Positionen der Versicherungswirtschaft 2015_02

ositione
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der
Versicherungs­
wirtschaft
Lage der Versicherungswirtschaft | 2
Revision des Versicherungsvertragsgesetzes | 5
Reform der Altersvorsorge | 7
Krankenversicherung | 10
Revision UVG | 12
Schweizer Solvenztest | 15
Äquivalenz | 17
Aufsichtsrecht | 18
Pflichtversicherung | 19
Erdbebenversicherung | 22
Finanzdienstleistungsgesetz | 24
Geldpolitik | 26
Marktöffnung | 29
Foreign Account Tax Compliance Act | 32
Automatischer Informationsaustausch | 33
Stempelsteuer | 34
Verrechnungssteuer | 37
Finanzmarktpolitik | 39
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Conrad-Ferdinand-Meyer-Strasse 14
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Bildungspolitik | 41
Positionen der Versicherungswirtschaft
Lage der Versicherungswirtschaft2
„
Lage der Versicherungswirtschaft
Ohne Versicherungen geht in unserer modernen Gesellschaft nichts mehr. Versicherer
übernehmen Risiken von Privatpersonen und Unternehmen und decken Schäden, die diese
nicht selber tragen können oder wollen. Damit hat die Versicherung eine enorme volkswirtschaftliche Bedeutung, denn sie setzt bei den Versicherten Ressourcen frei und ermöglicht Innovation
und Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft. Die Schweizer Versicherungswirtschaft steht seit
mehr als 150 Jahren für Sicherheit, Vertrauen und Zuverlässigkeit. Das solide Wachstum und die Stabilität der Unternehmen in der Finanz- und Wirtschaftskrise beweisen, dass die Versicherer erfolgreich
unterwegs und gut positioniert sind. Die Versicherungswirtschaft gehört zu den grössten und produktivsten Wirtschaftszweigen des Landes. Sie leistet über 4 Prozent an die Wertschöpfung der gesamten Schweizer Volkswirtschaft und über 40 Prozent an die Wertschöpfung des Schweizer
Finanzplatzes. Darüber hinaus sind die Schweizer Versicherer wichtige Arbeitgeber und
bedeutende Steuerzahler. Sie gehören zu den grössten Investoren im In- und Ausland.
Versicherer wachsen kontinuierlich
“
Die Schweizer Versicherungswirtschaft steht für Vertrauen, Sicherheit und
Zuverlässigkeit. Das kontinuierliche, solide Wachstum des Geschäftsvolumens und die stabile Ertragslage der vergangenen Jahre – insbesondere
auch während der Finanz- und Wirtschaftskrise – sind Beleg dafür, dass
die Versicherer mit ihren Geschäftsmodellen erfolgreich unterwegs und gut
positioniert sind. Die konsequente Ausrichtung auf eine kontinuierliche
Verbesserung des operativen Geschäfts und ein straffes Risikomanagement
haben sich bewährt.
Eckdaten 2014
–– Fortgesetztes Wachstum in der Schadenversicherung
(Prämienvolumen +1,0% gegenüber Vorjahr)
–– Fortgesetztes, gemässigtes Wachstum in der beruflichen Vorsorge (+1,4%)
–– Rückgang bei den Einzel-Lebensversicherungen (-4,5%)
–– Wachstum in der Rückversicherung (Prämienvolumen +5,8% [2013])
–– Durchschnittliche Anzahl von Grossschadenereignissen wie
Naturkatastrophen im In- und Ausland
–– Gute Ergebnisse im operativen Geschäft
Quellen: SVV, Finma
Versicherungen bieten persönliche und
wirtschaftliche Sicherheit
Sicherheit ist ein entscheidender Faktor für das Wohlbefinden und Handeln
der Menschen. Dementsprechend hoch ist das Bedürfnis von Privatpersonen und Unternehmen, Risiken auf Versicherer zu übertragen und im Schadenfall für ausserordentliche Kosten oder Verluste abgedeckt zu sein.
Kennzahlen 2014
–– 20 Millionen laufende Versicherungsverträge
–– 6,6 Millionen Versicherte respektive Policen in der
Lebensversicherung
–– 1244 Milliarden Franken versicherte Summen und Renten in der
Lebensversicherung
–– 44 Milliarden Franken Zahlungen für Versicherungsfälle
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Quellen: SVV, Finma
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Positionen der Versicherungswirtschaft
Lage der Versicherungswirtschaft3
Versicherungen – Wirtschaftsmotor
Versicherungen tragen wesentlich zum
Funktionieren der Wirtschaft bei
Die Versicherung ist ein zentrales Element für das Funktionieren der Wirtschaft: Durch die externe Absicherung ihrer Geschäfts- oder Betriebsrisiken
können Unternehmen Kapital freisetzen, dieses in die Weiterentwicklung
ihrer Geschäfte investieren und eine höhere Wertschöpfung erzielen. Diese
Art von «Kapitalbeschaffung» ist unterschiedlich zum Bankkredit, weil sie
nicht nur Mittel zur Verfügung stellt, sondern gleichzeitig auch Geschäftsrisiken abdeckt.
Kennzahlen 2013
–– Bruttowertschöpfung: 25 Milliarden Franken, das heisst, über 4% der gesamten Bruttowertschöpfung der Schweiz
Quelle: Bundesamt für Statistik
Versicherungen – bedeutende Investoren
Versicherer stellen der Wirtschaft
Kapital zur Verfügung
Versicherer brauchen für die Gewährleistung ihrer Verträge und Verpflichtungen sehr hohes Kapital für Schadenrückstellungen. Es wird aus Eigenkapital, aus Prämienzahlungen und aus Kapitalerträgen gebildet. Dieses
Geld stellen sie gleichzeitig dem Wirtschaftskreislauf zur Verfügung, zum
Beispiel in Form von Wertpapieren, Investitionen in Immobilien und Hypothekardarlehen. Das investierte Kapital schafft vielfachen Mehrwert: Als Eigenkapital für Unternehmen, als Immobilien für Gewerbe, Industrie, Dienstleister und Private oder als Wohnraum für Einzelpersonen und Familien.
Kennzahlen 2013
–– 531 Milliarden Franken Kapitalanlagen der Versicherer
Quelle: Finma
Versicherungen – wichtige Arbeitgeber
Versicherer zählen auf Experten
Versicherer erkennen, beurteilen und analysieren Risiken, und zwar bezüglich Wahrscheinlichkeit, Häufigkeit und Tragweite möglicher Schäden. Zudem unterstützen sie die Versicherten bei der Bewältigung von Schadenereignissen. Dazu braucht es Expertise und Know-how. Kaum eine Branche
vereinigt so viele Berufe unter einem Dach wie die Versicherer. Das Wissen
und die Arbeit dieser Experten helfen der Gesellschaft und der Wirtschaft
bei der Erkennung von Chancen und Gefahren.
Kennzahlen 2013
–– 47 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Schweiz
–– 69 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ausland
–– 22,1 Milliarden Franken Aufwendungen für Versicherungsbetrieb und
Steuern (inklusive Personalaufwand)
–– 1900 Lernende
–– rund 1200 offene Stellen
Quellen: SVV, Finma
Die Schweizer Versicherungswirtschaft unterstützt das bewährte duale Bildungssystem und ist auf allen Bildungsstufen präsent – ob im universitären Bereich, auf Stufe der Fachhochschulen und der höheren Berufsbildung
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Lage der Versicherungswirtschaft4
oder in der beruflichen Grundausbildung. Die Bildungsangebote der Versicherer zeichnen sich durch eine hohe Durchlässigkeit in den Ausbildungswegen und maximalen Praxisbezug aus. Derzeit bilden die Versicherer rund
2000 Lernende aus.
Kontakt
Für zusätzliche Informationen steht Ihnen Alex Schönenberger (Telefon:
044 208 28 75; E-Mail: [email protected]) gerne zur Verfügung.
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Revision des Versicherungsvertragsgesetzes5
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Revision des Versicherungsvertragsgesetzes
Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ist für die Versicherer zentral, weil es die Vertragsbeziehung zwischen dem Kunden und dem Versicherungsunternehmen regelt. Der Bundesrat wollte das über hundertjährige Gesetz umfassend erneuern und dabei den Schutz des
Kunden ausbauen. Das Parlament lehnte dies ab und beschloss, das Gesetz nur punktuell zu verbessern. Die Versicherer unterstützen dieses Vorhaben. Denn das geltende Gesetz hat sich bewährt, während der Gesetzesentwurf des Bundesrats klare Mängel aufwies: Er weitete den
Kundenschutz übermässig aus und vernachlässigte die negativen Auswirkungen der neuen
Regeln.
“
Das VVG regelt die Rechte und Pflichten
der Vertragsparteien
Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ist für die Versicherer zentral. Es
regelt die Vertragsbeziehung zwischen dem Kunden und dem Versicherer,
indem es die Rechte und Pflichten der beiden Vertragsparteien festlegt. Der
Bundesrat wollte das über hundertjährige Gesetz mit einer Revision umfassend erneuern und dabei den Schutz des Kunden ausbauen. Im September
2011 verabschiedete er seinen Gesetzesentwurf.
Gesetzesentwurf erreicht die Ziele nicht
Sein Ziel, dem Kunden und dem Versicherer gleich lange Spiesse zu schaffen, erreichte der Bundesrat mit seinem Gesetzesentwurf nicht. Stattdessen weitete er den Kundenschutz übermässig aus und vernachlässigte die
Auswirkungen – insbesondere die Kosten – der neuen Regeln. Der SVV unterstützte im Grundsatz die Revision des Gesetzes, lehnte den Entwurf des
Bundesrats aber ab. Dieser wies zentrale Mängel auf:
–– Er verdoppelte die zwingenden Vorschriften.
–– Er führte zu einer massiven Überregulierung. Beispiele: die zwingende
Kostenübernahme durch die Versicherer oder die Verstaatlichung der
privaten Ombudsstelle.
–– Er hielt nicht an der Teilrevision 2006/2007 fest.
–– Er begünstigte den Versicherungsbetrug.
–– Er verursachte hohe Kosten.
Gesetzesentwurf weist klare Mängel auf
Parlament will eine schlanke Revision
Die Vorlage wurde in der Wintersession 2012 vom Nationalrat und in der
Frühjahrsession 2013 vom Ständerat an den Bundesrat zurückgewiesen.
Die vom Bundesrat vorgeschlagene Totalrevision geht beiden Kammern zu
weit. Der Bundesrat wurde deshalb beauftragt, eine Teilrevision zu einigen
ausgewählten Punkten vorzulegen (s. Kasten a. Schluss).
Chance für ein ausgewogenes
Versicherungsvertragsgesetz
Der Schweizerische Versicherungsverband SVV hat den Rückweisungsentscheid des Parlaments begrüsst. Er hatte immer wieder darauf hingewiesen, dass die bisherige Vorlage zahlreiche massgebliche Mängel aufwies,
welche eine Verschlechterung gegenüber dem geltenden Recht bedeuten.
Mit einer neuen Vorlage besteht die Möglichkeit, zeitgemässe Anpassungen gezielt dort vorzunehmen, wo diese auch notwendig sind.
Der Ball liegt nun beim Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD). Ende
2014 hat eine Arbeitsgruppe des EFD bestehend aus Verwaltung, Konsumenten, SVV und Experten die Arbeiten für eine neue Vernehmlassungsvorlage aufgenommen. Das Vernehmlassungsverfahren wird voraussichtlich
2016 stattfinden.
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Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Revision des Versicherungsvertragsgesetzes6
Die Vorgaben des Parlaments
Es sollen nur notwendige Änderungen auf Grundlage des geltenden Rechts
im Rahmen einer (weiteren) Teilrevision des VVG vorgenommen werden. Die
Teilrevision soll umfassen bzw. berücksichtigen:
1. Das geltende VVG ist beizubehalten und nur punktuell zu optimieren. Dabei
sind insbesondere bewährte Bestimmungen und solche, die bereits im
Rahmen der Teilrevision 2006/2007 geändert wurden, unverändert beizubehalten.
2. Änderungen des geltenden VVG nur soweit nötig (auch angesichts der
Kostenfolgen), wie z.B.:
–– angemessenes Widerrufsrecht (vgl. Art. 7 Vorlage)
–– gesetzliche Regelung der vorläufigen Deckung (vgl. Art. 23 Vorlage)
–– Zulassung der Rückwärtsversicherung (vgl. Art. 24 Vorlage)
–– Beseitigung der konsumentenfeindlichen Genehmigungsfiktion
(Art. 12 VVG)
–– Angemessene Verlängerung der Verjährungsfristen
–– Ordentliches Kündigungsrecht (vgl. Art. 52 der Vorlage; Verhinderung
von «Knebelverträgen»)
Dabei sind unnötige Eingriffe in die Vertragsfreiheit zu vermeiden.
3. Angemessene Eingrenzung des Schutzbereichs: vgl. Grossrisiken gemäss
Vorlage als Schritt in diese Richtung.
4. Es sind generell anerkannte, nicht auslegungsbedürftige Begriffe zu verwenden (VVG als Ergänzungserlass zum OR; Einheit der Rechtsordnung).
5. Dem elektronischen Geschäftsverkehr ist Rechnung zu tragen.
Bei der Erarbeitung der Teilrevision sollen die Gesetzesadressaten (Versicherungsnehmer und Versicherungsgesellschaften, resp. ihre Interessenvertreter)
angemessen einbezogen werden.
Kontakt
Für zusätzliche Informationen steht Ihnen Franziska Streich (Telefon: 044 208
28 63; E-Mail: [email protected]) gerne zur Verfügung.
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Reform der Altersvorsorge7
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Reform der Altersvorsorge
Die Altersvorsorge steht vor grossen Herausforderungen: Die Lebenserwartung steigt, der
Nachwuchs fehlt, und die Anlagerenditen sinken. Eine umfassende Reform der Altersvorsorge ist notwendig und dringend. Dabei ist eine Gesamtbetrachtung über die 1. und 2. Säule
vorzunehmen. Das Leistungsniveau soll möglichst beibehalten werden. Die Senkung des Umwandlungssatzes ist der wichtigste Beitrag zur nachhaltigen Ausgestaltung der beruflichen Vorsorge. Für
die Kollektivlebensversicherung ist die Mindestquote von entscheidender Bedeutung. Eine
Mindestquotenregel funktioniert nur, wenn der Versicherer in guten Jahren genug auf die
Seite legen kann, um die in schlechten Jahren auftretenden Verluste zu decken.
“
Die Altersvorsorge steht vor
grossen Herausforderungen
Die Altersvorsorgesysteme der Industrienationen stehen vor grossen Herausforderungen. Die Tatsache, dass die Zahl der Pensionierten im Verhältnis zur Zahl der Erwerbstätigen rasant steigt, belastet die umlagefinanzierten Systeme wie die AHV. Gleichzeitig fordern die zunehmende
Lebenserwartung und die tiefen Anlagerenditen die im Kapitaldeckungsverfahren finanzierten Systeme wie die berufliche Vorsorge. Davon bleibt
auch das schweizerische 3-Säulen-Konzept, das vielfach und zu Recht als
vorbildlich beurteilt wird, nicht verschont.
Umfassende Reform der Altersvorsorge
vorgesehen
Am 19. November 2014 hat der Bundesrat die Botschaft zur Reform «Altersvorsorge 2020» verabschiedet. Die Kommission für soziale Sicherheit und
Gesundheit des Ständerats (SGK-SR) hat die Vorberatung im Januar 2015
aufgenommen und im August 2015 abgeschlossen. Der Ständerat hat das
Geschäft anlässlich der Herbstsession der Eidgenössischen Räte im September 2015 behandelt.
SVV unterstützt Stossrichtung der Reform
Der SVV begrüsst angesichts der bestehenden Abhängigkeiten zwischen
1. und 2. Säule – zum Beispiel beim Rücktrittsalter – die mit der Reform
«Altersvorsorge 2020» vorgenommene Gesamtbetrachtung. Er befürwortet
das Ziel der Stabilisierung der Altersvorsorge unter Beibehaltung des Leistungsniveaus und einer ausgewogenen und mehrheitsfähigen Ausgestaltung der Reform.
Trotz Gesamtbetrachtung sind die klare Trennung zwischen 1. und 2. Säule sowie die Gewichte der beiden Säulen beizubehalten. Die vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund SGB am 17. Dezember 2013 eingereichte
Volksinitiative «AHVplus: für eine starke AHV», die ungeachtet der überaus
schwierigen finanziellen Perspektiven der AHV einen Zuschlag auf allen
AHV-Renten von 10 Prozent und damit einen generellen Ausbau der 1. Säule
fordert, ist deshalb entschieden abzulehnen.
Konzentration auf Kernelemente
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Aus Sicht des SVV ist die Reform in der parlamentarischen Beratung konsequent auf die Zielsetzung «Stabilisierung der Altersvorsorge unter Beibehaltung des Leistungsniveaus» auszurichten. Als Kernelemente der Reform
betrachtet der SVV dabei:
–– Gleiches Referenzalter für Frauen und Männer bei 65 Jahren in der AHV
und im BVG,
–– Flexibilisierung des Pensionierungsalters zwischen 62 und 70 Jahren in
der AHV und im BVG,
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Reform der Altersvorsorge8
–– Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten der AHV nur soweit zwingend
notwendig,
–– Einführung einer Stabilisierungsregel für die AHV,
–– Senkung des BVG-Mindestumwandlungssatzes auf 6,0 Prozent in Verbindung mit Kompensationsmassnahmen, Massnahmen für die Übergangsgeneration und Einführung eines Rentenumwandlungsgarantiebeitrags.
Priorisierung der Kernelemente
Diese Massnahmen sind mit erster Priorität zu behandeln und möglichst
rasch zu realisieren. Vorschläge, die nicht zur Erreichung der Zielsetzung
der Reform beitragen oder diese gar gefährden, sind in separaten Vorlagen
mit zweiter Priorität zu behandeln oder zu streichen. Aus Sicht des SVV betrifft dies namentlich:
–– Umbau bei den Witwen- und Waisenrenten der AHV,
–– Beiträge der Selbständigerwerbenden an die AHV,
–– Entflechtung der AHV vom Finanzhaushalt des Bundes,
–– Leistungsausbauten,
–– Vorschläge betreffend die Kollektivlebensversicherung (beispielsweise
Erhöhung der Mindestquote).
Um den Reformprozess nicht zu verzögern, verzichtet der SVV seinerseits
auf – zwar sachlich gerechtfertigte, politisch zum jetzigen Zeitpunkt aber
wenig realistische – Forderungen wie beispielsweise diejenige nach einer
weitergehenden Erhöhung des Rücktrittsalters oder einem Umwandlungssatz von unter 6,0 Prozent.
Senkung des Umwandlungssatzes
zwingend
Der SVV sieht die Senkung des Umwandlungssatzes als wichtigsten Schritt
in Richtung einer nachhaltigen Ausgestaltung der beruflichen Vorsorge. Die
durch den überhöhten Umwandlungssatz verursachte systemfremde Umverteilung von den Erwerbstätigen zu den Rentnern muss so weit als möglich korrigiert und darüber hinaus mit der Einführung des Rentenumwandlungsgarantiebeitrags transparent gemacht werden.
Kollektivlebensversicherung bietet
bedarfsgerechte Sicherheit
Die im Schweizerischen Versicherungsverband SVV vertretenen Lebensversicherer sind verlässliche Partner mit der Vollversicherung für rund 160 000
Unternehmen mit über einer Million Versicherten und mit der Risikoversicherung für rund 50 000 Unternehmen mit 600 000 Versicherten. Vor allem
die kleinen und mittelgrossen Unternehmen (KMU) sind vielfach auf die
Garantien der Versicherer angewiesen, da sie die Risiken aus der beruflichen Vorsorge nicht selber tragen können. Die Versicherer stehen im Wettbewerb untereinander und mit anderen Vorsorgeanbietern. Der Wettbewerb
funktioniert und schlägt sich in unterschiedlichen Kapitalerträgen, Risikoprämien, Überschüssen usw. nieder.
Gleichbleibende Mindestquote zwingend
Die Lebensversicherer sind bereit, mit einer weiteren Erhöhung der Transparenz – auch und gerade mit dem Ziel, die Vergleichbarkeit der Angebote
zu verbessern und damit den Wettbewerb weiter zu fördern – einen Beitrag
zum Gelingen der Reform zu leisten. Gleichzeitig sind sie aber auf akzeptable Rahmenbedingungen angewiesen. Die Mindestquote von 90 Prozent
nach der bewährten ertragsbasierten Methode und die Möglichkeit des
Ausgleichs von Schwankungen zwischen Spar-, Risiko- und Kostenprozess
müssen zwingend beibehalten werden. Auf Restriktionen bei den Risikoprämien (Festlegung nach kollektiven Grundsätzen, Beschränkung der
Höhe) und eine ex post-Festlegung des BVG-Mindestzinssatzes ist dagegen
unbedingt zu verzichten. Andernfalls werden die Sicherheit und Wahlfreit
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Reform der Altersvorsorge9
der KMU in der beruflichen Vorsorge gefährdet. Die Mindestquote ist der
Prozentsatz, nach dem das Betriebsergebnis zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Versichertenkollektiv aufgeteilt wird. Der Bundesrat hat bei der Einführung der Mindestquote im Jahr 2004 festgelegt, dass
im Normalfall mindestens 90 Prozent des erwirtschafteten Ertrags – das
heisst der Prämieneinnahmen (exkl. Sparprämien) und Kapitalanlageerträge – dem Versichertenkollektiv zustehen. Die Sparprämien kommen den
Versicherten zu 100 Prozent zugute.
Die Kollektivlebensversicherung – und damit insbesondere das Vollversicherungsmodell – kann nur funktionieren, wenn die Versicherungsunternehmen Verluste mit Eigenkapital decken, das sie dafür zur Verfügung stellen. Dies setzt voraus, dass die in guten Jahren erzielten Gewinne genügen,
um das Eigenkapital angemessen zu entschädigen und so zu äufnen, dass
Verluste aus schlechten Jahren innerhalb einer vernünftigen Frist ausgeglichen werden können. Bei einer Verschärfung der Mindestquote wäre diese Voraussetzung nicht mehr erfüllt. Dies gilt umso mehr, als die Finanzmarktaufsicht (Finma) mit der Einführung des Schweizer Solvenztests (SST)
die Anforderungen an die Bildung und Erhaltung von Solvenzkapital verschärft hat.
Kontakt
Für zusätzliche Informationen steht Ihnen Adrian Gröbli (Telefon: 044 208 28
82; E-Mail: [email protected]) gerne zur Verfügung.
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Krankenversicherung10
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Krankenversicherung
Die Gesundheitskosten steigen in der Schweiz Jahr für Jahr. Um diesem Trend entgegenzuwirken, hat der Bundesrat seine gesundheitspolitische Strategie «Gesundheit2020»
lanciert. Er will mit verschiedenen Massnahmen die Gesundheitskosten bis zu 20 Prozent
senken, den Zugang zum Gesundheitssystem sicherstellen sowie dessen Transparenz und Steuerbarkeit erhöhen. Ob die vorgeschlagenen Massnahmen die Kosten dämpfen können, ist
fraglich. Mit Sicherheit führen sie zu einer Einschränkung des Wettbewerbs und zu höheren
Verwaltungskosten bei den Krankenversicherern.
“
Gesundheitskosten steigen jährlich
um 4 Prozent
Seit Einführung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG)
im Jahr 1996 steigen die Gesundheitskosten jährlich durchschnittlich um
rund 4 Prozent. Als hauptsächliche Kostentreiber dieser Entwicklung werden neben dem medizinischen Fortschritt und der demografischen Entwicklung auch immer wieder die Höhe der Verwaltungskosten der Krankenversicherer ins Feld geführt.
Für eine liberale und sozialverträgliche
Markt- und Wettbewerbsordnung
Der SVV setzt sich für eine liberale und sozialverträgliche Markt- und Wettbewerbsordnung ein. Dies beinhaltet eine Stärkung des Versicherungsprinzips, eine Förderung des Wettbewerbs von Preis und Qualität sowie den
Schutz der unternehmerischen Freiheit. Aus Sicht der Krankenversicherer
sind die Vereinfachung der Krankenversicherung und die integrierte Versorgung wichtige Themen.
Das Gesundheitswesen durch die
Stärkung der wettbewerbsrechtlichen
Elemente zukunftsfähig machen
Mit der Gesundheitsstrategie 2020 will der Bundesrat die Stärken des heutigen Systems schützen und es gleichzeitig für die Herausforderungen der
Zukunft rüsten. Bei den Massnahmen stehen für die Krankenversicherer die
Erhöhung der Steuerbarkeit und die Stärkung der Transparenz im Mittelpunkt. Der SVV befürwortet ein transparentes Gesundheitssystem, lehnt
aber eine Einschränkung der wettbewerblichen Elemente in der Krankenversicherung ab. Er befürwortet daher auch eine Stärkung des Wettbewerbs
unter den Leistungserbringern.
Anreize zur Eigenverantwortung sind nötig
Der SVV will Anreize zur Eigenverantwortung stärken, um so Einfluss auf
die Kostenentwicklung zu nehmen. Das bedingt eine Vielfalt an verschiedenen Versicherungsmodellen. Der Bundesrat will im Rahmen von «Gesundheit2020» das Angebot an Versicherungsmodellen einschränken und die
Anzahl der angebotenen Prämien reduzieren. Damit würde ein liberales
Marktelement in der sozialen Krankenversicherung merklich geschwächt,
während unklar ist, ob diese Massnahmen eine kostendämpfende Wirkung
erzielen werden.
Verhältnismässigkeit und Augenmass sind
gefordert bei der Umsetzung des KVAG
Mit dem Krankenversicherungsaufsichtsgesetz (KVAG) und dem verfeinerten Risikoausgleich ist die Finanzierungsgerechtigkeit umgesetzt. Der SVV
fordert bei der Umsetzung des KVAG Verhältnismässigkeit und Augenmass.
Er ist der Meinung, dass der vorliegende Verordnungsentwurf unverhältnismässig ist, über das Gesetz hinausschiesst und in die Autonomie der Krankenversicherer eingreift. Eine funktionierende und gute Aufsicht ist wichtig,
Bürokratie und unverhältnismässige Eingriffe in die Unternehmensfreiheit
sind jedoch zu verhindern.
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Krankenversicherung11
Steuerung der ambulanten Versorgung
Der vorliegende Entwurf des Bundesrats ist kein Ersatz für die geltende
Zulassungsbeschränkung, sondern führt zu einer umfassenden Planung
und Steuerung des gesamten ambulanten Bereiches, mithin zu einer verstaatlichten Planung des Leistungsangebotes. Der SVV stellt in Frage, dass
die durch die Vorlage angestrebten Ziele, nämlich die Einschränkung des
Kostenanstiegs und die Gewährleistung einer hohen Qualität, mit den vorgeschlagenen Massnahmen erreicht werden können. Der SVV lehnt die Vorlage aus diesen Gründen ab.
Keine administrative Trennung von Grundund Zusatzversicherung
Die administrative Trennung von Grund- und Zusatzversicherung lehnen die
Krankenversicherer ab. Sie unterstützen die Argumentation der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats (SGK-SR). Diese
beschloss am 16. Januar 2015, nicht auf die Vorlage des Bundesrats «KVG.
Risikoausgleich; Trennung von Grund- und Zusatzversicherung» einzutreten. Die Kommissionsmehrheit argumentierte, es gebe keinen Handlungsbedarf mehr, nachdem das Parlament im vergangenen Jahr die Verfeinerung
des Risikoausgleichs sowie das neue Gesetz zur Aufsicht über die soziale
Krankenversicherung verabschiedet habe. Synergien zwischen Grund- und
Zusatzversicherung müssten genutzt werden, um die Verwaltungskosten
zu stabilisieren. Zudem vereinfache dieses System die Abläufe für die Zusatzversicherten, von denen 80 Prozent die Grund- und Zusatzversicherung
beim gleichen Anbieter abgeschlossen hätten.
SVV lehnt kantonale Einheitskassen ab
Nachdem auch das Stimmvolk die Einheitskasse am 28. September 2014
mit einem Nein-Stimmenanteil von 61,8 Prozent deutlich abgelehnt hat,
sind von den Befürwortern Bestrebungen im Gange, mittels kantonaler Einheitskassen für die Pro-Kantone ihrem Ziel einen Schritt näher zu kommen.
Der SVV lehnt kantonale Einheitskassen ab, weil dadurch eine Ungleichbehandlung der Bevölkerung entsteht, die Mehrfachrolle der Kantone noch
verstärkt wird, die Verstaatlichung des Systems Einzug hält und der Wille
der Schweizer Bevölkerung missachtet wird.
Kontakt
Für zusätzliche Informationen steht Ihnen Ann-Karin Wicki (Telefon: 044 208
28 25; E-Mail: [email protected]) gerne zur Verfügung.
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Revision Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG)12
„
Revision Bundesgesetz über die Unfallversicherung
2011 hat auch der Ständerat entschieden, der Bundesrat möge die Revisionsvorlage zum
Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG) nochmals überprüfen und auf das Notwendigste beschränken. Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) nahmen in der Folge die Überarbeitung der Revisionsvorlagen über das
UVG nicht selber an die Hand, sondern «delegierten» die Arbeiten an eine Gruppe von Sozialpartnern
und Versicherern. Ende 2012 wurde anlässlich des 2. Spitzentreffens dieser «Sozialpartnergruppe»
beschlossen, sich auf eine technische Revision des UVG zu konzentrieren. Dies aufgrund der umfassenden jahrelangen Arbeiten und der politischen Gegebenheiten. Als Eckpfeiler wurden folgende
Beschlüsse gefasst: Keine Portefeuilleverschiebungen von den privaten UVG-Versicherern hin zur Suva;
keine Zulassung der Suva zur Durchführung der UVG-Zusatzversicherung; Zulassung der Suva zu den
beantragten Nebentätigkeiten; Verankerung der Rahmenbedingungen für die liberalisierten
Prämientarife gemäss Vorschlägen des SVV; die Vereinbarung einer Überentschädigungsregelung.
“
Aktive Mitwirkung des SVV an tragfähigem
Kompromissvorschlag
Der SVV erarbeitete zusammen mit den andern Partnern einen umfassenden
Kompromissvorschlag. Dieser wurde von allen beteiligten Organisationen
(Sozialpartner, Dachverbände, SVV) gutgeheissen. Für die entsprechende
Eingabe an das BAG wurde ein Redaktionsteam gebildet. Dieses bestand
aus je einem Vertreter des Arbeitgeberverbands, der Gewerkschaften, der
Suva und des SVV. Mitte November 2013 wurde die Eingabe der Sozialpartner dem BAG zugestellt. Die Unterstützung der Eingabe auch durch die
Suva und den SVV wurde möglich, weil von Anfang an die wichtigen Anliegen beider Organisationen in die gemeinsame Stellungnahme einflossen.
Mit dieser Unterstützung signalisierten die beiden Organisationen zudem,
dass auch sie im Interesse eines raschen, verlässlicheren Gesetzgebungsprozesses bereit seien, von einer Reihe ihrer ursprünglichen Forderungen
abzuweichen.
Einvernehmliche Lösungen anstreben:
Paritätische Kommission UVG
Teil der gefundenen Kompromisslösung war schliesslich auch die Absicht
des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV und der Suva, eine Paritätische Kommission, bestehend aus drei Vertretern beider Seiten und
einem unabhängigen Vorsitzenden, zu bilden respektive zu reaktivieren.
Dies ist bereits geschehen. Präsident dieses Gremiums ist Thomas Gächter, Rechtsprofessor an der Universität Zürich. Diese Kommission soll bei
strittigen Fällen hinsichtlich des Zuständigkeitsbereichs nach einvernehmlichen Lösungen suchen. Aktuell im Vordergrund steht dabei die Abgrenzung bezüglich Betriebe, die temporär Arbeitskräfte anbieten. Das Gremium soll aber auch eine Plattform sein für den Informationsaustausch und
die Zusammenarbeit bei Gesetzes- oder Verordnungsänderungen, soweit
es um Bestimmungen geht, die beide Parteien betreffen. Die Kommission
hat schon drei Mal getagt. Bezüglich «Temporärbetriebe» vertritt die Suva
die Meinung, sobald eine Firma Personal verleihe, sei diese bei der Suva
versichert.
Es stellt sich die Frage, ab welchem prozentualen Anteil ein Betrieb bei
der Suva versichert ist. Thomas Gächter, der unabhängige Vorsitzende der
Kommission, wird bis zur nächsten Sitzung im Herbst 2015 einen Vorschlag
ausarbeiten.
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Revision Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG)13
Bundesrat eröffnet konferenzielle
Vernehmlassung
Unter Einbezug der Sozialpartner und der Versicherer hat der Bundesrat die
notwendigen Anpassungen an die Hand genommen und am 6. Juni 2014
die Zusatzbotschaft veröffentlicht. Das UVG, das im Jahre 1984 in Kraft getreten ist, hat sich aus Sicht des Bundesrats zwar grundsätzlich bewährt.
Die Finanzierung sei gewährleistet. Trotzdem wolle er mit der Revision den
in den vergangenen 30 Jahren stattgefunden Veränderungen Rechnung
tragen (beispielsweise der Liberalisierung der Prämientarife per 1. Januar
2007) und einzelne Schwachstellen ausmerzen. Am 18. Juni 2014 fand die
konferenzielle Vernehmlassung mit Bundesrat Alain Berset statt. Und am
2. Juli 2014 hat der SVV, unter Einbezug der betroffenen Gremien, seine
schriftliche Stellungnahme fristgerecht dem BAG eingereicht.
Bundesrat verabschiedet die Vorlage
zuhanden des Parlaments
Der Bundesrat hat am 19. September 2014 die neue Vorlage zu Handen
des Parlaments verabschiedet. Eine Analyse hat gezeigt, dass sich das
grosse Engagement des SVV ausbezahlt hat und die dem SVV wichtigen
Anliegen in die Botschaft aufgenommen wurden. Am 14. November 2014
hat die Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-NR) den
SVV zu einem Hearing eingeladen. Der SVV hat an dieser Veranstaltung betont, hinter der gemeinsamen Stellungnahme der Sozialpartner zu stehen
und die vom Bundesrat verabschiedete Zusatzbotschaft zu unterstützen.
Er hofft, dass das Parlament dieses Geschäft rasch zu seiner Zufriedenheit
abschliessen wird.
Wichtige Bestimmungen in der Zusatzbotschaft des Bundesrats sind:
–– Gesetzliche Verankerung eines Fonds zur Sicherung der künftigen Renten.
–– Gesetzliche Verankerung einer Ereignislimite für Kriegs- und Katastrophenrisiken. Zur Deckung von Schäden, die darüber hinausgehen, sollen die Versicherer einen Ausgleichsfonds schaffen. Dieser würde nach
Eintritt eines Grossereignisses über einen speziellen Prämienzuschlag
geäufnet.
–– Sinnvollerweise hat der Bundesrat die Unfallversicherung für arbeitslose
Personen neu im UVG verankert.
–– Von grosser Bedeutung ist auch die Bestimmung von Artikel 66 UVG. Hier
haben sich der SVV und die Suva bezüglich Marktaufteilung darauf geeinigt, beim status quo zu bleiben. Bezüglich einiger weniger gewerblicher
Branchen (Optikergeschäfte, Bijouterie- und Schmuckgeschäfte, Sportartikelgeschäfte, Radio- und Fernsehgeschäfte sowie Innendekorationsgeschäfte) wurde im Einvernehmen eine Präzisierung vorgenommen.
–– Wichtig ist zudem die Bestimmung bezüglich Überentschädigung im
Rentenalter. Danach sollen beim Erreichen des ordentlichen Rentenalters lebenslänglich ausgerichtete Renten gekürzt werden, damit verunfallte Personen finanziell nicht besser gestellt sind als solche ohne Unfall. Es ist wichtig, dass allfällige Kürzungen der UVG-Rente nicht durch
höhere BVG-Leistungen ausgeglichen werden.
–– Auch die sogenannten «Schwachstellen» hat der Bundesrat eliminiert,
beispielsweise indem der Versicherungsbeginn neu definiert wurde: Nun
sind auch diejenigen Personen versichert, die zwar einen Arbeitsvertrag
besitzen, die Arbeit jedoch noch nicht angetreten haben.
SGK-NR steht hinter dem Kompromiss
Die Revision des Unfallversicherungsgesetzes war von 2008 bis 2010 im
Parlament heftig umstritten. Umso erfreulicher ist es, dass die SGK-NR den
Kompromiss unterstützt hat. Allerdings hat die vorberatende Kommission
abweichend vom Entwurf des Bundesrats beantragt, dass Arbeitgeber und
Versicherer in der Berufsunfallversicherung eine Verlängerung der Warte-
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Revision Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG)14
frist auf 30 Tage vereinbaren können, sofern dem Versicherten kein Nachteil
daraus entsteht. Anlässlich der Sommersession haben im Nationalrat alle
–– .
Parteien
Eintreten beschlossen. Der Nationalrat ist am 4. Juni 2015 leider
dem Antrag der vorberatenden Kommission gefolgt.
Die vorberatende Kommission
des Ständerats hat sich gegen
eine Verlängerung der Wartefrist
ausgesprochen
In der Detailberatung beantragte die SGK-SR einstimmig, die einzig materielle Änderung, welche der Nationalrat beschlossen hatte, rückgängig zu
machen. Sie lehnte die freiwillige Verlängerung der Wartefrist in der Berufsunfallversicherung auf 30 Tage ab. Als Argument führte sie insbesondere
den hohen administrativen Aufwand auf. Hingegen schlug sie einer Übergangsbestimmung zur Sicherung jener Mittel vor, welche die privaten Versicherer schon bisher für die Teuerungszulagen geäufnet haben. Schliesslich beantragte die Kommission, die Suva möge frei sein, auf welche Art sie
übermässige Reserven abbauen wolle (Streichung von Art. 90 Abs. 5 UVG).
Die Vorlage ist bereit für die Herbstession 2015.
Kontakt
Für zusätzliche Informationen steht Ihnen Iris Schultheiss (Telefon: 044 208
28 55; E-Mail: [email protected]) gerne zur Verfügung.
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Schweizer Solvenztest15
„
Schweizer Solvenztest
Der Schweizer Solvenztest (SST) ist am 1. Januar 2011 definitiv in Kraft getreten. Der SVV hat
an der Entwicklung dieses wichtigen Instruments mitgewirkt und steht voll und ganz hinter
der risikobasierten Aufsicht. Bei der Ausgestaltung und praktischen Anwendung des SST
bestehen allerdings nach wie vor deutliche Meinungsunterschiede zwischen den Aufsichtsbehörden
und den Privatversicherern. So wünschen diese, dass für die Diskontierung der Verpflichtungen eine
Zinskurve angelegt wird, die auf Swap-Sätzen und nicht auf Staatsanleihen basiert. Weiter beantragen
sie, dass die Szenarien aus den quantitativen Kapitalanforderungen entfernt werden, dass Liegenschaften zinssensitiv risikobewertet werden, dass die Behörden rascher über die internen Modelle
entscheiden, dass der SST prozyklisches Verhalten der Versicherer zu reduzieren hilft und
dass die Kapitalanforderungen im SST nicht strenger sind als diejenigen in der EU unter der
Norm Solvabilität II.
“
Der SST ist am 1. Januar 2011 definitiv
in Kraft getreten
Fünf Jahre nach Inkrafttreten des neuen Versicherungsaufsichtsgesetzes
(VAG) und der neuen Aufsichtsverordnung (AVO) sind die Übergangsbestimmungen im Zusammenhang mit dem Schweizer Solvenztest (SST) am
31. Dezember 2010 ausgelaufen. Seit dem 1. Januar 2011 muss also das Zielkapital mit risikotragendem Kapital voll gedeckt sein. In materiell wichtigen
Fragen bestehen jedoch noch einige Meinungsunterschiede zwischen der
Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) und der Privatassekuranz:
Zinskurve sollte auf Swap-Sätzen basieren
–– Die Versicherungsindustrie wünscht sich für die Diskontierung der Verpflichtungen und die Berechnung des Zielkapitals eine Zinskurve basierend auf Swap-Sätzen. Die AVO sieht grundsätzlich Bundesanleihen vor.
Diese eignen sich aber weniger, weil sie ab einer Dauer von circa 10 bis
15 Jahren von sehr tiefer und abnehmender Liquidität sind. Eine Teilrevision der AVO per 1. Januar 2013 sieht nun eine gewisse Erleichterung vor:
Während einer ausserordentlichen Tiefzinsphase kann die Finma eine
andere Zinskurve für die Diskontierung der bestehenden Verpflichtungen zulassen. Die Finma hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht
und per 1. Januar 2013 ein neues Rundschreiben in Kraft gesetzt. Das
Rundschreiben erlaubt für die SST der Jahre 2013, 2014 und 2015 die Verwendung einer Zinskurve basierend auf Swap-Sätzen, reduziert um 10
Basispunkte (um das Kreditrisiko zu berücksichtigen). Diese Zinskurve
kann aber nur für die Diskontierung der bestehenden Verpflichtungen
verwendet werden. Für die Berechnung aller anderen Elemente des SST
(das Zielkapital, der Mindestbetrag, die Szenarien, das Kernkapital, die
Diskontierung der Verpflichtungen aus dem Neugeschäft ab 1. Januar
2013 usw.) muss weiterhin die Zinskurve basierend auf den Bundesanleihen verwendet werden. Der SVV begrüsst die Erleichterungen, bedauert
aber, dass es sich nur um eine befristete Lösung für den Zeitraum 2013
bis 2015 handelt. Der SVV ist weiterhin der Ansicht, dass eine einzige
Zinskurve für den gesamten SST basierend auf Swap-Sätzen, allenfalls
reduziert um einen kleinen Abschlag für das Kreditrisiko, richtig wäre.
Szenarien sollten zu den qualitativen
Anforderungen zählen
–– Szenarien sind ein wesentliches Element des Risikomanagements eines Versicherungsunternehmens. Die Wahl der Szenarien und deren Aggregation als Bestandteil des Zielkapitals ist allerdings umstritten. Die
Festlegung der Eintrittswahrscheinlichkeiten ist willkürlich. Aus diesen
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Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Schweizer Solvenztest16
Gründen wünscht die Versicherungsindustrie eine Entfernung der Szenarien aus den quantitativen Kapitalanforderungen (Säule 1) des SST.
Die Szenarien sollen Teil der qualitativen Anforderungen (Säule 2) des
SST werden und dem intensiven Risikodialog innerhalb des Versicherungsunternehmens sowie zwischen der Finma und des Managements
des Versicherungsunternehmens dienen. Die Versicherungsindustrie
wünscht diesbezüglich eine Anpassung der AVO (Art. 42 Abs. 1 Bst. b
und c, 44 und 45 AVO).
Behandlung der Liegenschaften sollte
verbessert werden
–– Die Behandlung der Liegenschaften (eine wichtige Kapitalanlagenklasse der Versicherungsunternehmen) im SST ist unbefriedigend. Liegenschaften werden im SST wie Aktien, jedoch mit einer tieferen Volatilität,
behandelt. Dies verursacht eine hohe Kapitalhinterlegung für Liegenschaften. Eine Zinssensitivität der Liegenschaften sollte von der Finma
akzeptiert werden.
Genehmigung interner Modelle sollte
beschleunigt werden
–– Der Genehmigungsprozess der internen Modelle durch die Finma ist
langsam und in Verzug. Übergangslösungen wurden zwar definiert, eine
Planungsunsicherheit für die Versicherungsunternehmen besteht aber
weiterhin.
Zyklische Effekte sollten reduziert werden
–– Der SST fördert ein prozyklisches Verhalten der Versicherungsunternehmen. Der SST sollte angepasst werden, um die zyklischen Effekte zu reduzieren.
Lebensversicherer werden bestraft
–– Lebensversicherer, die Optionen und Garantien nicht gut bewerten können, werden mit hohen Abschlägen auf dem risikotragenden Kapital bestraft.
Swiss Finish muss beseitigt werden
–– Die EU wird unter der Norm Solvabilität II (Einführung per 1. Januar 2016)
weniger strenge Kapitalanforderungen als im SST vorgeben. Dies ist
problematisch, weil sich dadurch Wettbewerbsverzerrungen zwischen
schweizerischen Versicherungsgruppen und Versicherungsgruppen mit
Sitz in der EU ergeben. Ein Swiss Finish ist nicht angebracht und muss
beseitigt werden.
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Für zusätzliche Informationen steht Ihnen Marc Chuard (Telefon: 044 208 28
61; E-Mail: [email protected]) gerne zur Verfügung.
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
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Positionen der Versicherungswirtschaft
Äquivalenz17
„
Äquivalenz
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) strebt an, dass sie von der Europäischen
Union im Hinblick auf das Solvabilität-II-Regime als gleichwertige Versicherungsaufsicht
anerkannt wird. Für die schweizerischen Versicherungsgruppen mit Tochtergesellschaften
in der EU ist diese Anerkennung sehr wichtig, weil diese sonst eine zweite Gruppenaufsicht aus der
EU riskieren. Im schlimmsten Fall müssten sie ihren Hauptsitz in die EU verlagern, um diese doppelte Gruppenaufsicht zu vermeiden. Für schweizerische Rückversicherer ist die Äquivalenz
ebenfalls von grosser Bedeutung, um ohne Wettbewerbsnachteile aus der Schweiz europaweit operieren zu können.
“
Anerkennung der Gleichwertigkeit
der Schweizer Aufsicht ist wichtig
Die EU-Richtlinie Solvabilität II vom 25. November 2009 sieht die Anerkennung der Gleichwertigkeit der Versicherungsaufsicht von Drittländern (so
genannte Äquivalenz) vor. Die Schweiz (bzw. die Finma) strebt diese Äquivalenz an. Sie ist sehr wichtig für schweizerische Versicherungsgruppen mit
Tochtergesellschaften in der EU, weil diese sonst eine zweite Gruppenaufsicht aus der EU riskieren. Im schlimmsten Fall müssten sie ihren Hauptsitz
in die EU verlagern, um diese doppelte Gruppenaufsicht zu vermeiden. Für
schweizerische Rückversicherer ist die Äquivalenz ebenfalls von grosser
Bedeutung, um ohne Wettbewerbsnachteile aus der Schweiz europaweit
operieren zu können.
Prozess der Anerkennung kommt voran
Aus Sicht des SVV läuft der Prozess zurzeit gut. Die Schweiz gehört zu den
ersten Ländern (zusammen mit Bermuda und Japan), die von der EU geprüft
worden sind (Mitte 2011). Die Schweiz hat von der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung
(Eiopa) gute Bewertungen erhalten. Nicht ganz überraschend gab es von
Eiopa gegenüber der Schweizer Aufsicht einige Vorbehalte betreffend den
Offenlegungspflichten. Die Teilrevision der Aufsichtsverordnung (AVO) von
2015 schliesst die Lücken, die Eiopa beobachtet hat.
AVO-Teilrevision schliesst Lücken
betreffend Offenlegungspflichten
Mit der Verzögerung in der Implementierung von Solvabilität II und der Omnibus-II-Richtlinie verschiebt sich auch der Entscheid der EU zur Äquivalenz. Er wird kurz vor der Implementierung von Solvabilität II erwartet.
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Positionen der Versicherungswirtschaft
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Aufsichtsrecht18
Aufsichtsrecht
Das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und die Aufsichtsverordnung (AVO) müssen revidiert werden. Aus mehreren Gründen: Die Anwendung des Schweizer Solvenztests ist unverhältnismässig streng, die Schweizer Versicherungsaufsicht muss von der EU als gleichwertig anerkannt werden, neue Monopole im Versicherungsbereich oder die Ausdehnung
bestehender Monopole müssen verhindert werden und auch die Umsetzung der künftigen
Erdbebenversicherung löst einen Anpassungsbedarf aus.
VAG-Revision frühestens ab 2016
“
Eine Revision des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und der Aufsichtsverordnung (AVO) steht seit längerem auf der Prioritätenliste des Schweizerischen Versicherungsverbandes (SVV). Dieser hat auch mehrmals beim
Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) interveniert. Trotzdem wurden
keine Revisionsschritte eingeleitet. Departementsvorsteherin Eveline
Widmer-Schlumpf zeigte zwar Verständnis für die Anliegen der Assekuranz,
wies aber darauf hin, dass sie eine Botschaft für eine VAG-Revision frühestens im Jahre 2016 erwäge.
Die AVO wurde am 1. Juli 2015 teilrevidiert. Mit dieser Teilrevision wurden die Lücken, die die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (Eiopa) im Rahmen
des Äquivalenz-Prozesses mit der EU beobachtet hatte (siehe Position zur
Äquivalenz), geschlossen. Weitere wichtige Anliegen der Schweizer Versicherungswirtschaft wurden aber bedauerlicherweise in dieser Teilrevision
nicht berücksichtigt.
Wettbewerbsnachteil nimmt laufend zu
Weil die Einführung des europäischen Projekts Solvabilität II mit grosser
Verspätung stattfindet, wächst der Wettbewerbsnachteil der Schweizer Versicherungswirtschaft gegenüber der europäischen Konkurrenz, insbesondere bei den Kapitalanforderungen. Anpassungen am Schweizer Solvenztest sind deshalb unumgänglich.
Eine VAG-Revision ist aber auch notwendig, um die Wettbewerbsverzerrung
zwischen staatlichen Monopolversicherern und der Privatassekuranz aufgrund des Bundesgerichtsentscheids bezüglich der Gebäudeversicherung
des Kantons Glarus zu beseitigen. Auch für andere Anliegen im Elementarschaden-Bereich braucht es baldige gesetzliche Anpassungen.
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Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Pflichtversicherung19
„
Pflichtversicherung
Bei den Pflichtversicherungen besteht vor allem kantonal ein historischer Wildwuchs mit
unklaren Zielen und Absichten. Die Anforderungen und Vorgaben der Kantone stellen die
Versicherer vor aufwändige und teils nicht realistische Aufgaben. 2014 wurde zudem mittels Motion die Einführung eines ausführlichen Rahmengesetzes für Pflichtversicherungen auf Bundesebene verlangt. Unabhängig davon hat der SVV bereits vor dieser Motion seine Strategie für den
Bereich Pflichtversicherungen festgelegt. Der SVV lehnt ein spezielles Rahmengesetz für Pflichtversicherungen ab, begrüsst aber solche im Bereich Haftpflicht dort, wo sie Sinn machen. Um die Sinnhaftigkeit beurteilen zu können, hat der SVV ein Bewertungsraster für Risiken entwickelt. Mit diesem
Werkzeug können neue Pflichtversicherungen nach einheitlichen Grundsätzen erstellt werden. Der SVV
setzt sich dafür ein, dass Haftpflichtversicherungsobligatorien ausschliesslich auf Bundesebene bestehen und bietet deshalb aktive Mitarbeit im Gesetzgebungsverfahren an, aktuell
bei der Revision des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG).
“
Unübersichtliche Situation
Der SVV stellt seit langem eine zunehmende Regulierungsdichte im Bereich
Haftpflicht-Pflichtversicherungen fest. Aktuell existieren in der Schweiz neben 100 kantonalen Obligatorien über 40 Haftpflichtversicherungsobligatorien auf Bundesebene. Diese wurden nach keinem sichtbaren einheitlichen
Vorgabesystem erlassen. Wegen der unterschiedlichen kantonalen Anforderungen wird eine aufwändige Verwaltung unterschiedlicher Produkte in
den Portefeuilles der Versicherer nötig. Diese Verwaltung wird zunehmend
teurer, stösst administrativ an Grenzen und ist fehleranfällig. Störend wirkt,
dass mit der Regulierungsdichte der Schutz Dritter nicht besser wurde und
auch die Sensibilität der Öffentlichkeit für wirkliche Gefahren nicht gesteigert werden konnte.
Die Pflicht, zu versichern, ist keine
Präventionsmassnahme
Häufig wird eine Pflichtversicherung aufgrund emotionaler Ereignisse propagiert. Wird ein Kind von einem Hund schwer verletzt oder gar getötet, verlangt die Öffentlichkeit schnell eine Hundehalterhaftpflichtversicherung.
Damit verbunden besteht unausgesprochen die Erwartung, nicht nur das
Opfer zu schützen, sondern auch gleich das Schadenereignis als solches
zu verhindern. Die Pflicht, zu versichern, ist aber keine Präventionsmassnahme. Mit einer Pflichtversicherung wird kein einziger Schaden verhütet.
Die Wirkung einer Pflichtversicherung setzt erst nach Schadeneintritt ein.
Die Forderung nach einer Pflichtversicherung muss sich somit an echten
wirtschaftlichen Bedürfnissen im Schadenfall ausrichten und darf nicht
emotional geleitet sein.
Pflichtversicherungen dort, wo sie Sinn
machen
Der SVV bekannte sich deshalb bereits in der Vernehmlassung zur Totalrevision VVG zu Pflichtversicherungen dort, wo sie Sinn machen. Er hat
eine Position entwickelt, mit welcher der Gesetzgeber in der Lage ist, analytisch und nicht emotional Pflichtversicherungen zu normieren (s. Kasten
am Schluss). Pflichtversicherungen auf kantonaler Basis sind aber unerwünscht und verwässern sogar deren Bedeutung. Wenn Gefahren eine
Pflichtversicherung erfordern, so ist eine bundesrechtliche Regelung die
logische Folge. Was in einem Kanton gefährlich ist, ist auch in einem anderen Kanton gefährlich. Die Gefahr macht keinen Halt an der Kantonsgrenze. Kantonale Pflichtversicherungen schaffen nur Rechtsunsicherheit in
der Bevölkerung, wie beispielsweise unterschiedliche Regelungen bei der
Kantonale Pflichtversicherungen schaffen
Rechtsungleichheit
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Pflichtversicherung20
Versicherungspflicht für Hundehalter. Sie bewirken schlimmstenfalls, dass
man die Gefahr unterschätzt, weil sie kantonal unterschiedlich bewertet
wird. Sie erschweren zudem einen einheitlichen Binnenmarkt und können
wettbewerbsverzerrend wirken.
Motion «Obligatorische Haftpflicht.
Einheitliche Regelungen und
Anpassungen» erwies sich als
falscher Weg
Anforderungen an Pflichtversicherung soll
mit Grad der Gefährlichkeit steigen
Im Parlament war 2014 die Motion 14.3043 «Obligatorische Haftpflicht. Einheitliche Regelung und Anpassungen» hängig, welche gleiche Ziele wie die
Strategie SVV, aber auf unterschiedlichem Weg verfolgte. Mit der Motion
sollte der Bundesrat beauftragt werden, für die nach Bundesrecht obligatorischen Haftpflichtversicherungen ein einheitliches, sich am Vorbild des
Strassenverkehrsgesetzes orientierendes Schutzniveau für geschädigte
Personen einzuführen und die Einführung einer auf die Haftung für Personenschäden begrenzten obligatorischen Privat-Haftpflichtversicherung
zu prüfen. Die Motion und die Strategie SVV zu den Pflichtversicherungen
unterscheiden sich aber bei der Anwendungsmethode deutlich. Gemäss
Motion sollten alle privaten Tätigkeiten einheitlich und obligatorisch versichert werden. Der SVV hat einen anderen, risikobasierten Ansatz: Nur
was allgemein und für eine Vielzahl potenzieller Geschädigter gefährlich
ist, soll pflichtversichert werden. Nicht alles, was man privat tut, ist gleich
gefährlich; als Beispiel kann auf die eklatant unterschiedliche Gefahr für
Dritte durch einen Freizeitsportler gegenüber dem Risiko eines Freizeitjägers verwiesen werden. Nach Ansicht des SVV sollen die Anforderungen an
den Inhalt der Pflichtversicherung mit dem Grad der Gefährlichkeit steigen.
Hohe Gefahren rechtfertigen mehr Restriktionen beim Vertragsinhalt als geringere.
Die Motion wurde schliesslich vom Nationalrat abgelehnt. Dieser Teilerfolg
des Lobbyings ist nur ein konsequenter Schritt auf dem Weg zu einer fai­ren
und angemessenen Regulierung von Pflichtversicherungen. Im Rahmen der
Revision des VVG hat der SVV seinen konstruktiven Vorschlag für eine Regelung im VVG vorgestellt und einen Vorschlag der Normierung konkreti­siert.
Es ist zu hoffen, dass der Beitrag zu einer vertieften Zusammenar­beit im
Bereich Pflichtversicherung mit den Bundesbehörden führt und mit einer
allseits akzeptierten kurzen Bestimmung zum Thema Pflichtversiche­rung
im VVG endet.
Position des SVV zu Pflichtversicherungen
Der SVV hat ein Konzept für den Erlass von neuen Pflichtversicherungen entwickelt. Dieses basiert auf drei Säulen: einer Vision, einem Bewertungsraster
für Gefahren und dem Einsatz von versicherungstechnischen Instrumenten
(Instrumentenkatalog), je nach Risikoexposition.
Vision
- Der SVV begrüsst Pflichtversicherungen dort, wo sie Sinn machen.
- Pflichtversicherungen sind nach einheitlichen Grundsätzen und ausschliesslich bundesrechtlich zu regeln.
- Der SVV wirkt aktiv im Gesetzgebungsverfahren mit.
Bewertungsraster
Das Bewertungsraster dient der Analyse und Gewichtung von Risiken. Das
Bewertungsraster «Pflichtversicherungen» orientiert sich an verschiedenen
Kriterien, unter anderem an der Wählbarkeit der Risikoexposition, der Anzahl
potenziell Geschädigter und dem Schadenpotenzial. Das Raster ermöglicht
dem Gesetzgeber, diejenigen Kriterien einzustufen, die eine PflichtverFortsetzung auf der nächsten Seite
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Pflichtversicherung21
sicherung rechtfertigen könnten. Wird ein festzulegender Grenzwert erreicht,
gilt das Risiko als «pflichtversicherungswürdig».
Instrumentenkatalog
Risiken, die den Grenzwert erreichen, können trotzdem noch unterschiedlich
hoch sein. Daher unterstützt als drittes Element der Instrumentenkatalog den
Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Pflichtversicherungen nach versicherungstechnischen Grundsätzen. Je nach Risikohöhe kann die reine Pflicht
reichen, eine Versicherung abzuschliessen. In der Regel rechtfertigt sich die
Festlegung von Mindestversicherungssummen, bei schwereren Risiken unter
Umständen ein direktes Forderungsrecht des Geschädigten gegen den Versicherer. Bei besonders hohen Risiken kann sich sogar ein direktes Forderungsrecht mit weiteren Vorgaben rechtfertigen.
Das Konzept ermöglicht es dem Gesetzgeber, für jedes einzelne Risiko eine
saubere Risikobeurteilung und angemessene Einstufung in der Risikoeskalation vorzunehmen. Diese schafft mehr Transparenz und Rechtssicherheit für
die Konsumenten. Damit hat der SVV ein Standardinstrument mit Mehrwert für
den Gesetzgeber und die Assekuranz geschaffen.
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Für zusätzliche Informationen steht Ihnen Hubert Bär (Telefon: 044 208 28 58;
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Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Erdbebenversicherung22
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Erdbebenversicherung
Erdbeben treten in der Schweiz zwar selten auf, stellen aber aufgrund der dichten Besiedlung und der hohen Konzentration an Sachwerten die Naturgefahr mit dem grössten
Zerstörungspotenzial dar. Mit der an den Bundesrat überwiesenen Motion des Ständerats
Jean-René Fournier wird eine flächendeckende, obligatorische Erdbebenversicherung gefordert. Damit
könnte die letzte, noch nicht versicherte Naturgefahr einer Lösung zugeführt werden. Die Konsultation
ergab keine Einstimmigkeit zu Gunsten der Erdbebenversicherung. Der Bundesrat empfiehlt deshalb
dem Parlament, die Motion Fournier abzuschreiben. Der SVV bedauert diesen Entscheid, denn damit
haben die Hauseigentümer weiterhin keinen effizienten Versicherungsschutz gegen Erdbeben. In der Zwischenzeit sind im Parlament zwei weitere Vorstösse eingereicht worden, mit
dem Ziel, eine obligatorische Versicherung gegen Erdbeben zu realisieren.
Die Schweiz weist ein hohes
Erdbebenrisiko auf
“
Die Schweiz verfügt über ein weltweit einzigartiges Versicherungssystem
zum Schutz gegen die finanziellen Folgen von Elementarereignissen. Praktisch sämtliche Risiken in der Schweiz sind entweder durch die kantonalen
Gebäudeversicherungen oder die Privatversicherer versichert.
Einzig gegen die finanziellen Folgen von Erdbeben besteht kein obligatorischer Versicherungsschutz. Diese Gefahr darf nicht unterschätzt werden:
Die Schweiz weist zwar eine mittlere Erdbebengefährdung auf, aber aufgrund der dichten Besiedlung und der hohen Wertekonzentration muss
in praktisch allen Teilen der Schweiz mit sehr grossen Schäden gerechnet
werden. Bereits heute bieten die meisten der Versicherungsgesellschaften
eine Erdbebenversicherung an. Die kantonalen Gebäudeversicherer stellen
einen Maximalbetrag von zwei Milliarden Franken auf rein freiwilliger Basis
zur Verfügung.
Mit politischem Willen und Solidarität zu
einem optimalen Schutz
Die öffentliche Hand, die Privatassekuranz und die kantonalen Gebäudeversicherer haben in einem gemeinsamen Projekt die Möglichkeit einer
flächendeckenden Erdbebenversicherung geprüft. Eine Lösung liegt vor,
welche die Finanzierung für den Wiederaufbau der Gebäude nach einem
Erdbeben sicherstellt. Sie beruht auf einer Solidarität zwischen den drei
Partnern und den Gebäudeeigentümern. Mit dieser Rollenteilung wird der
Versicherungsschutz äusserst günstig und damit finanziell für alle tragbar.
Nach den tragischen Erdbeben in Neuseeland und Japan reichte Ständerat Jean-René Fournier im Jahre 2011 eine Motion für eine obligatorische
Erdbebenversicherung ein. Der erarbeitete Vorschlag wurde in einer breit
angelegten Konsultation den kantonalen Versicherern und anderen nahestehende Organisationen zur Stellungnahme unterbreitet.
Eine grosse Mehrheit spricht sich klar für eine obligatorische Erdbebenversicherung aus. Eine föderale Lösung auf Versicherungsebene wird gewünscht: Die Kantone würden die Gesetzgebungen der kantonalen Gebäudeversicherungen um die Erdbebengefahr erweitern. Die Privatassekuranz
würde die Erdbebenversicherung als 10. Elementarschadengefahr in der
Aufsichtsverordnung (AVO) etablieren. Diese Lösung würde der in der
Schweiz bestehenden, seit Jahrzehnten erfolgreichen Naturgefahrenversicherung entsprechen, die weltweit einzigartig ist.
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Erdbebenversicherung23
Arbeitsteilung im Katastrophenfall
Die Bewältigung eines Erdbebens erfordert die (vorgängig festgelegte) Zusammenarbeit und auch eine Lastenteilung zwischen Privaten, Unternehmen und der öffentlichen Hand. Die öffentliche Hand muss sich personell
und finanziell auf die Intervention und Wiederherstellung der Infrastruktur
konzentrieren können. Private und Unternehmen sollen, zusammen mit der
öffentlich rechtlichen und privaten Versicherungswirtschaft, die Wiederherstellung ihrer Schäden in Angriff nehmen. Selbst wenn die öffentliche Hand
einen Teil der von Privaten und Unternehmen erlittenen Schäden finanzieren wollte, würde dies an der Umsetzung scheitern. Die personelle und
technische Infrastruktur zur Ermittlung der Schäden und zur Auszahlung
der Gelder ist nur bei der Assekuranz vorhanden.
Politischer Wille aller Betroffenen
notwendig
Für die Einführung einer obligatorischen Erdbebenversicherung braucht es
zwingend den politischen Willen aller Betroffenen. Dieser scheint sich zum
jetzigen Zeitpunkt nicht in allen Bereichen durchzusetzen. Damit ist das
letzte fehlende Teil für einen umfassenden Schutz gegen die Naturgefahren
in der Schweiz nicht gewährleistet. Der SVV bedauert diese Entwicklung.
Föderales Prinzip im Versicherungswesen
hat sich bewährt
Auf Grund des Entscheids des Bundesrats sind zwei neue Vorstösse im Nationalrat eingereicht worden. Der erste fordert, dass die obligatorische Erdbebenversicherung über eine Änderung der Bundesverfassung eingeführt
wird. Im zweiten Vorstoss wird beantragt, dass die Hypotheken der Banken
obligatorisch gegen Erdbeben zu versichern sind. Der SVV ist der Auffassung, dass sich das föderale Prinzip im Versicherungswesen in der Schweiz
seit langer Zeit gefestigt hat und äusserst erfolgreich ist. Dieser Ansatz ist
in der Bevölkerung verankert und sollte auch für die Versicherung der Erdbebengefahr die Basis darstellen.
Sicherheit für die Banken
Eine obligatorische Erdbebenversicherung würde die beträchtliche Exponierung in den Hypothekarportefeuilles von Banken vermindern. Denn Liegenschaften sind heute gegen alle Naturkatastrophen, ausser gegen Erdbeben,
versichert. Mit der Schliessung dieser Lücke würde die Risikoexposition
vermindert.
Kontakt
Für zusätzliche Informationen steht Ihnen Martin Wüthrich (Telefon: 044 208
28 83; E-Mail: [email protected]) gerne zur Verfügung.
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
„
Finanzdienstleistungsgesetz24
Finanzdienstleistungsgesetz
Der Einbezug der Versicherungsbranche in ein Finanzdienstleistungsgesetz/Finanzinstitutsgesetz ist nicht notwendig. Das Versicherungsrecht in seiner geltenden Form entfaltet
einen hohen Kundenschutz, indem es einerseits Vorschriften im Bereich der Produktgestaltung und des Vertriebs und anderseits Regelungen zur Solvenz der Versicherer enthält. Das Finanzdienstleistungsgesetz (Fidleg) soll den Zugang zu ausländischen Märkten, vor allem dem
EU-Markt, verbessern. Das trifft für die Versicherer nicht zu, weil der grenzüberschreitende
Vertrieb von Versicherungen ohnehin nur in sehr engem Rahmen möglich ist.
“
Vernehmlassungsverfahren
zum Finanzdienstleistungs-/
Finanzinstitutsgesetz
Massgebliche Momente im vorliegenden Reformprojekt sind der Konkurs
von Lehman Brothers und der Bertrugsfall Bernard Madoff. Der Konkurs
von Lehman Brothers hat zahlreichen Schweizer Anlegern grosse Verluste
beschert. Schweizer Versicherungskunden waren davon nie betroffen. Im
März 2012 hat der Bundesrat das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD)
beauftragt, gesetzliche Grundlagen zur Verbesserung des Kundenschutzes beim Vertrieb von Finanzprodukten zu erarbeiten. Vom Juni bis Oktober 2014 hat der Bundesrat das Vernehmlassungsverfahren durchgeführt.
Gestützt auf das Vernehmlassungsergebnis hat der Bundesrat am 13. März
und 24. Juni 2015 Richtungsentscheide für die Botschaft getroffen und veröffentlicht. Diese betreffen unter anderem die Frage der Rechtsdurchsetzung und das in der Vernehmlassungsvorlage vorgesehene Kundenberaterregister. Die Botschaft ist gegen Ende 2015 zu erwarten.
Einbezug der Assekuranz in das neue
Fidleg/Finig nicht notwendig
Der SVV hat mit Vernehmlassungsantwort vom 28. Oktober 2014 Stellung
bezogen. Der Einbezug der Versicherungsbranche in ein finanzmarktübergreifendes Finanzdienstleistungsgesetz/Finanzinstitutsgesetz ist nicht
notwendig. Es braucht für die Versicherungsbranche weiterhin einen sektorspezifischen Ansatz. Anpassungen im Bereich des Kundenschutzes sind
– soweit notwendig – in jedem Fall im Rahmen der bereits bestehenden
Spezialgesetzgebung vorzunehmen (VAG, AVO, VVG). Die Vernehmlassungsvorlage ist zugeschnitten auf das Bankwesen und orientiert sich an
der europäischen «Markets in Financial Instruments Directive», kurz Mifid.
Sie passt nicht auf das Versicherungswesen (Versicherungsverträge sind
keine Aufträge). Sowohl Mifid I (Erlass im Jahr 2004) wie auch Mifid II (Verabschiedung am 15. Mai 2014) richtet sich an das Bankwesen. Versicherungen sind davon ausgenommen.
Versicherungswirtschaft ist bereits
streng reguliert
Die Versicherungsbranche ist bereits heute durch spezielle Gesetze – das
Versicherungsaufsichtsgesetz mit dazugehöriger Aufsichtsverordnung und
das Versicherungsvertragsgesetz – streng reguliert. Zu diesen gesetzlichen
Bestimmungen kommen zahlreiche Rundschreiben der Eidgenössischen
Finanzmarktaufsicht (Finma). Die Gesetze und Rundschreiben entfalten
einen hohen Kundenschutz, indem sie einerseits Vorschriften im Bereich
der Produktgestaltung (zum Beispiel bei Lebensversicherungen) und des
Vertriebs und anderseits Regelungen zur Solvenz der Versicherer enthalten.
Die Befürworter des Finanzdienstleistungsgesetzes argumentieren, dass
das neue Gesetz den Zugang der Schweizer Finanzdienstleister zu ausländischen Märkten, vor allem dem EU-Markt, verbessert. Für die Schweizer
Assekuranz gilt dies aber nicht: Die Schweizer Versicherer können am in-
Fidleg bringt keine Verbesserung des
Marktzugangs
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Finanzdienstleistungsgesetz25
ternationalen Markt nicht grenzüberschreitend teilnehmen, weil das Versicherungsaufsichtsrecht grenzüberschreitende Versicherungsgeschäfte
nur in sehr engem Rahmen zulässt. So ist der Abschluss grenzüberschreitender Versicherungsverträge in der Schweiz nur erlaubt, wenn der Versicherer nicht aufsichtspflichtig ist oder aufgrund eines Staatsvertrages die
Dienstleistungsfreiheit zwischen den betroffenen Ländern gilt. Eine solche gegenseitige Dienstleistungsfreiheit existiert zurzeit nur zwischen der
Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein.
Versicherungswirtschaft führt
Lernattestierungssystem «Cicero» ein
Am 5. Januar 2015 hat das Branchenregister Cicero seinen Betrieb planmässig aufgenommen. Cicero steht für «Certified Insurance Competence» und
ist das überbetriebliche Bekenntnis zu Beratungsqualität und lebenslangem Lernen. Mit Cicero geht die Versicherungswirtschaft freiwillig weiter
als der Gesetzgeber: Nur Versicherungsvermittler und -vermittlerinnen mit
einer definierten beruflichen Basisqualifikation werden in das Branchenregister aufgenommen. Mit dem Eintritt verpflichten sie sich im Interesse der
Kunden zur regelmässigen Weiterbildung. Damit wird Cicero zur Marke für
Beratungskompetenz. Das öffentliche Verzeichnis unter www.cicero.ch gibt
Auskunft, wer sich bereits als Versicherungsvermittler registriert hat. Damit
unterstreicht die Versicherungswirtschaft ihr Verständnis von Konsumentenschutz mit Augenmass. Sie setzt auf Beratungskompetenz und macht
deutlich, dass sie ihren Berufsstand in Eigenverantwortung regulieren
kann. Die schweizerische Versicherungswirtschaft ist mit ihrem proaktiven
Engagement für die politischen Anstrengungen bezüglich der Aus- und Weiterbildung von Versicherungsvermittlern (Basisqualifikation, regelmässige
Weiterbildung, Registerpflicht) gerüstet. Im Interesse des Konsumentenschutzes und einer klaren, einheitlichen Lösung setzt sich der SVV für eine
entsprechende gesetzliche Regelung im VAG/VVG ein.
Kontakt
Für zusätzliche Informationen steht Ihnen Franziska Streich (Telefon:
044 208 28 63; E-Mail: [email protected]) gerne zur Verfügung.
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Geldpolitik26
„
Geldpolitik
Die Aufhebung des Euro-Mindestkurses und die Senkung der Zinsen durch die Schweizerische Nationalbank haben die Rahmenbedingungen für die Schweizer Wirtschaft grundlegend verändert. Die Versicherungswirtschaft erweist sich auch unter diesen Bedingungen
als äusserst robust. Fremdwährungsrisiken haben die Versicherer in der Regel ganz oder teilweise
abgesichert und die Aktienanteile in ihren Anlageportefeuilles sind tief. Eine immer grössere Herausforderung stellen die anhaltend tiefen und teilweise gar negativen Zinsen dar. Dennoch sind die Leistungen und Versprechen der Versicherer gegenüber ihren Kunden in keiner Weise gefährdet.
Im Gegenteil: Gerade jetzt zeigt sich, wie wertvoll die Garantien der Privatversicherer sind
– beispielsweise in der beruflichen Vorsorge.
“
Schweizerische Nationalbank senkt die
Zinsen weiter
Am 15. Januar 2015 hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro aufgehoben. Zugleich hat sie den Zins
für Guthaben auf Girokonten, die einen bestimmten Freibetrag übersteigen,
um 0,5 Prozentpunkte auf minus 0,75 Prozent gesenkt. Das Zielband für den
Dreimonats-Libor verschob sie weiter in den negativen Bereich von bisher
minus 0,75 Prozent bis plus 0,25 Prozent auf minus 1,25 Prozent bis minus
0,25 Prozent. In der Folge ist der Schweizer Franken massiv erstarkt, gegenüber dem US-Dollar bis zu 15 Prozent und gegenüber dem Euro bis zu 20
Prozent. Mittlerweile sind es noch 5 – 10 Prozent gegenüber dem US Dollar
rund 10 Prozent gegenüber dem Euro.
Versicherte Werte und Leistungen durch
SNB-Entscheid nicht gefährdet
Die versicherten Werte und Leistungen sind durch die Entscheide der SNB
nicht gefährdet. Gerade jetzt zeigt sich, wie wertvoll die einmaligen Garantien im Vollversicherungsmodell der beruflichen Vorsorge, aber auch in der
Einzellebensversicherung für die Kunden sind. Die Renditen auf bestehenden Lebensversicherungsprodukten dürften aber weiter auf niedrigem Niveau bleiben.
Wesentlich schwieriger wird es für neue Verträge in der Lebensversicherung, das sogenannte Neugeschäft: Die Versicherten können derzeit, wenn
überhaupt, nur noch mit einer marginalen Verzinsung ihres Kapitals in neuen Lebensversicherungen rechnen.
Schweizerische Privatassekuranz ist
wirtschaftlich gesund
Die Unternehmen der schweizerischen Privatassekuranz sind wirtschaftlich
gesund. Sie verfügen über genügend Reserven, um auch unter den aktuell
schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen ihren vertraglich zugesicherten
Leistungen nachzukommen.
Professionelles Risikomanagement hat
sich bewährt
Das professionelle Risikomanagement ist Teil des Kerngeschäfts der Versicherungsbranche. Die Vermögenswerte der Versicherer sind auf die Verpflichtungen abgestimmt – im Volumen und auf der Zeitachse. Es wurde
genügend (Eigen-)Kapital geschaffen. Die Anlagen sind breit diversifiziert
und Fremdwährungsrisiken in der Regel abgesichert («gehedged»). «Aktien und ähnliche Anlagen» machten Ende 2014 weniger als 3 Prozent der
Kapitalanlagen der Versicherer aus. Entsprechend sind die Verluste aus
den aktuellsten Marktbewegungen nach der Aufhebung des Mindestkurses
des Schweizer Frankens. Die heute geltende Regulierung hat sich bewährt.
Es braucht keine Verschärfungen und zusätzliche Auflagen. Unternehmeri-
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Geldpolitik27
sche Freiheit und Freiraum für die Versicherungsgesellschaften sind gerade
jetzt Voraussetzungen, dass die heute schwierige Zeit erfolgreich gemeistert und überstanden werden kann. Die Tendenz zur überbordenden Regulierung kann die Versicherungsbranche jetzt erst recht gefährden.
Herausforderung durch anhaltend tiefe
Zinsen
Die Senkung der Negativzinsen und die anhaltende Tiefzinsphase stellen
für die Privatversicherung eine riesige und stets wachsende Herausforderung dar. Es wird für die Versicherer immer schwieriger, die notwendigen
Erträge aus risikoarmen Anlagen zu erwirtschaften. Die Renditeerwartungen müssen weiter nach unten korrigiert werden. Die Versicherer könnten
gezwungen sein, auf das Anbieten neuer klassischer Lebensversicherungen zu verzichten.
Eine Senkung des BVG-Mindestzinssatzes – derzeit 1,75 Prozent – ist zwingend nötig. Die Versicherer fordern dies schon seit Langem. Die Politik
spekulierte bei der Festlegung des aktuellen Werts auf höhere Zinsen. Das
Gegenteil ist eingetreten.
Auch die Reform «Altersvorsorge 2020» wird für die Schweiz unter der gegenwärtigen Entwicklung noch wichtiger und dringender. Der Beitrag des
3. Zahlers (die Anlagerenditen) wird immer geringer. Die Lohnnebenkosten
werden ob der schwierigeren Wirtschaftslage zu einer Frage der Wettbewerbsfähigkeit.
Wachstum der Versicherungen wird
gebremst
Die gebremste Entwicklung der Schweizer Wirtschaft wird sich auf die Prämieneinnahmen und das Wachstum der Versicherungswirtschaft auswirken.
Die Vollversicherung in der beruflichen Vorsorge dürfte für die Unternehmen
als Alternative zu den Pensionskassen interessant bleiben. Sie reduzieren
das Risiko für die Versicherten und die Arbeitgeber, was in wirtschaftlich
schwierigen Zeiten mit knappen Margen doppelt zählt. Andererseits könnten tiefere Lohnsummen und weniger Beschäftigte in der Schweiz zu einem
Rückgang der Prämieneinnahmen führen.
Die Risikoversicherung in der Einzel-Lebensversicherung bleibt attraktiv.
Sie kann in schwierigen Zeiten erhöhte Sicherheit für den einzelnen Menschen und für Partner und Familien bieten. Die Nachfrage nach Einzel-Kapitalversicherungen und Einzel-Rentenversicherungen dürfte wegen der
tiefen Renditen nachlassen.
Die Schadenversicherung hängt von der wirtschaftlichen Entwicklung
und vom Wohlstand der Gesellschaft, auch von den Preisen für Häuser
und Güter ab. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Prämieneinnahmen in diesem Geschäft mittelfristig – wenn überhaupt – nur noch mässig steigen.
Die Versicherungen werden weiter an ihrer Effizienz arbeiten und ihre internen Abläufe optimieren. In einzelnen Fällen können gewisse Prozesse aus
Kostengründen ins Ausland transferiert werden und somit Arbeitsplätze in
der Schweiz verloren gehen.
Versicherungsgruppen mit Hauptsitz in der Schweiz werden wechselkursbedingt tiefere Bilanzsummen ausweisen und geringere Erträge für die
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Geldpolitik28
Geschäfte im Ausland. Etwas weniger ausgeprägt dürfte dieser Effekt bei
Gesellschaften sein, die ihre Abschlüsse in US-Dollars präsentieren.
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Für zusätzliche Informationen steht Ihnen Alex Schönenberger (Telefon:
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Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Marktöffnung29
„
Marktöffnung
Die Expertenkommission des Bundesrats zur Weiterentwicklung der Finanzmarktstrategie
(«Brunetti») behandelte unter anderem die Frage einer erweiterten Marktöffnung gegenüber
der EU. Für die Schweizer Privatversicherer ist der Zugang zum europäischen Versicherungsmarkt bereits heute über Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen in den EU-Mitgliedstaaten
gewährleistet. Das Versicherungsabkommen von 1989 und die herrschende Bewilligungspraxis bilden
dafür bewährte Grundlagen. Eine weitergehende Marktöffnung ist aus Sicht des SVV derzeit
nicht möglich, weil die notwendigen Voraussetzungen dafür fehlen. Die langfristige Option
des erleichterten Marktzugangs für Finanzdienstleister erachtet der SVV aber als sinnvoll.
“
Versicherungsabkommen mit der EU
Mit dem Versicherungsabkommen von 1989 zwischen der Schweiz und der
Europäischen Union können Versicherer im Bereich der direkten Schadenversicherung gleichberechtigt gegenseitig Agenturen und Zweigniederlassungen gründen oder erwerben. Dieses Abkommen und die herrschende
Bewilligungspraxis der EU für die Lebensversicherer haben sich bewährt.
Deshalb ist eine Ausdehnung des Versicherungsabkommens von der Schadenversicherung auf den Lebensversicherungs- und den Vorsorgebereich
aus Sicht des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV gegenwärtig
nicht notwendig. Eine technische Anpassung an die heutigen Aufsichtsregimes hingegen ist zu begrüssen.
Schweizer Versicherer in der EU
Heute sind mehrere Schweizer Versicherungsgesellschaften mit Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen im EU-Raum vertreten. Seit der
grenzüberschreitende Geschäftsverkehr innerhalb der EU möglich wurde,
haben die grossen Schweizer Versicherungsgruppen ihre Organisationen in
der EU restrukturiert und operieren aus Zentren in EU-Ländern heraus. Die
Industrie- und die Rückversicherung betreiben eine Art grenzüberschreitendes Geschäft von der Schweiz aus in die EU. Die Sonderstellung dieses
B-to-B-Geschäfts hat eine Neuansiedlung und Konzentration von Industrieund Rückversicherern in der Schweiz ermöglicht.
Chancen und Risiken
Für eine weitergehende Marktöffnung sprechen der vereinfachte Zugang
der Schweizer Versicherer zum europäischen Versicherungsmarkt und die
sich daraus ergebende Chance, die Schweiz als globalen Hub für den europäischen Versicherungsmarkt zu positionieren. Dadurch könnte die Reputation des Finanzplatzes Schweiz steigen. Auf der anderen Seite könnten
EU-Versicherer die Margen der hiesigen Versicherer unter Druck setzen und
das Sicherheitsniveau in der Schweiz könnte auf das EU-Niveau sinken.
Bei einer weitergehenden Marktöffnung dürften die Schweizer Lebensversicherer aufgrund der im Vergleich zu Europa hohen Kapitalerfordernisse im
Schweizer Solvenztest (SST) weiterhin über Tochtergesellschaften in der EU
operieren, die der Regulierung in einem EU-Staat unterliegen. Auch die tieferen Kostensätze in den EU-Ländern würden dieses Szenario stützen. Die
zusätzliche Wertschöpfung der Schweizer Versicherer im Auslandgeschäft
würde mehrheitlich im Ausland erzielt.
Ausländische Lebensversicherer könnten von den tieferen Kapitalerfordernissen in der Europäischen Union profitieren und im freien Dienstleistungs-
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Marktöffnung30
verkehr günstigere Lebensversicherungen anbieten. Das Preisniveau in der
Schweiz könnte unter Druck geraten und die Wertschöpfung in der Schweiz
würde sinken.
Die politische und wirtschaftliche Stabilität und Sicherheit der Schweiz und
der starke Schweizer Franken könnten ausländische Versicherungsnehmer
anziehen, insbesondere auch im Bereich der beruflichen Vorsorge. Solches
Geschäft könnte aus der Schweiz heraus im freien Dienstleistungsverkehr
angeboten werden, aber auch über Tochtergesellschaften in der EU von
Schweizer Versicherern, die mit einer Kapitalgarantie der Muttergesellschaft aus der Schweiz abgesichert sind. Dies könnte es ermöglichen, von
den tieferen Kapitalerfordernissen in der EU zu profitieren und trotzdem
die Schweizer Sicherheit anzubieten. Die zusätzliche Wertschöpfung der
Schweizer Versicherer bliebe mehrheitlich im Ausland.
Der Schweizer Markt mit seinem aktuellen Preisniveau dürfte für ausländische Versicherer attraktiv sein. Diese könnten im freien Dienstleistungsverkehr von den tieferen Kostensätzen in der EU profitieren und in der Schweiz
tiefere Prämien anbieten. Die Preise und Margen im gesättigten Schweizer
Geschäft würden unter Druck geraten. In der Folge dürften Arbeitsplätze im
Innendienst ins Ausland verschoben werden. In der Versicherungsbranche
der Schweiz könnte es zu einer Konsolidierung kommen. Für ausländische
Sachversicherer gäbe es wohl wenige Anreize, eine Tochtergesellschaft in
der Schweiz zu eröffnen. Sie dürften versuchen, Marktanteile in der Schweiz
über Broker und Agenten zu gewinnen. Die Wertschöpfung in der Schweiz
dürfte sinken.
Mittelfristig überwiegen also die Argumente gegen eine weitere Marktöffnung. Auch die Europäische Union zeigt derzeit kein Interesse an einer
solchen erweiterten Marktöffnung. Für sie sind Fragen des Zuwanderungsregimes der Schweiz bzw. der Erhalt der Personenfreizügigkeit derzeit wichtiger. In Frage käme für die EU höchstens ein umfassendes Dienstleistungsabkommen, das aber in der Schweiz politisch wohl chancenlos wäre.
Level Playing Field zwingend
Für eine weitergehende Marktöffnung wären ohnehin die gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit der Aufsicht und Regulierung sowie die
Beseitigung regulatorischer Hindernisse («Level Playing Field») zwingende
Voraussetzungen. Das heisst insbesondere, dass die Kapitalanforderungen
der Schweizer Versicherer und der EU-Versicherer vergleichbar sein müssen, bevor eine weitere Marktöffnung ins Auge gefasst werden kann. Andernfalls sehen sich die Schweizer Privatversicherer mit unverhältnismässigen Wettbewerbsverzerrungen konfrontiert.
Solange die Wettbewerbsbedingungen für die Privatversicherer in der
Schweiz und diejenigen in der EU weiterhin so unterschiedlich sind, wird
die Versicherungswirtschaft eine weitere Marktöffnung über ein spezifisches Finanzdienstleistungsabkommen oder über ein umfassendes Dienstleistungsabkommen nicht unterstützen.
Äquivalenz
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Der Schweizerische Versicherungsverband SVV unterstützt die Bemühungen für die Anerkennung des Schweizerischen Aufsichtsregimes durch die
EU («Äquivalenz»). Parallel dazu sollten in der Schweiz die regulatorischen
und aufsichtsrechtlichen Aspekte wie auch die steuerlichen Rahmenbedingungen überprüft werden – und zwar im Hinblick auf eine mögliche MarktNr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Marktöffnung31
öffnung unter gleichen Wettbewerbsbedingungen für in- und ausländische
Versicherungsgesellschaften.
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Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
„
Foreign Account Tax Compliance Act32
Foreign Account Tax Compliance Act (Fatca)
In Bezug auf die USA regelt die unilaterale US-Regelung Fatca den Informationsaustausch.
Das Abkommen zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten über die Zusammenarbeit für eine erleichterte Umsetzung von Fatca ist am 2. Juni 2014 in Kraft getreten. Das entsprechende Umsetzungsgesetz hat der Bundesrat auf den 30. Juni 2014 in Kraft
gesetzt.
“
Die Schweiz hatte sich betreffend Fatca für Modell 2 entschieden. Das Modell 2 sieht einen direkten Informationsfluss zwischen den Finanzinstituten der Partner-Jurisdiktion und der Steuerbehörde der USA (IRS) vor. Der
Informationsfluss bedingt die Zustimmungserklärungen der US-Kunden.
Falls keine Zustimmung vorliegt, werden Informationen nicht automatisch,
sondern auf Grundlage der Amtshilfebestimmung im anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen ausgetauscht. Das Modell 1 beruht auf der Grundlage des automatischen Informationsaustauschs. Die Finanzinstitute der
Partner-Jurisdiktion erstatten die Meldungen über die US-Konten an ihre
eigenen Steuerbehörden, welche diese Informationen dem IRS weiterleiten. Die meisten Länder haben mit den USA ein Fatca-Abkommen gemäss
Modell 1 abgeschlossen. In materieller Hinsicht sind die Modelle 1 und 2
weitgehend kongruent.
Wechsel von Modell 2 auf Modell 1 würde
Fatca dem AIA angleichen und Fatca in
innerstaatliches Recht umsetzen
Der Bundesrat hatte im Mai 2014 einen Mandatsentwurf verabschiedet,
mit den USA über einen Wechsel von Modell 2 auf Modell 1 zu verhandeln.
Mit dem Wechsel würde eine Angleichung von Fatca zum Automatischen
Informationsaustausch (AIA) erfolgen. Des Weitern würde mit dem Modell
1 Fatca in innerstaatliches Recht umgesetzt. Bei Modell 2 bedingen Umsetzungsfragen grundsätzlich der Zustimmung der USA. Mit dem Wechsel
zu Modell 1 würde der Schweiz weitreichend die Kompetenz erteilt, Auslegungs- und Umsetzungsfragen zu klären, was in der Praxis zu Vereinfachungen und vermehrter Rechtssicherheit führen würde. Der AIA wird kurzfristig
umgesetzt. Eine entsprechende zeitliche Abstimmung ist anzustreben.
SVV begrüsst Wechsel von Modell 2 zu
Modell 1 unter der Voraussetzung, dass
der derzeitige Annex II im bestehenden
Wortlaut Bestand hat
Der SVV begrüsst grundsätzlich den Wechsel von Fatca Modell 2 zu Fatca
Modell 1. Der SVV weist jedoch mit Nachdruck darauf hin, dass die Übernahme des derzeitigen Annex II im bestehenden Wortlaut bei einem Modell-Wechsel von grosser Bedeutung ist. Mit dem derzeitigen Annex II ist
die generelle Befreiung der staatlichen und beruflichen Vorsorge (2. Säule
und Säule 3a mit Freizügigkeitseinrichtungen, Auffangeinrichtung, Sicherheitsfonds, Wohlfahrtsfonds, Anlagestiftungen der beruflichen Vorsorge)
von Fatca gewährleistet. Insofern steht der derzeitige Annex II in direktem
Interesse der über 2100 Vorsorgeeinrichtungen mit über 4,7 Millionen aktiven und passiven Versicherten (Erwerbstätige und Rentner). Dahingehend
stellt die Beibehaltung des Annex II mit seinen klar und eindeutig formulierten Ausnahmebestimmungen die Voraussetzung für einen Modell-Wechsel
dar.
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Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
„
Automatischer Informationsaustausch (AIA)33
Automatischer Informationsaustausch (AIA)
Mit dem automatischen Informationsaustausch (AIA) werden Finanzinstitute (zum Beispiel
Banken und Versicherungen) systematisch und regelmässig steuerrelevante Informationen
für die Ansässigkeitsstaaten von Steuerpflichtigen liefern. Gemeldet werden
unter anderem Einkünfte wie Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren, aber auch Einkünfte aus
Lebensversicherungen.
AIA wird weltweiter Standard
“
Im Oktober 2014 haben 51 Staaten und Territorien das Multilateral Competent Authority Agreement (MCAA) unterzeichnet, das die einheitliche Umsetzung des Common Reporting Standard (CRS) sicherstellen soll. Diese
«Early Adopters»-Staaten und Territorien werden Daten von 2016 erstmals
im Jahr 2017 automatisch austauschen.
Bis anhin haben sich fast 100 Staaten, darunter die Staaten aller wichtigen
Finanzzentren, zur Übernahme des CRS bekannt.
Der Bundesrat hat dem Parlament zwei
Botschaften unterbreitet
Die Schweiz hat das MCAA im November 2014 unterzeichnet. Es ist angedacht, dass die Schweiz erstmals 2018 Daten von 2017 automatisch austauscht. Hierfür hat der Bundesrat dem Parlament zwei Botschaften unterbreitet. Die eine beinhaltet das multilaterale Übereinkommen der OECD
und des Europarats über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (Amtshilfeübereinkommen), das die Schweiz 2013 unterzeichnet hat. Das Amtshilfeübereinkommen ist für alle Staaten Voraussetzung für das MCAA. Die
zweite Vernehmlassung beinhaltet das MCAA und das AIA-Bundesgesetz,
das die innerstaatliche Umsetzung, Organisation, Verfahren, Rechtswege
und anwendbaren Strafbestimmungen enthält.
Nicht Gegenstand der Botschaften ist, mit welchen Staaten die Schweiz
Informationen austauschen wird. Entsprechende bilaterale Abkommen bedürfen der Zustimmung der Parlamente.
SVV unterstützt die Einführung des AIA in
der Schweiz
Der SVV unterstützt die Bestrebungen, den AIA einzuführen. Die Einführung
des AIA ist die logische Konsequenz der globalen Tendenz, Transparenz zu
schaffen und Steuerhinterziehung zu vereiteln. Die Nichteinhaltung des
internationalen Standards wäre mit nicht absehbaren Sanktionen, Konsequenzen und Reputationsverlust verbunden. Der SVV setzt sich für eine
möglichst kongruente Ausgestaltung mit FATCA und gegen Verschärfungen
gegenüber dem CRS ein. Für eine praktikable Umsetzung müssen die Regulatorien den innerstaatlichen versicherungs- und vorsorgespezifischen
Aspekten Rechnung tragen.
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Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Stempelsteuer34
„
Stempelsteuer
Die Versicherer unterstützen die vollständige Abschaffung der Stempelabgabe. Besonders
dringend ist die Abschaffung der Stempelsteuer auf Lebensversicherungen. Sie generiert
nur geringe Steuereinnahmen, zeigt aber zahlreiche unerwünschte Auswirkungen. Als
Zwischenschritt zur Abschaffung der Stempelsteuer auf allen Versicherungen setzt sich die
Assekuranz für die Einführung des Risikobelegenheitsprinzips bei der Erhebung der Stempelsteuer auf Nichtlebensversicherungen ein.
“
Die Versicherer unterstützen die
Abschaffung sämtlicher Stempelabgaben
Die Versicherer unterstützen die Abschaffung sämtlicher Stempelabgaben.
Hierzu gehören die Emissionsabgabe, die Umsatzabgabe und die Stempelsteuer auf Versicherungsprämien.
Dringende Abschaffung der Stempelsteuer
auf Lebensversicherungen
Die Abschaffung der Stempelsteuer auf Lebensversicherungsprämien der
Säule 3b ist besonders dringend. Sie ist überholt und zeigt zahlreiche unerwünschte Auswirkungen.
Risikobelegenheitsprinzip als
Zwischenschritt
Dem Risikobelegenheitsprinzip zufolge erhebt derjenige Staat die Steuer
auf Versicherungen, in dem das versicherte Risiko liegt. Mit der Einführung
des Risikobelegenheitsprinzips kann die Stempelsteuer auf Nichtlebensversicherungen international kompatibel ausgestaltet werden. Das heisst:
Ausländische Risiken werden freigestellt, während im Ausland versicherte
inländische Risiken der Steuer unterstellt werden.
Generelle Abschaffung der
Stempelabgabe
Schliesslich setzen sich die Versicherer für die generelle Abschaffung der
Stempelabgabe ein, also auch der Stempelsteuer auf Nichtlebensversicherungen für inländische Risiken.
Dringende Abschaffung der Stempelsteuer auf
Lebensversicherungen
Hoher Aufwand, wenig Ertrag
Die Stempelsteuer auf Lebensversicherungsprämien erzielt nur noch ein
jährliches Steuervolumen von zirka 20 bis 30 Millionen Franken. Gleichzeitig ist die Steuer bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung und den Versicherern mit hohem administrativem Aufwand verbunden, der in keinem
Verhältnis zum generierten Steuervolumen steht.
Sozialpolitisch unerwünschte
Auswirkungen
Die Einführung der Stempelsteuer auf Versicherungsprämien hat die Stempelabgabe in systematisch nicht gerechtfertigter Weise ausgedehnt. Dies
hat dazu beigetragen, dass der Markt für Lebensversicherungen zusammengebrochen ist. Das ist sozialpolitisch nicht gewollt und widerspricht
dem sinnvollen und erwünschten Vorsorgesparen.
Stempelsteuer behindert
Selbstvorsorge
Die Bundesverfassung verpflichtet den Bund, die eigenverantwortliche
Altersvorsorge zu fördern. Rentenversicherungen und rückkaufsfähige Kapitalversicherungen der Säule 3b sind auch für Steuerpflichtige von Bedeutung, die nicht in den Genuss der beruflichen Vorsorge kommen wie
zum Beispiel Selbständigerwerbende oder Personen ohne entgeltliche Erwerbstätigkeit. Die Stempelsteuer führt dazu, dass diese Vorsorgeprodukte
nicht mehr abgeschlossen werden. Dies widerspricht der Verpflichtung des
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Stempelsteuer35
Stempelsteuer verhindert Innovation
Bundes, die Selbstvorsorge zu fördern. Flexible Finanzierungsformen, die
den Bedürfnissen der Kunden entgegenkommen und im Ausland gefördert
werden, werden in der Schweiz durch die Stempelsteuer verhindert. Das ist
im Ergebnis konsumentenfeindlich.
Stempelsteuer diskriminiert
Versicherungen
Die Stempelsteuer erfasst Einmalprämien für Rentenversicherungen. Die
Erträge aus diesen Produkten unterliegen zusätzlich der Einkommenssteuer, und der Rückkaufswert unterliegt der Vermögenssteuer. Die Mehrfachbelastung ist nicht gerechtfertigt und zwingt die Kunden zu Verschiebungen
in den Bankbereich. Dies führt zu einer Diskriminierung der Versicherungswirtschaft gegenüber dem Bankensektor.
Stempelsteuer führt zu
Überbesteuerung
60 Prozent der Zahlung aus Rentenversicherungen gelten als steuerfreie
Kapitalrückzahlung, 40 Prozent als steuerbares Einkommen. Dies führt zu
einer massiven Überbesteuerung und ist umso stossender, als dass die
Rentenversicherung der eigenverantwortlichen Altersvorsorge dient. Auch
das Bundesgericht hat festgehalten, dass die Steuerpraxis bei Rückkäufen
in Bezug auf eine verfassungsmässige Besteuerung fragwürdig ist.
Risikobelegenheitsprinzip als Zwischenschritt
Unterschiedliche Grundsätze
für die Steuererhebung
In der EU steht die Kompetenz zur Besteuerung von Versicherungen demjenigen Staat zu, in welchem das Risiko liegt. Dies wird als Risikobelegenheitsprinzip bezeichnet. Die Erhebung der schweizerischen Stempelsteuer
folgt anderen Grundsätzen: Die Steuerpflicht ist an den Schweizer Versicherer oder den Schweizer Versicherungsnehmer geknüpft.
Risikobelegenheitsprinzip
bringt Vorteile
Mit der Einführung des Risikobelegenheitsprinzips in der Schweiz könnte
die Erhebung der Stempelsteuer international kompatibel ausgestaltet werden. Ausserdem könnten zusätzliche Steuereinnahmen generiert werden.
Damit könnten die Steuerausfälle, die durch die Abschaffung der Stempelsteuer auf Lebensversicherungsprämien entstehen, kompensiert werden.
Auch die Eidgenössische Steuerverwaltung spricht sich für eine Vereinheitlichung und die Einführung des Risikobelegenheitsprinzips aus.
Risikobelegenheitsprinzip verhindert
Doppelbesteuerungen
Werden ausländische Vermögensversicherungsrisiken bei Schweizer Versicherern oder durch Schweizer Versicherungsnehmer versichert, wird aktuell
die Stempelsteuer erhoben. Das kann zu Doppelbesteuerungen führen. Mit
der Einführung des Risikobelegenheitsprinzips würde die Stempelsteuer
bei der Versicherung von ausländischen Risiken entfallen, so dass Doppelbesteuerungen und eine Schlechterstellung der Schweizer Versicherungswirtschaft und der Schweizer Versicherungsnehmer eliminiert würden.
Risikobelegenheitsprinzip führt zu
Mehreinnahmen bei den direkten Steuern
Wegen der Doppelbesteuerung werden ausländische Risiken kaum in der
Schweiz versichert. Die Einführung des Risikobelegenheitsprinzips würde
deshalb lediglich zu einem geringen Steuerausfall bei der Stempelsteuer
führen. Hingegen könnte Geschäft, das heute nicht in der Schweiz getätigt
wird, neu in der Schweiz abgewickelt werden. Resultat dieses Zusatzgeschäfts wären Mehreinnahmen im Bereich der direkten Steuern.
Risikobelegenheitsprinzip führt zu
Mehreinnahmen bei der Stempelsteuer
Werden Schweizer Risiken bei Schweizer Versicherern oder durch Schweizer Versicherungsnehmer versichert, wird die Stempelsteuer erhoben. Hingegen wird die Stempelsteuer nicht erhoben, wenn Schweizer Risiken bei
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Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Stempelsteuer36
ausländischen Versicherern durch ausländische Versicherungsnehmer versichert werden. Mit der Einführung des Risikobelegenheitsprinzips würden
künftig alle Schweizer Risiken von der Stempelsteuer erfasst. Dies führt zu
Mehreinnahmen bei der Stempelsteuer. Ausserdem könnte Geschäft, das
heute nicht in der Schweiz getätigt wird, neu in der Schweiz generiert werden. Resultat dieses Zusatzgeschäfts wären Mehreinnahmen im Bereich
der direkten Steuern. Auch wenn die Stempelsteuer generell abgeschafft
wird, würden diese Mehreinnahmen bestehen bleiben.
Generelle Abschaffung der Stempelabgabe
Stempelsteuer schädigt die
Schweizer Volkswirtschaft
Die Versicherer streben letztlich die generelle Abschaffung der Stempelabgabe an, also auch der Stempelsteuer auf Nichtlebensversicherungen für
versicherte Risiken im Inland. Die vollständige Abschaffung der Stempelabgabe hätte positive volkswirtschaftliche Auswirkungen. Dies wurde auch
in der Studie «Volkswirtschaftliche Auswirkungen einer Abschaffung der
Stempelabgaben – Eine makroökonomische Situationsanalyse» des Forschungsinstituts BAK Basel im September 2009 detailliert nachgewiesen.
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Positionen der Versicherungswirtschaft
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Verrechnungssteuer37
Verrechnungssteuer
Reformen im Bereich Obligationen und Geldmarktpapiere sind dringend angezeigt
“
Anleihen von Unternehmen werden in erster Linie von institutionellen Anlegern gehalten. Diese weichen infolge Verrechnungssteuer auf ausländische
Kapitalmärkte aus. Aufgrund der Verrechnungssteuer begeben Schweizer Konzerne ihre Obligationen und Geldmarktpapiere über ausländische
Strukturen. Die Wertschöpfung findet im Ausland statt. Die hiermit verbundenen Arbeitsplätze werden im Ausland angesiedelt, den Schweizer Unternehmen entsteht Aufwand für den Unterhalt der ausländischen Strukturen,
die Sicherungsfunktion der Steuer wird zum Teil verfehlt.
Das Gesetzgebungsprojekt betreffend «Bundesgesetz über das Schuldner- und das Zahlstellenprinzip bei der Verrechnungssteuer» sollte diesen
Nachteilen entgegentreten. Technisch sollte ein Wechsel vom heutigen
Schuldner- zum Zahlstellenprinzip erfolgen.
Pragmatische Lösung
Einbeziehung der internationalen
Entwicklungen fundamental
Wie auch der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse und die Schweizerische Bankiervereinigung hatte sich der Schweizerische Versicherungsverband SVV für die Abschaffung der Verrechnungssteuer auf Obligationen und
Geldmarktpapieren sowie gleichzeitiger Einführung eines Meldesystems
auf diesen inländischen Erträgen ausgeprochen. Die Problematik könnte
hiermit pragmatischer, einfacher und kostengünstiger gelöst werden:
–– Refinanzierungen könnten mittels Direktemissionen an Schweizer Börsen erfolgen.
–– Der Finanzplatz Schweiz würde gestärkt, der Handel in der Schweiz belebt, die Investorenbasis in der Schweiz erweitert.
–– Die Profitabilität von Schweizer Unternehmen würde gesteigert.
–– Die Ansiedlung von Treasuryfunktionen mit qualifizierten Arbeitsplätzen
in der Schweiz und der Anstieg nachgelagerter Dienstleistungen in der
Schweiz würden gefördert.
–– Der Steuerausfall bei der Verrechnungssteuer würde wohl grösstenteils
durch Mehreinnahmen bei den direkten Steuern kompensiert.
–– Cocos, Write-off Bonds und Bail-in Bonds von Banken würden gleichbehandelt.
Reform der Verrechnungssteuer
aufgeschoben
Aufgrund des negativen Vernehmlassungsergebnisses wird einstweilen
auf eine Reform der Verrechnungssteuer verzichtet. Hingegen wird infolge
Dringlichkeit die Ausnahme von der Verrechnungssteuer für Kapitalinstrumente der Banken erweitert. Der Bundesrat hat das EFD mit der Ausarbeitung einer entsprechenden Botschaft beauftragt.
SVV fordert Ausdehnung der
Bankenlösung auf Assekuranz
Nicht nur die Banken haben regulatorische Kapitalvorschriften zu erfüllen.
Die Schweizerische Assekuranz ist einem strengen Solvenz-Regime unterworfen, welches eine entsprechend Unterlegung mit regulatorischem Kapital erfordert. Zu diesem Zweck hat der Bundesrat in Art. 22a AVO ausdrücklich Voraussetzungen an Fremd-Finanzierungsinstrumente aufgestellt, die
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Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Verrechnungssteuer38
erfüllt sein müssen, damit eine regulatorische Anrechnung erfolgen kann.
Der Platzierung entsprechender Instrumente mit Verrechnungssteuerbelastung am Kapitalmarkt aus der Schweiz heraus sind enge Grenzen gesetzt.
Entsprechend sind die Versicherer gezwungen, auf ausländische Finanzierungsinstrumente auszuweichen, was nicht das Ziel des Regulators sein
kann und eine nachhaltige Schlechterstellung der Versicherungswirtschaft
mit sich bringt.
Da das Hemmnis der Verrechnungssteuer auf Obligationen und Geldmarktpapieren nicht kurzfristig mittels Reform beseitigt werden wird, ist auch
den Versicherern eine Übergangsregelung für definierte Finanzierungsinstrumente zu gewähren. Die Weiterführung einer isolierten Sonderlösung
für den Bankenbereich wird vor dem Hintergrund der Finanzierungsbedürfnisse der Assekuranz abgelehnt. Der SVV beantragt, dass die Verlängerung
und Ausdehnung der Banken-Sonderlösung auch auf assekuranzspezifische Finanzierungsinstrumente ausgeweitet wird und eine entsprechende
Ausnahmebestimmung ins Verrechnungssteuergesetz aufgenommen wird.
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Positionen der Versicherungswirtschaft
Finanzmarktpolitik39
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Finanzmarktpolitik
Seit vielen Jahren postuliert der Schweizerische Versicherungsverband eine klare Strategie
für die Finanzmarktpolitik und entsprechende Massnahmen zur Stärkung des Finanzplatzes. Eine vom Bundesrat beauftragte Expertengruppe («Brunetti») präsentierte nun Anfang
Dezember 2014 einen Bericht mit detaillierten Vorschlägen für die Weiterentwicklung der Finanzmarktstrategie. Die Schweizer Privatversicherer nehmen diesen Bericht mit Befriedigung zur Kenntnis. Vielversprechend ist insbesondere der empfohlene frühzeitige Einbezug von Marktteilnehmern
und Wissenschaft in den Regulierungsprozess. Entscheidend ist nun, dass der Bund die
von den Experten als notwendig erkannten Massnahmen auch tatsächlich umsetzt.
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Für eine streng wirkungsorientierte
Regulierung
Der Schweizerische Versicherungsverband SVV schlug schon 2012 vor,
die bestehende Finanzmarktstrategie zu überarbeiten und konkrete Massnahmen zur Stärkung des Finanzplatzes zu erarbeiten. Nun liegt mit dem
Schlussbericht der Expertengruppe Brunetti zur Weiterentwicklung der
Finanzmarktstrategie eine gute Grundlage auf dem Tisch. Der von den
Experten empfohlene partizipative Ansatz, die Marktteilnehmer und die
Wissenschaft systematisch und frühzeitig in die Finanzmarktregulierung
einzubeziehen, ist erfolgversprechend. Denn aus Sicht des SVV muss die
Regulierung streng wirkungsorientiert sein. Das erfordert neben der grundsätzlichen Beurteilung des Regulierungsbedarfs auch Wirkungsanalysen
sowie sorgfältige Regulierungsfolgenabschätzungen – und zwar bereits in
Frühstadien. Hier können Marktteilnehmer und Wissenschaft wertvolle Beiträge leisten. Im Vollzug der Regulierung braucht es schliesslich transparente Richtlinien für die Kommunikation der Finanzmarktaufsicht.
Erweiterter Marktzugang ist langfristig
sinnvoll
Das langfristige Ziel des erweiterten Marktzutritts für die Finanzdienstleister erachtet der SVV als sinnvoll (s. Positionspapier «Marktöffnung»). Um es
erreichen zu können, muss sich die Schweiz an internationalen Standards
orientieren und selber aktiv in internationalen Gremien der Finanzmarktregulierung mitwirken. Denn die Gleichwertigkeit der Schweizer Finanzmarktregulierung und -aufsicht wie in der Europäischen Union ist eine Voraussetzung für den Marktzutritt und für die internationale Wettbewerbsfähigkeit.
So sollten zum Beispiel die Kapitalanforderungen in der Schweiz vergleichbar sein mit denjenigen in der EU.
Im Steuerbereich besteht Korrekturbedarf
Der Schlussbericht der Expertengruppe beinhaltet eine gute Analyse der
steuerlichen Rahmenbedingungen. So erkannten die Experten richtigerweise, dass Mehrfachbesteuerungen im Konzern vermieden werden müssen.
Leider wurden weitere Anliegen der Versicherungsbranche im Expertenbericht kaum berücksichtigt, wie zum Beispiel die Abschaffung der Stempelsteuer in der Lebensversicherung. Hier besteht Korrekturbedarf durch die
Politik.
Versicherer bleiben weiterhin nicht
systemrelevant
Die Analyse und die Massnahmenvorschläge im Bankensektor in Bezug
auf die «Too big to fail»-Problematik überzeugen. Die Systemrelevanz der
Versicherer hingegen wurde nur summarisch geprüft. Trotzdem sind die Erkenntnisse nach Ansicht des SVV richtig: Aus nationaler Sicht gibt es keine
systemrelevanten Versicherer und deshalb besteht im Versicherungssektor
hinsichtlich Risiken für die Finanzstabilität kein Handlungsbedarf.
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Finanzmarktpolitik40
Institutionalisierter Dialog erweitern und
verstärken
Aus Sicht des SVV braucht es auch in Zukunft Gremien, die sich mit strategischen und regulatorischen Fragen zur Weiterentwicklung des Finanzmarktes befassen. Die Privatversicherer unterstützen deshalb den Entscheid des
Bundesrates, die bestehende Expertengruppe als beratendes Gremium in
Strategiefragen weiterzuführen und empfehlen, das Forum Finanzplatz zu
einer Koordinationsstelle des institutionalisierten Dialogs zwischen Behörden, Marktteilnehmern und Wissenschaft aufzuwerten.
Kontakt
Für zusätzliche Informationen steht Ihnen Lucius Dürr (Telefon: 044 208 28 56;
E-Mail: [email protected]) gerne zur Verfügung.
Schweizerischer Versicherungsverband SVV
Nr. 2/2015 | 1. September 2015
Positionen der Versicherungswirtschaft
Bildungspolitik41
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Bildungspolitik
Kompetente Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind für die Mitgliedsunternehmen des
Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV ein zentraler Erfolgs- und Wettbewerbsfaktor. Aus Sicht von Kunden und Öffentlichkeit trägt eine hohe Fach- und Handlungskompetenz der Mitarbeitenden entscheidend zum Image der Versicherungsbranche bei. Ein gesamtschweizerisches, renommiertes Aus- und Weiterbildungssystem steigert die Attraktivität der
Assekuranz als Arbeitgeber und sichert der Versicherungswirtschaft langfristig den Nachwuchs an Leistungsträgern.
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Aktiver Konsumentenschutz durch
Beratungskompetenz beim Kunden
Seit Januar 2015 führt die schweizerische Versicherungswirtschaft das
Branchenregister Cicero. Cicero steht für «Certified Insurance Competence» und ist das überbetriebliche Bekenntnis zu Beratungsqualität und
lebenslangem Lernen. Versicherungsvermittler sind oft Quereinsteiger und
brauchen eine umfassende Ausbildung für ihre neue Berufsqualifikation.
Cicero-Member müssen den Berufsabschluss «Versicherungsvermittler
VBV» (oder eine gleichwertige Versicherungsqualifikation) erfolgreich abgeschlossen haben und bilden sich regelmässig weiter. Innerhalb jeweils
zweier Jahre müssen 60 Weiterbildungskredits erworben werden. Dies entspricht drei bis vier Weiterbildungstagen pro Jahr. Die einzelnen Versicherungsgesellschaften und überbetriebliche Bildungsanbieter stellen sicher,
dass ein umfassendes und aktuelles Bildungsangebot in den relevanten
Themen vorhanden ist. Für Cicero zählen nur nach einem definierten Qualitätsstandard akkreditierte Bildungsangebote.
Engagement für qualifizierte
Nachwuchskräfte
Die Versicherungswirtschaft bekennt sich zur dualen Berufsbildung und
rekrutiert die erforderlichen Nachwuchskräfte selber. Als engagierte Bildungsbranche bildet die Assekuranz ihre künftigen Fachkräfte selber aus.
Mit rund 1800 Lehrverhältnissen leistet die Versicherungsbranche einen
wichtigen Beitrag zur Förderung der nächsten Generationen. Der Berufsbildungsverband der Versicherungswirtschaft (VBV) übernimmt zusammen
mit Bund und Kantonen als Organisation der Arbeitswelt die Verantwortung
für den Versicherungsbereich.
Stärkung der Höheren Berufsbildung
Berufliche Versicherungsqualifikationen sind häufig nicht Erstqualifikationen. Aus diesem Grund ist die Höhere Berufsbildung für die Versicherungswirtschaft eminent wichtig. Eine höhere Berufsqualifikation ergänzt oft eine
Grundqualifikation aus einem anderen Bereich und ist Voraussetzung zur
Erfüllung der anspruchsvollen Aufgaben in einem Versicherungsunternehmen. Die Versicherungswirtschaft unterstützt die Initiative des Bundes zur
Stärkung der Höheren Berufsbildung und die daraus resultierenden Änderungen im Berufsbildungsgesetz (BBG). Namentlich die subjektbezogene
Subventionierung erscheint uns der richtige Weg zu sein. Die Versicherer
sind jedoch gegen jegliche Regulierung der Vorbereitungskurse. Deshalb
lehnen sie die Meldeliste für Schulungsanbieter in aller Deutlichkeit ab.
Die zuständige Organisation der Arbeitswelt (OdA) soll die Höhe einer pauschalen Summe für die Kosten der Vorbereitungsaufwendungen als Basis
für die Subjektsubvention bestimmen. Die Versicherer begrüssen die Zuständigkeit des Bundes für die Subventionierung der Berufs- und höheren
Fachprüfungen. Dass im Gegenzug aber die nationalen Höheren Fachschu-
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Positionen der Versicherungswirtschaft
Bildungspolitik42
len kantonalisiert werden sollen, lehnen sie entschieden ab. Die Versicherungswirtschaft ist darauf angewiesen, dass die Höhere Fachschule Versicherung (HFV) das identische Angebot mit den gleichen Anforderungen in
allen Landesteilen bereitstellen kann.
Internationalisierung der schweizerischen
Bildungsabschlüsse
Die Versicherungswirtschaft hat aktiv mitgearbeitet, um zusammen mit
allen interessierten Kreisen und dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) einen Kompromiss für die englischen Titelbezeichnungen für die schweizerischen Berufsbildungsabschlüsse zu finden.
Die Versicherer unterstützen diesen Kompromiss und setzen sich dafür ein,
dass nachfolgend zuständige Institutionen nichts mehr an diesem Vorschlag ändern. Die Versicherungswirtschaft begrüsst die Einführung eines
nationalen Qualifikationsrahmens (NQR) und wird die einzelnen Versicherungsqualifikationen in diesem neuen System verorten. Die Versicherer
beobachten jedoch, dass im internationalen Umfeld die Bedeutung der
nationalen Qualifikationsrahmen (NQR) und des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) eher gering ist. Sie arbeiten deshalb aktiv mit, einen
Sektoralen Qualifikationsrahmen (SQR) für die Versicherungswirtschaft in
Europa aufzubauen. Aus diesem Grund arbeitet der Berufsbildungsverband
der Versicherungswirtschaft (VBV) engagiert bei der European Financial
Certification Organisation (eficert) mit.
Versicherungsbildung in allen
Bildungsgefässen
Die Versicherungswirtschaft engagiert sich für die Entwicklung und Unterstützung von Versicherungsbildung in allen Bildungsgefässen. Neben der
beruflichen Aus- und Weiterbildung sind die Versicherer auch an Fachhochschulen und Universitäten aktiv. Es ist für die Versicherungswirtschaft ein
besonderes Anliegen, dass diese verschiedenen Bildungsgefässe durchlässig sind. Eine typische Versicherungskarriere ist oftmals geprägt von diversen Abschlüssen unterschiedlicher Bildungswege, weshalb eine hohe
Durchlässigkeit für die Versicherungsbildung essentiell ist. Ein integrales
Bildungssystem bildet dafür die optimale Voraussetzung, namentlich auch
für Quereinsteiger.
Lernformen der Zukunft
Versicherungsgesellschaften sind High Tech-Unternehmen im Dienstleistungssektor. Entsprechend anspruchsvoll sind die Anforderungen an die
Fachkräfte und deren Aus- und Weiterbildung. Der SVV engagiert sich deshalb für zukunftsbezogene Lernformen und beobachtet laufend die Entwicklungen im Bereich der Lernmedien.
Kontakt
Für zusätzliche Informationen steht Ihnen Matthias Stettler (Telefon: Tel. 031
328 26 26; E-Mail: [email protected]) gerne zur Verfügung.
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