Predigt zur Ökumenischen Vesper am Sonntag Taufe des Herrn, 10. Januar 2016 im Dom zu Regensburg Der heilige Franziskus und die Schwester Wasser „Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Wasser, gar nützlich ist es und demütig und kostbar und keusch. Laudato si’, mi’ Signore, per sor’aqua, la quale è multo utile et humile et pretiosa et casta.” So formuliert es der heilige Franziskus in seinem Cantico delle creature, worin er den Schöpfer-Gott preist für Gestirne, Sonne und Mond, und eben auch für die vier Elemente, darunter, „multo utile“, unsere Schwester, das Wasser. Papst Franziskus zur Wasserfrage in seiner Enzyklika Laudato si Am Pfingstfest des vergangenen Jahres (24. Mai 2015) hat Papst Franziskus ein Weltrundschreiben veröffentlicht, eine so genannte Enzyklika, die programmatisch mit den Worten „Laudato si“ beginnt. Darin ruft er die ganze Menschheit leidenschaftlich dazu auf, das gemeinsame Haus der Schöpfung, deren Teil wir sind, pfleglich zu behandeln. Ja, er greift den Gedanken des heiligen Franziskus auf, diese geschwisterliche Beziehung zur ganzen Schöpfung, wie sie im Sonnengesang benannt ist – „Schwester Wasser“ -, zu leben. Einen eigenen Abschnitt widmet der Papst dabei auch der „Wasserfrage“, und im letzten Teil vertieft er das Thema unter der Rücksicht der Sakramentalen Zeichenhaftigkeit von Brot und Wein, aber auch des Wassers. In der Sorge um die benachteiligten Menschen auf der Welt beklagt der Papst, dass die reichen Gesellschaften in vieler Hinsicht „die Höchstgrenzen der Ausbeutung des Planeten überschritten“ haben (LS 27). Dies gelte auch für das kostbare Gut des Wassers. Franziskus erinnert daran, dass besonders in Afrika große Teile der Bevölkerung keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser haben. (LS 28) Der Mangel an sauberem und qualitätvollem Trinkwasser ist nach wie vor in etlichen Regionen der Welt Ursache von vielem Leid und hoher Kindersterblichkeit. (LS 29) Uns auch unmittelbar betreffend sind diese Worte des Papstes: „Die Waschmittel und die chemischen Produkte, welche die Bevölkerung vielerorts in der Welt verwendet, sickern fortlaufend in Flüsse, Seen und Meere.“ (LS 29) In der Tat sind die bei Kosmetika und bei Reinigungsmitteln häufig benutzten Mikroplastik-Teilchen so klein, dass sie durch die Filter der Kläranlagen hindurchgleiten und so eine Gefahr für Fische und andere sensible Wasserbewohner darstellen. Der Papst nennt den „Zugang zu sicherem Trinkwasser ein grundlegendes, fundamentales und allgemeines Menschenrecht, weil es für das Überleben der Menschen 1 ausschlaggebend und daher die Bedingung für die Ausübung der anderen Menschenrechte ist.“ (LS 30) Franziskus legt gerade auch den Menschen, die Gott sei Dank genügend sauberes Trinkwasser zur Verfügung haben, eine „Kultur der Achtsamkeit“ (LS 231) ans Herz und hält dafür, dass die gebotene Erziehung zur Umweltverantwortung auch die Einschränkung des Wasserverbrauchs (LS 211), einen behutsamen und ehrfurchtsvollen Umgang mit dem Wasser einschließt; eine ehrfurchtsvolle Beziehung zu unserer Schwester, dem Wasser, wie sie uns vor allem in den Flüssen nahe liegen. Wassersegnung in Regensburg als Zeichen gelebter Ökumene So freue ich mich sehr, dass wir uns auch in diesem Jahr wieder zum Abschluss der Weihnachtszeit am heutigen Fest der „Taufe des Herrn“ in ökumenischer Verbundenheit hier im Regensburger Dom versammeln, und dass wir nachher in feierlicher Prozession zur Donau ziehen, sie als unseren Jordan betrachten und das Wasser segnen, indem wir dreimal das Kreuz hineinsenken, so wie Jesus Christus sich von Johannes dem Täufer in die Fluten des Jordan hat hineintauchen lassen. Ich grüße mit großer Freude den griechisch-orthodoxen Bischof Evmenios von Lefka, mit allen orthodoxen Mitchristen, besonders dem Herrn Erzpriester Malamoussis aus München und Herrn Professor Nikolakopoulos mit seinem Chor, und ich grüße in herzlicher ökumenischer Verbundenheit Herrn Regionalbischof Dr. Hans-Martin Weiss von der evangelisch-lutherischen Kirche mit allen Schwestern und Brüdern. Es ist für mich ein großartiges Zeichen der ökumenischen Verbundenheit, dass wir zum Ende der Weihnachtszeit zusammenkommen, um gemeinsam das zu tun, was unsere tiefste Bestimmung ist, nämlich Gott zu loben und zu preisen! Und so danke ich ganz herzlich dem orthodoxen Chor, unseren Domspatzen unter Domkapellmeister Roland Büchner sowie Herrn Prof. Stoiber an der Orgel für die wunderbare musikalische Gestaltung und Begleitung der Vesper hier im Dom. Schöpfungsverantwortung in der Liturgie der Ost- und Westkirche Der orthodoxe Brauch der Flüsse-Segnung, liebe Schwestern und Brüder, entspricht in wunderbarer Weise dem Anliegen von Papst Franziskus. Er nennt ja ausdrücklich in der Enzyklika das Engagement des ökumenischen Patriarchen Bartholomaios (vgl. LS 7 f.), und er greift dessen Idee auf, wenn er im August letzten Jahres den 1. September zum „Tag der Schöpfung“ auch in der katholischen Kirche erklärt hat. Schon seit etlichen Jahren wird ja in ökumenischer Verbundenheit in der Zeit zwischen dem 1. September und dem 4. Oktober, dem Gedenktag des heiligen Franziskus, ein Schöpfungstag begangen. Der Brauch der Wassersegnung macht zugleich deutlich, dass unsere Achtsamkeit für das Wasser noch mehr ist und tiefer begründet ist als in einer nur politischen Programmatik. 2 Die Segnung der Flüsse gehört zum Fest der Epiphanie, das die drei ersten Erscheinungen der göttlichen Herrlichkeit zum Festinhalt hat: Die Anbetung des göttlichen Kindes durch die Weisen, die Taufe im Jordan und das Weinwunder zu Kana. Auch in der Westkirche wissen wir um diese Verbindung, nur dass wir die Taufe des Herrn in einem eigenen Fest zum Abschluss der Weihnachtszeit feiern, heute am Sonntag nach Epiphanie. „Die Jordantaufe [Jesu durch Johannes den Täufer] ist die Vorwegnahme Seiner Bluttaufe am Kreuz, wo Er Seinen Leib, die Kirche, mit Seinem Blute von der Sünde reinigt. Er lässt zu, dass eine Menschenhand Sein Haupt hinabdrückt in die Fluten des Jordan, und so Seine Erniedrigung bis in den Tod vorabgebildet und vorverkündigt wird. Die Große Wasserweihe weist somit auf die Taufe Christi hin und erinnert uns an unsere eigene Taufe.“ Dazu kommt, so entspricht es der orthodoxen Frömmigkeit, dass durch die Taufe im Jordan Christus der Herr auch den ganzen Kosmos, die Schöpfung geheiligt und in den Wirkungsbereich der Erlösung eingeschlossen hat. (vgl. Mysterium der Anbetung, hg. von Sergius Heitz, 677). Noch einmal Papst Franziskus: „Für die christliche Erfahrung finden alle Geschöpfe des materiellen Universums ihren wahren Sinn im menschgewordenen Wort, denn der Sohn Gottes hat in seine Person einen Teil des materiellen Universums aufgenommen, in den er einen Keim der endgültigen Verwandlung hineingelegt hat“ (LS 235). Und darum, so bekräftigt er mit Johannes Paul II., verwirft das Christentum „nicht die Materie, die Leiblichkeit, ja sie wertet sie im liturgischen Akt sogar vollständig auf, in dem der menschliche Leib sein tiefstes Wesen als Tempel des Geistes zeigt und sich mit dem Herrn Jesus vereinigt, der um der Rettung der Welt willen auch einen Leib angenommen hat.“ (LS 235) Somit schauen wir im Element des Wassers nicht nur die Grundlage unseres irdischen Lebens, die sorgsam zu hüten und achtungsvoll zu behandeln uns gut ansteht, sondern die irdische Lebensgrundlage wird uns transparent auf die Quelle des wahren Lebens, die Gott selbst ist in Jesus Christus. „Die Fluten des Jordans empfingen Dich, die Quelle“, so formuliert ein orthodoxes Gebet zum Festtag heute das Paradox: „Die Fluten des Jordans empfingen Dich, die Quelle!“ Und unser Kirchengebet lautet: Allmächtiger ewiger Gott, bei der Taufe im Jordan kam der Heilige Geist auf unseren Herrn Jesus Christus herab, und du hast ihn als deinen geliebten Sohn geoffenbart. Gib, dass auch wir, die aus dem Wasser und dem Heiligen Geist wieder geboren sind, in deinem Wohlgefallen stehen und als deine Kinder aus der Fülle dieses Geistes leben. Amen! 3
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