Einführung in die griechische und lateinische Literaturgeschichte Lateinisches Mittelalter und Frühe Neuzeit WS 15/16 Beate Hintzen Beginn des Mittelalters • 395 Teilung des röm. Reiches in ost- u. weströmisches Reich • 375 Beginn der Völkerwanderung, Bedeutung der germanischen Stämme: Alamannen, Angeln, Burgunder, Franken, Goten, Jüten, Langobarden, Sachsen, Sweben • 476 Absetzung des letzten weströmischen Kaisers Romulus Augustulus durch Odoaker • 493-526 Ostgotenreich in Rom unter Theoderich • 568-774 Langobardenreich in Italien • 774 Eroberung des Langobardenreiches durch Karl d.Gr. • 772-804 Unterwerfung der Sachsen durch Karl • 25.12.800 Krönung Karls zum röm. Kaiser grobe Einteilung des Mittelalters • 7. Jh. – Beginn 10. Jh.: Frühmittelalter: Merowinger und Karolinger • 10.-12. Jh.: Hochmittelalter • 13.-15. Jh. Spätmittelalter soziale Gruppen, welche die Literatur trugen • Kleriker, bes. Mönche (Abschreibetätigkeit, Verfassen eigener Texte) • fahrende Sänger • Höflinge Literatur des Frühmittelalters, ca. 7.-10.Jh. Frühe Geschichtsschreibung Cod. Palatin. lat. 864, Hist. Franc., Praef., Lorsch 8.-9. Jh. • Gregor von Tours, gest. 594 • spätlateinisch-kirchlicher Sprachgebrauch • Hagiographie: u.a. Lebensbeschreibung des hl. Martin • Geschichtsschreibung: Geschichte der Franken, eigentlich Universalgeschichte von der Erschaffung der Welt bis zum Tod des hl. Martin 397 in 10 Büchern Literatur des Frühmittelalters, ca. 7.-10.Jh. Frühe Geschichtsschreibung • Beda Venerabilis, Angelsachse, Benediktiner, geb. 672/3, gest. 26.5.735 • Leben im Kloster Jarrow in Northumbrien • Schriften über fast alle Wissensgebiete • Geschichtsschreibung: Kirchengeschichte des Angelnvolkes, abgeschlossen 731 • klare spätantike Sprache • sorgfältige Quellenkritik Literatur des Frühmittelalters, ca. 7.-10.Jh. Frühe Geschichtsschreibung Teil vom Helm des Langobardenkönigs Agilulf (590-615) • Paulus Diaconus, Lombarde, Benediktiner geb. 720/30 bei Friaul, gest. um 799 • Kloster: Monte Cassino • umfangreiches Prosa- u. Dichtwerk • Hauptwerk: Geschichte der Langobarden in 6 Büchern • 782-786/7 unfreiwillige Tätigkeit am Hof Karls d.Gr. Literatur des Frühmittelalters, ca. 7.-10.Jh. Literatur am Hof Karls d.Gr. • Hof als Anziehungspunkt der Dichter und Gelehrten • Verschmelzung von Antike, Christen- und Germanentum • ca. letztes Viertel 8. Jh. bis 1. Viertel 10. Jh.: Karolingische Renaissance • Mitte 8. Jh. Schriftreform: Karolingische Minuskel Literatur des Frühmittelalters, ca. 7.-10.Jh. Literatur am Hof Karls d.Gr. Literatur des Frühmittelalters, ca. 7.-10.Jh. Literatur am Hof Karls d.Gr. Alkuin (m.) mit seinem Schüler Hrabanus (l.) und dem Erzbischof Otgerus (r.) (manuscriptum Fuldense ca. 831/ 40, Österreichische Nationalbibliothek Wien) • Alkuin, Angelsache, geb. um 730 in Northumbrien, gest. 19.5.804 • seit 766 Leiter der Kathedralschule in York, ab 781 Leiter der Aachener Hofschule • Prosaschriften über theol. Themen, zu Grammatik, Rhetorik usw., Dichtung in Hexametern und Distichen • Bemühung um reines Latein nach dem Vorbild der Kirchenschriftsteller Literatur des Frühmittelalters, ca. 7.-10.Jh. Literatur am Hof Karls d.Gr. • Einhard, Franke, geb. um 770, gest. 840, erzogen im Kloster Fulda • u.a. Bauleiter Karls • bekanntestes Werk: Biographie Karls des Großen, entstanden ca. Mitte 830er Jahre, formale Anlehnung an Sueton, stilistische an Cicero Literatur des Frühmittelalters, ca. 7.-10.Jh. Dichter am Hof Karls d.Gr. und seiner Nachfolger • Angilbert, Franke, geb. um 750, Gesandter Karls, Prosaschriften, panegyrische Gedichte, (Grab)Inschriften, „Homer“ der Hofakademie • Theodulf von Orleans, Westgote, geb. um 760 in Nordspanien, gest. 821 im Exil, Erzbischof, Theologe und Dichter, meist Distichen • Hrabanus Maurus, Franke, geb. um 780 in Mainz, gest. 856, Abt von Fulda, Bischof von Mainz, zahlreiche theol. Schriften, bekanntestes Werk: Über den Preis des heiligen Kreuzes, Sammlung von Figurengedichten • Walafried Strabo, Schwabe, geb. 808/9, gest. 849, erzogen im Kloster Reichenau, 829 Berufung zum Prinzenerzieher, u.a. Mönchs- u. Heiligenviten in Hexametern, Briefgedichte Literatur des Frühmittelalters, ca. 7.-10.Jh. Karolingische Epik • sog. Aachener Karlsepos eines anonymen Verfassers: König Karl und Papst Leo, wahrscheinlich nur ein Teil des 3. Buches (von 4) erhalten • Ermoldus Nigellus, fränkischer Kleriker: panegyrisches Epos auf Ludwig den Fromen in 4 Büchern, verfaßt 826/8 in Distichen • heroisches Epos Waltharius, anonym 9. o. Anfang 10. Jh., germanischer Sagenstoff in lat. Sprache, ironische Behandlung des Heldentums Prosa des Hochmittelalters 10.-12. Jh. Geschichtsschreibung • Widukind von Corvey, wahrscheinlich aus dem sächischen Hochadel, Eintritt ins Kloster Corvey um 941/2 • um 967/8: Geschichte der Sachsen, stilistisches Vorbild: Sallust • Rechtfertigung der Ottonenherrschaft Prosa des Hochmittelalters 10.-12. Jh. Frühscholastik • Anselm von Canterbury, Benediktinermönch, geb. 1033/4 Aosta, gest. 1109, seit 1093 Erzbischof von Canterbury • Rechtfertigung kirchlicher Lehrsätze durch logischdialektische Beweise nach dem Vorbild des Aristoteles, berühmt: Anselms Gottesbeweis Prosa des Hochmittelalters 10.-12. Jh. Frühscholastik • Petrus Abaelardus, Sohn eines Ritters, 1079-1142 • Gründung einer eigenen Schule außerhalb von Paris (⇒ Universität von Paris) • Liebe zu Heloise: Briefwechsel erhalten • Autobiographie: Über meine Leiden • zahlreiche theologische Schriften, u.a. Sic et non Prosa des Hochmittelalters 10.-12. Jh. Mystiker • Bernhard von Clairveaux, Sohn eins Ritters aus burgundischem Hochadel, Zisterzienser, 1090-1153, u.a. Gründer des Klosters Clairveaux, Kreuzzugsprediger • Begründer der Christusmystik • u.a. Hohelied- und Marienpredigten, Traktate, Briefe Prosa des Hochmittelalters 10.-12. Jh. Mystiker • Hildegard von Bingen, Adlige, 1098-1179, Gründerin des Klosters auf dem Rupertsberg • Visionärin, Verfasserin von mystischen Schriften, medizinischen und naturwissenschaftlichen Werken, selbst vertonten geistlichen Dichtungen • Bußpredigerin von hohem Ansehen Dichtung des Hochmittelalters 10.-12. Jh. • 10. Jh.: Hrotsvit, sächsische Adlige, 935-975: 8 Heiligenlegenden, 6 Dramen (Stoffe aus der Zeit der Christenverfolgung mit dramat. Technik des Terenz), 2 Epen (Taten Ottos I., Anfänge des Stifts von Gandersheim), gereimte Dichtung bzw. Reimprosa • 11. Jh.: Ruodlieb, 1. frei erfundener Ritterroman, in reimenden Hexametern, einziges Exemplar dieser Gattung in lat. Sprache • Renaissance des 12. Jh.s: – Epiker – Ovidnachfolger: Loiredichter Dichtung des Hochmittelalters 10.-12. Jh. Loiredichter, 12. Jh. • Marbod von Rennes, 1035-1123, seit 1096 Bischof von Rennes, Heiligendlegenden in Prosa u. Vers, zahlreiche poetische Stücke, u.a. Lehrgedicht, Zehnkapitelbuch, Liebesgedichte in der Jugend • Baudri (Balderich) von Bourgeuil, 1046-1130, Abt von Bourgeuil, seit 1107 Bischof von Dol-deBretagne, umfangreiches poet. Werk, darunter zahlreiche Gelegenheitsgedichte • Hildebert von Lavardin, 1056-1134, geb. in Lavardin, seit 1096 Bischof von Le Man, seit 1125 von Tours, Gedichte und Briefe, elegantes Latein Bildteppich von Bayeux Dichtung des Hochmittelalters 10.-12. Jh. Epik des 12. Jh.s • Ysengrimus, Tierepos (Verschmelzung von Fabel und Epos), verfaßt 1148/49 von einem Genter Kleriker • Walter von Châtillon (geb. um 1130 bei Lille, gest. nach 1180, Kanoniker in Reims u. Amiens), Alexandreis in 10 Büchern nach Curtius Rufus’ Alexandergeschichte • Ligurinus (1186/7), formal antikisierendes, panegyrisches Epos über Friedrich Barbarossas Kämpfe in der Lombardei (Liguria) Mittelalterliche Verstechnik • quantitierende (nach langen und kurzen Silben messende) Metrik der gelehrten Dichter, die an antiker lateinischer Tradition festhielten • Akzentrhythmik nach dem Vorbild der ambrosianischen Hymnen und der volkssprachlichen Dichtung Dichtung des Hochmittelalters 10.-12. Jh. Vagantendichtung • Carmina Burana (Beurener Lieder): Sammlung von Vagantenliedern, die bis zum 13. Jh. entstanden sind, benannt nach dem Aufbewahrungsort der Handschrift: (Benedikt)beuren • Archipoeta, wohl wichtigster und hochgebildeter, aber nicht identifizierbarer Vertreter der Vagantenlyrik, 12. Jh., mit Aufenthalten in Köln, Oberitalien u. Burgund Literatur des Spätmittelalters 13.-15. Jh. artes, bes. 12.-14. Jh. • Brieflehren (artes dictandi/dictaminis) • Prediktlehren (artes praedicandi) • Verslehren (artes versificandi): – Galfrid von Vinsauf (Beginn 13. Jh.): Poetria nova – Johannes von Garland (ca. 1195-1272 in England): Parisina Poetria Jacobus de Voragine, 13. Jh. • geb. 1230 in Voragine, gest. 1298 als Erzbischof von Genua • Goldene Legende: Legenden der Heiligen nach dem Jahreslauf geordnet Literatur des Spätmittelalters 13.-15. Jh. Scholastik • Araber: – – – – Al-Farabi Avicenna (Abu Ali Ibn Sina) Al-Ghazali Averroes (Ibn Ruschd) • Dominikaner – Albertus Magnus, 1193-1280, lebte u. lehrte vor allem in Köln – Thomas von Aquin, 1224/5-1274, aus Italien, Schüler des Albertus, heiliggesprochen • Werke der Scholastik: bes. Aristoteleskommentare, „Summen“, Streitgespräche • Kennzeichen: Dominanz des Aristoteles und des Bibeltextes, dialektische Methode, Fachsprache Albertus Magnus Thomas von Aquin Literatur des Spätmittelalters 13.-15. Jh. Aufbruch in die Renaissance • Dante Alighieri, Florentiner, 1265-1321 • Verfasser von lateinischen und toskanischen Werken • wichtigstes lat. Werk: De vulgari eloquentia, Plädoyer für das Italienische als Literatursprache • wichtigstes toskanisches Werk: Divina Comedia Literatur des Spätmittelalters 13.-15. Jh. Aufbruch in die Renaissance Francesco Petrarca Literatur des Spätmittelalters 13.-15. Jh. Aufbruch in die Renaissance • Francesco Petrarca, geb. 1304 in Arezzo, gest. 1374 in Arquà • berühmt durch Zyklus toskanischer Liebesgedichte: Canzoniere • größter Teil des Werkes auf Latein, u.a.: – Briefsammlung in der Art Ciceros – darunter: Besteigung des Mont Ventoux (Einfluß des Augustinus) – Epos Africa nach Vergils Vorbild – Eklogen nach Vergils Vorbild • Verdienste um die Wiederentdeckung der antiken Literatur Literatur des Spätmittelalters 13.-15. Jh. Aufbruch in die Renaissance • Giovanni Boccaccio, geb. 1313 wohl in Florenz, gest. 1375 in Certaldo bei Florenz • enzyklopädische Werke in lat. Sprache • Hauptwerk Decamerone toskanisch Italienische Renaissance Beginn, Faktoren • Marksteine vom MA zur Neuzeit: – Erfindung des Buchdrucks Mitte 15. Jh. – Eroberung Konstantinopels durch die Türken 1453 (verstärkter Exodus gr. Gelehrter nach Italien) – Beginn der Reformation durch Luther (1483-1546) in Wittenberg • Paradigmenwechsel von der scholastisch dialektischen zur literarisch-rhetorischen Erziehung • Neuentstehung von Rhetoriken • Ausgaben antiker Texte • Bedeutung der Gelegenheitsdichtung Italienische Renaissance 1. Rhetorik der Neuzeit: Fünf Bücher der Rhetorik des Georg von Trapezunt, 1433/4 handschriftl. veröffentlicht, zwischen 1472 u. 1547 mindestens 9 x gedruckt Italienische Renaissance Akademien (Gelehrtenzirkel) Akademia Pontaniana in Neapel, bes. in der 2. Hälfte, des 15. Jh.s während der Herrschaft der Aragonesen, geschlossen 1542 – Antonio Beccadelli, genannt il Panormita (1434-1471), Verfasser erotischer Gedichte – Giovanni Pontano (1426-1503), Liebes- und Naturgedichte, Dialoge über versch. Themen u.a. Dichtungsttheorie, philosoph. Traktate – Pietro Summonte (1463-1526), Humanist und Verleger – Jacopo Sannazaro (1458-1530), volkssprachl. Werke: Arcadia (Schäferroman), Rime, lat.: Eklogen, kl. Gedichte, Epos Über die Jungfrauengeburt Italienische Renaissance Academia Pontaniana Italienische Renaissance Raffaele Santi: Parnaß (vatikanische Museen) Italienische Renaissance Akademien (Gelehrtenzirkel) • Platonische Akademie in Florenz, gefördert von der Familie de’ Medici • Leiter: Marsilio Ficino • Auslegung der Platonischen Texte • assoziiert: – Giovanni Pico della Mirandola (1463-94), Hebraist, Philosoph, Kabbalist – Angelo Poliziano (1454-1494), Philologe, Verfasser von lateinischer, griechischer und toskanischer Dichtung Italienische Renaissance von links: Marsilio Ficino, Cristoforo Landino, Angelo Poliziano, Demetrios Chalkondyles, in: Domenico Ghirlandaio: Zacharias im Tempel Humanismus nördlich der Alpen Niederlande Erasmus von Rotterdam • 1469-1536 • gute Literatur macht Menschen zum Menschen (Humanismus) • universal gebildet, glänzender Stilist, hohes Ansehen • Werke u.a.: – – – – Adagia Colloquia familiaria Handbuch des Christensoldaten 1516: 1. krit. Ausgabe des gr. Neuen Testaments mit lat. Übersetzung Humanismus nördlich der Alpen Niederlande • Johannes Secundus (Jan Everaerts, 1511-1536), Liebesgedichte (Kußgedichte) • Janus Lernutius (1545-1619), u.a. Liebesgedichte • Janus Dousa (1545-1604), u.a. Liebesgedichte • Justus Lipsius (1547-1606), Philologe, Editor, Philosoph (Neo-Stoizismus) • Daniel Heinsius (1580-1655), Liebesdichtung, religiöse Dichtung in lat., griech. u. fläm. Sprache Humanismus nördlich der Alpen deutschsprachige Gebiete Conrad Celtis • fränkischer Bauernsohn, 1459-1508 • Übergang der Dichtung von den Römern/Italienern an die Deutschen • 10jährige Wanderung durch Deutschland • Elegienzyklus: Vier Bücher von Liebesgeschichten entsprechend den vier Seiten Deutschlands, Verbindung von antiker Liebeselegie mit Florentiner Neuplatonismus • Etablierung von Gelehrtenzirkeln (Heidelberg, Nürnberg, Wien) Humanismus nördlich der Alpen deutschsprachige Gebiete Titelblatt von Celtis’ Liebesgeschichten Humanismus nördlich der Alpen deutschsprachige Gebiete bedeutendte Nachfolger des Celtis: • Ulrich Hutten (1488-1523) • Eoban Hesse (1488-1540) • Petrus Lotichius Secundus (1528-1560) Humanismus nördlich der Alpen deutschsprachige Gebiete Philipp Melanchthon • 1497-1560, seit 1519 Griechischprofessor in Wittenberg • Entwicklung von Lehrbüchern und Studienplänen: sprachliche und moralische Unterweisung durch antike Literatur • Rückkehr zu den Quellen: heidn. gr. Literatur, gr. NT, gr. Kirchenväter ⇒ Aufwertung des Griechischen • Lehrer Deutschlands (praeceptor Germaniae) Humanismus nördlich der Alpen Frankreich • Henri Estienne, 1531-1598, franz. Calvinist, Herausgeber vieler gr. Autoren, oft mit lat. Übers., Verfasser des großen gr. Lexikons: Thesaurus Linguae Graecae (1572), Verfasser eigener Gedichte • Pléiade, Gruppe franz. Dichter um Pierre de Ronsard (1524-1583): Nachahmung antiker Autoren in franz. Sprache • Scaligeri – Iulius Caesar (1484-1558), Verfechter des ciceron. Latein, Verfasser der Sieben Bücher über die Dichtkunst – Joseph Justus (1540-1609), klassischer Philologe Barockzeitalter Geisteshaltung: memento mori Andreas Gryphius: Menschliches Elende Was sind wir Menschen doch! Ein Wohnhaus grimmer Schmerzen. Ein Ball des falschen Glücks, ein Irrlicht dieser Zeit, Ein Schauplatz herber Angst, besetzt mit scharfem Leid. Ein bald verschmelzter Schnee und abgebrannte Kerzen. Dies Leben fleucht davon wie ein Geschwätz von Scherzen. Die vor uns abgelegt des schwachen Leibes Kleid Und in das Totenbuch der großen Sterblichkeit Längst eingeschrieben sind, sind und aus Sinn und Herzen. Gleich wie ein eitel Traum leicht aus der Acht hinfällt Und wie ein Strom verscheußt, den keine Macht aufhält, So muß auch unser Nam, Lob Ehr und Ruhm verschwinden. Was itzund Atem holt, muß mit der Luft entfliehn; Was nach uns kommen wird, wird uns ins Grab nachziehn. Was sag ich? wir vergehn, wie Rauch von starken Winden. Barockzeitalter Geisteshaltung: memento mori Aus dem Höchsten das Geringste Dies sind die Überreste des Tempels, in welchem das lebendige Bild Gottes gewesen sein soll. Dies ist auch die Ruine jenes Hauses, in dem die Vernunft einst residierte. Und nun ist es das schrecklichste Bild des Todes, ein luftiges Haupt ohne Hirn. Barockzeitalter protestantische Autoren in Deutschland • Martin Opitz, 1597-1639, „Vater der deutschen Dichtung“, umfangreiches Werk an Dichtungen, Traktaten, Leichenreden u.a. in lateinischer u. deutscher Sprache • Paul Fleming, 1609-1640, Lyriker, u.a. Verfasser von Kußgedichten, dichtete lateinisch und deutsch • Andreas Gryphius, 1616-1664, Epiker, Lyriker, Dramatiker, schrieb hauptsächlich deutsch, aber auch lateinisch Barockzeitalter protestantische Autoren in Deutschland Opitz Fleming Gryphius Barockzeitalter Jesuiten in Dtl. Jakob Bidermann • 1578-1639 • Schüler des Augsburger Jesuitengymnasiums, 1596 in den Orden aufgenommen • vor allem Dramatiker (Instrumentalisierung des Dramas zu pädagogischen Zwecken) Barockzeitalter Jesuiten in Dtl. Jakob Balde • 1606-1668, Studium von Philosophie und Jura, zeitweise Rhetorik-professor in München und Innsbruck • Verfasser von Lyrik („deutscher Horaz“), Satiren (Tradition des Lukian), Elegien (nach dem Vorbild Ovids)
© Copyright 2024 ExpyDoc