Bericht im AvW vom 24.9.

Anzeiger von Wallisellen
THEMA DER WOCHE
Donnerstag, 24. September 2015
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Wenn eine Baubewilligung nicht genug ist
Die Pläne für einen Hotelbetrieb im vorgesehenen Hochhaus an der Richtistrasse sind vorerst gescheitert
Keine Hotelzimmer oder Business-Appartements im geplanten Serliana-Hochhaus. Die Gemeinde hat den Einbau von Kochnischen in den Zimmern nicht erlaubt.
Im Süden von Wallisellen
hätte ein neues Hochhaus
gebaut werden sollen.
Daraus wird nun nichts, denn
der Investor hat sich mit der
Gemeinde zerstritten. Schuld
am Konflikt will keine Partei
sein.
■
Johanna Wedl
Eigentlich hatte alles gut begonnen.
Vor zwei Jahren sagten die Walliseller Stimmbürger Ja zum privaten
Gestaltungsplan «Serliana». Dieser
sah vor, auf dem Areal der ehemaligen Armaturenfabrik an der Richtistrasse einen 68 Meter hohen Wolkenkratzer zu bauen. Auf 19 Stockwerken sollte ein Hotel entstehen,
im Gebäude wären auch Büros untergebracht gewesen.
Streit um die Küche
Nun ist die Euphorie verflogen. «Ich
bin extrem enttäuscht», sagt Investor
Christian Bertschinger. Die Wut ist
ihm durch das Telefon anzuhören. Er
plante, im Hotel 434 Zimmer sowie
Konferenzräume und Restaurants
unterzubringen.
Die Gemeinde erteilte ihm dafür
zwar die Baubewilligung, habe ihm
aber derart hohe Auflagen gemacht,
dass er das Projekt nun fallen lassen
müsse, erläutert Bertschinger. Unter
anderem sei ihm nicht erlaubt worden, so genannte «Kitchenettes»
(kleine Kochnischen) einbauen zu
lassen. Genau diese seien aber ein
international übliches «Schlüsselelement» im Angebot sogenannter
Businesshotels.
«Die Gemeinde verunmöglicht
mir die Realisierung mit Forderungen, die nicht gerechtfertigt sind»,
findet Bertschinger. Die Beschränkung des Hotelaufenthalts auf 14 Tage sei zwar fallen gelassen worden,
und auch gegen ein Einsichtsrecht
auf die Aufenthaltsstatistik sei nichts
einzuwenden. Dass man dem Betreiber aber im Voraus eine missbräuchliche Vermietung der Zimmer zu
Wohnzwecken unterstelle und deswegen Kochgelegenheiten grundsätzlich verbiete, gehe nicht an.
Man lege ihm Steine in den Weg
mit einem «rückwärtsgewandten und
wirtschaftsunfreundlichen» Entscheid.
An ihm sei ein Exempel statuiert
worden, seine Geschichte sehe er
als «kleines Beispiel für Beamten-
(Foto Archiv)
willkür bzw. die in der Schweiz
grassierende Regulierungswut», betont Bertschinger. Das Projekt sei zu
99 Prozent gestorben. «Ich habe ein
Jahr Arbeit und 150 000 Franken
verloren», ärgert sich der Finanzfachmann.
Gemeinde fordert Klarheit
Eine andere Haltung vertritt dagegen die Gemeinde Wallisellen. Von
Anfang an habe man dem Investor
klar kommuniziert, dass es aus
Gründen der Zonenkonformität und
wegen der hohen Lärmbelastung am
Standort direkt neben der Autobahn
nicht erlaubt sei, Wohnungen zu erstellen. «Wir wollten mit unseren
Auflagen sicherstellen, dass ein Hotel gebaut wird, und nicht Appartements für Kurzmieter entstehen»,
sagt Hochbauvorsteher Peter Spörri.
Diese Abgrenzung müsse klar gemacht werden, auch weil der Souverän erwarte, dass es dort ein Hotel
gebe und keine Wohnungen.
Spörri hält weiter fest, die von den
Walliseller Behörden gestellten Auflagen gingen in den Augen der kantonalen Baudirektion eher zu wenig
weit. Der Gemeinderat habe die Angelegenheit ausführlich diskutiert.
Investor Christian Bertschinger: «Ich bin extrem enttäuscht». (Foto Archiv)
«Ich denke, wir haben versucht, einen Kompromiss zu finden, der realisierbar wäre.» Der Bauvorsteher
räumt zwar ein, es habe Differenzen
gegeben bezüglich der Abgrenzung
Hotel / Wohnen zwischen der Gemeinde und dem Investor. «Ich denke aber nicht, dass der Gemeinderat
Schuld ist am Scheitern des Projektes.»
Ein Hotel wird wohl nicht entstehen an der Richtistrasse (Areal rechts im Bild) – Investor und Gemeinde haben sich zerstritten.
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(Foto: J. Wedl)
Offene Zukunft
Es sei schade, dass Christian
Bertschinger das anders sehe und
seine Schwierigkeiten der Gemeinde
anhängen wolle. «Sein Engagement
fasziniert mich, und ich bin der Meinung, wir wollten ihm ein gutes Projekt ermöglichen», sagt Spörri. Er
selbst bringt noch einen anderen Aspekt zur Sprache, der ausschlaggebend dafür gewesen sein könnte,
dass das Projekt nun auf Eis liegt: die
Auslastung. «Ich kann nicht beurteilen, wie erfolgversprechend die
Idee ist. Ich weiss nur, der Immobilienmarkt befindet sich in einer
schwierigen Lage. Ob die Nachfrage
besteht für ein Hotel mit 400 Zimmern, muss der Investor beurteilen.»
Christian Bertschinger sagt, mit
zwei potenziellen Betreibern bestünden abgeschlossene Verträge, die er
nun nicht erfüllen könne. Eine einheimische und eine amerikanische
Hotelkette wären am Betrieb bzw.
am Kauf des Gebäudes interessiert
gewesen. Wie es nun weitergeht,
ist offen. «Ich habe einen Plan B, es
gibt immer Alternativen», sagt
Bertschinger. Detailliert darüber
äussern will er sich zum jetzigen
Zeitpunkt allerdings nicht.