6 // CAR E ko n kret AUS GA B E 3 7 // 1 1 .9 .2 0 1 5 HEIME Serie Dienstplanmanagement: Errechnen der Netto-Arbeitszeit DIE NEUE SERIE DIENSTPLANMANGEMENT Ressourcen realistisch verplanen Brutto- ist nicht gleich Netto-Arbeitszeit. Die tatsächlich planbare Arbeitszeit zu erkennen, ist essenziell für einen gelungenen Dienstplan. Doch, wie geht man am besten vor? Die in den Arbeitsverträgen vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit (Brutto-Arbeitszeit) setzt sich aus verschiedenen Anteilen zusammen. Sie enthält überwiegend Arbeitszeitanteile, die der unmittelbaren Tätigkeit im Betrieb zugutekommen. Gleichzeitig enthält sie aber auch Anteile, wie Urlaubs- und Fortbildungszeiten sowie weitere Abwesenheitszeiten wie zum Beispiel S erie Dienstplanmanagement Krankheit, Mutterschutz, Kur etc. Das Wissen um diese Arbeitszeit-Bestandteile führt zu der Fragestellung, wie hoch derjenige Anteil an arbeitsvertraglich vereinbarter Arbeitszeit ist, der unmittelbar für die Tätigkeiten im Betrieb eingesetzt werden kann. Nur dieses Zeitkontingent darf dann in der Folge im Durchschnitt zur Dienstplangestaltung herangezogen werden. Es handelt sich um die sogenannte Netto-Arbeitszeit. Diese wird definiert als die um die durchschnittlichen statistischen/tatsächlichen Ausfallzeiten infolge von Krankheit, Urlaub, Fortbildungen etc. reduzierte vertraglich geschuldete Arbeits- Ermitteln Sie vor Beginn der Dienstplanung die netto verfügbaren Arbeitszeiten. Diese errechnen sich wie folgt: Für die Dienstplanung verfügbare Vollkraft-Stellen multipliziert mit der Netto-Wochenarbeitszeit. In Folge vergleichen Sie diese verfügbaren Gesamtstunden mit der geplanten Besetzung in Stunden ohne Einbezug von Zeiten für Urlaub, Krankheit und Fortbildung. Beispiel: 8,75 Vollkraft-Stellen x 28,9 Netto-Wochenstunden (= 38,50 Wochenstunden minus 25 Prozent) = 252,9 planbare Nettostunden Wochenarbeitszeit. zeit. Lediglich die Netto-Arbeitszeit der Mitarbeiter steht für die direkte und indirekte Pflege zur Verfügung. Abzüge bei den Vollkraftstellen Bei den Vollkraftstellen (VK) dürfen keine Auszubildenden, Teilnehmer des Bundesfreiwilligendienstes etc. mitgezählt werden, weil diese im Stellensoll üblicherweise abweichend berechnet werden (siehe Rahmenverträge nach § 75 SGB XI), aber in der Regel die gleiche Wochenarbeitszeit leisten. Die für den Dienstplan relevanten VK-Stellen müssen vorab um diejenigen Anteile gekürzt werden, welche nach den im Bundesland spezifischen Regelungen nicht zur Dienstplanung zur Verfügung stehen wie zum Beispiel die Pflegedienstleitung oder die Qualitätsbeauftragte. Um Netto-Arbeitszeit führt kein Weg herum Am einfachsten und nachvollziehbar lässt sich die Verfügbarkeit von Brutto- und Netto-Arbeitszeit mit dem eigenen Gehalt vergleichen. Möglicherweise gibt es Monate, in denen mancher mehr Geld ausgibt, als sein Nettogehalt grundsätzlich ermöglicht. Das mag einige Zeit gut gehen – das dicke Ende kommt später. Bei der Arbeitszeit spielt sich analog das Gleiche ab: Wird über den Dienstplan versucht, ständig die Brutto-Arbeitszeit zu verplanen, so äußert sich das auf jeden Fall in Form von einer massiven Überstundenanhäufung und der erheblichen Ansammlung von Urlaubsbeständen. Beides zusammen sind Indizien für eine verfehlte Dienstplangestaltung, welche auf der Planung nach Brutto-Arbeitszeiten basiert. Über die Netto-Arbeitszeit hinaus darf nur in Ausnahmefällen geplant werden, wenn etwa Stellen vorübergehend unbesetzt sind. Die Mitarbeiter decken in diesen Fällen über ihre Mehrarbeit die fehlende Netto-Arbeitszeit der unbesetzten Stelle ab. Die Netto-Arbeitszeit teilt sich wiederum auf in die direkte und indirekte Pflegezeit. Die Abgrenzung und die Bedeutung für die Dienstplanung werden in einem weiteren Serienteil beschrieben. Das Verhältnis der Brutto- zur Netto verfügbaren Arbeitszeit wird mit einer prozentualen Verteilung von ca. 75 zu ca. 25 Prozent angenommen. Diese Werte basieren auf einer Vielzahl von Erhebungen. Für den ca. 25-prozentigen Anteil, der von der Brutto-Arbeitszeit abgeht, gibt es keine allgemeingültigen inhaltlichen Festlegungen. Aus diesem Grund ist es von erheblicher Bedeutung, diese Größe inhaltlich einrich- tungsintern zu definieren und in ihrer Entwicklung zu beobachten. In der Regel zählen die nachfolgenden Parameter dazu: Urlaub (ca. 10-12 %), Krankheit (ca. 6-8 %), Fortbildung (11,5 %), branchenüblicher Feiertagsabzug und Feiertagsausgleich (ca. 4-5 %). Die hier definierten Inhalte dürfen nicht nochmals in die hausinterne Definition der indirekten Pflegezeiten einfließen, weil dies ansonsten zu einer doppelten Bewertung führen würde. Lesen Sie mehr zu diesem Thema in Michael Wipp, Peter Sausen, Dirk Lorscheider: Der Regelkreis der Einsatzplanung, 2012, Vincentz Network. Foto: Archiv VON MICHAEL WIPP UND PETER SAUSEN SO GEHT ES: ERRECHNUNG DER NETTO-ARBEITSZEIT Es gibt nur wenige Themenbereiche, die derart emotional besetzt sind wie die Dienstplangestaltung. Das liegt vermutlich auch daran, dass die Frage nach der Arbeitszeitgestaltung letztlich jeden Mitarbeiter in seinem Privatleben tangiert. Nicht einfacher macht es der Sachverhalt, dass zu dieser Thematik sehr unterschiedliche Regelungen zwischen den einzelnen Bundesländern bestehen. Diese Serie soll Ihnen die Umsetzung der Dienstplangestaltung erleichtern. Dazu werden im 14-täglichen Rhythmus die grundlegenden planerischen Sachverhalte in Verbindung mit deren rechtlicher Betrachtung präsentiert. Die Autoren sind zwei der Verfasser des „Regelkreis der Einsatzplanung“, dem Standardwerk für alle Dienstplanverantwortlichen, Rechtsanwalt Peter Sausen und Michael Wipp, Geschäftsführer der Haus Edelberg Dienstleistungsgesellschaft für Senioren. Die Serie soll dazu beitragen, sich über diese Thematik verstärkt Gedanken zu machen und Dienstplanung auch als wirksames Instrument zur Mitarbeiterzufriedenheit zu nutzen. Sie hilft Dienstplananfängern Strukturen der Planung nachzuvollziehen und den Profis, möglicherweise über alternative Möglichkeiten nachzudenken. Die Serie wird sich thematisch unter anderem mit geteilten Diensten, dem Einspringen von Mitarbeitern, dem Wechsel der Arbeitszeitformen und verschiedenen Arbeitszeitmodellen beschäftigen. Kommentar zum Entwurf des Pflegestärkungsgesetzes II „Die Pflegereform wird das Problem der Unterfinanzierung der stationären Pflege nicht lösen“ Stuttgart // Das vom Bundeskabinett beschlossene Pflegestärkungsgesetz bringt einige Verbesserungen mit sich. An den Kernproblemen, der dramatischen Unterfinanzierung des Pflegesystems und der ungenügenden Pflegeinfrastruktur, geht aber auch diese Reform zielgerichtet vorbei. Natürlich muss man anerkennen, dass durch den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und das neue Begutachtungsassessment langjährige Forderungen der Pflegebranche erfüllt werden und die ungerechte Behandlung von Menschen mit demenziellen Einschränkungen beendet wird. Auch die Leistungsverbesserungen im ambulanten und teilstationären Bereich sind ebenso zu begrüßen, wie die Idee eines einheitlichen Zuzahlungsbetrages in der stationären Pflege. Das Kernproblem der Unterfinanzierung in den Pflegeheimen wird aber leider wieder nicht angegangen. In einem Rechenbeispiel zeigt sich, dass sich der Eigenanteil in einer kleinen Ein- richtung im Schwarzwald von 2 108 Euro in der bisherigen Pflegestufe 1 bzw. von 2 384 Euro in der Stufe 2 auf einen einheitlichen Zuzahlungsbetrag von 2 173 Euro erhöht bzw. verringert. Die einheitliche Zuzahlung mag zwar gerechter und ein Trost sein, er nützt aber den wenigsten Bewohnern etwas, denn wer kann sich diesen Eigenanteil schon leisten. Der Gang zum Sozialamt bleibt unausweichlich. Die Wahrheit ist: Die Pflege steckt in der Armutsfalle. Seit Einführung der Pflegeversicherung hat sich der Eigenanteil im Pflegeheim verdoppelt. Die im Pflegestärkungsgesetz versprochenen Leistungsverbesserungen reichen bei Weitem nicht aus. Der Beitrag zur Pflegeversicherung müsste um einen weiteren Prozentpunkt erhöht werden, um die Pflegebedürftigen und deren Angehörige im notwendigen Maß zu entlasten und damit auch die Voraussetzung zu schaffen, dass sich die Rahmenbedingungen in der Pflege deutlich verbessern können. Die Pflege braucht mehr Personal, das gut qualifiziert und gut bezahlt werden muss. Auch die Erwartungen an eine aktive Infrastrukturpolitik für die Pflege sind nicht erfüllt worden. Mit einem verbindlichen, breit angelegten Investitions- und Förderprogramm, sollten kleinräumige und an den Lebensbedürfnissen älterer pflegebedürftiger Menschen ausgerichtete Pflegeangebote geschaffen werden. Länder und Kommunen werden mit dem Pflegestärkungsgesetz wieder nicht konkret in die Pflicht genommen. Sie werden in der Gestaltung der Pflegeinfrastruktur aber erst dann aktiv, wenn aus der unverbindlichen Sollbestimmung im SGB XI eine Pflichtleistung zur Vorhaltung einer angemessenen Pflegeinfrastruktur wird. Kommunen geben das Geld an anderer Stelle aus Hintergrund ist, dass seit Anbeginn der Pflegeversicherung die Kommunen ihre Einsparungen aus der Pflegeversicherung eigentlich für die Pflegeinfrastruktur einsetzen sollen. Bei rund 300 000 Empfängern von Hilfe zur Pflege allein im stationären Setting dürften das bundesweit über 3,6 Milliarden Euro jährlich sein. Aber was machen die Städte und Gemeinden mit dem eingesparten Geld? Im besten Fall werden davon Krankenhäuser oder Kitas gebaut, aber keine Quartiershäuser oder kleine wohnortnahe Pflegeeinrichtungen finanziert, keine Tagespflege und keine Kurzzeitpflege gefördert, keine Quartiersmanager bezahlt und keine ambulant betreuten WGs gefördert. In der Kinderbetreuung gibt es einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Die Evangelische Heimstiftung fordert, dass im Pflegestärkungsgesetz ein Rechtsanspruch auf ein bedarfsgerechtes Pflegeund Betreuungsangebot für Pflegebedürftige verankert wird. Das ist leider ausgeblieben. Mit einem breiten politischen Gestaltungswillen wäre es möglich gewesen, die wirklich wichtigen Kernthemen der Pflege anzupackend und im Sinne der betroffenen Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen zu lösen. Von der Großen Koalition hätte man das erwarten können. So ist das Ergebnis insgesamt leider schwach. Der Autor ist Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung. Foto: Archiv VON BERNHARD SCHNEIDER // Wir fordern einen Rechtsanspruch auf ein bedarfsgerechtes Pflege- und Betreuungsangebot. // BERNHARD SCHNEIDER
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