Institut für Medizinische Diagnostik Berlin – Potsdam MVZ Laboratoriumsmedizin • Mikrobiologie • Infektionsepidemiologie • GbR Humangenetik • Transfusionsmedizin Diagnostik-Info 249 Weiterführrende Diagnostik bei fraglicher Bienen- und Wespengiftallergie Allergien gegen Bienen- und Wespengift sind die wichtigsten Formen der Insektengift-Allergie. Hornissen- und Hummelgift-Allergien kommen viel seltener vor. Allergische Reaktionen gegen Insektengifte manifestieren sich meist als gesteigerte Reaktionen im Stichbereich, bei bis zu 3,5 % der Bevölkerung sind anaphylaktische Reaktionen beschrieben [1]. Initial sollte immer die konventionelle Extrakt-basierte IgE-Diagnostik erfolgen Neben der Anamnese und Hauttests erfolgt die Diagnosestellung vor allem über IgE-Blutuntersuchungen auf Bienengift (i1) und Wespengift (i3). Trotz der nachfolgend erläuterten Probleme falsch positiver Reaktionen wird diese Diagnostik initial empfohlen, da damit die größte Sensitivität erreicht wird. Es ist zudem empfehlenswert, diese Untersuchungen in der ersten Woche nach dem klinischen Ereignis durchzuführen sowie ein zweites Mal 4-6 Wochen später, um die Sensitivität zu erhöhen (2). Anforderung: Spezifisches IgE gegen Gesamtextrakte der Biene (i1) und der Wespe (i3) Material: 2 ml Vollblut zur Serumgewinnung die spezifischen Hauptallergene einzeln nachzuweisen. Diese sind: rApi m1 - Phospholipase A2 Spezifischer Marker für Bienengift-Sensibilisierung rApi m10 - Icarapin, Majorallergen im Bienengift rVes v1 - Phospholipase A1 Spezifischer Marker für Wespengift-Sensibilisierung, v.a. Gemeine Wespen und Hornissen. Zwischen Phospholipase A1 der Wespe und der Hornisse besteht eine Kreuzreaktivität. rVes v5 – Antigen 5 Spezifischer Marker für Wespengift-Sensibilisierung, v.a. Gemeine Wespen und Hornissen. Zwischen Antigen 5 der Wespe, der Hornisse und der Feldwespe besteht eine Kreuzreaktivität. Wichtigster Vorteil ist, dass diese gentechnisch (rekombinant) hergestellten Allergenkomponenten keine kreuzreagierenden Kohlenhydratseitenketten (CCD-Epitope) enthalten und somit eine bessere Abgrenzung zwischen echter Doppelsensibilisierung und Kreuzsensibilisierung möglich machen. Untersuchung Ergebnis Einheit Referenzbereich Allergenspezifisches IgE i.S. i1 Bienengift 3,54 kU/l < 0,35 2,99 kU/l < 0,35 3,31 kU/l < 0,35 0,12 kU/l < 0,35 0,14 kU/l < 0,35 0,11 kU/l < 0,35 Was tun, wenn beide positiv sind? Durch die komplexe Struktur und durch homologe Peptidsequenzen in Bienen- und Wespengiftallergenen kommen bei der konventionellen Extrakt-basierten IgE-Diagnostik nicht selten falsch positive Ergebnisse vor. Daher treten auch häufig doppelt positive IgE-Resultate auf Biene und Wespe auf, wobei davon nur ca. 40 % tatsächlich doppelt sensibilisierte Patienten sind (3). Für die Patientenaufklärung und noch mehr für die Planung einer Hyposensibilisierung ist es aber wichtig zu wissen, ob eine Bienen- oder Wespengiftallergie oder tatsächlich eine Doppelsensibilisierung vorliegt. Die Ursachen doppelt positiver IgE-Ergebnisse sind: 1. Echte spezies-spezifische Doppelsensibilisierung auf Bienen- und Wespengift 2.Falsch positive Resultate durch Kreuzreaktive Kohlenhydratseitenketten (CCDs) 3.Sensibilisierung gegen Proteine mit homologen Peptidsequenzen in Bienen- und Wespengift (Hyaluronidasen, Dipeptidylpeptidasen), die klinisch aber oft ohne Bedeutung sind. Was ist die Lösung? Bei doppelt positiven Ergebnissen kann man nachfolgend auf die Allergenkomponenten der Hymenopterengifte testen. Durch die Molekulare Allergiediagnostik ist es heute möglich, die spezifischen IgEs gegen CAP-Klasse 3 (HOCH): 3,51 - 17,50 kU/l i3 Wespengift CAP-Klasse 2 (MÄßIG HOCH): 0,71 - 3,50 kU/l Komponentenbasierte IgE-Diagnostik i211 rVes v1 Wespengift CAP-Klasse 2 (MÄßIG HOCH): 0,71 - 3,50 kU/l i208 rApi m1 Bienengift CAP-Klasse 0 (NEGATIV) i217 rApi m10 Bienengift CAP-Klasse 0 (NEGATIV) i209 rVes v5 Wespengift CAP-Klasse 0 (NEGATIV) Die positive Reaktion auf das spezifische Wespengiftallergen rVes v1 zeigt an, dass hier keine Doppelsensibilisierung vorliegt, sondern eine alleinige Wespengiftsensibilisierung. Abb.1. Befund eines 13-jährigen Jungen nach anaphylaktischer Reaktion nach einem Insektenstich. Die IgE-Untersuchung beantwortete nicht die Frage nach der tatsächlichen Diagnose Bienen- oder Wespengiftallergie. Die Komponenten-basierte Nachfolgediagnostik auf die spezifischen Giftallergene zeigte, dass der Patient ausschließlich gegen Wespengift allergisiert ist. Eine spezifische Immuntherapie auf Wespengift wurde durchgeführt. Anforderung: Spezifisches IgE gegen die Allergenkomponenten rApi m1 und rApi m10 (Biene) sowie rVes v1 und rVes v5 (Wespe) Material: 3 ml Vollblut zur Serumgewinnung Haben Sie Fragen? Unser Serviceteam beantwortet sie gerne unter 030 770 01-220. Berlin Nicolaistraße 22, 12247 Berlin (Steglitz) Tel (030) 77 001 220, Fax (030) 77 001 236 [email protected], www.imd-berlin.de Potsdam Friedrich-Ebert-Straße 33, 14469 Potsdam Tel (0331) 28095 0, Fax (0331) 28095 99 [email protected], www.medlab-pdm.de www.inflammatio.de Wird die Molekulare Allergiediagnostik von der Kasse bezahlt? Ja, denn weder der EBM noch die GOÄ unterscheiden zwischen der konventionellen und der molekularen IgE-Diagnostik. Die Testung auf rApi m1, rApi m10, rVes v1 und rVes v5 sind somit kostengleich zu den Gesamtextraktanalysen auf i1 und i3. Was ist, wenn die IgE-Testungen auf i1 und i3 negativ oder grenzwertig sind, aber der klinische Verdacht weiter besteht? In diesem Fall kann die zelluläre Allergiediagnostik zusätzlich zum Einsatz kommen. Bei klinischem Verdacht auf Bienen- und/oder Wespengiftallergie aber negativem oder fraglich positivem spezifischen IgE auf i1 und i3 empfiehlt sich der Basophilen-Degranulationstest (BDT) als zelluläres Testverfahren. Dieser kann in Einzelfällen deutlich positive Ergebnisse zeigen, sogar bei negativem IgE-Ergebnis. Ursache ist, dass die spezifischen IgE-Antikörper bei einigen Patienten nicht frei im Serum vorkommen (und nur diese werden im IgE-Test erfasst) sondern an Mastzellen und Basophile Granulozyten gebunden sind. Ca 2% der Patienten haben diese bindungsfreudigen (hochaffinen) IgE-Antikörper. Typisch ist bei diesen Patienten ein oft auffällig niedriges Gesamt-IgE. Der Basophilen-Degranulationstest (BDT) ist ein Testverfahren, bei dem im Labor angereicherte Basophile Granulozyten des Patienten in vitro mit den Allergenen stimuliert werden. Im Falle einer Sensibilisierung werden diese Zellen aktiviert und sezernieren Histamin und Leukotriene. In dem heute verwendeten Test werden die Leukotriene C4, D4 und E4 erfasst. Durch Vergleich der unstimulierten (basalen) Leukotrienproduktion mit einer Allergen-stimulierten Probe, kann eine individuelle Sensibilisierung nachgewiesen werden. (4) Untersuchung Ergebnis Einheit Referenzbereich Allergenspezifisches IgE i.S. i1 Bienengift 0,56 kU/l < 0,35 0,44 kU/l < 0,35 Anforderung: Basophilen-Degranulationstest (BDT) auf i1 Biene und i3 Wespe Material: 2 ml frisches EDTA- oder Heparinblut Abrechnung: Der Basophilen-Degranulationstest wird sowohl von der Gesetzlichen wie auch der Privaten Krankenkasse übernommen. Wichtig: Wenn auf die Gesamtextrakte i1 und i3 kein IgE nachweisbar ist, hat die Testung auf rApi m1, rApi m10, rVes v1 und rVes v5 keinen Vorteil. Die Molekulare Diagnostik ist typischerweise nicht sensitiver als die Bestimmung der beiden Extrakt-basierten Allergene. Das liegt daran, dass die heute zur Verfügung stehende Allergenpalette noch nicht alle potentiellen Allergenkomponenten abdeckt. Bei nachgewiesener Hymenopterengiftallergie immer auch die Tryptase untersuchen! Zur Risikoabschätzung bei Bienen- und Wespengiftallergikern, insbesondere auch vor einer Spezifischen Immuntherapie (SIT) mit Insektengift, sollte die Bestimmung der Tryptase im Serum erfolgen. Bei erhöhten Tryptase-Werten besteht ein signifikant erhöhtes Risiko eine sehr schwere Stichreaktion bis zur Anaphylaxie zu erleiden. Anforderung: Tryptase Material: 1 Röhrchen Vollblut zur Serumgewinnung Abrechnung: Die Tryptase wird sowohl von der gesetzlichen wie auch der privaten Krankenkasse übernommen Literatur [1] Schäfer T, Epidemiologie der Insektengiftallergie. Allergo J 2009; 18: 353-8 [2] Goldberg A et al, Timing of venom skin tests and IgE determina tions after insect sting anaphylaxis. JACI 1997; 100:182-4 [3] Hemmer W. Kreuzreaktivität auf Bienen und Wespengift. Hautarzt 2008;59:194-199 [4] Wedi B, Kapp A. Cellular in-vitro assays. Applicability in daily routi ne. Hautarzt. 2010;61:954-60. CAP-Klasse 1 (GRENZWERTIG): 3,35 - 0,70 kU/l i3 Wespengift CAP-Klasse 1 (GRENZWERTIG): 0,35 - 0,70 kU/l Grenzwertiger Befund! Eine sichere Aussage über das Vorliegen einer relevanten Sensibilisierung ist allein auf Grund des IgE nicht zu treffen. Bei Rückfragen stehen Ihnen zur Verfügung: Dr. Volker von Baehr (Tel. 030 • 77001 220) Dipl.-Ing. Lisa Seriot (Tel. 030 • 77001 206) Basophilen-Degranulationstest (BDT) Die durch das jeweilige Allergen induzierte Leukotrienmenge wird in pg/ml angegeben und kennzeichnet bei Werten > 200 pg/ml eine bestehende Sensibilisierung auf das entsprechende Allergen. i1 Bienengift 1326 pg/ml < 200 i3 Wespengift < 200 pg/ml < 200 Interpretation Nachweis einer Sensibilisierung vom Typ I gegenüber Bienengift. Diag-Info: 249 Version: 3 Abb. 2: Der IgE-Nachweis zeigte schwache (grenzwertige) Befunde. Im nachfolgend durchgeführten BDT-Test konnte eindeutig die Diagnose einer Bienengiftallergie gestellt werden.
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