Fukushima-Cäsium an der Küste Nordamerikas

IPPNW-Informationen
Fukushima-Cäsium an der Küste Nordamerikas
Mai 2015
Vier Jahre nach der Reaktorkatastrophe in Japan erreichte im April 2015 radioaktives Cäsium aus Fukushima die Pazifikküste Nordamerikas. Nach Angaben des
Wissenschaftlers Ken Buesseler von der Woods Hole Oceanographic Institution
handelte es sich um geringe Spuren der Cäsium-Isotope Cs-134 und Cs-137. Die
gesammelten Proben stammen aus dem Meer in der Nähe der Stadt Ucluelet an
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der Westküste von Vancouver Island in der kanadischen Provinz British Columbia.
Das nachgewiesene Isotop Cs-134 belegt, dass es sich um Radionuklide aus
Fukushima handeln muss. Mit seiner Halbwertszeit von 2 Jahren kann es sich
nicht um „altes“ Cs-134 aus den Atomwaffentests oder von Tschernobyl handeln,
da dieses aufgrund des radioaktiven Zerfalls nicht mehr in dem Maße nachweisbar
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wäre.
Die Cäsiumkonzentrationen im Pazifik sind, je nach Breiten- und Längengrad
durch die zahlreichen atmosphärischen Atomwaffentests ohnehin bereits seit vielen Jahrzehnten erhöht. Die Cs-137-Werte, die im Pazifik normalerweise gemessen werden, liegen je nach geographischer Lokalisation, Messtiefe und Witterung
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üblicherweise zwischen 0,5 und 3 Bq/m . Natürlich kommen die gefährlichen radioaktive Cäsium-Isotope nicht vor. Erst der Mensch hat sie durch die Spaltung des
Atoms in die Umwelt eingeführt.
Wissenschaftler verfolgen schon seit Jahren den Eintrag und Transport von radioaktivem Cäsium im Pazifik und erwarten für Mitte 2015 das Maximum der CäsiumKonzentration im Meerwasser vor der Küste Nordamerikas. Ein Wissenschaftler3
Team (Behrens et al. 2012) rechnet mit einer Maximal-Konzentration von 2 Bq/m ,
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3
während andere Wissenschaftler (Rossi et al. 2013) bis zu 30 Bq/m erwarten.
Nach Tschernobyl wurden laut Ken Buesseler von der Woods Hole Oceanographic
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Institution (Massachusetts) in der Ostsee Cs-137-Konzentrationen bis zu 40 Bq/m
gemessen. Radioaktive Ableitungen der britischen Atomanlage Sellafield (früher
3 4
Windscale) verursachten in der Irischen See bis zu 61 Bq/m .
Die Organisationen Foodwatch und IPPNW fordern für Säuglingsnahrung und für
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Milchprodukte einen Grenzwert von 8 Bq/kg. Würde man diesen Wert auf Trinkwasser übertragen, so ergäbe sich als grober Anhaltspunkt ein Orientierungswert
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von 8.000 Bq/m .
1
Tagesschau: Vier Jahre nach Atomunfall. Fukushima-Spuren vor Kanada entdeckt. 08.04.2015. 09:48
Uhr.
2
ORF.at (Science): Umwelt. Fukushima. Radioaktivität an Kanadas Küste. 09.04.2015. - Vgl. auch:
Deutschlandfunk (Forschung aktuell): Fukushima. Strahlung auf dem Weg. Von Dagmar Röhrlich.
23.04.2014. 16.35 Uhr.
3
J.N. Smith, R.M. Brown, M. Robert, B. Williams and R. Nelson: Radionuclide Transport from Fukushima to Eastern North Pacific. 2013 PICES Annual Meeting Nanaimo, BC October 15, 2013. p. 27.
4
Deutschlandfunk (Forschung aktuell): Fukushima. Strahlung auf dem Weg. Von Dagmar Röhrlich.
23.04.2014. 16.35 Uhr.
5
Foodwatch/IPPNW: Hintergrund. Grenzwerte für die Strahlenbelastung von Lebensmitteln. 2011.
Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer
Verantwortung e.V. (IPPNW). Körtestraße 10. D-10967 Berlin. 2013
Redaktion: Dr. Alex Rosen, Henrik Paulitz (Email: [email protected]).
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IPPNW: Fukushima-Cäsium an der Küste Nordamerikas
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Die an der nordamerikanischen Küste zu erwartenden Konzentrationen von
Fukushima-Cäsium sind also um mehr als den Faktor 1000 kleiner, wie auch Wis6,7
senschaftler der University of Victoria kürzlich noch einmal betonten. Für den
Einzelnen dürfte somit durch die radioaktive Kontamination nur ein absolut minimales Risiko bestehen, vergleichbar mit zahlreichen anderen potentiell krebsauslösenden Bestandteilen unserer täglichen Nahrung.
Dennoch belegen die Messungen, dass praktisch der gesamte Nordpazifik mit
Fukushima-Cäsium kontaminiert ist. Und natürlich sind die CäsiumKonzentrationen im asiatischen Bereich sehr viel höher. Das havarierte Atomkraftwerk in Fukushima hat schließlich gigantische Mengen Radioaktivität in den Pazifik
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eingetragen, nach Angaben von UNSCEAR bis zu 9 Peta-Becquerel.
Die Atomkatastrophe von Fukushima stellt somit die größte radioaktive Verseuchung der Weltmeere durch ein einzelnes Ereignis in der Geschichte der Menschheit dar. Vor allem für die Küstenregion Ost-Japans und die dortige, einst blühende
Fischerei bedeutet diese Verseuchung eine absolute Katastrophe.
Die Hauptlast der Folgen der Atomkatastrophe von Fukushima tragen die Japaner,
u.a. mit zahlreichen zu erwartenden Krebserkrankungen.
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Die Welt (Online): Wissen Radioaktivität. Cäsium 134 von Fukushima erreicht Nordamerika.
08.04.2015.
7
Smith et al. geben die maximal zulässige Cs-137-Konzentration in Trinkwasser mit 10.000 Bq/m 3 an
(J.N. Smith, R.M. Brown, M. Robert, B. Williams and R. Nelson: Radionuclide Transport from Fukushima to Eastern North Pacific. 2013 PICES Annual Meeting Nanaimo, BC October 15, 2013. p. 26).
8
UNSCEAR: Sources, effects and risks of io izing radiation – UNSCEAR 2013 Report. Volume I. Report
to the General Assembly. Scientific Annex A: Levels and effects of radiation exposure ue to the nuclear
accident after the 2011 great east-Japan earthquake and tsunami. UNSCEAR. April 2nd, 2014. p. 127,
paragraph B26.