Ressourcen realistisch verplanen

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HEIME
Serie Dienstplanmanagement: Errechnen der Netto-Arbeitszeit
DIE NEUE SERIE
DIENSTPLANMANGEMENT
Ressourcen realistisch verplanen
Brutto- ist nicht gleich Netto-Arbeitszeit. Die tatsächlich planbare Arbeitszeit zu erkennen, ist essenziell für
einen gelungenen Dienstplan. Doch, wie geht man am
besten vor?
Die in den Arbeitsverträgen vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit
(Brutto-Arbeitszeit) setzt sich aus
verschiedenen Anteilen zusammen.
Sie enthält überwiegend Arbeitszeitanteile, die der unmittelbaren
Tätigkeit im Betrieb zugutekommen. Gleichzeitig enthält sie aber
auch Anteile, wie Urlaubs- und Fortbildungszeiten sowie weitere Abwesenheitszeiten wie zum Beispiel
S
erie
Dienstplanmanagement
Krankheit, Mutterschutz, Kur etc.
Das Wissen um diese Arbeitszeit-Bestandteile führt zu der Fragestellung, wie hoch derjenige Anteil
an arbeitsvertraglich vereinbarter
Arbeitszeit ist, der unmittelbar für
die Tätigkeiten im Betrieb eingesetzt werden kann. Nur dieses Zeitkontingent darf dann in der Folge
im Durchschnitt zur Dienstplangestaltung herangezogen werden. Es
handelt sich um die sogenannte
Netto-Arbeitszeit. Diese wird definiert als die um die durchschnittlichen statistischen/tatsächlichen
Ausfallzeiten infolge von Krankheit,
Urlaub, Fortbildungen etc. reduzierte vertraglich geschuldete Arbeits-
Ermitteln Sie vor Beginn der Dienstplanung die netto verfügbaren Arbeitszeiten. Diese errechnen sich wie folgt: Für die Dienstplanung verfügbare
Vollkraft-Stellen multipliziert mit der Netto-Wochenarbeitszeit. In Folge
vergleichen Sie diese verfügbaren Gesamtstunden mit der geplanten
Besetzung in Stunden ohne Einbezug von Zeiten für Urlaub, Krankheit und
Fortbildung. Beispiel: 8,75 Vollkraft-Stellen x 28,9 Netto-Wochenstunden (=
38,50 Wochenstunden minus 25 Prozent) = 252,9 planbare Nettostunden
Wochenarbeitszeit.
zeit. Lediglich die Netto-Arbeitszeit
der Mitarbeiter steht für die direkte
und indirekte Pflege zur Verfügung.
Abzüge bei den Vollkraftstellen
Bei den Vollkraftstellen (VK) dürfen
keine Auszubildenden, Teilnehmer
des Bundesfreiwilligendienstes etc.
mitgezählt werden, weil diese im
Stellensoll üblicherweise abweichend berechnet werden (siehe
Rahmenverträge nach § 75 SGB XI),
aber in der Regel die gleiche Wochenarbeitszeit leisten. Die für den
Dienstplan relevanten VK-Stellen
müssen vorab um diejenigen Anteile gekürzt werden, welche nach den
im Bundesland spezifischen Regelungen nicht zur Dienstplanung zur
Verfügung stehen wie zum Beispiel
die Pflegedienstleitung oder die
Qualitätsbeauftragte.
Um Netto-Arbeitszeit führt kein
Weg herum
Am einfachsten und nachvollziehbar lässt sich die Verfügbarkeit von
Brutto- und Netto-Arbeitszeit mit
dem eigenen Gehalt vergleichen.
Möglicherweise gibt es Monate, in
denen mancher mehr Geld ausgibt,
als sein Nettogehalt grundsätzlich
ermöglicht. Das mag einige Zeit
gut gehen – das dicke Ende kommt
später. Bei der Arbeitszeit spielt sich
analog das Gleiche ab: Wird über
den Dienstplan versucht, ständig
die Brutto-Arbeitszeit zu verplanen,
so äußert sich das auf jeden Fall in
Form von
„„
„„
einer massiven Überstundenanhäufung und
der erheblichen Ansammlung
von Urlaubsbeständen.
Beides zusammen sind Indizien
für eine verfehlte Dienstplangestaltung, welche auf der Planung
nach Brutto-Arbeitszeiten basiert.
Über die Netto-Arbeitszeit hinaus
darf nur in Ausnahmefällen geplant werden, wenn etwa Stellen
vorübergehend unbesetzt sind. Die
Mitarbeiter decken in diesen Fällen
über ihre Mehrarbeit die fehlende
Netto-Arbeitszeit der unbesetzten
Stelle ab.
Die Netto-Arbeitszeit teilt sich
wiederum auf in die direkte und indirekte Pflegezeit. Die Abgrenzung
und die Bedeutung für die Dienstplanung werden in einem weiteren
Serienteil beschrieben.
Das Verhältnis der Brutto- zur
Netto verfügbaren Arbeitszeit wird
mit einer prozentualen Verteilung
von ca. 75 zu ca. 25 Prozent angenommen. Diese Werte basieren auf einer
Vielzahl von Erhebungen. Für den
ca. 25-prozentigen Anteil, der von
der Brutto-Arbeitszeit abgeht, gibt
es keine allgemeingültigen inhaltlichen Festlegungen. Aus diesem
Grund ist es von erheblicher Bedeutung, diese Größe inhaltlich einrich-
tungsintern zu definieren und in
ihrer Entwicklung zu beobachten. In
der Regel zählen die nachfolgenden
Parameter dazu: Urlaub (ca. 10-12 %),
Krankheit (ca. 6-8 %), Fortbildung (11,5 %), branchenüblicher Feiertagsabzug und Feiertagsausgleich (ca.
4-5 %). Die hier definierten Inhalte
dürfen nicht nochmals in die hausinterne Definition der indirekten
Pflegezeiten einfließen, weil dies ansonsten zu einer doppelten Bewertung führen würde.
 Lesen Sie mehr zu diesem
Thema in Michael Wipp, Peter
Sausen, Dirk Lorscheider: Der
Regelkreis der Einsatzplanung,
2012, Vincentz Network.
Foto: Archiv
VON MICHAEL WIPP UND PETER SAUSEN
SO GEHT ES: ERRECHNUNG DER NETTO-ARBEITSZEIT
Es gibt nur wenige Themenbereiche, die derart emotional besetzt
sind wie die Dienstplangestaltung. Das liegt vermutlich auch
daran, dass die Frage nach der
Arbeitszeitgestaltung
letztlich
jeden Mitarbeiter in seinem Privatleben tangiert. Nicht einfacher
macht es der Sachverhalt, dass
zu dieser Thematik sehr unterschiedliche Regelungen zwischen
den einzelnen Bundesländern bestehen.
Diese Serie soll Ihnen die Umsetzung der Dienstplangestaltung erleichtern. Dazu werden
im 14-täglichen Rhythmus die
grundlegenden
planerischen
Sachverhalte in Verbindung mit
deren rechtlicher Betrachtung
präsentiert. Die Autoren sind
zwei der Verfasser des „Regelkreis der Einsatzplanung“, dem
Standardwerk für alle Dienstplanverantwortlichen, Rechtsanwalt Peter Sausen und Michael
Wipp, Geschäftsführer der Haus
Edelberg Dienstleistungsgesellschaft für Senioren. Die Serie soll
dazu beitragen, sich über diese
Thematik verstärkt Gedanken
zu machen und Dienstplanung
auch als wirksames Instrument
zur Mitarbeiterzufriedenheit zu
nutzen. Sie hilft Dienstplananfängern Strukturen der Planung
nachzuvollziehen und den Profis,
möglicherweise über alternative
Möglichkeiten nachzudenken.
Die Serie wird sich thematisch
unter anderem mit geteilten
Diensten, dem Einspringen von
Mitarbeitern, dem Wechsel der
Arbeitszeitformen und verschiedenen Arbeitszeitmodellen beschäftigen.
Kommentar zum Entwurf des Pflegestärkungsgesetzes II
„Die Pflegereform wird das Problem der Unterfinanzierung der stationären Pflege nicht lösen“
Stuttgart // Das vom Bundeskabinett beschlossene Pflegestärkungsgesetz bringt einige Verbesserungen
mit sich. An den Kernproblemen, der
dramatischen
Unterfinanzierung
des Pflegesystems und der ungenügenden Pflegeinfrastruktur, geht
aber auch diese Reform zielgerichtet
vorbei.
Natürlich muss man anerkennen, dass durch den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und das neue
Begutachtungsassessment langjährige Forderungen der Pflegebranche
erfüllt werden und die ungerechte
Behandlung von Menschen mit demenziellen Einschränkungen beendet wird. Auch die Leistungsverbesserungen im ambulanten und
teilstationären Bereich sind ebenso zu begrüßen, wie die Idee eines
einheitlichen Zuzahlungsbetrages
in der stationären Pflege. Das Kernproblem der Unterfinanzierung in
den Pflegeheimen wird aber leider
wieder nicht angegangen. In einem
Rechenbeispiel zeigt sich, dass sich
der Eigenanteil in einer kleinen Ein-
richtung im Schwarzwald von 2 108
Euro in der bisherigen Pflegestufe 1
bzw. von 2 384 Euro in der Stufe 2 auf
einen einheitlichen Zuzahlungsbetrag von 2 173 Euro erhöht bzw. verringert. Die einheitliche Zuzahlung
mag zwar gerechter und ein Trost
sein, er nützt aber den wenigsten
Bewohnern etwas, denn wer kann
sich diesen Eigenanteil schon leisten. Der Gang zum Sozialamt bleibt
unausweichlich.
Die Wahrheit ist: Die Pflege steckt
in der Armutsfalle. Seit Einführung
der Pflegeversicherung hat sich der
Eigenanteil im Pflegeheim verdoppelt. Die im Pflegestärkungsgesetz
versprochenen Leistungsverbesserungen reichen bei Weitem nicht aus.
Der Beitrag zur Pflegeversicherung
müsste um einen weiteren Prozentpunkt erhöht werden, um die Pflegebedürftigen und deren Angehörige
im notwendigen Maß zu entlasten
und damit auch die Voraussetzung
zu schaffen, dass sich die Rahmenbedingungen in der Pflege deutlich verbessern können. Die Pflege braucht
mehr Personal, das gut qualifiziert
und gut bezahlt werden muss.
Auch die Erwartungen an eine
aktive Infrastrukturpolitik für die
Pflege sind nicht erfüllt worden. Mit
einem verbindlichen, breit angelegten Investitions- und Förderprogramm, sollten kleinräumige und
an den Lebensbedürfnissen älterer
pflegebedürftiger Menschen ausgerichtete Pflegeangebote geschaffen
werden. Länder und Kommunen
werden mit dem Pflegestärkungsgesetz wieder nicht konkret in die
Pflicht genommen. Sie werden in
der Gestaltung der Pflegeinfrastruktur aber erst dann aktiv, wenn aus
der unverbindlichen Sollbestimmung im SGB XI eine Pflichtleistung
zur Vorhaltung einer angemessenen Pflegeinfrastruktur wird.
Kommunen geben das Geld an
anderer Stelle aus
Hintergrund ist, dass seit Anbeginn
der Pflegeversicherung die Kommunen ihre Einsparungen aus der
Pflegeversicherung eigentlich für
die Pflegeinfrastruktur einsetzen
sollen. Bei rund 300 000 Empfängern von Hilfe zur Pflege allein im
stationären Setting dürften das
bundesweit über 3,6 Milliarden
Euro jährlich sein. Aber was machen die Städte und Gemeinden mit
dem eingesparten Geld? Im besten
Fall werden davon Krankenhäuser
oder Kitas gebaut, aber keine Quartiershäuser oder kleine wohnortnahe Pflegeeinrichtungen finanziert,
keine Tagespflege und keine Kurzzeitpflege gefördert, keine Quartiersmanager bezahlt und keine
ambulant betreuten WGs gefördert.
In der Kinderbetreuung gibt es
einen Rechtsanspruch auf einen
Kitaplatz. Die Evangelische Heimstiftung fordert, dass im Pflegestärkungsgesetz ein Rechtsanspruch
auf ein bedarfsgerechtes Pflegeund Betreuungsangebot für Pflegebedürftige verankert wird. Das ist
leider ausgeblieben.
Mit einem breiten politischen
Gestaltungswillen wäre es möglich
gewesen, die wirklich wichtigen
Kernthemen der Pflege anzupackend und im Sinne der betroffenen
Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen zu lösen. Von der Großen
Koalition hätte man das erwarten
können. So ist das Ergebnis insgesamt leider schwach.
 Der Autor ist Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung.
Foto: Archiv
VON BERNHARD SCHNEIDER
// Wir fordern einen
Rechtsanspruch auf
ein bedarfsgerechtes
Pflege- und Betreuungsangebot. //
BERNHARD SCHNEIDER