Untersuchung von Sinnesmodalitäten wirft folgende Frage auf: Wie individuiert man Sinnesmodalitäten? subjektiv Jede Sinnesmodalität hat einen ihr eigenen phänomenalen Charakter, der sie untereinander differenziert und jede einzelne individuiert. objektiv Jede Sinnesmodalität ist durch objektive und intersubjektiv zugängliche Kriterien individuiert. Problem: Introspektion ist fallibel und derzeit nicht als wissenschaftliche Methode anerkannt. Vorteil: Naturwissenschaftliche Untersuchungen können die Anzahl und Art von Sinnesmodalitäten bestimmen, auch bei nicht-menschlichen Arten. H. P. Grice (1968), M. Leon (1988) B. L. Keeley (2002) schlägt folgende Kriterien vor: Stimulus Organ Unterschiedliche Sinne erfassen unterschiedliche Typen physikalischer Entitäten. Unterschiedliche Sinne nutzen unterschiedliche Sinnesorgane mit eigenen Verbindungen zum ZNS. Verhalten Evolution Unterschiedliche Sinne erlauben, physische Stimuli im Verhalten zu diskriminieren. Unterschiedliche Sinne haben je eigene Evolutionsgeschichten und je eigene Vorteile für die Fitness des Organismus. Wenn Keeleys Kriterien sinnvoll sind, dann sollten sie folgende Frage eindeutig beantworten: Welcher Sinn gehört zum Seitenlinienorgan? Spannung Salzgehalt Ferntastsinn Temperatur Detektion von Spannungsschwankungen von bis zu 3µV/cm in der Umgebung erlaubt es, nahe Organismen und deren Art aufzuspüren Detektion von Schwankungen in der Salzkonzentration bis zu 1/128 erlaubt Orientierung innerhalb der Gewässer. Detektion von Unterschieden in den Wasserströmungen erlaubt die Erkennung von Form und Distanz von Objekten bei trüber Sicht. Detektion von Temperaturschwankungen von bis zu 0,01°C erlaubt Orientierung innerhalb von Gewässern. Katsuki & Hashimoto (1969) Majumder (2006) Dijkgraaf (1962) Bodznick & Northcutt (1980) Heiligenberg (1959) Brown (2003) Hensel (1959) Brown (2003) Keeleys Kriterien scheinen erschöpfend, lassen jedoch offen, ob das Seitenlinienorgan zu einem Temperatur-, Geschmacks-, Tast- oder Elektro-Sinn gehört: Ein Organ, vier Modalitäten? No Entity without Identity. Gerade weil objektive Differenzierungs- und Individuationskriterien fehlen, sollten Sinnesmodalitäten in den Wissenschaften „gequinet“ werden. Eliminiert Sinnesmodalitäten!
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