Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung vom 5. November 2015

Landtag Mecklenburg-Vorpommern
6. Wahlperiode
Innenausschuss
Protokoll Nr. 81
WORTPROTOKOLL
der 81. Sitzung des Innenausschusses
am Donnerstag, dem 5. November 2015, 9:01 Uhr,
Schwerin, Schloss, Plenarsaal
Vorsitz: Abg. Marc Reinhardt
EINZIGER PUNKT DER TAGESORDNUNG
Öffentliche Anhörung zum
Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und CDU
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Beamtengesetzes für das
Land Mecklenburg-Vorpommern (Landesbeamtengesetz - LBG M-V)
- Drucksache 6/4471 Innenausschuss
Finanzausschuss
(f)
(m)
- 81/7 EINZIGER PUNKT DER TAGESORDNUNG
Öffentliche Anhörung zum
Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und CDU
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Beamtengesetzes für das
Land Mecklenburg-Vorpommern (Landesbeamtengesetz - LBG M-V)
- Drucksache 6/4471 Vors. Marc Reinhardt: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße alle
unsere Gäste zur 81. Sitzung des Innenausschusses hier im Plenarsaal und danke
den Anzuhörenden ganz besonders, dass Sie es ermöglicht haben, uns heute hier
für Fragen zur Verfügung zu stehen. Ebenso ein herzliches Willkommen an alle Kolleginnen und Kollegen. Es ist ein Wortprotokoll beantragt, dass wir dann auch anfertigen, sehr geehrter Herr Silkeit. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir führen
heute eine Anhörung durch zum Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und CDU,
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Beamtengesetzes für das Land
Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 6/4471. Bevor wir mit der Anhörung beginnen, möchte ich noch darauf hinweisen, dass dies eine öffentliche Anhörung ist. Damit sind auch Bild- und Tonaufnahmen zugelassen. Es ist jedoch den Zuschauern
nicht gestattet, Beifall oder Missfallen zu äußern. Ich bitte darum, sich entsprechend
zu verhalten. Nun zum Ablauf der Sitzung: Zu Beginn erhält jeder Anzuhörende zunächst die Gelegenheit zu einem kurzen Eingangsreferat, sofern das gewünscht
wird. Bitte bedenken Sie aber, dass uns Ihre schriftlichen Stellungnahmen vorliegen.
Sie können natürlich gerne weiterführende Ausführungen machen. Anschließend
werde ich die Fragerunde für die Abgeordneten eröffnen. Dann ist Zeit, im Gespräch
mit den Abgeordneten noch Einzelheiten und konkrete Fragen zu erörtern. Letzte
Bitte von mir, bitte immer das Mikrofon, sowohl beim Referat und auch in der Fragerunde, einzuschalten, weil das wichtig ist für die Protokollierung Ihrer Beiträge. Wir
beginnen dann nun mit den Anzuhörenden. Als Erstes bekommt das Wort Frau Dr.
Hessler vom Deutschen Gewerkschaftsbund, Bezirk Nord. – Bitte schön, Frau Hessler.
Dr. Siglinde Hessler (Deutscher Gewerkschaftsbund, Bezirk Nord): Vielen Dank.
Guten Morgen meinerseits. Sehr geehrter Herr Reinhardt, sehr geehrte Abgeordnete,
sehr geehrte Sachverständige! Der DGB Nord möchte seine schriftliche Stellungnahme, die den Abgeordneten bereits vorliegt, mündlich hiermit ergänzen und un______________________________
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- 81/8 termauern. Aus Sicht des DGB ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 21.04.2015 die Notwendigkeit, eine gesetzliche Grundlage für
die untergesetzliche Festsetzung von Einstellungshöchstaltersgrenzen in Mecklenburg-Vorpommern zu schaffen. Diese Notwendigkeit will der Landesgesetzgeber nun
mit dem §18a Landesbeamtengesetz des vorliegenden Gesetzentwurfes erfüllen.
Allerdings haben der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften erhebliche Zweifel an
der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit sowie der Sinnhaftigkeit und Verhältnismäßigkeit der geplanten Höchstaltersgrenzen. Diese Zweifel möchte ich im Folgenden
etwas näher benennen: Die geplanten Höchstaltersgrenzen stellen aus Sicht des
DGB und seiner Gewerkschaften einen erheblichen Eingriff in Artikel 33 Absatz 2 des
Grundgesetzes und in Artikel 71 Absatz 1 der Landesverfassung MecklenburgVorpommern dar. Sowohl Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes als auch Artikel 71
Absatz 1 der Landesverfassung Mecklenburg-Vorpommern stellen nämlich klar, ich
zitiere: „Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt.“ Eine Altersbegrenzung ist hier explizit nicht vorgesehen. Bei dem in Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes festgelegten Recht auf Zugang zu jeden öffentlichen Amte gemäß Eignung, Befähigung und
fachlicher Leistung handelt es sich um ein grundrechtsgleiches Recht. Ein Verstoß
gegen dieses grundrechtsgleiche Recht kann zu rechtlichen Auseinandersetzungen
vor dem Bundesverfassungsgericht führen. Das Bundesverfassungsgericht hat in
seinen Entscheidungen vom 21.04.2015 zur Frage der Höchstaltersgrenze ausgeführt, dass eine Einstellungshöchstaltersgrenze allerdings unter bestimmten Voraussetzungen verfassungsrechtlich zulässig ist. Ein Kriterium kann zum Beispiel das Lebensalter sein, aber nur dann, wenn eine Beamtin oder ein Beamter mit Überschreiten einer bestimmten Altersgrenze typischerweise den Anforderungen eines Amtes
nicht mehr genügt. Dies kann zum Beispiel bei Einsatzkräften im Militär- und Polizeivollzugsdienst der Fall sein. Für Lehrkräfte gilt dies nicht. Das Bundesverfassungsgericht hält eine Höchstaltersgrenze für Einstellungen in das Beamtenverhältnis allerdings auch dann für gerechtfertigt, wenn sie sicherstellen soll, dass zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit und damit zwischen aktiver Beschäftigungszeit
und Versorgungsansprüchen ein ausgewogenes zeitliches Verhältnis besteht und
damit das Alimentations- und Lebenszeitprinzip sichergestellt werden kann. Der Gesetzgeber ist also gefordert, eine Abwägung zu treffen zwischen den benannten
Grundrechten seiner Bürgerinnen und Bürger einerseits und den in der Begründung
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Innenausschuss – 5. November 2015
- 81/9 des vorgelegten Gesetzentwurfes dargelegten finanziellen Interessen des Landes
andererseits, die mit Artikel 33 Absatz 5 argumentativ unterlegt werden. Die Regierungsfraktionen von CDU und SPD beziehen sich in ihrer Begründung des § 18a
Landesbeamtengesetzes weitgehend auf das Alimentations- und Lebenszeitprinzip
und versuchen, die Grenze von 40 Jahren vor allem über haushaltspolitische Fragestelllungen zu rechtfertigen. Diese Begründung trägt aus Sicht des DGB und seiner
Gewerkschaften nicht. Aus Sicht des DGB und seiner Gewerkschaften ist die geplante Höchstaltersgrenze von 40 Jahren verfassungsrechtlich äußerst bedenklich und
folgt auch nicht dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit, wie es das Bundesverfassungsgericht vorsieht. Lassen Sie mich etwas konkreter werden: Ein Beamter in
Mecklenburg-Vorpommern hat nach ungefähr 19,5 Dienstjahren ein Ruhegehalt in
Höhe der Mindestversorgung verdient. Das heißt, findet eine Verbeamtung vor der
Vollendung des 40. Lebensjahres statt, erhält er oder sie spätestens bei einem Lebensalter von 59 Jahren und sechs Monaten den Anspruch auf die Mindestversorgung. Wenn der Beamte mit 67 Jahren in Rente geht, wie gesetzlich vorgesehen,
hält sich das Land Mecklenburg-Vorpommern einen Puffer von siebeneinhalb Jahren
vor. Der DGB bezweifelt, dass dieser Puffer von sieben Jahren dem entspricht, was
das Bundesverfassungsgericht als verhältnismäßig bezeichnet. Ein Blick auf die in
anderen Bundesländern getroffenen Regelungen zeigt, dass Mecklenburg-Vorpommern mit der Altersgrenze von 40 Jahren deutlich unter den anderen Bundesländern liegt. Lediglich Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen liegen mit einer
Altersgrenze von 42 Jahren noch im unteren Bereich, wobei auch dort durch zum Teil
noch andere Stichtagsregelungen gelten, die diese Altersgrenze praktisch noch um
ein Jahr hinausschieben. Sieben Bundesländer haben die Höchstaltersgrenze auf 45
Jahre gelegt, darunter auch die norddeutschen Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein. Hessen und Berlin haben die Höchstaltersgrenze sogar auf 50 Jahre
festgesetzt. Den Ansprüchen des Bundesverfassungsgerichtes würde also selbst
eine Anhebung der Höchstaltersgrenze auf zum Beispiel 47 Jahre, das ist analog
Thüringen, genügen, da die amtsangemessene Mindestversorgung den in Mecklenburg-Vorpommern geltenden Berechnungen zufolge nach 19,5 Jahren erdient wird
und die Zurruhesetzung erst mit 67 Jahren erfolgt. Im absehbar härteren Wettbewerb
um qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber, zum Beispiel bei Lehrkräften für sogenannte Mangelfächer, kann hier das Land Mecklenburg-Vorpommern schnell einen
Wettbewerbsnachteil erleiden. Ob sich im Einzelfall dann Bewerberinnen und Bewer______________________________
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- 81/10 ber auf ein Verfahren zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung einlassen, wenn
derartige Probleme in anderen Ländern nicht entstehen, bleibt durchaus fraglich.
Auch im Vergleich mit anderen Bundesländern, insbesondere auch im Norden, nimmt
Mecklenburg-Vorpommern mit der geplanten gesetzlichen Regelung eine Sonderstellung ein. Die vom Land Mecklenburg-Vorpommern grundsätzlich angestrebte Einheitlichkeit des norddeutschen Laufbahnrechtes kann so nicht hergestellt werden. Aufgrund der genannten verfassungsrechtlichen Bedenken sowie der entstehenden
Wettbewerbsnachteile halten der DGB und seine Gewerkschaften die vorgesehenen
Höchstaltersgrenzen von 40 Jahren für ein Beamtenverhältnis auf Probe beziehungsweise von 35 Jahren für den Vorbereitungsdienst für deutlich zu niedrig. Der
DGB und seine Gewerkschaften fordern daher die Anhebung der Altersgrenze auf
zumindest 45 Jahre. – Danke schön.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Frau Dr. Hessler. Als Nächstes erhält für die
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Frau Annett Lindner das Wort. – Bitte
schön, Frau Lindner.
Annett Lindner (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft): Vielen Dank, Herr
Vorsitzender. Ich möchte ergänzend zu den Ausführungen von Frau Hessler die
Auswirkungen auf den Lehrerbereich so ein bisschen beleuchten und beginne mit
zwei Sätzen, die ich zitiere aus der Pressemitteilung des Bildungsministeriums vom
07.07.2014: „Die Verbeamtung demonstriert, welche immense Bedeutung der Staat
dem Bildungswesen, der Bildung und Erziehung beimisst.“ Zweiter Satz: „Durch die
Verbeamtung werde der Lehrerberuf in Mecklenburg-Vorpommern attraktiver und
das Land könne im bundesweiten Wettbewerb um gut ausgebildete Lehrkräfte mithalten.“ Das heißt, der Grund für die Verbeamtung der Lehrerinnen und Lehrer war
zum einen, den Beruf attraktiver zu gestalten und zum anderen im bundesweiten
Wettbewerb mithalten zu können. Wir erleben jetzt mit dem Entwurf des Gesetzes
eine inkonsequente Umsetzung dieses Vorhabens, denn mit der Altersgrenze 40 befindet sich Mecklenburg-Vorpommern im bundesweiten Vergleich am unteren Limit.
Das heißt, es ist gar nicht so attraktiv, hier in Mecklenburg-Vorpommern dann verbeamtet zu werden. Zumindest ist es eine Ungleichbehandlung gegenüber den anderen
Bundesländern, denn dort geht der Trend eher in die andere Richtung, es wird in etlichen Bundesländern die Altersgrenze erhöht und die Absenkung der Altersgrenze ist
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- 81/11 eine Ungerechtigkeit, die durch ihre fiskalische Begründung, die wir hier haben, nicht
sachlich gerechtfertigt wird. Der Wettbewerb um Lehrerinnen und Lehrer wird sich
bundesweit noch verschärfen. Wir sehen bei uns im Land, dass die Zahlen der einzustellenden Lehrerinnen und Lehrer ständig wächst. Von dieser Altersgrenze betroffen werden zum Beispiel Kolleginnen und Kollegen aus Freien Schulen, also Schulen
in freier Trägerschaft, oder bei privaten Bildungsträger, die überlegen, in den öffentlichen Dienst zurückzukehren, für die wird es natürlich nicht mehr so lukrativ sein mit
dieser Altersgrenze. Zum anderen betrifft es natürlich die Kolleginnen und Kollegen,
die in den vergangenen Jahren unter schwierigen Bedingungen gearbeitet haben, die
also am Lehrerpersonalkonzept teilgenommen haben, insbesondere dort an der Teilzeitmaßnahme, dadurch natürlich in Zukunft Renteneinbußen haben und die werden
natürlich jetzt bestraft durch diese Regelung, weil sie nicht mehr verbeamtet werden
können. Insofern denke ich, sind das individuelle Schicksale, für die man einen besseren Lebensverlauf hinkriegen könnte. Jeder Mensch weniger, der ungerecht behandelt wird, ist ein Erfolg für die Gesellschaft und insofern bitten wir darum, die Altersgrenze nicht abzusenken. – Danke schön.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Frau Lindner. Als Drittes habe ich für die Gewerkschaft der Polizei, Landesbezirk Mecklenburg-Vorpommern, Herrn Liebig. – Bitte
schön, Herr Liebig.
Jörn Liebig (Gewerkschaft der Polizei): Sehr geehrter Herr Reinhardt, sehr geehrte
Damen und Herren! Die Stellungnahme ist eine gemeinsame Stellungnahme vom
DGB, GEW und Gewerkschaft der Polizei. Insofern brauche ich die Argumente, die
vorgetragen wurden, nicht zu wiederholen. Vielleicht ganz kurz ergänzend ein, zwei
Sachen gerade speziell für den Bereich der Landespolizei. Wir haben sowieso schon
besondere Altersgrenzen geregelt für die Einstellung der Beamtinnen und Beamten
in die Landespolizei, in den Polizeivollzugsdienst, die sind deutlich niedriger. Aber es
gibt in der Landespolizei auch die Möglichkeit, andere Bewerber einzustellen und
genau hier würde das Gesetz auch im Prinzip greifen oder die Verschlechterung greifen. Wir stellen gerade im Bereich des Landeskriminalamtes Biologen und Chemiker
ein, auf die wir sehr angewiesen sind. Wir haben IT-Spezialisten, die sicherlich nicht
nur die Polizei benötigt, sondern auch die gesamte Landesverwaltung, die wir also
auch einstellen. Wir haben Spezialisten im Bereich der Wirtschaftskriminalität, die wir
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- 81/12 sozusagen aus dem freien Markt holen, wir haben letztendlich auch Polizeiärzte. Es
ist keine abschließende Aufzählung, aber ich denke, das sind die wesentlichen Punkte, die davon berührt werden. Wir stellen in den entsprechenden Einstellungsverfahren, in den Auswahltests auch immer wieder fest, dass die Bewerber bundesweit
kommen. Dann kommen wir wieder auf die Problematik zurück, dass sich die Bewerber natürlich umschauen, wo haben sie die besten Einstellungsmöglichkeiten, wo
können sie verbeamtet werden. Und wenn das Land hier einen Schritt zurückgeht
und die Altersgrenze entsprechend ändert, verschlechtert das letztendlich unsere
Bewerberlage. Das vielleicht ergänzend für den Bereich der Polizei.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Herr Liebig. Als Viertes habe ich für den Deutschen Beamtenbund und Tarifunion Mecklenburg-Vorpommern Herrn Knecht. – Bitte
schön, Herr Knecht.
Dietmar Knecht (dbb beamtenbund und tarifunion Mecklenburg-Vorpommern): Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Vorsitzender, meine lieben Abgeordneten des Landtages Mecklenburg-Vorpommern, werte Gäste! Wir haben die Gelegenheit, noch mal
zu der Gesetzesnovellierung Stellung zu nehmen. Für die Gelegenheit danke ich
recht herzlich. Weil wir, der dbb, uns immer gesagt haben, die Argumente sind seit
Jahren eigentlich auf dem Tisch, die werden Ihnen auch geläufig sein, insofern werde
ich versuchen, auf diese Argumente, die wir über Jahre geäußert haben, nicht weiter
einzugehen. Ich will auch versuchen, Doppelungen zu vermeiden, auch wenn es vielleicht schwierig sein wird. Wir haben nach der Föderalismusreform die Gesetzgebungskompetenz auch für Höchstaltersgrenzen hier im Land und starteten eigentlich
relativ euphorisch und gut, für unsere Begriffe, vergleichbar mit den sogenannten
norddeutschen Küstenländern, wo man sich, sowohl Legislative, als auch Administrative, aber auch die Gewerkschaften, in mehreren großen Runden getroffen haben,
hier einheitliche Regelungen vorzusehen und davon weichen wir gerade ab, wenn wir
die Höchstaltersgrenzen so stringent nach unten bewegen. Das ist im Grunde der
Vergleichbarkeit mit den anderen norddeutschen Küstenländern eher negativ zu bewerten, denn wir sind nicht in der Situation wie beispielsweise Hamburg oder
Schleswig-Holstein, die eben nicht mit Abwanderung und extrem demografischen
Auswirkungen zu kämpfen haben. Das würde es eigentlich gebieten, hier eher weniger Hürden aufzubauen, als noch die Hürden, die schon da sind, noch zu erhöhen.
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- 81/13 Mecklenburg-Vorpommern ist also auf dem Weg, sich aus diesem Dunstkreis der
norddeutschen Küstenländer zu verabschieden und das kann nicht gut sein. Wir sind
uns darüber im Klaren, auch mit meinen Vorrednern, dass die Probleme, was das
Alter angeht, mit den Lehrerverbeamtungen in wenigen Jahren zusammenhängen,
und schon da haben wir immer gesagt, auch in Runden mit Ihnen, lasst doch die
Leute selber entscheiden. Wir reden hier über eine Alterskohorte von 40/45, also
nicht 16-Jährige, die nicht wissen, was rentenrechtlich auf sie zukommt, sondern
über gestandene Leute. Von daher haben wir gesagt, wenn jemand eine freie Entscheidung hat, seinen Status zu wählen, dann ist es auf jeden Fall ein motivierender
Faktor für sein späteres Berufsleben, weil er nicht ausgebremst wird durch einen
Satz in einem Gesetz, sondern er kann versuchen, nach Eignung, Leistung und so
weiter, das kennen sie alle, Beamter zu werden. Und wenn dann, das sagt auch die
Statistik, der Amtsarzt sagt, du dein Blutdruck gefällt mir nicht, das wird hier nichts,
dann ist es wirklich so ein sachlicher Grund und nicht wie gesagt ein Satz im Gesetz,
der ihn schon von vornherein ausbremst. Und, wir sind ja unter uns, so ein bisschen
fragen wir uns, wir haben gestern in der Landesleitung auch lange drüber diskutiert,
warum das Land hier diese Fürsorgekarte so extrem ausspielt. Das macht sie in anderen Bereichen nicht. Mit Verlaub, warum will man denn alle in die Höchstversorgung bringen? Dann machen wir uns darüber im Klaren, das Land spart mit jedem
Prozent an der Höchstversorgung bares Geld und der Betroffene, der eben diese
Höchstversorgung nicht erreicht, der hat in der Regel oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Anwartschaften aus dem Rentenrecht, die diese Belastungen schmälern. Also plädieren wir für eine flexible Regelung und freie Entscheidung der Kolleginnen und Kollegen. Und ich schließe mich insofern den Vorrednern
an, dass wir bei unserer Forderung bleiben, die wir im Übrigen seit der Wende immer
erhoben haben, das 45. Lebensjahr für eine Höchstaltersgrenze vorzusehen. Kollegin Lindner hat das schon ausgeführt, die Belastungen aus dem Lehrerpersonalkonzept könnte man partiell eben schmälern bei den betroffenen Kolleginnen und Kollegen. Ich kann das nur bestätigen mit Aussagen aus einer Beruflichen Schule in
Rostock, da sind mehrere Lehrer, die auch Klagen führen vor dem Verfassungsgericht, die eigentlich auf diese Entscheidung des Landtages warten, weil sie auf gepackten Koffern sitzen. Die haben Anfragen in Lübeck gestellt, das ist räumlich noch
alles ganz gut zu machen, weil sie eben in diesen Status wollen. Er ist nun mal Motivationsfaktor,
gerade
in
einem
strukturschwachen
Land
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wie
Mecklenburg-
- 81/14 Vorpommern. Und hinzu kommt erschwerend, dass der Lehrermarkt leer gefegt ist,
auch bedingt durch die aktuelle Krise. Mein bayerischer Amtskollege hat gesagt,
dass das Land 3.700 Stellen in Bayern schafft, die kriegen die nicht mal voll, nicht
nur bei Lehrern, in allen Verwaltungsbereichen, weil keine geeigneten Bewerber
mehr dort sind. Wir stehen auch dazu, dass die beabsichtigte Einschränkung des
Lebensalters, des Höchstalters dem Leistungsgrundsatz widerspricht und daher vermuten wir auch hier die Verfassungswidrigkeit. Sie haben zwar Gestaltungsspielräume, ich will das nicht alles wiederholen, was so ein gesundes Verhältnis zwischen
aktiver und passiver Phase der Verbeamtung darstellt. Regelungen können getroffen
werden bei Militär und Polizei, ist auch schon gesagt worden. Mit Blick über den Tellerrand ist eigentlich nur noch momentan Nordrhein-Westfalen, was auch das Bundesverfassungsgerichtsurteil in Gang gebracht hat, dabei, von 40 abzuweichen, aber
nach oben. Die Anhörungen laufen dort jetzt im Ressort und die beabsichtigen, auf
42 Jahre zu gehen. Mein Landesverband bleibt auch dort bei der Forderung nach 45
Jahren. Die Regelung von 40 Jahren konterkariert meines Erachtens auch § 29 unseres eigenen Landesbesoldungsgesetzes, die divergierende Besoldung zu erhöhen.
Wenn wir Fachkräfte brauchen, können wir denen eine Zulage zahlen, die der Besoldung des bisherigen Dienstalters oder des Dienstherrn entspricht. Auch hier setzen
wir eine zusätzliche Hürde ein, denn unter 40 wird hier kaum noch einer Interesse
haben, als Fachmann, als älterer Fachmann hier ins Land zu kommen, wenn er denn
hier benötigt wird. Ich kann auch nur noch mal betonen, das Land definiert oder übt
sein Ermessen nur über fiskalische Erwägungen aus und das erscheint uns nicht
ausreichend als dbb Mecklenburg-Vorpommern. Beispielsweise, um das zu untermauern, darf nach § 18a Absatz 7 das Bildungsressort als oberste Dienstbehörde
den erheblich dienstlichen Bedarf eines eventuell lebensälteren Lehrers sachgerecht
feststellen. Die endgültige Entscheidung liegt aber oder fällt aber im Finanzministerium. Dieser Blick über den Tellerrand ist ganz hilfreich: Mecklenburg-Vorpommern
würde bei 40 die rote Laterne haben. Aber auch ein Blick nach Europa mit seiner
doch nationalen Gesetzgebung beeinflussenden Entscheidungen scheint interessant
für Mecklenburg-Vorpommern zu sein, denn dort wurden kürzlich jegliche Altersgrenzen wegen der auch hier uns bekannten Altersdiskriminierung abgeschafft. Darüber
hinaus verbietet die Grundrechtecharta Altersgrenzen und die Kommission tritt derzeit für die Abschaffung in allen europäischen Mitgliedsstaaten ein. Meines Erachtens werden wir daher so oder so, egal ob aus verfassungsrechtlicher Sicht oder aus
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- 81/15 europäischer Sicht, Altersgrenzen erneut thematisieren müssen. Abschließend – vielleicht nicht ganz zum Thema passend – würde ich diesen Blick über den Tellerrand
nutzend dafür plädieren, dass Sie mit uns gemeinsam in der nächsten Zeit die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes und die folgende Gesetzesnovellierung
zum Anlass nehmen, Initiativen zu ergreifen zur Vereinheitlichung des Beamtenrechtes auf Bundes- und Landesebene, um eben diesen Wettbewerbsföderalismus, der
es eigentlich nicht werden sollte, doch weiter einzudämmen. Mein Appell ist, lassen
Sie uns – Sie können sich alle noch erinnern an die ablehnende Haltung Mecklenburg-Vorpommerns zur Föderalismusreform –, lassen Sie uns diesen roten Faden in
der nächsten Zeit wieder aufnehmen, um hier ein weiteres Ausufern zu vermeiden,
egal ob Besoldung, Versorgung und jetzt das Lebensalter. – Danke schön.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Herr Knecht. Als Letztes in unserer Reihe der
Anzuhörenden erhält für die Arbeitsgemeinschaft der Hauptpersonalräte Mecklenburg-Vorpommern Herr Thomas Krupp das Wort. – Bitte schön, Herr Krupp.
Thomas Krupp (Arbeitsgemeinschaft der Hauptpersonalräte in MecklenburgVorpommern): Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Reinhardt, sehr geehrte Kolleginnen
und Kollegen! Ich möchte jetzt auch nicht das alles wiederholen, was schon im Vorfeld gesagt worden ist und was auch in unserer Stellungnahme stand. Wir betrachten
allerdings tatsächlich die Verfassungsmäßigkeit auf der einen Seite mit sehr großer
Sorge, aber was uns noch mehr bedrückt ist, dass wir tatsächlich in dem Föderalismus einem immer stärkeren Konkurrenzdruck ausgesetzt sind. Wir gehen davon aus,
dass die Herabsetzung der Altersgrenze uns tatsächlich nicht mehr die besten und
hellsten Köpfe dann bescheren wird. Denn wir haben inzwischen schon von einigen
gehört, die sich durchaus das Statusamt vorstellen können und auch gerne hier bleiben würden, aber aufgrund dessen, dass ihnen das dann nicht möglich ist mit dem
Alter, abwandern wollen. Ich möchte dementsprechend auch daran appellieren, dass
man erst mal an der Altersgrenze festhält, denn sowohl von der Anrechnung der demografischen Entwicklung her gesehen, werden wir dort in eine ziemliche Misere
hineinfallen können. Gleichzeitig handelt es sich bei denen, die diese Verbeamtung
anstreben oder machen wollen, um hoheitliche Aufgaben, das muss man auch noch
mal ganz klar sehen, die dementsprechend auch dem Beamtenstatus zuzuordnen
sind. Wir sollten, wie meine Vorredner schon sagten, an der Freiwilligkeit nach Mög______________________________
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- 81/16 lichkeit festhalten, dass die Möglichkeit besteht, zu wählen mit bis zu 45 Jahren. –
Vielen Dank.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Herr Krupp. Herr Silkeit erhält als Erstes das
Wort in der Runde der Fragenden. – Bitte schön, Herr Silkeit.
Abg. Michael Silkeit: Ich möchte mich zunächst im Namen meiner Fraktion ganz
herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen für den Vortrag bedanken und möchte
gleich vorausschicken, das dürfte bei mir auch wahrscheinlich nicht weiter verwundern, dass sowohl ich als auch meine Fraktion uns durchaus hätten eine andere Regelung vorstellen können. Aber ich brauche auch nicht zu erklären, dass es eben
manchmal auch andere Sachzwänge gibt, die einen daran hindern. Ich habe zwei
Fragen. Erstens: Ich kenne diese Vorschrift eigentlich immer nur als Spezialvorschrift, sie ist in der Vergangenheit kaum genutzt worden. Die gesellschaftliche Entwicklung spricht natürlich jetzt eine ganz andere Sprache. Wenn man jetzt die Vorschrift außerhalb des Lehrerbereiches anwenden würde, wie viel beträfe es Pi mal
Daumen, das ist jetzt wirklich eine Schätzfrage, Pi mal Daumen jährlich in Mecklenburg-Vorpommern? Und die zweite Frage: Ich habe diese Vorschrift bisher immer so
interpretiert, dass es kein unumstößliches Dogma war. Ich weiß jetzt nicht, ob nicht
möglicherweise hier ein Wechsel stattgefunden hat. Aber ich kenne diese Vorschrift
aus der Vergangenheit so von der Anwendung, dass auch immer Einzelfallentscheidungen möglich waren. Ich würde ganz gerne von euch wissen, wie ihr hier die Möglichkeit der Einzelfallentscheidung, zum Beispiel jetzt unter Bezug auf das LKA, Polizeiärztlichen Dienst, ich nehme jetzt mal den Polizeibereich, weil ich den am besten
kenne, wie dort die Möglichkeit der Einzelfallentscheidung aus eurer Sicht gesehen
wird. – Danke.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Herr Silkeit. Wenn ich das richtig sehe, geht die
Frage an alle, Herr Abgeordneter Silkeit? Gut, dann fangen wir einfach bei Frau Dr.
Hessler an vom Deutschen Gewerkschaftsbund und arbeiten uns nach links vor.
Dr. Siglinde Hessler: Ich würde die erste Frage, wie viel es außer den Lehrern betrifft, gerne weitergeben an meine Spezialisten aus den Mitgliedsgewerkschaften. Ich
glaube, da ist noch mehr Know-how vorhanden, wen es denn im Einzelfall tatsächlich
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Innenausschuss – 5. November 2015
- 81/17 betrifft. Bezüglich der Einzelfallentscheidungen weiß ich nicht, ob hier auch dann vielleicht noch mehr spezifische Erfahrungen schon vorhanden sind. Der Gesetzesvorschlag sieht natürlich einzelne Ausnahmen vor, sowieso Ausnahmen und auch Einzelfallentscheidungen. Aber die Argumentation, der wir hier folgen, ist zu sagen, dass
eben auch diese Einzelfallentscheidung, die fraglich ist, ob denn qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber gewillt sind, diesen Weg zu gehen. Selbst wenn es die Möglichkeit gibt einer Einzelfallentscheidung trotzdem die Frage, ob das nicht eine große
Erschwernis ist und ein großes Hindernis im Hinblick auf die jetzt vielfach genannte
Wettbewerbsfähigkeit Mecklenburg-Vorpommerns.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank. – Frau Lindner.
Annett Lindner: Die erste Frage reiche ich auch weiter. Zur zweiten Frage: Es sind
zahlreiche Ausnahmeregelungen in diesem Gesetzentwurf vorgesehen. Das macht
eigentlich schon deutlich, welche Probleme es bei der Umsetzung gibt. Wir halten
diese Einzelfallregelungen ausdrücklich für sinnvoll, sagen aber, wenn es schon so
viele gibt, dann kann man es auch sein lassen, also dann braucht man das Gesetz
nicht ändern.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Frau Lindner. – Herr Liebig.
Jörn Liebig: Also ganz konkrete Zahlen auf den Punkt genau kann ich hier leider
nicht liefern. Das geht hier um eine Personengruppe, ich hatte die vorhin auch aufgezählt, gerade Chemiker, Biologen im LKA, IT-Spezialisten, Wirtschaftskriminalisten
und Polizeiärzte. Da kann man sagen, das ist in etwa ein Personalpool von 30 bis 40
Personen. Dabei muss man sagen, dass die Polizeiärzte, die Chemiker und Biologen
im Prinzip eine historisch gewachsene Zahl sind, da wird sich nicht viel ändern nach
meinem Kenntnisstand, während wir davon ausgehen, dass wir gerade im Bereich
der IT-Spezialisten und Wirtschaftskriminalisten durchaus noch einen Zuwachs haben werden. Also da wird die bisherige Anzahl, die wir haben, durchaus auch noch
steigen können. Die Polizei schlägt sich auch mit vielen Problemen, wie Cybercrime
und so weiter, herum. Gerade für die Bereiche holen wir uns eben auch externe Spezialisten, stellen sie ein und ernennen sie dann zu Beamten. Zu der zweiten Frage:
Wenn es dann so sein sollte, dass die Altersgrenze abgesenkt wird, ist das, denke
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Innenausschuss – 5. November 2015
- 81/18 ich mal, ein gutes Mittel, eine Ausnahmeregelung dahingehend zu schaffen, dass
man sagt, wenn für die aufnehmende Behörde oder die aufnehmende Polizeidienststelle oder das Innenministerium ein Recht eingeräumt wird, bei erheblichem dienstlichem Interesse dort Ausnahmen zu schaffen, wäre uns da auch schon geholfen.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank. – Herr Knecht.
Dietmar Knecht: Vielen Dank. Zur ersten Frage: Zugegebenermaßen haben wir uns
da mehr mit der Lehrerverbeamtung beschäftigt. Kollegin Lindner wird das bestätigen, dass wir seinerzeit geguckt haben, wer zwischen 40 und 45 noch infrage kommen. Da waren wir ungefähr bei 900 Kolleginnen und Kollegen. Das ist aber vor anderthalb bis zwei Jahren passiert. Da verschiebt sich natürlich durch die Demografie
auch etwas. Wir haben auch in die Landesverwaltung geguckt. Mit Abstand war aber
die Personengruppe der angestellten Lehrer in diesem Bereich die größte. Also das
andere bewegt sich etwa darunter. Ich würde anbieten, der Ausschussgeschäftsstelle
die Zahlen noch mal vorzulegen noch heute Vormittag zur Verteilung. Wie gesagt, da
muss man darauf achten, wer will denn von denen überhaupt. Wer sagt, okay, ich
habe jetzt die Chance, wer stellt den Antrag. Das ist auch so eine Abwägung. Sicher
hatten wir einen Run bis 40 bei den Lehrern. Da gab es weit über 90 Prozent, die den
Antrag gestellt haben. Auch da haben wir Ablehnungen aus verschiedenen Gründen,
wie auch immer. Also die Zahlen würde ich gerne nachliefern. Wir haben eine gut
funktionierende Statistik im Land, die auch so was auswirft. Ich habe es nur leider
nicht hier dabei. Zur zweiten Frage haben wir im Prinzip zwei Ausnahmemöglichkeiten: Einmal die Ausnahmemöglichkeit, dass die oberste Dienstbehörde den sachlichen Bedarf feststellen kann, das FM aber erst sagt, okay, den darfst zu verbeamten,
für uns eine zu geringe Ermessensausübung, weil es nur auf die fiskalischen Gründe
guckt, und wir haben den Landesbeamtenausschuss, der auch Ausnahmeregelungen treffen kann. Der Landesbeamtenausschuss ist aber mit der Landesbeamtengesetzgebung nach der Föderalismusreform soweit entkernt worden, dass man möglichst wenig noch vor den Landesbeamtenausschuss bringt. Insofern würde diese
Möglichkeit der Ausweitung von Ausnahmeregelungen diesem Ziel eigentlich widersprechen.
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Innenausschuss – 5. November 2015
- 81/19 Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Herr Knecht. Das Angebot mit den Zahlen nehmen wir gerne an und verteilen es dann als Ausschussdrucksache. – Herr Krupp.
Thomas Krupp: Also auf die Zahlen kann ich auch nicht genau eingehen. Wir hatten
uns auch mal angeguckt, dass es sich wesentlich unter den Lehrerzahlen auf jeden
Fall hielt, die in der Landesverwaltung dort infrage kommen. Wir sehen allerdings
auch noch eine Möglichkeit. Im Augenblick werden auch bei Berufspraktikern nur fünf
Jahre für die Beamtenzeit noch mit angerechnet, dass man dort auch noch etwas
verbessern kann, wenn diese Zahl mit aufgebohrt wird. Ansonsten gibt es natürlich
die Ausnahmemöglichkeiten, die auch schon vorher erwähnt worden sind. Aber auch
dort sehen wir einen zu starken Gang wegen des Einwirkens der fiskalischen Möglichkeiten. Das ist uns im Augenblick etwas zu wenig.
Vors. Marc Reinhardt: Als Nächstes Herr Saalfeld.
Abg. Johannes Saalfeld: Vielen Dank, Herr Vorsitzender. Vielen Dank auch noch
mal an die Sachverständigen für Ihre umfangreichen Antworten zu unseren Fragen.
Ich habe jetzt noch drei Fragen, die ich hier stellen möchte. Zunächst einmal verweist
die Gesetzesbegründung auf mehr als 40 Verfahren vor dem Verwaltungsgerichten
und ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht im Zusammenhang mit der
Lehrerverbeamtung. Sind Ihnen denn dort schon Urteile oder Hinweise der Gerichte
bekannt? Gibt es da schon nähere Informationen, wie diese Verfahren ausgehen
können? Das wäre die erste Frage. Die zweite Frage: Es ist so, dass SPD und CDU
laut Gesetzesbegründung Risiken einbeziehen wollen durch das Absenken der Altersgrenze, die aus einem vorzeitigen Ruhestand entstehen könnten. Ein vorzeitiger
Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit zum Beispiel führt aber bereits meines Kenntnisstandes zu Versorgungsabschlägen. Jetzt meine Frage: Wird damit nicht doppelt
Vorsorge getroffen beziehungsweise wird hier zwei Mal nicht mit dem gleichen Argument versucht, die Höchstaltersgrenze abzusenken? Daher die Frage an Sie: Halten Sie das für gerechtfertigt und verfahren auch andere Länder so? Die dritte Frage,
weil das jetzt nicht ganz deutlich herausgekommen ist, aber schon halb beantwortet
wurde, dennoch frage ich noch mal nach: Ist es denn richtig, dass MecklenburgVorpommern dann das einzige Land wäre, das dann nur noch bis zum 40. Lebensjahr verbeamten würde?
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Innenausschuss – 5. November 2015
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Vors. Marc Reinhardt: Wer möchte? Zu den Lehrern vielleicht Frau Lindner, und den
Gerichtsverfahren?
Annett Lindner: Da kann ich Nein sagen, also ist mir nicht bekannt. Zur zweiten
Frage würde ich einfach Ja sagen. Die dritte habe ich jetzt nicht verstanden akustisch.
Vors. Marc Reinhardt: Da ging es darum, ob wir dann wirklich das einzige Land
sind, das dann nur bis 40 verbeamtet.
Annett Lindner: Ja, wenn Nordrhein-Westfalen jetzt die Altersgrenze ändert, dann
ist Mecklenburg-Vorpommern das einzige Land.
Vors. Marc Reinhardt: Möchte noch jemand dazu was sagen. – Herr Knecht.
Dietmar Knecht: Zu den Verfahren haben wir keine Urteile, keine Vergleiche, was
auch immer, sondern die Richter, mit denen wir es zu tun haben, in unseren Verfahren haben natürlich geguckt, was aus Karlsruhe wird, wie das Land reagiert und haben dementsprechend auch die Verfahren zur Ruhe gebracht, weil letzten Endes die
Gesetzesnovelle im Gang ist. Ich denke mal, dass die dann auch wieder ins Verfahren gebracht werden unmittelbar nach Veröffentlichung des Gesetzes.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank. Dann sind die drei Fragen beantwortet. – Herr
Müller.
Abg. Heinz Müller: Vielen Dank, Herr Vorsitzender. Zunächst einmal einen herzlichen Dank an alle Anzuhörenden für Ihre Ausführungen und für die schriftlichen Stellungnahmen. Ich habe mehrere Fragen. Meine ersten Fragen richten sich an Frau Dr.
Hessler. In der schriftlichen Stellungnahme des DGB lese ich auf der Seite 2 zu Beginn des zweiten Absatzes den Satz: „Die Regelungen des Gesetzentwurfes sind
zweifellos im Rahmen der Rechtsprechung zulässig.“ Ihre Ausführungen sind aber
sehr stark dahingehend pointiert gewesen, dass hier möglicherweise diese Regelungen nicht zulässig seien, dass Sie vielleicht andere wünschen, das ist etwas völlig
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Innenausschuss – 5. November 2015
- 81/21 Legitimes, aber die Frage ist, sind sie nach Ihrer Einschätzung rechtlich zulässig
oder sind sie es nicht? Zweite Frage: Sie haben auf die einschlägigen verfassungsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere auf Artikel 33 Absatz 2 Grundgesetz, hingewiesen. Würden Sie mir als Nichtjurist bitte erläutern, was Sie im Zusammenhang
mit Artikel 33 Absatz 2 unter Eignung verstehen? Was heißt eigentlich Eignung? Und
die dritte Frage, die ich an Sie habe, ist die: Wie begründen Sie eigentlich die Forderung nach einem Eintrittsalter, Höchstverbeamtungsalter von 45? Trifft einen solchen
Vorschlag nicht auch der Vorwurf der Willkür? Warum sind es nicht 44, warum sind
es nicht 46? Woraus leitet sich das eigentlich ab? Wie begründen Sie dies? So viel
zu Frau Dr. Hessler. Meine nächste Frage geht an Dietmar Knecht: Da war auch der
Satz sinngemäß jedenfalls in den Ausführungen, dass eine solche Regelung dem
Leistungsprinzip widerspricht und daher wohl verfassungswidrig sei. Meine Frage:
Wir haben, wir haben im Moment eine Regelung, wonach das Höchstalter für Verbeamtungen bei 40 Jahren liegt. Hier wird durch dieses Gesetz überhaupt nichts abgesenkt. Und deswegen ist meine Frage, ob denn die derzeitige Regelung, wie sie in
Mecklenburg-Vorpommern praktiziert wird, nach Einschätzung des Beamtenbundes
denn verfassungswidrig sei und wie denn eine Regelung, die auf 45 Jahre hochgeht,
dann dieses Problem des Verstoßes gegen das Leistungsprinzip umgeht? Haben wir
da kein Leistungsprinzip mehr? Und meine letzte Frage geht an Herrn Krupp. Herr
Krupp, Sie haben ausgeführt, man möge doch bitte an der derzeitigen Altersgrenze
festhalten. Das würde ich Sie bitten, mir zu erläutern. Die derzeitige Altersgrenze
liegt bei 40 Jahren und ist nur in einer anderen rechtlichen Form festgeschrieben. –
Danke.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Herr Müller. Dann fangen wir an mit Frau Dr.
Hessler. – Bitte schön.
Dr. Siglinde Hessler: Vielen Dank. Ich muss vorausschicken, ich bin auch keine Juristin. Ich trage zwar einen Doktortitel, der rührt aber aus einem anderen Fach her.
Sie haben gefragt nach der Verfassungsrechtlichkeit. Sie haben recht, es gibt einen
gewissen Widerspruch zwischen der schriftlichen Stellungnahme und dem, was ich
eben geäußert habe. Da haben Sie zweifellos recht, dass es hier einen gewissen
Erklärungsbedarf gibt. Der rührt eigentlich daher, dass wir nach der Verhältnismäßigkeit fragen. Das ist das große Problem, das wir hier haben. Ich wage mich jetzt nicht,
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Innenausschuss – 5. November 2015
- 81/22 so weit aus dem Fenster zu lehnen und zu sagen, es ist hier verfassungswidrig. Wir
melden aber eben erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit und der Verfassungsgemäßheit an. So viel dazu. Zum Begriff der Eignung kann ich nur sagen, ich
gehe davon aus, dass der Gesetzgeber mit dem Begriff der Eignung nicht das Alter
gemeint hat. Also das erscheint mir doch relativ abwegig. Alter hat, glaube ich, hier
relativ wenig mit einer Eignung, mit einer generellen Eignung zu einer beruflichen
Laufbahn zu tun. Die Höchstaltersgrenze von 45 Jahren, die wir anstreben, ist aus
unserer Sicht nicht willkürlich gesetzt, sondern leitet sich ab aus diesen 19,5 Jahren,
die zugrunde gelegt werden bis zum Erwerb der Mindestversorgung, so dass eben
ein gewisser Puffer eingebaut wird, so dass wir eben sagen, mit diesen 45 Jahren
kommt ein entsprechender Bewerber gut bis zu seinen 67 Lebensjahren. So haben
wir eine entsprechende Arbeitszeit errechnet.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Frau Hessler. Als Nächstes Herr Knecht.
Dietmar Knecht: Die Tatsache, dass die Verfassungsmäßigkeit noch nicht festgestellt werden konnte, liegt eigentlich in Karlsruhe, weil es seit dem Urteil auch hier in
Mecklenburg-Vorpommern, auch wenn es in Verordnungen geregelt war, kein existierendes Höchstalter gab. Es war entkräftet. Auch deshalb ist hier der Innenausschuss zusammen, weil es auf eine andere gesetzliche Grundlage gestellt werden
muss. Das heißt, wir haben faktisch momentan kein wirksames Höchstalter. Dieses
Ermessen wird eben nur mit fiskalischen Gründen begründet, was uns eben nicht
ausreicht. Wir plädieren auf die Freiwilligkeit, die Möglichkeit zumindest den Kolleginnen und Kollegen zu bieten, ihr könnt euch entscheiden in diesen Alterskohorten.
Der Leistungsgrundsatz wird nicht am Alter festgemacht und nun kann man drüber
streiten, ob man diese 19,5 Jahre, die Karlsruhe vorgibt, die ein gesundes Verhältnis
zwischen aktiver und passiver Phase in einer Beamtenvita darstellen, ob man die
jetzt wirklich runterbricht, dann würden wir in der Tat bei 47,5 oder irgendwas landen.
Aber hier denke ich mal, ist es im Sinne der Beschäftigten in diesem Falle bei den
zweieinhalb Jahren, die in dem Delta liegen, zu sagen aus Fürsorgegründen, wir wollen das eigentlich dir nicht mehr zumuten, in diesen Status zu kommen. Da kommen
ganz andere Probleme mit Beihilfe und privater Krankenversicherung auf die Kolleginnen und Kollegen zu.
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- 81/23 Vors. Marc Reinhardt: Herr Krupp.
Thomas Krupp: Sie haben recht, ich habe mich da etwas quer ausgedrückt, aber
die Kann-Bestimmung bis 45 Jahren war dadurch auch leichter zu ziehen gewesen.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank. – Frau Rösler.
Abg. Jeannine Rösler: Vielen Dank, Herr Vorsitzender. Ich meine, dass die Begründung für die 45 Jahre durchaus in den schriftlichen Stellungnahmen zu finden ist.
Also die Frage hätte sich eigentlich erübrigt, wenn man sich die Stellungnahmen
auch genau durchgelesen hätte. Aber zu meiner Frage, viele Fragen sind schon beantwortet worden, ich möchte noch mal auf die Begründung im Gesetzentwurf verweisen und zwar was das Risiko der Dienstunfähigkeit betrifft. Da verweist die Begründung auf den Bereich des Justizvollzugsdienstes. Hier läge das Durchschnittsalter bei Dienstunfähigkeit bei 46,3 Jahren. Insofern würde mich da interessieren, wie
Sie diese Begründung bewerten. Hat das nicht auch etwas damit zu tun mit der Gesamtsituation in diesem Bereich, also mit der besonderen Arbeitsbelastung, und wäre
da nicht der richtige Weg, hier gegenzusteuern und diese Arbeitsbelastung abzubauen, um die Dienstunfähigkeit hier zu verringern?
Vors. Marc Reinhardt: An wen ging die Frage, Frau Rösler?
Abg. Jeannine Rösler: Also die Frage möchte ich gerne an den Beamtenbund stellen.
Vors. Marc Reinhardt: Bitte schön, Herr Knecht.
Dietmar Knecht: In der Tat ist es so, dass wir in Spezialbereichen des öffentlichen
Dienstes mit niedrigen Durchschnittsaltern zu tun haben, was die vorzeitige Ruhesetzung angeht. Das hängt natürlich auch mit den Arbeitsbedingungen zusammen. Aber
ich muss darauf hinweisen, dass wir im Bereich der Polizei, der Berufsfeuerwehr und
auch im Strafvollzug schon geringere Regelaltersgrenzen haben, also es wird da
schon abgeschmälert. Insofern bin ich jetzt nicht darauf vorbereitet, was man jetzt
konkret dazu sagen könnte, weil das mit dem Einstiegsalter eines Strafvollzugsbe______________________________
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- 81/24 diensteten mit diesem Gesetz jetzt eigentlich nichts zu tun hat. Denn die Arbeitsbedingungen, wann ich Beamter werden kann, ob ich das noch mit 43 werden kann und
hier nach der 46,7 oder 46,3 theoretisch nur zweieinhalb Jahre aktiver Beamter wäre,
das ist natürlich sehr abstrakt. Also da muss man sich auch den Einzelfall angucken.
Aber ich gebe Ihnen recht, es ist, glaube ich, nicht im Zusammenhang mit diesem
Gesetzentwurf zu sehen, dass wir uns die Arbeitsbedingungen da insbesondere angucken müssten, Krankenstände etc. pp.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Herr Knecht. – Herr Müller.
Abg. Heinz Müller: Vielen Dank, Herr Vorsitzender. Die Frage von Frau Rösler motiviert mich zu einer Frage an Frau Lindner. Frau Lindner, als wir vor ein paar Jahren
das Beamtengesetz gemacht haben und uns sehr intensiv mit der Frage des Alters
der Zurruhesetzung bei besonderen Berufsgruppen auseinandergesetzt haben, da
ging es um Polizei, um Justizvollzug, Berufsfeuerwehr, sind uns Unterlagen aus anderen Bundesländern zugänglich gemacht worden, in denen traditionell verbeamtet
wurde, und aus diesen Unterlagen ging hervor, dass das Problem der vorzeitigen
Dienstunfähigkeit bei Lehrern am ausgeprägtesten ist, ausgeprägter noch als bei den
Berufsgruppen, bei denen man es vielleicht so auf den ersten Blick vermuten würde,
Polizei, Feuerwehr und andere. Es waren die Lehrerinnen und Lehrer, bei denen der
Prozentsatz der vorzeitigen Zurruhesetzung am höchsten war. Wissen Sie, ob das
heute noch so ist oder ist dort eine nachhaltige Besserung eingetreten?
Vors. Marc Reinhardt: Frau Lindner.
Annett Lindner: In Mecklenburg-Vorpommern gab es keine vorzeitige Dienstunfähigkeit, weil wir keine Beamten hatten. Wir haben das Lehrerpersonalkonzept gehabt
und da haben wir in den vergangenen Jahren auch Maßnahmen zum sozialverträglichen Ausscheiden gehabt. Wir hatten die Vorruhestandsregelung, wir hatten eine
Altersteilzeitregelung, die in Anspruch genommen wurde. Insofern ist es schwierig,
da jetzt zu sagen, das ist vorzeitige Dienstunfähigkeit. Ich habe da keine Zahlen zu.
Vors. Marc Reinhardt: Herr Müller.
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