EEB3; S6his3dea; Schwengelbeck Datum: Das deutsche Kaiserreich zwischen 1871 und 1914 M1 Fortschrittlich oder konservativ ? Das deutsche Kaiserreich war ein Staat mit zwei Gesichtern. Auf der einen Seite war dieses neue Reich sehr fortschrittlich. Die Industrie boomte zunächst in den Gründerjahren (18711875), u.a. infolge der hohen Zahlungen, die Frankreich an das Reich nach dem verlorenen Krieg leisten musste. Nach einer kurzen Stagnation entwickelte sich die Wirtschaft bis 1914 dann fast durchgehend positiv weiter. Immer mehr Produkte und Industriegüter wurden produziert und vor allem ins Ausland verkauft, so dass sich Deutschland zur Exportnation Otto v. Bismarck Nr.1 entwickelte. Auch einige Gesetze in diesem neuen Staat waren sehr fortschrittlich, etwa das Wahlrecht für alle Männer ab dem 25 Lebensjahr oder die unterschiedlichen sozialen Sicherungssysteme. Die Renten- oder die Krankenkasse und die Lebensversicherung, die von Bismarck direkt entwickelt wurden, galten weltweit als vorbildlich und wurden häufig kopiert. Das andere Gesicht des Staates zeigte sich in der Innenpolitik. Zwar gab es unterschiedliche Parteien, doch waren ihre Möglichkeiten sehr begrenzt. Letztlich war ender Kaiser und sein politischer Vertreter der Kanzler die Personen, die im Staat Entscheidungen trafen und die sich nur wenig hereinreden ließen. Auch die Ordnung des Staates war konservativ. Besonders wichtig für die Stellung des Einzelnen war nicht das, was es konnte, sondern seine Herkunft und seine Verbindungen. Als besonders wichtig im Kaiserreich wurde das Militär angesehen. Uniformen waren allgegenwärtig, und ein Mann zählte erst, wenn er im Heer gedient hatte. Das Konzept von Befehl und unbedingtem Gehorsam gab es dabei aber auch in anderen Einrichtungen, so wurden etwa Schulen, aber auch ganze Industriebetriebe in dieser Art und Weise geführt. Frauen hatten sehr wenig Mitspracherecht, sie sollte Kinder zur Welt bringen und im Haushalt arbeiten. Minderheiten wurden zwar geduldet, aber sie wurden oft benachteiligt. Häufig bildete sich regelrechter Hass auf kleine, aber erfolgreiche Randgruppen, etwa die Juden. In der Außenpolitik versuchte Bismarck während seiner gesamten Amtszeit Frankreich, das nach dem verlorenen Krieg auf Vergeltung aus war, zu isolieren und schaffte dies durch ein kompliziertes Bündnissystem mit den anderen europäischen Mächten. Das deutsche Kaiserreich entwickelte sich zu einer Großmacht im Herzen von Europa, die das größte und modernste Heer der Welt hatte. Bismarck versuchte jedoch immer wieder zu betonen, dass die anderen Staaten keine Angst vor Deutschland zu haben brauchten, da das Reich sich nicht weiter vergrößern wollte. Mit der von Wilhelm II. erzwungenen Abdankung Bismarcks änderte sich diese Außenpolitik komplett. Quellen zum Kaiserreich 1. Ratschläge für die Hausfrau (1894) Männer haben das wirkliche Leben da draußen. Entweder sie studieren oder sie widmen sich einer Fachwissenschaft, machen weite Reisen zu Wasser und zu Land, kämpfen mit Arbeit und mit Sorgen, haben ihr festes Ziel vor Augen, das sie erreichen müssen und wollen... In dem großen Haushalt des Lebens ist jedem sein Teil richtig zugewogen, und es würde töricht sein, wollte sich die Frau dagegen auflehnen... 2. Worte für den Lebensweg höherer Töchter (1905) Schon ein auf dem Stuhle vergessenes Taschentuch, ein lässig geschlossenes Schubfach, ein offen liegengebliebenes Buch geben dem Familienzimmer ein unordentliches, vernachlässigtes Aussehen. Da soll die Tochter mit leiser lieblicher Hand die kleinen Fehler verbessern, jedem Familienmitglied sein vergessenes Eigentum nachtragen oder aufheben und sorgsam darüber wachen, dass jedes Ding am rechten Ort sei und seinen Platz ziere. 4. Erziehung bei „einfachen Leuten“ Solange die Eltern und besonders die Mutter 12-13 Stunden arbeiten müssen, bleibt ihnen keine Zeit sich liebevoll mit ihren Kindern zu beschäftigen. Die Erziehung wird mehr „nebenbei“ betrieben, wenn Körper und Geist bereits durch die Arbeit ermüdet sind. Von dem Hasten und Jagen nach Erwerb und Verdienst werden die Nerven stumpf und abgespannt. Dass unter solchen Verhältnissen der Stock oder die Peitsche die Hauptrolle in der Erziehung spielen, ist sehr leicht begreiflich. Artikel aus „Bielefelder Volkswacht“ 1906 3. Erziehung in „gutem Haus“ (bei reichen Familien) Um die jungen Mädchen zu schützen, ließ man sie nicht einen Augenblick allein. Sie bekamen eine Gouvernante, die dafür sorgte, dass sie gottbewahre nicht einen Schritt unbehütet vor die Haustür traten, sie wurden zur Schule, zur Tanzstunde, zur Musikstunde gebracht und ebenso abgeholt. Jedes Buch, das sie lasen wurde kontrolliert, und vor allen Dingen wurden die jungen Mädchen unablässig beschäftigt, um sie von möglichen gefährlichen Gedanken abzulenken. (Stefan Zweig, Jugenderinnerungen) EEB3; S6his3dea; Schwengelbeck Aufgaben: Datum: 1. Erkläre, was mit der Aussage : „Das deutsche Kaiserreich war ein Staat mit zwei Gesichtern“ gemeint ist. 2. Erläutere das Frauenbild, das in den Quellen zum Ausdruck kommt. 3. „Soziale Verbesserungen, aber keine politische Mitsprache“- woher kennst du dieses Konzept, das zu den Grundpfeilern der Politik Bismarcks gehörte. John Tenniel: “Dropping the pilot” („Der Lotse geht von Bord“), aus: „The Punch“ (engl. Satirezeitschrift), 1890. Aufgabe: M2 1. Beschreibe und erkläre die Bildquelle Wandel in der deutschen Außenpolitik nach 1890 Ein strikter Wandel in der Außenpolitik trat mit der Ablösung Bismarcks und dem sog. „persönlichen Regiment“ des neuen Kaisers Wilhelm II. (also ab etwa 1890) ein. Der Rückversicherungsvertrag mit Russland wurde aufgrund von wirtschaftlichen Interessen nicht verlängert und Wilhelm II. forcierte eine expansive Außenpolitik des Reiches, das nun auch „seinen Platz an der Sonne“, also Kolonien, wollte. Das Streben nach Weltgeltung war von dort an die Prämisse der deutschen Außenpolitik. Dass man sich damit auf Konfrontationskurs mit den anderen Großmächten begeben musste, wurde von der politischen Führung billigend in Kauf genommen. So führte etwa der Ausbau der Kriegsflotte zu einem direkten Konflikt mit Großbritannien, das seine Vorherrschaft auf dem Meer gefährdet sah. Konsequenz aus dieser Politik war die 1904 geschlossene „Entente cordiale“ ein Bündnisvertrag zwischen England und Frankreich, dem sich 1906 auch noch Russland zur „Tripple Entente“ anschloss. Abgesehen vom geschwächten Bündnispartner Österreich- Ungarn, der selbst mit zahlreichen innenpolitischen Konflikten und Problemen auf dem Balkan zu kämpfen hatte, war nun das Deutsche Reich außenpolitisch isoliert. Trotzdem hielt das Reich an seiner Politik fest. Zahlreiche Krisen und Affären, wie die z.B. Daily Telegraph Affäre oder die 1. und 2. Marokkokrise waren zwischen 1905 und 1914 die Folge. Oftmals wurden sie direkt vom Kaiser verursacht, der große Schwierigkeiten damit zu haben schien, die Außenwirkung seiner Äußerungen einzuschätzen.
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