Leute Neue Straßen sollen nach Frauen benannt werden Notizen eines Spittaler Spaziergängers Dr. Franz Burgstaller Spontanes Lob Leises Surren, wie von Geisterhand geleitet, schwenkt der hochmoderne Großraumbus aus Norddeutschland in den Parkstreifen der Tiroler Straße ein. 40 bis 50 Urlauber entsteigen dem auch optisch beeindruckenden Fahrzeug. Eine Woche wird man abseits der Stadt Quartier beziehen und ein dichtes Programm absolvieren. Heute ist „SpittalerTag“! Alles läuft wie am Schnürchen nach bewährtem Muster: Zuerst Einkaufsbummel, dann kurze Besichtigung des Schlossinnenhofes, dann „Kaffee und Kuchen“ und schließlich Treffpunkt Schlossteich. Im Nu füllen sich die weißen Bänke rund um den Springbrunnen. Der „Spittaler Spaziergänger“ muss sich klein machen. Eine ältere Frau wird seine Sitznachbarin. Man kommt gleich ins Gespräch. „Sind Sie von hier?“, so der eröffnende Dialog. Nunab ist die Urlauberin am Wort. „Wissen Sie, ich bin das erste Mal in meinen 70 Lebensjahren in Urlaub und komme aus Pommern. Das werden Sie nicht kennen (das leichte Schmunzeln des Spittaler Spaziergängers hat sie kaum wahrgenommen), aber ich hab ein schlechtes Gewissen. Die anderen müssen auf unserem Hof fest arbeiten und ich genieße Ihr schönes Land. Aber ich komme nicht mit leeren Händen heim, alles in Euren auswahlreichen Geschäften gekauft.“ Während das Gespräch in vollem Fluss ist, ertönt ein schriller Piff und ein befehlender Ruf: „Abfahrt!“ Die Frau springt auf und eilt grußlos in Richtung Bus. Doch gleich kehrt sie zurück mit auffallend gerötetem Gesicht. „Meine Tüten, meine Tüten“, ruft sie. Die zwei prall gefüllten Plastiktaschen stehen, wo sie waren. „Gute Leute, die Spittaler, gute Leute …“, murmelte sie voll zufrieden, ihre „Mitbringsl“ wieder in sicherer Hand zu haben. 16 | Spittal an der Drau E ine Studentengruppe der Uni Klagenfurt, bestehend aus Tamara Obereder und Anja Subasic aus Spittal sowie Andreas Oberbucher aus Gmünd und Marko Rohr aus Steinfeld nahmen 168 Spittaler Straßennamen unter die Lupe. Das Ergebnis: Es gibt keine Verkehrswege, die nach weiblichen Persönlichkeiten benannt sind. Drei Bücher über Spittal Diese Besonderheit kennt auch Hofrat Franz Burgstaller. Der heute 91-jährige Spittaler hat bereits drei Bücher mit dem Titel „Mosaiksteine der Geschichte Spittals“ veröffentlicht. Eines davon behandelt die Straßen und Plätze der Lieserstadt und deren spannende Geschichte. „Ich habe die meisten Straßen zu Fuß aufgesucht. Die Wege kreuz und quer durch das Stadtgebiet waren auch ein willkommener Lernprozess, bei dem nicht wenige Wissenslücken geschlossen wurden“, erzählt Burgstaller, der vor seiner Pensionierung als Schulpsychologe, Professor der Pädak und Leiter des Zentrums für Schulversuche und Schulentwicklung des Unterrichts-Ministeriums tätig war. In dieser Eigenschaft hat er auch zahlreiche Schulbücher entwickelt. Für das Österreichische Jugendrotkreuz arbeitete er außerdem 20 Jahre lang bei Zeitschriften für Schulen mit. „Die Mosaiksteine der Geschichte Spittals“, die Burgstaller in seinen Büchern beschreibt, sieht er als „Geschichtsdenkmäler, an die ich die Leser heranführe.“ Stets hält er sich dabei an das Goethe-Wort: „Willst du dich am Ganzen erquicken, so musst du das Ganze im Kleinen erblicken.“ Was die Benennung von Straßenzügen nach weiblichen Persönlichkeiten betrifft, schlägt der Hofrat seine Schwiegermutter Anna Zmölnig (geb. Winkler) vor. „Sie hat als Ledige in der Isonzofront als Krankenschwester gedient und dabei gute Dienste erwiesen. Sie hat sogar eine hohe Auszeichnung aus kaiserlicher Hand erhalten“, weiß Burgstaller. Die Studentengruppe der Uni Klagenfurt liefert folgende Vorschläge: die Holzschnitzerin und Malerin Waltraud Weißenbach (1919 bis 1986), die Musikerzieherin und Komponistin Martha Baumgartner (1893 bis 1976) sowie die Mundartdichterin und Gemeinderätin Johanna Oberrauter (1924 bis 2013).
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