Momentenrechner für Sportflugzeuge

Momentenrechner für Sportflugzeuge
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Aachen 10/2005
Inhaltsverzeichnis
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Einleitung
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Funktionsprinzip
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Aufbau
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Beispielrechnung
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Ausblick
Momentenrechner für Sportflugzeuge
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Einleitung
Auch wenn die Software für die Flugvorbereitung den Punkt „Weight & Balances“
hervorragend erleichtert hat und auch schon auf PDAs problemlos läuft, haben sich
Navigationsrechner in der Luftfahrt bisher weiterhin halten können. Im Folgenden wird ein
Drehscheibenrechner für die Schwerpunktsberechnung vorgestellt.
So wie er hier dargestellt wird handelt es sich um einen Papier-Prototypen, der für eine
viersitzige Morane-Saulnier 885 konzipiert wurde. Das Prinzip lässt sich ohne Probleme auch
auf andere Typen und auf Segelflugzeuge übertragen.
Abbildung 1:
Foto eines ersten Papier-Prototypen
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Funktionsprinzip
Für die Berechung der Schwerpunktlage eines Flugzeugs sind zwei Werte entscheidend, das
Gesamtgewicht und das Gesamtmoment. Die Lage des Schwerpunktes kann durch die
Division des Gesamtmoments durch das Gesamtgewicht berechnet werden und darf nur
innerhalb eines im Flughandbuch angegebenen Bereiches liegen.
Im Flughandbuch sind die Hebelarme aller Positionen im Flugzeug angegeben, an denen
Lasten vorkommen dürfen. Bei einer Morane 885 sind dies die vorderen und hinteren Sitze,
das Gepäckfach und der Sprit im Tank. Diese Werte sind nur vom Flugzeugtyp abhängig. Das
Leergewicht sowie das Leergewichtsmoment sind entsprechend der letzten Wägung für jedes
einzelne Flugzeug des Typs im Handbuch eingetragen.
Um den Gesamthebelarm zu berechnen, müssen alle Lasten (variabel)
mit den
entsprechenden Hebelarmen (konstant) multipliziert und diese Einzelmomente zusammen
addiert werden. Da diese Momente natürlich eine gleiche Einheit haben, kann man sie auch
graphisch addieren.
Für eine solche graphische Addition sind die konstanten Hebelarme in der Einteilung der
Skalen „codiert“. Ein langer Hebelarm bewirkt eine gestreckte Skala und umgekehrt.
Abbildung 2:
Zusammenhang von Hebelarm und Skala
Für die graphische Addition muss nun lediglich eine Skala verschoben und die zu addierenden
Werte nacheinander abgelesen werden.
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Abbildung 3:
graphische Addition
Die hier in dem Beispiel verwendeten geraden Skalen können natürlich auch kreisförmig in
Form von runden Scheiben1 angeordnet werden.
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Um die Skalen „aufzuwickeln“ muss die einzelne Skala noch einmal entsprechend dem gewünschten Radius gedehnt werden.
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Ist das Gesamtmoment ermittelt, kann es in dem im Handbuch angegebenen Gewicht-Moment
Diagramm abgetragen werden. Es muss innerhalb des erlaubten Bereiches liegen2.
Abbildung 4:
Gewicht-Moment Diagramm
In der Abbildung 4 ist noch eine zusätzliche blaue Linie eingezeichnet, die Spritverbrauchslinie. Entlang dieser Linie verändert sich die Schwerpunktlage des Flugzeugs beim Verbrauch
des Treibstoffs, da die Tankschwerpunkte meistens nicht mit dem Gesamtschwerpunkt
zusammenfallen.
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Oft findet man im Flughandbuch andere Diagramme, wie z.B. Gesamtgewicht-Hebelarm oder nur eine Tabelle, in der den
möglichen Gesamtgewichtswerten jeweils ein Minimal- und Maximalmoment gegenüber gestellt werden. Alle diese
Darstellungsformen lassen sich aber in die in Abbildung 4 gezeigte überführen.
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Aufbau
Der Rechner besteht aus mehreren konzentrischen Skalenscheiben. Die Vorder- und
Rückseite sind miteinander verbunden und können nicht relativ zueinander verdreht werden.
Beide Seiten tragen an ihrem Rand die Skala für das Gesamtmoment.
Im Zentrum der Vorderseite befindet sich die Skala für die Lasten auf den vorderen beiden
Sitzen. Diese Skala ist mit der Gesamtmomentsskala verbunden und ihr Nullpunkt liegt in einer
Flucht mit dem Leergewichtsmoment des Flugzeugs.
Abbildung 5:
Vorder- und Rückseite
Auf der Rückseite ist das Gewicht-Moment Diagramm wie in Abbildung 4 aufgebracht. Um auf
die runde Rückseite zu passen, ist das Diagramm quasi „aufgewickelt“3. Diese Verzerrung
wirkt sich so aus, dass alle horizontalen Linien des Diagramms zu konzentrischen Kreisen
werden und alle senkrechten Linien auf den Mittelpunkt zulaufen. Alle schrägen Linien des
Diagramms werden zu logarithmischen Spiralen4.
Auf der Rückseite ist eine durchsichtige Scheibe drehbar angebracht, auf der die Spirale der
Spritverbrauchslinie aufgedruckt ist.
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Mathematisch gesehen handelt es sich bei diesem „Aufwickeln“ des Diagramms um eine Laplace-Transformation.
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Abbildung 6:
Spritverbrauchs-Scheibe
Zwischen der Vorder- und Rückseite sind drei Skalenscheiben für die Lasten der hinteren
Sitze, des Gepäckfachs und des Tanks drehbar angebracht. Der Ring für den Sprit trägt zwei
Skalen, eine für das Volumen und eine für das Gewicht des Benzins (1 Liter = 0,72 kg).
Abbildung 7:
drehbare Scheiben
Zwei Besonderheiten sind bei diesem Aufbau bemerkenswert:
Die Skala für das Gesamtmoment ist sowohl auf der Vorder- und Rückseite gleichermaßen
angebracht, daher ist das aufgewickelte Diagramm spiegelbildlich gezeichnet. Das Gesamtmoment nimmt mit dem Uhrzeigersinn zu!
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Eine logarithmische Spirale ist eine Kurve, die alle Strahlen, die vom Ursprung ausgehen, unter demselben Winkel schneidet.
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Die Spritverbrauchslinie erstreckt sich über den gesamten zulässigen Schwerpunktsbereich
und trägt keine absolute Skalierung. Dies ist auch nicht möglich, da der zu berechnende
Schwerpunkt natürlich variabel ist. Ist er bestimmt, kann durch Drehen der Scheibe ein
beliebiger Punkt der Spritverbrauchslinie mir ihm in Deckung gebracht und relativ von dort der
ausgeflogene Sprit abgetragen werden.
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Beispielrechnung
Für die in Abbildung 8 und Abbildung 9 dargestellte Beispielrechnung sind folgende Daten
gegeben:
gegeben:
gesucht::
Leergewicht des Flugzeugs
556 kg
Pilot
80 kg
Handgepäck auf den hinteren Sitzen
20 kg
ausfliegbarer Sprit
120 L
Schwerpunktslage beim Start und während des Fluges.
Vorgehen:
•
Das Gewicht des Piloten wird auf der zentralen Skala der Vorderseite gesucht und der
Nullpunkt der Scheibe für die hinteren Sitze darauf eingestellt.
•
Auf der Skala für die hinteren Sitze wird nun das Gewicht des Handgepäcks (das in
dieser Rechnung auf den hinteren Sitzen abgelegt wird) gesucht und der Nullpunkt der
Gepäckfachscheibe hierauf eingestellt.
•
Der Nullpunkt der Spritscheibe zeigt auf den Nullpunkt der Gepäckfachscheibe, da im
Gepäckfach keine Last mitgeführt wird.
•
Jetzt sind alle Scheiben richtig eingestellt. Auf der Skala für den Sprit kann das
Gewicht des Sprits abgelesen werden. Dieses Gewicht wird benötigt, um das
Gesamtgewicht des beladenen Flugzeugs zu berechnen. Der gefundene Punkt auf der
Spritskala steht dem Wert des Gesamtmoments auf der äußersten Skala gegenüber.
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•
Hält man den Rechner an dem Punkt des ermittelten Gesamtmoments zwischen
Daumen und Zeigefinger, so kann dieser Punkt leicht auf die Rückseite gelotet werden.
Abbildung 8:
Beispielrechnung Vorderseite
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•
Auf der Rückseite kann ausgehend vom ermittelten Gesamtmoment das
Gesamtgewicht auf das Zentrum zu abgetragen werden. Hier befindet sich die
Schwerpunktlage des beladenen und getankten Flugzeugs (hoffentlich im zulässigen
Bereich).
Abbildung 9:
•
Beispielrechnung Rückseite
Nun kann die Spritverbrauchsscheibe so gedreht werden, dass ein Punkt der Spritverbrauchslinie mit dem ermittelten Schwerpunkt möglichst gut zusammenfällt.
•
Auf der Spritverbrauchslinie sind die Punkt in Abständen eingezeichnet, die 10 Liter
verflogenem Sprit entsprechen. Die Schwerpunktslage verschiebt sich also beim
Fliegen entlang dieser Linie zum Rand des Rechners hin, immer in Richtung
niedrigeren Gewichts.
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Ausblick
Ein Punkt ist im Kap. 3 „Aufbau“ stillschweigend übergangen worden. Das Leergewichtsmoment des Flugzeuges kann sich bei einer erneuten Wägung verändern. Das hat zur Folge,
dass der Skalenanfang der Skala für die vorderen Sitze nicht mehr stimmt. Der Anfang muss
zusammen mit dem Wert für das Leergewichtsmoment auf einem Radial liegen.
Diese Einstellung kann abhängig von der verwendeten Bauweise des Rechners umgesetzt
werden:
•
Bei dem Drehscheibenrechner aus Papier kann für jedes Flugzeug eine individuelle
Vorderseite gedruckt werden. Denkbar ist ein Computerprogramm, das nur die Daten
der aktuellen Wägung als Input benötigt und daraus einen „Bastelbogen“ auf einem
Drucker oder in eine pdf-Datei ausgibt. Mit den heutigen Druckern lassen sich exzellent
maßhaltige Skalen ausdrucken. Das Computerprogramm kann zudem eine Datenbank
für verschiedene Flugzeugtypen enthalten.
Abbildung 10: Aufbau der Papier - Variante
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•
Eine teurere, wenn auch robustere Variante, ist die Umsetzung des Rechners in
Kunststoff. Einen Schnitt durch einen möglichen Aufbau eines solchen Rechners zeigt
Abbildung 11. Die Einstellung des Leergewichtsmoments kann über das Drehen der
zentralen Scheibe gegenüber der Gesamtmomentskala geschehen. Gesichert wird
diese Einstellung durch einen Siegelaufkleber.
Abbildung 11: Kunststoff - Variante
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