Joshua Fütterer Universität Bayreuth Kulmbacherstrasse 15 d 95445 Bayreuth [email protected] Matrikelnummer: 1263493 Fachsemester: 6 Notvorstand im Recht des eingetragenen Vereins Seminararbeit bei Prof. Dr. Peter W. Heermann, LL.M. (Univ. of Wisconsin) Im Wintersemester 2014/2015 Gliederung: Seite A. Einleitung 1 B. Hauptteil 2 I. Grundlagen 1. Vorstand 2. Fehlen des Vorstandes 2 2 3 II. Rechtsgrundlage/ Anwendungsbereich 3 III. Bestellungsvoraussetzungen 1. Bestellungsvoraussetzungen a.) Fehlen der erforderlichen Vorstandsmitglieder b.) Dringender Fall aa.) Zurückgetretene, aber noch im Vereinsregister geführte Vorstandsmitglieder bb.) Prozesspfleger nach § 57 ZPO 3 3 3 5 IV. Bestellungsverfahren 1. Antragsberechtigung 2. Einreichung 3. Amtswegiges Verfahren 4. Zuständiges Gericht a.) Zuständigkeit für Antragsberechtigung b.) Zuständigkeit für Vergütungsstreitigkeiten 5. Mögliche Beteiligungen oder Anhörungen 6. Antragsprüfungen des Gerichts a.) „Vorprüfungen“ des Antrags b.) Mögliche Ablehnungsgründe c.) Fazit 8 8 9 9 10 10 10 10 11 11 11 12 V. Bestellungsbeschluss 1.Beachtung der statuarischen Ordnung 2. Vertretungsordnung 3. Personenauswahl 12 12 13 14 VI. Wirksamkeit 1. Wirksamkeit des Bestellungsbeschlusses 2. Amtsantritt durch Annahme 14 14 15 6 7 II VII. Stellung und Aufgaben des Ernannten 1. Vertretungsbefugnisse 2. Satzungsordnung sowie Organstellung 3. Vergütungs- oder Aufwendungsersatzanspruch a.) Vergütungsanspruch b.) Aufwendungsersatzanspruch 15 15 16 16 16 17 VII. Rechtsbehelfe 1. Rechtsbehelfe bei Ablehnung eines Notvorstandes 2. Rechtsbehelfe gegen die Bestellung 3. Rechtsbehelfe gegen die Abberufung sowie die Ablehnung der Abberufung 17 17 17 XI. Registereintragungen 18 X. Ende des Amtes 1. Wegfall des Bestellungsgrundes a.) nichtbefristete Amtsdauer des Notvorstandes b.) befristete Amtsdauer des Notvorstandes c.) Rechtsstreit über die Beendigung des Notvorstandsamtes 2. Abberufung durch das Gericht 3. Amtsniederlegung 18 18 18 19 18 19 19 20 C. Schluss 21 D. Eidesstattliche Erklärung 23 III Literaturverzeichnis: Monographien/ Kommentare/ Aufsätze/ Internetquellen: Bamberger/Roth: BGB Bürgerliches Gesetzbuch, hrsg. v. Heinz Georg Bamberger u. Herbert Roth, Band I, 3. Auflage, 2012 (zit.: BaRo/Bearbeiter, §, Rn.) Baumbach, Adolf /Lauterbach, Wolfgang/ Albers, Jan/Hartmann, Peter: Zivilprozessordnung, begründet von Adolf Baumbach, nun fortgeführt von Peter Hartmann, 74. Auflage, 2015 (zit.: BLAH/ ZPO, § ) Burhoff, Detlef: Vereinsrecht, 9. Auflage, 2014 Erman: BGB Kommentar, hrsg. v. Harm Peter Westermann, Barbara Grunewald, Georg Maier-Reimer, 14. Auflage, 2014 Hahn, Dittmar: Bestellung eines Notvorstandes für politische Parteien nach § 29 BGB, NJW 1973, 2012- 2014 Jauernig, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. v. Othmar Jauernig, 15. Auflage, 2013 (zit.: Jauernig/Bearbeiter, § ,Rn.) Juris: Kommentar zum Allgemeinen Teil des BGB, Band 1, hrsg. v. Klaus Vieweg, 5. Auflage, 2010 Münchener Kommentar zum Allgemeinen Teil des BGB, 6. Auflage, 2012, hrsg. v. Franz Jürgen Säcker u. Roland Rixecker, (zit.: MüKo/Bearbeiter, §, Rn.) Nomos: BGB Allgemeiner Teil, 2. Auflage, 2012, hrsg. v. Barbara Dauner-Lieb, Thomas Heidel u. Gerhard Ring, (zit.: Nomos/ Bearbeiter, § , Rn.) IV Nomos: Freiwillige Gerichtsbarkeit, hrsg. v. Andreas Jurgeleit, 1. Auflage, 2010. (zit.: FG/Bearbeiter, §, Rn.) Palandt: Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 74. Auflage, 2015 (zit.: Palandt/Bearbeiter, §, Rn.) BGB Kommentar, hrsg. v. Prütting, Hanns/ Wegen, Gerhard/ Weinreich, Gerd, 9. Auflage, 2014 (zit.: BGB/Schöpflin, §, Rn.) Reichert, Bernhard: Vereins- und Verbandsrecht, 12. Auflage, 2009 Sauter, Eugen/ Schweyer, Gerhard/ Waldner, Wolfram: Der eingetragene Verein, 19. Auflage, 2010. (zit.: SSW, Rn.) Schneider, Süddeutsche Zeitung: Die Wahlen werden schon kommen, natürlich (zuletzt besucht am 06.04.2015), http://www.sueddeutsche.de/sport/praesidium-destsv-muenchen-die-wahlen-werden-schon-kommen-natuerlich-1.2131704 Soergel, Band 1, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, 13. Auflage, 2000 Stöber, Kurt: Handbuch zum Vereinsrecht, 10. Auflage, 2012 „Unbekannter Verfasser“, Die Welt: Die Welt, Vereinsspitze des TSV 1860 München bleibt als Notvorstand im Amt (zuletzt besucht am 06.04.2015), http://www.welt.de/regionales/bayern/article132302665/Vereinsspitze-des-TSV-1860Muenchen-bleibt-als-Notvorstand-im-Amt.html V Der Notvorstand im Recht des eingetragenen Vereins A. Einleitung: „1860 schafft Klarheit.“ So lautete die durchaus überraschende Pressemitteilung des TSV 1860 München am 16. September 2014. Das Registergericht München hatte soeben der Entscheidung des Vereins zugestimmt, den gegenwärtigen Vorstand um die Person Gerhard Mayrhofer zu einem Notvorstand umzufunktionieren. Notwendig war die Maßnahme aus Sicht der Vereinsvertreter geworden, weil der klagende Helmut Kirkmaier zuletzt am Landgericht München in Teilen Recht erhalten hatte, wonach alle am 14. Juli 2013 auf der Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse für nichtig erklärt worden waren. Also auch die Wahl des Präsidiums Mayrhofer.1 Mit der Entscheidung des Registergerichts sei nur gesichert, dass Mayrhofer und Schmidt alle formalen Schritte in die Wege leiten könnten, die wegen der Kirkmaier-Klage notwendig seien, erklärte der TSV. Wie lange der Notvorstand im Amt bleiben soll, wollte der Verein noch nicht bekanntgeben“.2 Wie aus diesen Zeitungsauschnitten „Der Welt“, sowie der „Süddeutschen Zeitung“ zu entnehmen ist wurde dem Fußballverein TSV 1860 München aufgrund der Tatsache, dass kein handlungsfähiger Vorstand vorhanden war, ein Notvorstand bestellt. Doch was genau ist ein Notvorstand? Warum wird dieser bestellt? Und von wem und unter welchen Voraussetzungen wird der Notvorstand eingesetzt? Gibt es für eine Bestellung eine gesetzliche Norm? Den Ausschnitten ist zudem zu entnehmen, dass der Notvorstand um die Person von Mayerhofer nun alle formalen Wege einleiten könne, die aufgrund der Klage notwendig geworden sind. Aber welche Wege sind hiermit gemeint? Es drängt sich die Frage auf, zu welcher Aufgabe ein Notvorstand berufen wird? Laut einer Pressemitteilung, welche in Folge des Urteilspruchs abgehalten wurde, möchte der Anwalt von Herrn Kirkmaier gegen die Einsetzung des Notvorstands eine 1 Schneider, Die Wahlen werden schon kommen, natürlich (zuletzt besucht am 06.04.2015), http://www.sueddeutsche.de/sport/praesidium-des-tsv-muenchen-die-wahlen-werden-schon-kommennatuerlich-1.2131704. 2 Die Welt, Vereinsspitze des TSV 1860 München bleibt als Notvorstand im Amt (zuletzt besucht am 06.04.2015), http://www.welt.de/regionales/bayern/article132302665/Vereinsspitze-des-TSV-1860Muenchen-bleibt-als-Notvorstand-im-Amt.html. 1 "sofortige Beschwerde" eingelegen. „Allein deshalb“, so der Anwalt, „weil sein Mandant als Prozessbeteiligter nicht angehört worden sei“.3 Demzufolge stellt sich die Frage, ob es gegen eine Bestellung Rechtsmittel gibt, womit sich der Verein oder eine Berechtigte Person wehren kann? Aber wie und unter welchen Voraussetzungen sind diese zulässig? Auf all diese offenen Fragen soll im Folgenden eingegangen werden, um dem Leser „den Notvorstand im Recht des eingetragenen Vereins“ näher zu bringen. B. Hauptteil: I. Grundlagen 1. Vorstand Zunächst einmal gilt es zu erläutern, wieso ein Verein auf einen wirksamen und handlungsfähigen Vorstand angewiesen ist und weshalb das Gesetz, um eine „vorstandslose“ Zeit zu überbrücken, den sogenannten Notvorstand vorsieht. Zu beachten ist, dass der Verein als Körperschaft selbst handlungsunfähig ist und daher auf eine Organisation angewiesen ist, die für jedes nach außen wirkende rechtsgeschäftliche Handeln in seinem Namen sorgt.4 Er bedarf daher natürlicher Personen, die für ihn in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung den Kontakt zur Umwelt herstellen und deren Handlungen sowie Willensäußerungen als solche des Vereins zu erkennen sind.5 Ohne diese Vertretungsorgane kann der Verein nicht am Rechtsverkehr teilnehmen, weshalb ein handlungsfähiger Vorstand für den Verein absolut notwendig ist. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BGB muss der Verein daher einen Vorstand haben, welcher ihn in gerichtlichen sowie außergerichtlichen Angelegenheiten vertritt (§ 26 Abs. 2 Satz 1 BGB).6 3 Schneider, Die Wahlen werden schon kommen, natürlich (zuletzt besucht am 06.04.2015), http://www.sueddeutsche.de/sport/praesidium-des-tsv-muenchen-die-wahlen-werden-schon-kommennatuerlich-1.2131704. 4 SSW, Rn.224; Reichert, Rn.2059. 5 SSW, Rn.224; Reichert, Rn.2059. 6 Burhoff, Rn.437; SSW, Rn.224. 2 2. Fehlen des Vorstandes Fehlt es nun an diesem Vertretungsorgan und der Verein kann demnach nicht in vollständiger Art und Weise am Rechtsverkehr teilnehmen, bedarf es einer gesetzlichen Vorsorge, um die Handlungsfähigkeit des Vereins zu wahren. Daher folgt in diesem Fall nach § 29 BGB die vorübergehende Bestellung eines Vorstandes durch das Gericht.7 II. Rechtsgrundlage und Anwendungsbereich Die gerichtliche Bestellung eines Notvorstandes richtet sich nach § 29 BGB. Diese Vorschrift erstreckt sich auf den rechtsfähigen Verein, welcher seine Rechtsfähigkeit kraft der Eintragung in das Vereinsregister erhält. Beim anfangs thematisierten TSV 1860 München e.V. handelt es sich um einen rechtsfähigen Verein, dessen Gründungsdatum sich auf den 17.5.1860 beläuft. Die Norm des § 29 BGB ist demnach auf ihn anwendbar. III. Bestellungsvoraussetzungen Ist der Verein nun zumindest vorübergehend ohne Vorstand und kann aufgrund der fehlenden Vertretungsorgane nicht vollständig am Rechtsverkehr teilnehmen, hat das Gesetz vorgesorgt. Damit das Gericht dem vertretungslosen Verein Hilfestellung leisten kann um die erforderlichen Mitglieder des Vorstandes in Form eines Notvorstandes zu bestellen, müssen die dafür notwenigen Voraussetzungen im Sinne des § 29 BGB vorliegen. 1. Bestellvoraussetzungen a.) Fehlen der erforderlichen Vorstandsmitglieder Um eine gerichtliche Bestellung überhaupt zu ermöglichen, müsste der Verein ohne die Bestellung vertretungslos sein.8 Sie kommt daher nicht in Betracht, wenn 7 8 Juris/Otto, § 29, Rn.1; SSW, Rn293. Juris/Otto, § 29 Rn.5. 3 ausreichend andere vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder im Amt sind. 9 Eine Bestellung kann folglich nur dann erfolgen, wenn zumindest ein nach der Satzung für die Beschlussfassung oder Vertretung erforderliches Vorstandsmitglied aus dem Vorstand ausgeschieden oder aus tatsächlichen beziehungsweise rechtlichen Gründen an der Amtsausübung gehindert ist.10 Die Verhinderung der Amtsausübung kann aufgrund Todes, Geschäftsunfähigkeit, Absetzung, Amtsniederlegung, Amtsablauf, Rücktrittes sowie längerer Krankheit vorliegen.11 Eine vorübergehende rechtliche Verhinderung ist in Einzelfällen möglich, genannt werden sollte hier ein nach § 34 BGB vorliegender Stimmrechtsausschluss oder eine vorübergehende rechtliche Verhinderung im Falle des Verbots des In-sich-Geschäfts nach § 181 BGB.12 Die Voraussetzung im Sinne des § 29 BGB ist zudem erfüllt, wenn ein unentbehrliches Vorstandsmitglied sich grundsätzlich weigert, jeglicher Geschäftsführung nachzugehen.13 Bleibt der Vorstand jedoch nur in einigen Angelegenheiten untätig oder treten Differenzen zwischen den rivalisierenden Vorständen auf ist das zuständige Gericht nicht zur „Streitschlichtung“ verpflichtet.14 Es liegt in diesem Falle an dem Verein selbst, sich durch seine satzungsmäßigen Mittel (evtl. Ab- und Neuwahlen) zu helfen. Eine Bestellvoraussetzung kann jedoch angenommen werden, wenn sich die in verschiedenen Mitgliederversammlungen gewählten Vorstände gegenseitig bei der Amtsführung blockieren und die Außenvertretung des Vereins gegenüber seinen Gläubigern sichergestellt werden muss. So heißt es in einem Beschluss des OLG Köln vom 22.07.2002: „Zwar begründet allein der Streit der Vereinsmitglieder über die Person des zu bestellenden Vorstandes oder Differenzen innerhalb des Vereinsvorstandes oder zwischen dem Vorstand und einem Teil der Vereinsmitglieder noch nicht das Einschreiten des jeweiligen Registergerichts für die Bestellung eines Notgeschäftsführers. Wenn indes infolge von Amtsniederlegungen bzw. Amtsenthebung die Rechtslage für die Beteiligten verworren erscheint und die Rechtswirksamkeit von Vorstandswahlen eines Vorstandes von vielen zweifelhaften Umständen abhängt, weil zwei in verschiedenen Mitgliederversammlungen des Vereins gewählte Vorstände miteinander rivalisieren, kann ausnahmsweise bis zur verbindlichen Klärung der Rechtsstellung der Vorstände ein Notvorstand bestellt 9 Juris/Otto, § 29 Rn.5. Reichert, Rn.2165; MüKo/Reuter, § 29, Rn.8; Hahn, NJW, 1973, 2012; SSW, Rn.293. 11 Palandt/Ellenberger, § 29 Rn.2; MüKo/Reuter, § 29, Rn.8, Reichert, Rn. 2165. 12 OLG Schleswig Rpfleger 2013 S.272; Reichert, Rn.2165; Burhoff, Rn.606. 13 OLG Schleswig Rpfleger 2013 S.272; SSW, Rn.293; MüKo/Reuter, § 29 Rn.9. 14 OLG Düsseldorf NZG 2012 S.272; MüKo/Reuter, § 29, Rn.9; Burhoff, Rn.606. 10 4 werden, um so eine weitere Handlungsfähigkeit des Vereins zu gewährleisten.“15 Eine gerichtliche Bestellung kann also nur dann angenommen werden, wenn überhaupt kein Vorstand vorhanden ist, oder wenn es an der für die Gesamtvertretung erforderlichen Zahl an Vorstandsmitgliedern fehlt oder eine Beschlussfassung aufgrund des Fehlens eines Vorstandsmitglieds nicht mehr möglich ist. 16 In den Fällen, in denen die Bestellung eines gesamtvertretungsberechtigten Notvorstandes in Verbindung mit einem noch handlungsfähigen gesamtvertretungsberechtigten Vorstandsmitglied die Vertretung des Vereins sichert, scheidet die Bestellung eines alleinvertretungsberechtigten Notvorstandes aus.17 Auch im Fall der Bestellung des Notvorstandes beim TSV 1860 München scheint diese notwendige Voraussetzung vorzuliegen. Aufgrund der Nichtigkeit der Vorstandswahl hatte der Verein keinen rechtmäßigen Vorstand, was eine Beschlussfassung unmöglich machte. b.) Dringender Fall Neben der Vertretungslosigkeit des Vereins muss zudem eine weitere Voraussetzung gegeben sein, um eine Notbestellung durch das Gericht zu ermöglichen. Man spricht von einem „dringenden Fall“, der daher notwendig ist, da das Gericht im Falle einer Notbestellung in die Bestellungskompetenz des eigentlich hierfür zuständigen Vereinsorgans eingreift.18 Um diese „Überschreitung“ des Kompetenzbereiches zu rechtfertigen, ist dieser Eingriff daher nur in „dringenden Fällen“ zulässig. Ein „dringender Fall“ ist gegeben, wenn die Bestellung des Notvorstandes notwendiges Mittel zur Abwehr von Schäden für den Verein oder andere Beteiligte ist.19 Der bezeichnete Schaden muss nicht in einem Vermögenschaden bestehen, darunter ist vielmehr eine rechtliche oder faktische Beeinträchtigung von Rechtspositionen zu verstehen.20 Diese Beeinträchtigung kann beispielsweise in den Fällen angenommen werden, in denen der Verein aufgrund des fehlenden Vorstandes seinen sportlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten nicht mehr nachkommen kann.21 Ein dringender Fall kann aber auch dann angenommen werden, wenn eine sogenannte 15 OLG Köln FG Prax 2002, 264. Reichert, Rn.2168. 17 Reichert, Rn.2168. 18 Reichert, Rn.2169. 19 MüKo/Reuter,§ 29, Rn.11; Palandt/Ellenberger, § 29, Rn.3; SSW, Rn.293, Stöber/Otto, Rn.527. 20 Juris/Otto, § 29, Rn.8; MüKo/Reuter, § 29, Rn.11; SSW, Rn.293. 21 Reichert, Rn.2169. 16 5 „Überbrückungsphase“ entgegengewirkt werden soll. Angenommen, der bisherige Vorstand ist infolge des Ablaufs seiner Amtszeit oder aus anderen Gründen nicht mehr im Amt und der Amtsantritt des neubestellten Vorstandes dauert noch an, so kann, wenn eine beschlossene Satzungsänderung dringend wirksam werden soll, ein „dringender Fall“ bejaht werden.22 Der Weg für eine Notbestellung durch das Gesetz wäre demnach geebnet. Interessant ist diese Voraussetzung auch in Bezug auf den Fall des TSV 1860 München. So hatte das OLG München der Einsetzung eines Notvorstandes zunächst widersprochen, da nur aufgrund der unwirksamen Vorstandswahl noch kein dringender Fall anzunehmen sei.23 aa.) Zurückgetretene, aber noch im Vereinsregister geführte Vorstandsmitglieder Fraglich ist, ob ein dringender Fall anzunehmen ist, wenn bisherige Vorstandsmitglieder zurückgetreten sind, jedoch noch im Vereinsregister aufgeführt werden. Dieses Bespiel geht auf einen Fall aus dem Jahr 1985 zurück, in dem der Antragsteller die Bestellung eines Notvorstandes für die „Freie- EvangelischLutherische Matthäus Gemeinde Memmingen e.V.“ erstrebte. Vorinstanzen lehnten den Antrag nach § 29 BGB ab, da die notwendige Mitgliederversammlung durch die noch im Vereinsregister eingetragenen Vorstandsmitglieder vollzogen werden könne.24 Auch das Bayrische Oberlandesgericht stimmte der vorinstanzlichen Ablehnung zu, wie aus dem Beschluss vom 17.01.1985 hervorgeht: Der Vorstand sei handlungs- und beschlussunfähig geworden, da (mindestens) vier seiner Mitglieder zurückgetreten seien. Für die Bestellung eines Notvorstands fehle es aber an der weiteren Voraussetzung des § 29 BGB, dass ein „dringender Fall” vorliege, für den die fehlenden Vorstandsmitglieder ersetzt werden müssten. Dringlich sei nur die Einberufung einer Mitgliederversammlung. Dies aber könne in Anwendung eines allgemeinen Grundsatzes, der in § 121 II AktG zum Ausdruck gekommen sei, durch die bisherigen, noch eingetragenen Vorstandsmitgliedern geschehen. Für das Recht des eingetragenen Vereins wie für das Recht anderer körperschaftlich organisierter Verbände des Privatrechts ist der Grundsatz allgemein anerkannt, dass Personen, die als Vorstand im Vereinsregister eingetragen sind, in jedem Fall als zur Einberufung 22 SSW, Rn.293. Schneider, Die Wahlen werden schon kommen, natürlich (zuletzt besucht am 06.04.2015), http://www.sueddeutsche.de/sport/praesidium-des-tsv-muenchen-die-wahlen-werden-schon-kommennatuerlich-1.2131704. 24 BayObLGZ 1985, 496. 23 6 der Mitgliederversammlung befugt gelten.25 Demnach ist ein dringender Fall zu vereinen, wenn es im Einzelfall zur Behebung der vom Antragsteller geltend gemachten Notlage genügt, dass in entsprechender Anwendung des § 121 II S. 2 AktG die Mitgliederversammlung einberufen werden kann.26 bb.) Prozesspfleger nach § 57 ZPO Eine andere Frage nach dem „dringenden Fall“ ergibt sich in Betrachtung einer im Prozess möglichen Bestellung eines sogenannten Prozesspflegers. Wird ein vorstandsloser, handlungsunfähiger Verein von einem Gläubiger verklagt, sollte eine Notbestellung durch das Gericht nach den oben aufgeführten Kriterien unstrittig vorliegen. Es mangelt weder an der Vertretungslosigkeit noch – aufgrund der Klage – an einem dringenden Fall. Etwas anderes ergibt sich jedoch, wenn das Gericht dem handlungsunfähigen Verein im Falle eines Prozesses einen Prozesspfleger nach §57 ZPO bestellt.27 Als Prozesspfleger wird jemand bezeichnet, der für eine verklagte prozessunfähige Partei, die ohne gesetzliche Vertretung ist, die Prozessführung übernimmt.28 Umstritten ist nun, ob in einem solchen Fall § 57 ZPO den Weg über § 29 BGB ausschließt. Eine Meinung verneint dies unter Hinweis auf das Wesen der juristischen Person.29 Die Möglichkeit der Bestellung eines Prozesspflegers nach § 57 ZPO schließt die eines Notgeschäftsführers nach § 29 nicht aus, da § 57 ZPO gegenüber § 29 BGB subsidiär ist.30 Eine andere Ansicht teilt diese Meinung nicht und präferiert § 57 ZPO. Hauptargument ist, dass sich § 57 ZPO weniger einschneidend „verhalte“.31 Die Bestellung eines Prozesspflegers gem. § 57 ZPO ist gegenüber der Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 59 BGG der erheblich einfachere und in der Sache auch angemessene Weg, weil die Bestellung eines Prozesspflegers für die beklagte Partei weit weniger einschneidend ist als die gerichtliche Bestellung eines Vertretungsorgans. Während die Legitimation eines Prozesspflegers nach § 57 ZPO auf den Rechtsstreit begrenzt ist, greift die Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 29 BGB in die originären statuarischen und normativen Bereiche der beklagten Partei 25 BayObLGZ 1985, 496. SSW, Rn.293; Soergel/Hadding, § 29, Rn.7. 27 Reichert, Rn.2169; SSW, Rn.293. 28 BLAH/ZPO, § 57. 29 MüKo/Reuter, § 29, Rn.11. 30 BayObLGZ 1998, 179, 184; Palandt/ Ellenberger, §29 Rn.3; MüKo/ Reuter, § 29, Rn.11. 31 BGB/Schöpflin, § 29, Rn.5. 26 7 ein.32 Vorzugswürdiger erscheint – im Falle eines Prozesse- die zweitgenannte Meinung, da sie im Falle eines Verfahrens den deutlich einfacheren Weg darstellt und für den beklagten Verein- aufgrund der begrenzten Legitimation den Prozesspflegers – einen erheblich geringeren Einschnitt darstellt. IV. Bestellungsverfahren 1. Antragsberechtigung Damit dem Verein ein handlungsfähiger Notvorstand bestellt werden kann, muss das jeweils zuständige Gericht tätig werden. Da das Gericht jedoch nur in ganz besonders gelagerten Fällen selbst zum Handeln befugt ist, ist ein Antrag eines Beteiligten vonnöten.33„Beteiligter“ und damit antragsberechtigt sind neben den übrigen Vorstandspersonen und den Vereinsmitgliedern, Gläubiger des Vereins sowie jeder, der gegen den Verein ein Recht verfolgt.34 Damit ein Vereinsmitglied einen wirksamen Antrag abgeben kann, müssen die Rechte des Antragstellers unmittelbar verletzt sein.35 Eine Verletzung ist dann nicht mehr gegeben, wenn das Vereinsmitglied seine Mitgliedschaft und demnach auch seine Antragsbefugnis verliert. 36 Wenn die Bestellung des Notvorstandes zur Klärung der Mitgliedschaft maßgeblich beiträgt, ist dem jedoch nicht so. „Ein "Ruhen" der Mitgliedschaft beseitigt die Antragsberechtigung eines Vereinsmitglieds für die gerichtliche Bestellung eines Notvorstandes ebenso wenig wie die materielle Beschwerdebefugnis des Vereinsmitgliedes, solange die Bestellung des Notvorstands gerade darauf abzielt, Verhältnisse zu schaffen, die es erlauben, die fraglich gewordene Stellung als Mitglied in einer vom Notvorstand einzuberufenden Mitgliederversammlung zu klären“.37 In Fällen, in denen einzelne Vorstandsmitglieder noch im Amt sind besteht keine gesetzliche Pflicht, die gerichtliche Ergänzung des Vorstandes zu beantragen. Ergibt sich diese Pflicht aus der Geschäftsführung, könnte eine Vernachlässigung dieser zu Schadensersatzansprüchen führen.38 32 OLG München- 7 W 1719/07 ; NZG, 2008, 160. Juris/Otto, § 29, Rn.9; MüKo/Reuter, § 29, Rn.13; SSW, Rn.294; Stöber/Otto, Rn.528. 34 MüKo/Reuter, § 29, Rn.13; BaRo/Schöpflin, § 29, Rn.7; SSW, Rn.294. 35 Juris/Otto, § 29, Rn.9. 36 MüKo/Reuter, § 29, Rn.13; Palandt/Ellenberger, § 29.Rn.4; SSW, Rn.294. 37 OLG Düseldorf NZG 2012, 272; Burhoff, Rn.609. 38 SSW, Rn. 294. 33 8 2. Einreichung Ist der Beteiligte nun antragsberechtigt, kann er diesen Antrag beim zuständigen Gericht formfrei nach § 23 I FamFG einreichen. Dieser ist schriftlich oder zu Protokoll abzugeben und von dem Antragsteller oder einem Bevollmächtigten zu unterschreiben.39 Es steht dem Antragsteller des Weiteren frei, bestimmte Personen als Notvorstandsmitglieder vorzuschlagen, jedoch ist das Gericht bei seiner Entscheidung nicht an diese Vorschläge gebunden. Es kann sie aber berücksichtigen.40 3. Amtswegiges Verfahren Wie bereits erläutert, kann das Gericht nur auf Antragstellung tätig werden und insbesondere nicht selbständig einen Notvorstand bestellen. Davon kann jedoch in Ausnahmefällen abgewichen werden. Es handelt sich um eine sogenannte Notbestellung von Amts wegen, wenn die Amtszeit des im Vereinsregister eingetragenen Vorstands seit langem abgelaufen ist, und eine Neubestellung durch das zuständige Vereinsorgan nicht zustande kommt. So kann – wenn mit Sicherheit von keinem Beteiligten ein dahingehender Antrag zu erwarten ist – von Amts wegen ein Notvorstand zur Anmeldung des Ausscheidens des eingetragenen Vorstands bestellt werden.41 Zum anderen kann eine Bestellung von Amts wegen begründet sein, wenn dem Verein die Rechtsfähigkeit entzogen werden soll, die Zahl der Mitglieder unter drei herabgesunken ist (§ 73 BGB), und wenn ein Vorstand fehlt.42 Bei Vorlage der oben genannten Möglichkeiten ist auch ein Verfahren von Amts wegen möglich. 39 SSW, Rn.294; Reichert, Rn. 2160. SSW, Rn.294 Reichert, Rn. 2179. 41 BayObLG NJW-RR 1989, 765; MüKo/Reuter, § 29, Rn.14. Reichert, Rn. 2178. 42 Reichert, Rn.2178. 40 9 4. Zuständiges Gericht a.) Zuständigkeit für Antragsbearbeitung Der vom Antragsberechtigten abgegebene Antrag müsste nun beim zuständigen Gericht eingereicht werden. Zuständig für die gerichtliche Vorstandsbestellung ist das Amtsgericht, das für den Bezirk, in dem der Verein seinen Sitz hat, das Vereinsregister führt.43 Funktionell zuständig ist nach § 3 I Nr.1a RPflG der Rechtspfleger.44 Zu beachten gilt zudem, dass das Amtsgericht nicht als Registergericht, sondern als Abteilung Freiwillige Gerichtsbarkeit tätig wird.45 b.) Zuständigkeit für Vergütungsstreitigkeiten Umstritten ist, ob das für den Antrag zuständige Amtsgericht auch in Streitfällen um die Vergütung entscheidungsberechtigt ist. Eine Meinung verneint dies und sieht aufgrund des privatrechtlichen Rechtsverhältnisses eine Zuständigkeit bei dem Prozessgericht.46 Eine andere Meinung spricht jedoch auch dem für die Bearbeitung des Antrags zuständigen Amtsgerichts eine Zuständigkeit zu. Begründet wird dies mit der Einfachheit sowie dem Sachzusammenhang für die Zuständigkeit des Registergerichts, zumal dessen Entscheidung auch der Beschwerde unterliegt. 47 Vorzugswürdiger erscheint die zweitgenannte Meinung aufgrund der Einfachheit und des Sachzusammenhanges, die durch die Prüfung des Antrags sowie etwaiger Beschwerden gegeben sind. 5. Mögliche Beteiligungen oder Anhörungen Besitzt der Verein noch ein vertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied, so ist dieses am Bestellungsverfahren zu beteiligen.48 Sonstige vorhandene Vorstandsmitglieder des eingetragenen Vereins sowie andere Beteiligte sind gegebenenfalls gemäß §§26 FGG- RG anzuhören.49 Das Gericht kann darüber entscheiden Vereinsmitglieder mit in die Anhörung einzubeziehen, was jedoch nicht verpflichtend ist. 50 Droht einem Verein mit einem bedeutenden wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ein 43 Palandt/Ellenberger, § 29, Rn.5; SSW, Rn. 294; BGB/Schöpflin, § 29, Rn.1. Reichert, Rn.2176; Palandt/Ellenberger, § 29, Rn.5; Jauernig/Jauernig, § 29, Rn.3. 45 Reichert, Rn.2177. 46 Bay ObLG NJW- RR 88, 1500; Juris/Otto, § 29, Rn.4; BGB/Schöpflin, § 29, Rn.7. 47 BGB/Schöpflin, § 29, Rn.7; SSW, Rn.301. 48 Reichert, Rn.2182. 49 Reichert, Rn.2182; Juris/Otto, § 29, Rn. 11; Nomos/ Heidel, Lochner, § 29, Rn.6. 50 Reichert, Rn.2184. 44 10 Insolvenzverfahren, kann für das Verfahren der Insolvenzverwalter herangezogen werden, zumindest sei er anzuhören.51 Der Anwalt von Herrn Kirkmaier kündigte an, aufgrund der Tatsache, dass sein Mandant als Beteiligter nicht angehört wurde, gegen die Entscheidung des Registergerichts vorzugehen. Wie bereits dargestellt, ist das Gericht befugt, Beteiligte anzuhören, was in der Person des Helmut Kirkmaier durchaus sinnvoll erschien. So ist der ganze Rechtsstreit, welcher letztendlich zu der Bestellung des Notvorstandes führte, auf seine Klage zurückzuführen. Eine Anhörung seinerseits erschien daher durchaus angebracht. 6. Antragsprüfungen des Gerichts a.) „Vorprüfungen“ des Antrags Ist der Antrag nun beim Gericht eingegangen, unternimmt dies zunächst einige notwendige Prüfungen. Diese beziehen sich neben der eigenen Zuständigkeit vor allem auf die ordnungsgemäße Abgabe des Antrags.52 Zu beachten gilt aber auch, ob die Bestellung eines Notvorstandes überhaupt erforderlich ist. Wie sich aus einem Urteil des Bayrischen Oberlandesgerichts vom 14.9.1999 ergibt, fehlt es an einer solchen Erforderlichkeit, wenn die Abberufung des bisherigen Vorstands unwirksam ist.53 Das Gericht kann zudem – bei offensichtlichen Anhaltspunkten – der Frage nachgehen, ob der im Antrag genannte Verein überhaupt noch existiert.54 b). Mögliche Ablehnungsgründe Ist das Gericht jedoch nicht verpflichtet dem Antrag stattzugeben, so kann es, sollte keine zur Übernahme des Amtes geeignete Person ersichtlich sein, den Antrag ablehnen.55 Wenn bereits aus dem Antrag hervorgeht, dass nur eine bestimmte Person für die Notbestellung in Frage kommt, so ist das Gericht befugt, dem Antrag als ganzen stattzugeben oder ihn abzulehnen.56 Eine mögliche Ablehnung des Antrags kann sich auch aus der Tatsache ergeben, dass der zu vertretende Verein dem Anspruch des Notvorstandes auf Vergütung nicht nachkommen kann. So kann das Gericht den Verein zwar durch einen Kostenvorschuss57 oder durch eine vertragliche 51 Reichert, Rn.2184; Juris/Otto, § 29, Rn.11. Reichert, Rn.2186. 53 BayOBLG ZIP 1999, 1845; Reichert, Rn.2186. 54 Reichert, Rn.2168. 55 Nomos/Heidel, Lochner, § 29, Rn.6; Palandt/Ellenberger, § 29. Rn.5. 56 Juris/Otto, § 29, Rn.11; BayObLG Rpfl. 1983, 74. 57 BayObLGZ 1996, 129/132; Reichert, Rn.2190. 52 11 Bindung zur Erfüllung des Anspruchs drängen, findet sich jedoch aufgrund der nicht gesicherten Vergütung keine geeignete Person, ist auch in diesem Falle der Antrag abzulehnen.58 c.) Fazit Das Gericht ist demnach befugt, einige Voraussetzungen des Antrags zu prüfen und diesen bei Verstoß oder Missachtung abzulehnen. Jedoch ist es dem Gericht strikt untersagt, im Falle einiger schwieriger Rechtsfragen in Bezug auf die Bestellung des Notvorstandes das Verfahren auszusetzen, um gegebenenfalls eine streitgerichtliche Klärung über die offenen Rechtsfragen zu erzielen.59 V. Bestellungsbeschluss 1. Beachtung der statuarischen Ordnung Ist der eingereichte Antrag nun beim zuständigen Gericht eingetroffen und wurde für zulässig sowie begründet erklärt, ist das Gericht nach § 29 BGB verpflichtet, dem Verein einen Notvorstand zu bestellen. Die Entscheidung über den Antrag des Notvorstandes erfolgt durch Beschluss des Gerichtes, welcher zu begründen ist.60 Da es sich bei der gerichtlichen Bestellung um eine rechtsgestaltende Verfügung handelt61, mit der in die Bestellungszuständigkeit der Mitgliederversammlung eingegriffen wird, muss das Gericht – in Anlehnung an das Übermaßgebot – die Notbestellung möglichst an die satzungsgemäßen Anforderungen anpassen.62 Diese richten sich zum Beispiel danach, dass der für das Amt des Notvorstandes Bestellte dieselben Qualifikationen nachweisen sollte, welche der vorherige Vorstand auch innehatte.63 Des Weiteren sind in dem Falle, in dem die Satzung einen mehrgliedrigen Vorstand vorsieht, nur so viele Vorstandsmitglieder einzusetzen, wie es an der zur Beschlussfassung oder Vertretung erforderlichen Anzahl fehlt.64 Eine mögliche Abweichung der Vertretungsordnung kann zum Beispiel in dem Falle gegeben sein, 58 Reichert, Rn.2190. Reichert, Rn.2188. 60 MüKo/Reuter, § 29, Rn.15. 61 Reichert, Rn.2191. 62MüKo/Reuter, § 29, Rn.18; Juris/Otto, § 29, Rn.11; Reichert, Rn.2191. 63 BaRo/ Schöpflin, § 29, Rn.10; Reichert,Rn.2191. 64 MüKo/Reuter, § 29, Rn.18; Reichert, Rn.2191. 59 12 wenn die Satzung zwar ein Vereinsmitglied als Vorstandsmitglied vorschreibt, für das Amt des Notvorstandes sich jedoch keines finden lässt.65 Die gerichtliche Bestellung des Notvorstandes sollte sich in einem für den Verein „vertretbaren“ Rahmen bewegen. Grundsätzlich darf daher eine Bestellung von Notvertretern nur insoweit vorgenommen werden, als diese zur Behebung des Vakuums erforderlich ist,66 da die Verfügung des Gerichts einen wesentlichen Eingriff in das Bestellungsrecht des zuständigen Vereinsorgans darstellt.67 So liegt es nahe, die gesetzliche Vertretung auf Zeit zu befristen oder so zu beschränken, dass nur die Einberufung oder Leitung der nächsten Mitgliederversammlung mit dem Ziel einer Vorstandsneuwahl möglich ist.68 Hierbei empfiehlt sich eine befristete Bestellung, denn dadurch kann auf den Notvorstand der gebotene Druck ausgeübt werden, um das Erforderliche innerhalb einer Frist zu veranlassen.69 2. Vertretungsordnung Zudem sollte das Gericht bei der Bestellung die statuarische Vertretungsordnung des jeweiligen Vereins beachten.70 Eine Entscheidung des OLG Köln aus dem Jahre 2002 zeigt, dass davon jedoch abgewichen werden kann. In dem am 22. Juli 2002 gefällten Urteil heißt es: „Es steht auf Grund der verschiedenen Neuwahlen, der bestehenden Differenzen zwischen den Vorstandsmitgliedern, der widersprechenden Anmeldungen zum Vereinsregister und der eingeleiteten Vereinsausschlussverfahren derzeit nicht fest, ob überhaupt noch ein ordnungsgemäß bestelltes Vorstandsmitglied vorhanden ist. In dieser besonderen Situation darf das Registergericht auch einen Notvorstand berufen, der die Befugnis hat, den Verein allein zu vertreten. Die Rechtsmacht des Registergerichts, einen Notvorstand zu bestellen, schließt auch ein, in Abweichung der Satzungsbestimmungen einem Vorstand Einzelvertretungsbefugnis zu erteilen.“71 65 Reichert, Rn.2191; Stöber, Rn 532. OLG Köln FG PRax. 2002, 264. 67 SSW, Rn.297; Reichert; Rn.2192; Nomos/ Heidel, Lochner, § 29, Rn.7. 68 SSW, Rn.298; Reichert, Rn.2192; Stöber, Rn.533. 69 SSW, Rn.298. 70 Reichert, Rn.2193. 71 OLG Köln FG Prax. 2002, 264. 66 13 3. Personenauswahl Bei der Auswahl der Personen bestimmt das Gericht frei und handelt nach eigenem Ermessen.72 Jedoch sollte ein möglicher Interessenwiderstreit vermieden werden.73 Der Beschluss des Gerichts ist zu begründen, um den Beteiligten die Erwägungen, speziell die Auswahl des Vorstandes, näher zu bringen. 74 Um Unklarheiten über die Geschäftsführungsbefugnisse vorzubeugen, sollten die gerichtlich bestellten Vorstandsmitglieder korrekt bezeichnet werden.75 Die Personenwahl für das Notvorstandsamt, welches das Gericht im Falle des thematisierten TSV 1860 München getroffen hat, konnte demnach nach eigenem Ermessen erfolgen. VI. Wirksamkeit 1. Wirksamkeit des Bestellungsbeschlusses Die Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Bestellungsbeschlusses sind umstritten. Es gilt, dass die Bestellung zumindest dann wirksam wird, wenn der Beteiligte sowie der Antragsteller davon Kenntnis erlangen.76 Als „Beteiligter“ versteht man die Person, auf deren Rechtsstellung der Beschluss unmittelbar einwirkt. Es ist ebenfalls umstritten, ob der Beschluss mit der Bekanntgabe an den Antragsteller, an den Notvorstand oder an beide wirksam wird.77 Der Bestellungsbeschluss verschafft dem Bestellten mit der Übertragung des Vorstandsamtes eine neue, mit Rechten und Pflichten verbundene Rechtsposition, womit es vorzugswürdiger erscheint, denjenigen als den Beteiligten anzusehen, den der Beschluss angeht.78 Das Problem wird demnach erst akut, wenn die Bekanntgabe an einen der beiden unterbleibt oder die Bekanntgaben zeitlich auseinander fallen.79 72 Nomos/Heidel, Lochner, §29, Rn.6; Reichert, Rn.2194; Stöber, Rn.532. Reichert, Rn.2194; Stöber, Rn.532. 74 Reichert, Rn.2197. 75 SSW, Rn.299. 76 FG/Jurgeleit, §1, Rn.401; MüKo/ Reuter, § 29, Rn.16; Reichert, Rn. 2198. 77 FG/Jurgeleit, §1, Rn. 401; SSW, Rn. 296. 78 SSW, Rn. 296. 79 SSW, Rn. 296. 73 14 2. Amtsantritt durch Annahme Ist der Bestellungsbeschluss nun wirksam geworden, heißt das im Umkehrschluss jedoch noch nicht, dass der Bestellte sein Amt unmittelbar antritt. Der Amtsantritt ist erst dann vollzogen, wenn der Bestellte sein Amt annimmt.80 Die gerichtliche Bestellung ist mit einer Vereinswahl vergleichbar, womit die Organstellung erst mit der Annahme erlangt wird.81 Diese braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden, sondern kann sich auch dadurch ausdrücken, dass der Bestellte seine Tätigkeiten als Vorstand aufnimmt.82 Eine Pflicht zu Annahme des Bestellten besteht nicht, es steht ihm daher frei, die Bestellung abzulehnen.83 Das Gericht sollte sich zuvor vergewissern, ob eine generelle Ablehnung der Bestellung vorausgeht, da eine Bestellung einer von vorneherein nicht zur Annahme gewillten Person fehlerhaft ist.84 VII. Stellung und Aufgaben des Ernannten 1. Vertretungsbefugnisse Liegt nun ein wirksamer Bestellungsbeschluss vor und die zur Vertretung bestimmte Person hat den Antrag angenommen, gilt es zu klären, welche Rechtsstellung dem Ernannten zuwächst. Dieser Umfang der Vertretungsmacht resultiert grundsätzlich aus dem Bestellungsbeschluss und gibt dem Eingesetzten meist alle Befugnisse, welche der fehlende Vorstand selbst innehatte.85 Diese Befugnis kann beschränkt sein. Wenn diese Beschränkung fehlt, unterscheidet sich der gerichtlich bestellte Vorstand vom satzungsgemäßen Berufenen nur insoweit, dass sein Amt bis zur Behebung des Mangels zeitlich begrenzt ist.86 Zu beachten gilt, dass die von dem Notvorstand vorgenommenen Willenserklärungen und Rechtshandlungen für den Verein auch dann gültig bleiben, wenn nachträglich die Rechtswidrigkeit seiner Bestellung feststeht.87 Der gerichtlich bestellte Vorstand ist aufgrund der Tatsache, dass er nach 80 SSW, Rn.296; Stöber, Rn.537; Juris/Otto, § 29, Rn.12. Reichert, Rn.2200. 82 SSW, Rn.296. 83 Stöber,Rn. 37; Reichert, Rn.2200. 84 SSW, Rn. 296. 85 MüKo/Reuter, § 29, Rn.18; Palandt/Ellenberger, § 29, Rn.7; Soergel/Hadding, § 29, Rn.13. 86 SSW, Rn. 297; Reichert, Rn. 2201. 87 Juris/Otto, § 29, Rn.13. 81 15 § 31 BGB eine Organperson darstellt, seinen anderen Organen gegenüber verantwortlich.88 2. Satzungsordnung sowie Organstellung Der gerichtlich bestellte Notvorstand verdrängt die satzungsgemäße Vertretungsordnung für die Dauer seiner Bestellung. Dies gilt vor allem, wenn nach der Vereinsordnung zwar ein mehrgliedriger Vorstand vorgesehen ist, das Gericht aber nur einen alleinvertretungsberechtigten Vorstand bestellt.89 Eine vom Gericht verliehene Organstellung verdrängt jedoch nicht eine vom Verein begründete Organstellung eines oder mehrerer Vorstandsmitglieder. Diese bestehen selbst dann fort, wenn die Eintragung von Vorstandsmitgliedern im Vereinsregister gelöscht worden sind.90 3. Vergütungs- oder Aufwendungsersatzanspruch a.) Vergütungsanspruch Ob dem Notvorstand für seine Zeit als Vertretungsorgan ein Vergütungsanspruch oder eventuell ein Aufwendungsersatzanspruch erwächst, muss nach verschiedenen Anhaltspunkten erläutert werden. Zunächst einmal gilt es zwischen der Organstellung des Notvorstandes durch den Staatsakt und dem schuldrechtlichen Anstellungsverhältnis zu differenzieren. Das Anstellungsverhältnis kommt mit der freigestellten Annahme des Notvorstandsamtes zu Stande.91 Gegen den Verein hat er demnach nur dann einen Anspruch auf eine Vergütung, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen Vergütung zu erwarten ist.92 Dies ergibt sich aus § 612 BGB und zwar dann, wenn das privatrechtliche Rechtsverhältnis zwischen Verein und Bestelltem einen Geschäftsbesorgungsvertrag nach §§ 675, 611 BGB darstellt.93 Ein solcher Vertrag gilt insbesondere dann, wenn auch das fehlende Vorstandsmitglied nur gegen Vergütung tätig war oder ein Nichtmitglied bestellt ist, das nicht unentgeltlich arbeitet.94 88 Reichert, Rn.2204; Stöber, Rn.540. Reichert, Rn.2201. 90 Reichert, Rn.2202. 91 Reichert, Rn.2205. 92 Stöber, Rn.541; Reichert, Rn.2205. 93 BGB/Schöpflin, § 29; Rn.7; Reichert, Rn2205; Stöber, Rn.541. 94 Reichert, Rn.2205; Stöber, Rn541. 89 16 b.) Aufwendungsersatzanspruch Etwas anderes ist anzunehmen, wenn sich aus dem Rechtsverhältnis ein Auftragsverhältnis ergibt. Beispielsweise wenn sich ein Vereinsmitglied ehrenamtlich bereit erklärt, das Amt des Notvorstandes zu begleiten. Es erlangt dann nach § 670 BGB keinen Anspruch auf Vergütung, sondern auf Ersatz seiner Auslagen.95 Abschließend ist zu erkennen, dass dem Bestellten auf keinen Fall ein Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Staat, dem Antragsteller oder gegen die Vereinsmitglieder erwächst, sondern in jedem Falle gegenüber dem Verein.96 VIII. Rechtsbehelfe 1. Rechtsbehelfe bei Ablehnung eines Notvorstandes Gegenüber dieser Entscheidung des Rechtspflegers ist das Rechtsmittel der befristeten Beschwerde nach §§ 58 I, 63 I FamFG gegeben.97 Zu dieser Beschwerde, über die das Landgericht zu entscheiden hat, ist nur der Antragsteller berechtigt, was sich aus § 59 II FamFG ergibt.98 2. Rechtsbehelfe gegen die Bestellung Im Falle einer gerichtlichen Bestellung eines Notvorstandes ist es möglich, die Bestellung an sich sowie Teilgegenstände des Beschlusses (bspw. die Person des Notvorstandes) gemäß § 58 I FamFG anzufechten.99 In diesem Falle sind der Vereins, sowie dessen Mitglieder und die „ersetzten“ Vorstandsmitglieder beschwerdeberechtigt.100 Dem Bestellten erwächst hier kein Recht auf eine Beschwerde, weil er dazu berechtigt ist, das Amt abzulehnen.101 Von diesem Rechtsmittel des § 58 I FamFG hat demnach auch der in der Einleitung erwähnte Helmut Kirkmaier gebraucht gemacht, denn dies stand ihm als Vereinsmitglied zu. 95 Palandt/Ellenberger, § 29, Rn.9; SSW, Rn.301; Reichert, Rn.2205; Stöber, Rn.541. MüKo/ Reuter, § 29, Rn15; Palandt/Ellenberger, § 29, Rn.9; BGB/Schöpflin, § 29, Rn.7. 97 MüKo/ Reuter, § 29, Rn.15; Stöber, Rn.539; Reichert, Rn.2217. 98 MüKo/ Reuter, § 29, Rn.15; Stöber, Rn.539; Reichert, Rn.2218. 99 MüKo/ Reuter, § 29, Rn.15; Reichert, Rn.2218. 100 Palandt/ Ellenberger, § 29, Rn.5; MüKo/ Reuter, § 29, Rn.15; Reichert, Rn.2220. 101 Reichert, Rn.2220. 96 17 3. Rechtsbehelfe gegen die Abberufung sowie die Ablehnung der Abberufung Gegen die Ablehnung der Abberufung kann wiederum nach § 58 FamFG vorgegangen werden. Beschwerdeberechtigt ist neben dem genannten „Kreis“ auch der Bestellte.102 Im Falle einer gerichtlichen Abberufung des Notvorstandes sind sogar alle Antragsberechtigten nach § 29 BGB befugt.103 IX. Registereintragungen Ein gerichtlich bestelltes Vorstandsmitglied wird nach der Annahme des Amtes von Amts wegen in das Vereinsregister eingetragen.104 Diese Eintragung, welche lediglich deklaratorische Bedeutung hat, ist auf § 67 II BGB zurückzuführen.105 Desgleichen ist die im Bestellungsbeschluss verfügte Beschränkung ihrer Vertretungsmacht zu vermerken.106 Diese Eintragung erlischt wieder von Amts wegen mit dem Ende des Notvorstandes.107 X. Ende des Amtes Das Ende des Notvorstandsamtes kann auf verschiedene Weise eintreten. 1. Wegfall des Bestellungsgrundes a.) Nicht befristete Amtsdauer des Notvorstandes Die nicht befristete Amtsdauer des Notvorstandes richtet sich nach dem gerichtlichen Bestellungsbeschluss und endet grundsätzlich, wenn mit dem Wegfall des Hinderungsgrundes der weitere Vorstand wieder handlungsfähig ist. 108 Dies ist insbesondere dann anzunehmen wenn die Mitgliederversammlung, zu deren 102 MüKo/ Reuter, § 29, Rn.15; Reichert, Rn.2220. MüKo, Reuter, § 29; Rn.15; Reichert, Rn.2220. 104 Stöber, Rn.538; Reichert, Rn.2224; SSW, Rn.302. 105 Stöber, Rn538; Reichert, Rn.2224; SSW, Rn.302. 106 SSW, Rn.302. 107 Reichert, Rn.2226. 108 MüKo/ Reuter, § 29, Rn.20; Palandt/ Ellenberger, § 29, Rn.8; Stöber, Rn.543; Reichert, Rn.2213. 103 18 Einberufung der Notvorstand meist berufen worden ist, einen Vorstand gewählt hat.109 Handelt es sich bei dieser Wahl um den gerichtlich bestellten, so ist dies nicht als Wiederwahl anzusehen und er muss zwingend in das Vereinsregister eingetragen werden.110 b.) Befristete Amtsdauer des Notvorstandes Wurde die Amtszeit des gerichtlich bestellten Notvorstandes befristet, so endet diese auch dann, wenn der Bestellungsgrund noch existent ist. In diesem Falle ist es dem Amtsgericht jedoch möglich, durch einen vor Fristablauf gestellten Antrag die Frist zu verlängern.111 Nach Fristablauf ist wiederum ein neuer Bestellungsantrag eines Beteiligten zu stellen, der auf seine Dringlichkeit zu prüfen ist.112 c.) Rechtsstreit über die Beendigung des Notvorstandsamtes Ob es für diese Beendigung des Amtes einer formellen Entlassungsverfügung durch das Gericht bedarf, ist umstritten. Eine Meinung verneint diese formelle Entlassungsverfügung. Begründet wird dies mit der Norm des § 68 BGB, durch die der Rechtsverkehr ausreichend geschützt sei.113 Eine andere Meinung steht der Beendigung des Amtes aufgrund der Behebung des Mangels skeptisch gegenüber. Gestützt wird dies auf die Rechtssicherheit, welche nicht ausreichend geschützt sei.114 Aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 68 BGB und des damit verbundenen Rechtschutzes ist es vorzugswürdiger, der erstgenannten Meinung Folge zu leisten. 2. Abberufung durch das Gericht Es kann sich jedoch auch aus dem Verhalten des Notvorstandes die Notwendigkeit ergeben, dass es das Interesse des Vereins es gebietet, den Notvorstand vorzeitig abzuberufen.115 Laut dem OLG Düsseldorf kann eine Abberufung „nur beim Vorliegen wichtiger Gründe beantragt und vom Registergericht beschlossen werden“.116 Ein solcher wichtiger Grund schließt beispielsweise die Nichterfüllung des Auftrages, die 109 BayObLG NotBZ 2005, 80; Reichert, Rn.2213. SSW, Rn.304. 111 Reichert, Rn.2213; SSW, Rn.304; Juris/Otto, § 29, Rn.14. 112 SSW, Rn.304; Reichert, Rn.2213. 113 MüKo/ Reuter, § 29,Rn.20. Juris/Otto, § 29,Rn.14. 114 Ermann/H.P. Westermann, § 29, Rn.3. 115 MüKo/ Reuter, § 29, Rn.20; Stöber, Rn.544; SSW, Rn.306. 116 OLG Düsseldorf v. 18.4. 1997- 3 Wx 584/96. 110 19 Täuschung der Mitglieder oder die unverhältnismäßig lange Verzögerung der Einberufung der Mitgliederversammlung mit ein.117 Aus dem gleichen Urteilsspruch geht hervor, dass allein die lange Tätigkeit des bestellten Vorstandes kein Grund für die Abberufung ist.118 Diese Abberufung kann das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag eines Berechtigten vollziehen.119 Antragsberechtigt sind aufgrund des beschränkten Vereinsinteresses nur Vereins- und Vorstandsmitglieder.120 Eine Meinung sieht in der Abberufung des Notvorstandes von Amts wegen einen Verstoß gegen § 48 I FamFG.121 In Bezug auf das Vereinsinteresse scheint die Meinung vertretbar zu sein, da die Abberufung von Amts wegen das Interesse nicht fördert.122 Kommt eine Abberufung des Bestellten jedoch aus Sicht des öffentlichen Interesses zustande, sollte man einer Abberufung von Amts wegen zustimmen.123 3. Amtsniederlegung Als letztgenannte Möglichkeit, wie das Amt des Notvorstandes, enden kann, ist auf die Amtsniederlegung einzugehen. Diese Rücktrittserklärung kann der Notvorstand nach § 28 II BGB gegenüber dem Amtsgericht erklären.124 Bei einer Amtsniederlegung ist zunächst zu betrachten, ob diese überhaupt eine rechtliche Wirksamkeit entfaltet. Dies ist dann abzulehnen, wenn die Amtsniederlegung eingeschränkte Bestimmungen in der Satzung unterworfen ist.125 Legt der Notvorstand wirksam sein Amt nieder, ist die Ersatzbestellung umstritten. Einer Ansicht nach richtet sich das Bestellungsverfahren nach § 29 BGB. Der Bestellungsbeschluss sei auf die zugeschnittene Person aufgrund der wirksamen Amtsniederlegung verbraucht worden und bedürfte daher eines Antrags eines hierzu Berechtigten.126 Einer anderen Ansicht nach bedürfte es für eine neuerliche Bestellung keines Antrages, das Gericht müsse vielmehr selbst bei Zugang der 117 SSW, Rn.306; Reichert, Rn.2209. OLG Düsseldorf v. 18.4. 1997- 3w 584/96; SSW, Rn.306; Stöber, Rn.544. 119 Palandt/ Ellenberger, § 29, Rn. 8; SSW, Rn.306. 120 MüKo/ Reuter, § 29, Rn.20; Palandt/Ellenberger, § 29, Rn.8; Reichert, Rn.2208. 121 MüKo/ Reuter, § 29, Rn.20;(Muscheler, FS Reuter, S, 225, 244). 122 MüKo/Reuter, § 29, Rn.20. 123 MüKo/Reuter, § 29, Rn.20. 124 Reichert, Rn.2215. 125 Reichert, Rn.2215. 126 MüKo/ Reuter, § 29, Rn.20; Reichert, Rn.2215. 118 20 Rücktrittsanzeige dem Verein einen neuen Vorstand bestellen.127 Vorzugswürdiger erscheint in diesem Falle die erstgenannte Meinung, da sich die Amtsniederlegung gegenüber dem Verein nicht aber gegenüber dem Gericht richtet. C. Schluss Es wurde deutlich, dass die gerichtliche Bestellung eines Notvorstandes nach § 29 BGB gesetzlich geregelt ist. Dafür muss neben dem „Fehlen der erforderlichen Vorstandsmitglieder auch ein „dringender Grund“ gegeben sein. Liegt bereits eine dieser Voraussetzungen nicht vor, ist eine gerichtlichen Bestellung, sei es auf Antrag eines Beteiligten oder gegebenenfalls von Amts wegen, von vorneherein nicht mehr möglich. Sind diese jedoch gegeben und ist auch der Antrag zulässig sowie begründet, gilt es festzuhalten, dass das Gericht verpflichtet ist, dem Verein ein Vertretungsorgan zu bestellen. Hier gilt es zu betonen, dass das Gericht bei der Bestellung bedacht sein sollte diese für den Verein in einem „erträglichen Rahmen“ zu gestalten. So sind dem Gericht bei der Bestellung zwar durch die Satzung, und des „Übermaßgebotes“ gewisse „Grenzen“ gesetzt, es kann aber den Bestellten sowie sonstige Vertretungsbefugnisse (etwa die Dauer) in eigenem Ermessen auswählen. Da bei der gerichtlichen Bestellung in die Bestellungszuständigkeit der Mitgliederversammlung des Vereins eingegriffen wird, sollte das Gericht daher mit Bedenken vorgehen und gegebenenfalls auf Vorschläge des Antragstellers eingehen. Daher ist auch die Entscheidung des Registergerichts München – im in der Einleitung thematisierten Fall um den TSV 1860 München – nachvollziehbar, den bisherigen Vorstand als Notvorstand einzusetzen. Schließlich hatten die Mehrzahl der Vereinsmitglieder die besagten Personen selbst als Vertretungsorgan des Vereins bestimmt. Kritisch zu betrachten gilt es jedoch, dass (wie aus der Aussage von Herrn Veauthier hervorgeht) Herr Kirkmaier als unmittelbar Beteiligter nicht angehört wurde. Abschließend ist erwähnenswert, dass die gesetzliche Regelung des § 29 BGB es dem eingetragenen Verein auch im Falle eines handlungsunfähigen Vorstandes auf 127 SSW, Rn.306; Stöber, Rn.542. 21 Grund der gerichtlichen Bestellung eins Notvorstandes möglich macht, wieder vollständig am Rechtsverkehr teilnehmen zu können. 22 D. Eidesstattliche Erklärung Hiermit versichere ich, die Seminararbeit selbstständig verfasst und keine anderen angegebenen Quellen als die angegebenen benutzt zu haben, alle Ausführungen die andere Schriften wörtlich oder sinngemäß entnommen wurden, kenntlich gemacht sind und die Arbeit in gleicher oder ähnlicher Fassung noch nicht Bestandteil einer Studien- Prüfungsleistung war. Joshua Fütterer Bayreuth, den 09.04.2015 23
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