Stress über den Wolken - wegen einer W-50 Hinterachse Bericht über die Überführung einer W-50 LKW-Hinterachse in die kasachische Steppe, aufgeschrieben von Detlef Knoth, damals Hauptmann und DGS der FuTK-2 der 1. LVD zum Gefechtsschiessen „ELBE“ 1987. Noch bevor uns die Steppensonne zum Schwitzen bringen konnte, standen uns die Schweißperlen auf der Stirn, verursacht durch eine Achse .... Nach 1985 als Reservekader und 1986 als aktiver DGS der FuTK-2 beim Gefechtsschiessen der 1. LVD auf dem Staatlichen Schiesspolygon der UdSSR, erwischte es mich 1987 gleich wieder und ich musste abermals mit der „Anna“ (liebevoll für Antonow AN-26) in die „Wüste“. Diesmal schon als „Wüsten“- erfahrener Mann, erhielt ich auch gleich noch eine Sonderaufgabe und wurde auf dem Hinflug nach Kasachstan als Flugzeugverantwortlicher für die „372“ [?] eingesetzt, war gegenüber der Besatzung für Fluggäste und Ladegut an Board verantwortlich. Zwei Stunden vor Abflug am frühsten Morgen, ich glaube, es war 04:00 Uhr, mussten wir auf dem Flughafen in Erfurt sein. Etwa eine Stunde vor der Abflugszeit kam ein Vertreter vom Divisionsstab und sagte uns, dass eine W-50 Hinterachse per Kfz-Marsch von Cottbus nach Erfurt unterwegs sei. Diese Achse würde als Ersatzteil für einen Kühl- LKW vom Typ W-50 in Ashuluk dringend gebraucht und müsse unter allen Umständen mit ! Die „372“ [?] war die einzige für Ashuluk geplante Maschine mit einer Lastreserve von 300 kg. Der LKW sollte jeden Moment eintreffen. Die Minuten vergingen, aber er kam nicht. Bei den verantwortlichen Vorgesetzten machte sich langsam eine gewisse Nervosität breit, aber der Befehl von der Division war unmissverständlich – das Ding muss mit ! Verladetechnisch hatte der Kommandant der Maschine schon festgelegt, dass erst die Achse eingeladen und in der Mitte der Maschine verzurrt wird, und dann erst die anderen Gepäckstücke verladen werden sollten. Etwa 10 Minuten vor der geplanten Abflugzeit, kam das Fahrzeug endlich an - mit sage und schreibe drei Hinterachsen. Der Fahrer meinte, dass man im Ersatzteillager der Division nicht wusste, welche von den drei vorhandenen, verschiedenen Hinterachsen nun die richtige für den KühlW-50 sei und so hat man alle drei mitgeschickt. Dem Leiter des Verladekommandos, damals Major Philipp, standen die Schweißperlen auf der Stirn. Fieberhaft suchte man einen Sachverständigen, der eine Ahnung hatte, welche der Achsen verladen werden musste. Man fand ihn schließlich - ich glaube es war OFhr. Runte – Schirrmeister / Kfz der FuTK-512, bin mir aber nicht sicher - und endlich konnte die Verladung beginnen. Der LKW, der die Achsen geliefert hatte, war ein W-50 mit Ladebaum. Laut technischen Angaben konnte dieser 0,5 t heben. Leider hatte er aber mit dieser Achse so seine Probleme. Mit Unterstützung von 4 Soldaten konnte die Achse schließlich so weit angehoben werden, dass man sie seitwärts von der Ladefläche herunterschwenken und ablegen konnte. An der Achse prangte ein großer Zettel mit der Aufschrift 300 kg ! Es war festlegt, das alle Gepäckstücke und Lasten für die Flugzeugbeladung vorher gewogen und mit einem Anhänger mit dem Gewicht beschriftet sein mussten. Das war im Falle der Achse ja geschehen, aber deren Richtigkeit musste in diesem Falle wohl sehr stark angezweifelt werden. Da die Zuladung ja die Lastreserve nicht überschreiten durfte, wurde genau daran „angepasst“ !? Der Kommandant des Flugzeuges hatte wohl das gleiche Gefühl und ging zum großen Haufen der Gepäckstücke und gab nochmals alle Lasten in seinen Taschenrechner ein ... und es blieben, wie vorher schon mal berechnet, exakt 300 kg Lastreserve für die Maschine. Man konnte ihm die Unruhe ansehen, die ihm das Gewichtsproblem bereitete. Unter dem Zeitdruck der bereits verstrichenen Abflugzeit überlegte er eine Weile, was man von der geplanten Beladung wohl zurück lassen könnte, da die Achse ja absoluten Vorrang hatte. Aber nach einer kurzen Weile meinte er : „Ihr braucht das ja alles dort in der Wüste. Wir nehmen alles mit Verladen wir die Achse !“ Mit 12 (!!!) „Trägern“ gelang es uns, die Achse Stück für Stück in Richtung ANNA zu bewegen. Das Hauptproblem war, dass die Achse nun in einem Zug in die Transportmaschine musste. Um Beschädigungen an der Maschine zu vermeiden, durfte die Last unter keinen Umständen auf der Laderampe abgesetzt werden. Total außer Atem und mit letzter Kraftanstrengung setzten wir die Achse dann in der Maschinenmitte ab. Wir waren alle fix und fertig ! Nun wurde die Achse verzurrt, alle andern Gepäckstücke verladen und die Passagiere begaben sich auf ihre Plätze – der Start konnte erfolgen. Wie ich später erfuhr, befand sich der damalige „Leiter des Verladekommandos“ - Major Philipp (leider viel zu früh verstorben) - während des Starts auf dem Tower in Erfurt und verfolgte die Geschehnisse. Die erste Maschine startete ganz normal, aber die „Achsenmaschine“ brauchte die gesamte zur Verfügung stehende Rollfläche und hob sehr spät ab. - Na ja, den Zaun haben wir nicht gestreift ! Als ich den Piloten fragte, wie’s ging, antwortete er : Na ja, ganz gut, die Maschine war halt etwas schwerer, aber das gibt sich dann im Flug durch der Spritverbrauch. In Ashuluk am „Wüstenflugplatz“ gibt’s aber keine Tankmöglichkeit, das heißt, wir müssen in Kiew noch 300 kg Sprit mehr „mitnehmen“, um von Ashuluk wieder zurück bis Astrachan-Privolsk zu kommen, wo dann erst die nächste Betankung erfolgen kann. ... Während des Fluges ergriff mich auf einmal der Gedanke, was die Achse da in der Mitte wohl im Rahmen einer „Havarie“ mit uns machen könnte. Ja, nur nicht weiterdenken und die Daumen drücken. Dann in Kiew erinnere ich mich nur noch an den „Tanker“ - ein KRASZ - Sattelauflieger. So wie die Kiste aussah, hätte man sie in der DDR schon lange verschrottet – Rost, wohin das Auge blickte, die Brühe tropfte davon und die Reifen sahen aus, als flögen sie einem jeden Moment um die Ohren – mein Gott ! Na ja, nach der üblichen „Gesichts“ - Passkontrolle ging es wieder in die zurück in die Maschine und es konnte weitergehen. Die SLB (Start- und Landebahn) auf dem Militärflugplatz war lang genug, und so gab es auch keine Probleme beim Start. Aber auf der Strecke ! Wegen starkem Gewitter mussten wir die Luftstrasse verlassen und die große Wetterfront umfliegen. Die zivile Flugverkehrskontrolle hat das genehmigt – wir hofften inständig, dass das auch die militärische Luftverteidigung wusste und uns als „Eigene“ erkannte, ... aber es ging alles gut ! Kurz vor der Landung kam dann plötzlich der Co-Pilot zu mir und sagte, dass es mit dem Sprit knapp werden könnte und man deshalb nach der Landung die Motoren nicht ausmachen, sondern nur drosseln würde (das Neuanlassen mit Hilfsturbine kostete wohl noch mehr Sprit). Nach öffnen der Heckklappe sollte ich veranlassen, dass zuerst die Soldaten mit ihren Gepäckstücken die Maschine verlassen und dann die berüchtigte „Achse“ entladen werden sollte. Ich sollte das mit dem Leiter des Entladekommandos koordinieren. Gesagt – getan. Während meine Soldaten die Maschine entluden, fragte ich den Leiter des Entladekommandos – einen Major – was mit der Hinterachse geschehen solle ?! Dieser war total verduzt, hatte keine Ahnung von der Lieferung einer Achse und konnte auf der Stelle nach Rücksprache mit den Verantwortlichen auch keine Lösung herbeiführen. Die Zeit und der Kommandant der ANNA drängten. Es gab die Vermutung, dass die Achse ja vielleicht in Pivolsk gebraucht würde und man sie vielleicht besser dorthin bringen sollte. Der Kommandant tobte, er würde die Achse nicht weiter spazieren fliegen. Da es aber keine Aktivitäten gab, die Achse zu entladen und der Sprit mit jeder Minute weniger wurde, entschloss er sich schweren Herzens dann doch wieder mit der Achse zu starten !!! Leider habe ich hinterher nicht rauskriegen können, was schließlich und endlich mit der Achse passiert ist – sehr schade. .... eins hab ich mir damals geschworen : Ich steig nie wieder in ein Flugzeug ein, dass 300 kg Lastreserve hat, ... und wenn eine LKWHinterachse mit muss, steig ich lieber wieder aus. In Nachhinein habe ich dann recherchiert und von einem Kfz- Spezialisten erfahren, dass eine W-50 Hinterachse genau 800 kg wiegt !!! Prost Mahlzeit – Start mit einer halben Tonne Übergewicht – nur fliegen ist schöner.
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