02/2015 „Mütterrente“: Unterschiedliche Ausgestaltung bei Rentnern

© Informationen der Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung in Bayern
.
„Mütterrente“:
Unterschiedliche Ausgestaltung bei Rentnern
und Nichtrentnern
Christine Rausch und Gerlinde Gahr
Mitarbeiterinnen im Grundsatzbereich
der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd
Die Umsetzung der zum 1. Juli 2014 eingeführten „Mütterrente“ wurde für Rentner anders geregelt
als für Nichtrentner. Obwohl beide Regelungen das Ziel haben, die Erziehungsleistung für vor
1992 geborene Kinder in der Rentenversicherung besser zu honorieren, gibt es unterschiedliche
Voraussetzungen und Folgen. Mit der Fachinformation 2/2015 erläutern wir Ihnen die neuen
Bestimmungen und insbesondere die sich daraus ergebenden Abgrenzungsprobleme. Denn im
Ergebnis bedeutet „Mütterrente“ nicht zwangsläufig auch eine höhere Rente.
1Allgemeines
„Die Erziehung von Kindern ist Grundvoraussetzung für den Generationenvertrag der Rentenversicherung. Während
Kindererziehungszeiten ab 1992 rentenrechtlich umfassend anerkannt sind, ist dies für frühere Jahrgänge nicht in
diesem Umfang erfolgt. Diese Gerechtigkeitslücke werden wir schließen. Wir werden daher ab 1. Juli 2014 für alle
Mütter oder Väter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, die Erziehungsleistung mit einem zusätzlichen Entgeltpunkt
in der Alterssicherung berücksichtigen. Die Erziehungsleistung dieser Menschen wird damit in der Rente besser als
bisher anerkannt.“ So lautet die Vereinbarung im aktuellen Koalitionsvertrag der CDU/CSU und SPD zur verbesserten
Berücksichtigung der Erziehung für vor 1992 geborene Kinder in der Rentenversicherung.
Umgesetzt wurde die Verbesserung mit der sogenannten „Mütterrente“, die zum 01.07.2014 mit dem Gesetz über
Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 23.06.2014 eingeführt wurde. Aus finanziellen
Gründen war für Geburten vor 1992 lediglich eine Verbesserung, nicht aber eine vollständige Gleichstellung mit Geburten
ab 1992 möglich.
Bei der „Mütterrente“ handelt es sich um keine neue oder eigene Rentenart und auch nicht um eine Leistung nur für
Mütter. Von der verbesserten Anerkennung der Erziehungsleistung für vor 1992 geborene Kinder profitieren sowohl
Bestands- als auch Neurentner. Zur leichteren verfahrensmäßigen Umsetzung wurden die Verbesserungen bei Bestandsund bei Neurentnern unterschiedlich geregelt.
Für Mütter und Väter, die ab 01.07.2014 in Rente gehen, wird die Kindererziehungszeit für vor 1992 geborene Kinder um
die Zeit vom 13. bis 24. Kalendermonat nach Ablauf des Geburtsmonats verlängert (§ 249 S G B VI). Wurde am 30.06.2014
eine Rente mit Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder bezogen, erfolgt die verbesserte Bewertung der
Kindererziehung durch einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten (§ 307d S G B VI).
Die nachfolgenden Ausführungen stellen die neuen Bestimmungen kurz dar und erläutern insbesondere die sich daraus
ergebenden Abgrenzungsprobleme. In Einzelfällen kann es nämlich trotz der Neuregelung dazu kommen, dass die
verbesserte Anerkennung der Erziehungsleistung nicht zu einer Anhebung der Rentenansprüche führt.
2
§ 307d S G B VI: Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung
Anspruch auf einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung besteht, wenn
>> am 30.06.2014 Anspruch auf eine Versicherten- oder Hinterbliebenenrente bestand (Bestandsrentner),
Nummer 02 / 2015 – 21.05.2015
.
Seite 1
© Informationen der Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung in Bayern
.
>> in dieser Rente bereits eine Kindererziehungszeit für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der
Geburt für mindestens ein vor 1992 geborenes Kind angerechnet wurde und
>> kein Anspruch auf Kindererziehungsleistung nach den §§ 294, 294a S G B VI besteht.
Ein Zuschlag wird nicht berücksichtigt, wenn die Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach § 56 Absatz 4 S G B VI
in der Fassung ab 01.07.2014 ganz oder teilweise ausgeschlossen ist (§ 307d Absatz 4 S G B VI). Ausschlussgrund ist
beispielsweise die Zugehörigkeit zu einem anderen Versorgungssystem als Beamter.
Die Anknüpfung an die bereits im Versicherungskonto enthaltenen Daten ermöglicht den Rentenversicherungsträgern,
die Neuregelung des § 307d S G B VI für Bestandsrenten in einem maschinellen Verfahren ohne weitere Ermittlung
umzusetzen. Die Rente wird um den Wert der Kindererziehungszeit für ein Jahr erhöht. Dabei wird lediglich auf den
zwölften Kalendermonat der bisher anerkannten Kindererziehungszeiten abgestellt. Der Elternteil, bei dem dieser Monat
bereits anerkannt ist, erhält den vollen Zuschlag. Bei der Zuschlagsgewährung nach § 307d S G B VI wird nicht geprüft, ob
im zweiten Jahr der Erziehung die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Kindererziehungszeit vorliegen.
Das Verfahren zur Erhöhung der Bestandsrenten um den Zuschlag nach § 307d S G B VI zum 01.07.2014 wurde von den
Rentenversicherungsträgern von Amts wegen durchgeführt und im Wesentlichen zum Jahresende 2014 abgeschlossen.
3
§ 249 S G B VI: Beitragszeiten wegen Kindererziehung
Bestand am 30.06.2014 kein Rentenanspruch, werden in der Rentenversicherung für vor 1992 geborene Kinder weitere
zwölf Kalendermonate Kindererziehungszeit vom 13. bis 24. Kalendermonat nach der Geburt des Kindes anerkannt,
sofern
>> die Voraussetzungen (Elterneigenschaft, Erziehung und Zuordnung zum jeweiligen Elternteil) gegeben sind und
>> keine Ausschlussgründe (zum Beispiel Zugehörigkeit zu einem anderen Versorgungssystem als Beamter) vorliegen.
Für die Anerkennung der erweiterten Kindererziehungszeit sind die tatsächlichen Verhältnisse in der Zeit vom 13. bis 24.
Kalendermonat zu berücksichtigen, zum Beispiel Ende der Erziehung wegen Tod des Kindes oder aus anderen Gründen.
Die Zuordnung der erweiterten Kindererziehungszeiten orientiert sich an den Berücksichtigungszeiten, die für den 13.
bis 24. Kalendermonat nach der Geburt des Kindes bereits bei einem Elternteil anerkannt wurden. Der Gesetzgeber hat
bezüglich der erweiterten Kindererziehungszeiten keine Möglichkeit eröffnet, die Zuordnung der Kindererziehungszeiten
vom 13. bis 24. Kalendermonat durch Abgabe einer neuen übereinstimmenden Erklärung anders als bisher zu regeln. Die
Anerkennung der zusätzlichen Kindererziehungszeiten erfolgt somit von Amts wegen anhand der im Versicherungskonto
bereits gespeicherten Berücksichtigungszeiten. Dadurch können sich Fallgestaltungen ergeben, bei denen sich die
verbesserte Anerkennung der Erziehungsleistung für vor 1992 geborene Kinder weder beim Vater noch bei der Mutter
auswirkt.
Beispiel 1:
Für das am 16.06.1967 geborene Kind Theo wurden die Kinderberücksichtigungszeiten vom 01.07.1968 bis 15.06.1977
(nach Ablauf der Kindererziehungszeiten) mit Erklärung vom 30.11.1992 dem Vater zugeordnet.
Aus der Versicherung des Vaters wird ab 01.01.2000 eine Witwenrente gezahlt.
Die Mutter beantragt am 07.10.2014 die Gewährung von Regelaltersrente. Bisher sind auf die Wartezeit 12
Kalendermonate Kindererziehungszeiten und 36 Wartezeitmonate aus geringfügiger Beschäftigung anzurechnen.
Lösung:
Bei der Mutter können lediglich Kindererziehungszeiten für das erste Lebensjahr des Kindes, also vom 01.07.1967 bis
30.06.1968, angerechnet werden. Die Kindererziehungszeiten vom 13. bis 24. Kalendermonat (§ 249 Absatz 1 S G B VI in
der Fassung ab 01.07.2014) können nicht angerechnet werden, weil die zeitgleichen Berücksichtigungszeiten aufgrund
einer übereinstimmenden Erklärung dem Vater zugeordnet wurden.
Auch in der aus der Versicherung des Vaters zu zahlenden Hinterbliebenenrente wirken sich die Verbesserungen durch
das RV-Leistungsverbesserungsgesetz nicht aus, weil die Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschlags nach
§ 307d S G B VI (Anrechnung des 12. Kalendermonats Kindererziehungszeit) nicht erfüllt sind.
Im Ergebnis wird somit das zweite Jahr Kindererziehung weder im Versicherungskonto der Mutter noch in dem des
Vaters berücksichtigt.
Nummer 02 / 2015 – 21.05.2015
.
Seite 2
© Informationen der Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung in Bayern
.
4
Abgrenzung der Regelungen des § 307d S G B VI und des § 249 S G B VI
Um auszuschließen, dass das zweite Jahr der Erziehung eines Kindes sowohl mit einem Zuschlag nach § 307d S G B VI als
auch mit weiteren Zeiten der Kindererziehung honoriert wird, ist in § 249 Absatz 7 und 8 S G B VI ausdrücklich bestimmt,
wie die beiden Regelungen voneinander abzugrenzen sind. Dadurch sollen Doppelleistungen für die Zeit der Erziehung
eines Kindes im zweiten Lebensjahr vermieden werden.
4.1 § 249 Absatz 7 S G B VI: Zuschlag in Folgerenten
Wurde zu einer Bestandsrente (Rentenanspruch am 30.06.2014) ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für
Kindererziehung nach § 307d S G B VI gezahlt und beginnt eine Folgerente spätestens innerhalb von 24 Kalendermonaten
nach Ende des Bezugs der bisherigen Rente, ist in der Folgerente weiterhin der Zuschlag zu zahlen (§ 307d Absatz 3
S G B VI). Die Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder enden in diesen Fällen bereits mit Ablauf von zwölf
Kalendermonaten nach dem Monat der Geburt (§ 249 Absatz 7 S G B VI).
Beispiel 2:
Die Mutter bezieht seit 2012 eine Rente wegen Erwerbsminderung, in der insgesamt 24 Kalendermonate
Kindererziehungszeit für zwei vor 1992 geborene Kinder angerechnet wurden. Die Rente wegen Erwerbsminderung fällt
zum 31.07.2014 weg.
a) Ab 01.01.2016 besteht Anspruch auf Altersrente.
b) Ab 01.01.2017 besteht Anspruch auf Altersrente.
Lösung:
In der Rente wegen Erwerbsminderung wird ab 01.07.2014 bis 31.07.2014 für beide Kinder ein Zuschlag an persönlichen
Entgeltpunkten nach § 307d S G B VI berücksichtigt.
a) Da die Altersrente innerhalb von 24 Kalendermonaten nach dem Wegfall der Rente wegen Erwerbsminderung
beginnt, wird in der Altersrente weiterhin für beide Kinder ein Zuschlag gezahlt (§ 307d Absatz 3 S G B VI). Die
Kindererziehungszeiten enden deshalb jeweils mit Ablauf von zwölf Kalendermonaten nach der Geburt des Kindes
(§ 249 Absatz 7 S G B VI).
b) Die Altersrente beginnt nicht innerhalb von 24 Kalendermonaten nach dem Wegfall der Rente wegen
Erwerbsminderung. Deshalb sind für die Altersrente die Voraussetzungen für die weitere Gewährung eines Zuschlags
nicht gegeben (vgl. § 307d Absatz 3 S G B VI).
Sofern die Voraussetzungen des § 56 S G B VI erfüllt sind, können in der Altersrente jedoch pro Kind 24 Kalendermonate
Kindererziehungszeiten berücksichtigt werden (§ 249 Absatz 1 S G B VI).
Beispiel 3:
Die vor 1992 geborenen Kinder Max und Moritz wurden von der Mutter erzogen, wobei die Erziehung von Moritz vom 10.
bis 16. Kalendermonat nach der Geburt im Ausland erfolgte.
Seit 01.10.2012 bezieht die Mutter eine Rente wegen Erwerbsminderung, in der für Max zwölf Kalendermonate, für Moritz
neun Kalendermonate Kindererziehungszeiten berücksichtigt werden. Diese Rente wurde ab 01.07.2014 für Max um
einen Zuschlag nach § 307d S G B VI erhöht.
Ab 01.01.2015 ist eine Altersrente zu zahlen.
Lösung:
In der am 01.01.2015 beginnenden Altersrente ist für Max weiterhin ein Zuschlag zu berücksichtigen, weil die
Altersrente in unmittelbarem Anschluss an die Rente wegen Erwerbsminderung beginnt (§ 307d Absatz 3 S G B VI). Die
Kindererziehungszeiten für Max enden nach zwölf Kalendermonaten (§ 249 Absatz 7 S G B VI).
Für Moritz wurde für die Zeit der Auslandserziehung (vom 10. bis 16. Kalendermonat) keine Kindererziehungszeit
angerechnet. Daher kann ein Zuschlag nach § 307d S G B VI weder in der Rente wegen Erwerbsminderung (zwölfter
Kalendermonat Kindererziehungszeit nicht angerechnet) noch in der Altersrente gewährt werden. In der Altersrente
können jedoch nach § 249 Absatz 1 S G B VI zusätzlich die Kindererziehungszeiten vom 17. bis 24. Kalendermonat für
Moritz berücksichtigt werden.
Nummer 02 / 2015 – 21.05.2015
.
Seite 3
© Informationen der Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung in Bayern
.
4.2 § 249 Absatz 8 S G B VI: Ausschluss der erweiterten Kindererziehungszeiten wegen einer
Zuschlagsgewährung nach § 307d S G B VI bei mehreren Berechtigten
Die Abgrenzung der „Mütterrente mit einem Zuschlag nach § 307d S G B VI“ von der „Mütterrente mit zusätzlichen
Kindererziehungszeiten nach § 249 S G B VI“ innerhalb eines Versicherungskontos bei mehreren Rentenberechtigten
ist in § 249 Absatz 8 Satz 1 S G B VI geregelt. Wird aus einem Versicherungskonto (für den Versicherten oder für seine
Hinterbliebenen) für dasselbe Kind bereits ein Zuschlag nach § 307d S G B VI gezahlt, können Kindererziehungszeiten vom
13. bis 24. Kalendermonat für dieses Kind nicht angerechnet werden.
Beispiel 4:
Das Kind Helene, geboren vor 1992, wurde von der Mutter erzogen.
Ab 28.03.2013 wird eine große Witwerrente gezahlt, die ab 01.07.2014 um einen Zuschlag nach § 307d S G B VI für das Kind
Helene erhöht wird.
Aus der Versicherung der Mutter wird erstmalig ab 01.02.2015 eine Waisenrente gezahlt.
Lösung:
Weil es sich bei der Waisenrente ab 01.02.2015 nicht um eine Bestandsrente (Rentenanspruch am 30.06.2014) handelt,
sind die Voraussetzungen für einen Zuschlag nach § 307d S G B VI nicht gegeben.
Die Anrechnung von Kindererziehungszeiten für den 13. bis 24. Kalendermonat in der Waisenrente ist nach § 249
Absatz 8 Satz 1 S G B VI ausgeschlossen, da in der großen Witwerrente ein Zuschlag nach § 307d S G B VI aus demselben
Versicherungskonto berücksichtigt wird.
Im Ergebnis findet in der Waisenrente das zweite Jahr der Kindererziehung keine Berücksichtigung.
Fortsetzung des Beispiels:
Die Witwerrente fällt zum 31.05.2015 wegen Wiederheirat weg.
Lösung:
Wie oben ausgeführt, können in der vom 01.02.2015 bis 31.05.2015 zu gewährenden Waisenrente weder ein Zuschlag
(§ 307d S G B VI) noch Kindererziehungszeiten vom 13. bis 24. Kalendermonat (§ 249 Absatz 8 Satz 1 S G B VI)
berücksichtigt werden.
Ab 01.06.2015 liegt kein Ausschlussgrund nach § 249 Absatz 8 Satz 1 S G B VI mehr vor, weil zeitgleich kein Zuschlag
nach § 307d S G B VI mehr berücksichtigt wird. Deshalb ist die Waisenrente ab 01.06.2015 unter Berücksichtigung der
zusätzlichen Kindererziehungszeiten vom 13. bis 24. Kalendermonat neu zu berechnen.
Kommt es erneut zur Zahlung einer Witwerrente mit einem Zuschlag nach § 307d S G B VI, ist die Anrechnung der
Kindererziehungszeiten vom 13. bis 24. Kalendermonat in der Waisenrente wieder ausgeschlossen (§ 249 Absatz 8 Satz 1
S G B VI) und die Waisenrente ist wieder in der ursprünglichen Höhe zu zahlen.
§ 249 Absatz 8 Satz 2 S G B VI regelt die Abgrenzung in den Fällen, in denen die Erziehungszeiten unterschiedlichen
Elternteilen – also unterschiedlichen Versicherungskonten - zuzuordnen waren.
Wird oder wurde aus dem Versicherungskonto eines anderen Elternteils (für einen anderen Versicherten oder dessen
Hinterbliebene) für dasselbe Kind ein Zuschlag nach § 307d S G B VI gezahlt, können Kindererziehungszeiten vom 13. bis
24. Kalendermonat nicht angerechnet werden.
Beispiel 5:
Das Kind Wilhelm, geboren vor 1992, wurde bis zum zwölften Kalendermonat von der Mutter, ab dem 13. Kalendermonat
vom Vater erzogen.
Die Mutter bezieht Altersrente, in der ein Zuschlag nach § 307d S G B VI für das Kind Wilhelm enthalten ist.
Ab 01.03.2015 besteht Anspruch auf Altersrente für den Vater.
Lösung:
Kindererziehungszeiten für das Kind Wilhelm ab dem 13. Kalendermonat können wegen § 249 Absatz 8 Satz 2 S G B VI
nicht beim Vater angerechnet werden, weil das zweite Jahr der Kindererziehung bereits bei einem anderen Versicherten
(Mutter) mit einem Zuschlag nach § 307d S G B VI in der Altersrente abgegolten wurde.
Nummer 02 / 2015 – 21.05.2015
.
Seite 4
© Informationen der Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung in Bayern
.
Beispiel 6:
Das Kind Fritz, geboren vor 1992, wurde bis zum zwölften Kalendermonat von der Mutter, ab dem 13. Kalendermonat vom
Vater erzogen.
Aus der Versicherung der Mutter wird laufend eine Witwerrente mit einem Zuschlag nach § 307d S G B VI für das Kind
Fritz gezahlt. Diese Witwerrente fällt zum 30.06.2015 weg.
Ab 01.03.2015 besteht Anspruch auf Altersrente für den Vater.
Lösung:
Weil in der laufenden Witwerrente ab 01.07.2014 bis 30.06.2015 ein Zuschlag nach § 307d S G B VI gezahlt wird, ist in der
dem Vater ab dem 01.03.2015 zu gewährenden Altersrente die Anrechnung der Kindererziehungszeit für Fritz ab dem
13. Kalendermonat nach § 249 Absatz 8 Satz 2 S G B VI ausgeschlossen, obwohl die Voraussetzungen für die Anrechnung
der Kindererziehungszeit erfüllt sind (Berücksichtigungszeiten ab dem 13. Kalendermonat wurden beim Vater
anerkannt).
Nach Wegfall der Witwerrente verbleibt es beim Ausschluss der Kindererziehungszeiten, da § 249 Absatz 8 Satz 2 S G B VI
auch anzuwenden ist, wenn ein Zuschlag in einer Rente aus einem anderen Versicherungskonto zu berücksichtigen war.
5
Unterschiede bei der Berücksichtigung der Erziehungsleistung
5.1Rentenansprüche
Die erweiterte Anrechnung der Kindererziehungszeiten nach § 249 S G B VI kann zur erstmaligen Begründung eines
Rentenanspruchs führen, weil die zusätzlichen Monate an Kindererziehungszeit auf die Wartezeit (§ 50 S G B VI)
angerechnet werden. Dies gilt bei Hinterbliebenenrenten auch dann, wenn der Versicherte bereits vor dem 01.07.2014
verstorben ist.
Im Gegensatz dazu wirkt sich der Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung nach § 307d S G B VI nur
bei Bestandsrentnern (Rentenanspruch am 30.06.2014) rentenerhöhend aus.
5.2Rentenhöhe
Der Zuschlag nach § 307d S G B VI beträgt pro Kind einen persönlichen Entgeltpunkt und führt stets zu einer
Rentenerhöhung. Die Höhe des aus dem Zuschlag resultierenden Betrages ist aber abhängig von der Art der bezogenen
Rente (Rentenartfaktor § 67 S G B VI) und von den Abzügen der Eigenanteile der Rentner für die Kranken- und
Pflegeversicherung.
Die erweiterten Kindererziehungszeiten nach § 249 S G B VI werden so bewertet, als ob der Versicherte in etwa den
jeweiligen Durchschnittsverdienst erzielt hätte (0,9996 Entgeltpunkte pro Kalenderjahr). Liegt zeitgleich eine weitere
Beitragszeit vor (zum Beispiel Zeit einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung), werden die Entgeltpunkte
aus dieser Beitragszeit und die Entgeltpunkte für die Kindererziehungszeit zusammengerechnet (§ 70 Absatz 2 Satz 2
S G B VI). In diesen Fällen kann aber höchstens ein Gesamtwert berücksichtigt werden, der mit einem Einkommen in Höhe
der Beitragsbemessungsgrenze erzielt wird.
Beispiel 7:
Während der Kindererziehungszeit vom 01.01.1991 bis 31.12.1992 liegt vom 01.01.1992 bis 31.12.1992 eine
versicherungspflichtige Beschäftigung mit einem Entgelt in Höhe von 58.525 DM vor.
Lösung:
1992 lag die Beitragsbemessungsgrenze [West] bei 81.600 DM, das Durchschnittseinkommen betrug 46.820 DM.
1992 konnten somit maximal 1,7428 Entgeltpunkte erworben werden. Für die Beschäftigung 1992 errechnen sich
(58.525 DM : 46.820 DM =) 1,2500 Entgeltpunkte. Die Entgeltpunkte für die Kindererziehungszeit in Höhe von 0,9996
werden entsprechend gekürzt, so dass die Summe an Entgeltpunkten aus versicherungspflichtiger Beschäftigung
und Kindererziehung insgesamt maximal 1,7428 beträgt. Bei Versicherten, die entsprechend oder über der
Beitragsbemessungsgrenze verdienen, wirken sich die Kindererziehungszeiten nicht mehr rentensteigernd aus, da
bereits mit den Entgeltpunkten aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung der höchstmögliche Rentenanspruch
erworben wird.
Nummer 02 / 2015 – 21.05.2015
.
Seite 5
© Informationen der Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung in Bayern
.
Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten fließen auch in die weitere Bewertung der Beitragszeiten sowie der
beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten (Gesamtleistungsbewertung §§ 71 ff. S G B VI) mit ein. So können
die zusätzlichen Kindererziehungszeiten in einzelnen Fällen bewirken, dass die Mindestbewertung bei geringem
Arbeitsentgelt (§ 262 S G B VI) entfällt und sich dadurch die Gesamtsumme an Entgeltpunkten für Beitragszeiten trotz
zusätzlicher Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten vermindert.
Entgeltpunkte werden bei der Rentenberechnung mit dem Zugangsfaktor multipliziert und so zu persönlichen
Entgeltpunkten. Ist der Zugangsfaktor niedriger oder höher als 1,0 (§ 77 SBG VI), wirkt sich das auch auf den Wert der
persönlichen Entgeltpunkte für die Kindererziehungszeit aus.
Bei Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz (zum Beispiel Spätaussiedler) werden die Entgeltpunkte mit 0,6
vervielfältigt (§ 22 FRG). Für Zeiten im Herkunftsgebiet einschließlich dort zurückgelegter Kindererziehungszeiten
werden maximal 25 Entgeltpunkte (bei Ehegatten maximal 40 Entgeltpunkte) berücksichtigt (§ 22b FRG). Das hat
zur Folge, dass die Entgeltpunkte der erweiterten Kindererziehungszeiten nicht in jedem Fall in vollem Umfang bei
Berechnung der Rente berücksichtigt werden.
Im Ergebnis ist festzustellen, dass der Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung nach § 307d S G B VI
stets in voller Höhe gewährt wird. Zusätzlich anzuerkennende Kindererziehungszeiten nach § 249 S G B VI führen im
Gegensatz dazu nicht zwangsläufig zu einer (deutlichen) Erhöhung des Rentenbetrages.
In der nachfolgenden Tabelle sind die unterschiedlichen Auswirkungen der Berücksichtigung der Erziehungsleistung
nach § 307d S G B VI oder nach § 249 S G B VI im Überblick dargestellt:
Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für
Bestandsrentner § 307d S G B VI
zusätzliche Entgeltpunkte für Neurentner § 249 S G B VI
keine Neuberechnung der Rente
Berechnung der Rente mit den zusätzlichen
Entgeltpunkten
Zugangsfaktor stets 1,0
individueller Zugangsfaktor
keine Auswirkung auf die Gesamtleistungsbewertung
(§§ 71 ff. S G B VI)
Auswirkung auf die Gesamtleistungsbewertung
(§§ 71 ff. S G B VI)
keine Auswirkung auf Mindestentgeltpunkte
(§ 262 S G B VI)
gegebenenfalls Auswirkung auf Mindestentgeltpunkte
(§ 262 S G B VI)
keine Begrenzung nach § 22 Absatz 4 FRG (60 Prozent)
und § 22b FRG (25/40 EP)
Begrenzung nach § 22 Absatz 4 FRG (60 Prozent)
und § 22b FRG (25/40 EP)
keine Begrenzung auf die Beitragsbemessungsgrenze
gegebenenfalls Begrenzung auf die
Beitragsbemessungsgrenze
5.3Beitragserstattung
Kindererziehungszeiten für vor dem 01.01.1992 geborene Kinder vom 13. bis 24. Kalendermonat nach der Geburt
entstehen erstmalig mit Inkrafttreten des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes mit Wirkung vom 01.07.2014. Sie können
daher nicht der Verfallswirkung früherer Beitragserstattungen bis 30.06.2014 unterliegen.
Davon unberührt bleibt die Verfallswirkung für Kindererziehungszeiten bis zum 12. Kalendermonat nach der Geburt
bestehen, wenn die Beitragserstattung ab 01.01.1986 durchgeführt wurde. In solchen Fällen kann nach § 249 S G B VI als
Kindererziehungszeit maximal der 13. bis 24. Kalendermonat nach der Geburt des Kindes angerechnet werden.
Sind die Kindererziehungszeiten für den 12. Kalendermonat nach der Geburt des Kindes durch eine Beitragserstattung
untergegangen, liegen die Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschlags für Kindererziehung nach § 307d S G B VI
zu einer Bestandsrente nicht vor.
Nummer 02 / 2015 – 21.05.2015
.
Seite 6
© Informationen der Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung in Bayern
.
5.4Beamte
Für vor 1992 geborene Kinder, die zumindest einen Kalendermonat während eines bestehenden Beamtenverhältnisses
erzogen wurden, ist ab dem 01.07.2014 sowohl die Anrechnung von Kindererziehungszeiten als auch die Gewährung
eines Zuschlags für Kindererziehung ausgeschlossen (§ 56 Absatz 4 Nr. 3 S G B VI, § 307d Absatz 4 S G B VI). Hierdurch
soll eine gleichzeitige Berücksichtigung der Erziehungsleistung sowohl in der Beamtenversorgung als auch in der
gesetzlichen Rentenversicherung vermieden werden. Kindererziehungszeiten, die außerhalb des Beamtenstatus liegen,
können in der Rentenversicherung jedoch nach wie vor berücksichtigt werden.
Bestand am 30.06.2014 für Beamte ein Rentenanspruch, verbleibt es bei der bisherigen Anrechnung der
Kindererziehungszeiten für den ersten bis zwölften Kalendermonat (Bestandsschutz). Ein Zuschlag an persönlichen
Entgeltpunkten kann in diesen Fällen jedoch nicht gewährt werden (§ 307d Absatz 4 S G B VI).
Bei einer ab dem 01.07.2014 erstmals zu gewährenden Rente oder einer Folgerente greifen die Ausschlussregelungen, so
dass weder Kindererziehungszeiten nach § 249 S G B VI noch ein Zuschlag nach § 307d S G B VI Berücksichtigung finden.
Wegen der anzuwendenden Besitzschutzregelung des § 88 S G B VI bleiben die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte
aber auch bei einer Folgerente berücksichtigungsfähig.
Nummer 02 / 2015 – 21.05.2015
.
Seite 7