ZENK | Schlaglicht JANUAR 2016 KARTELLRECHT Der Minister hat entschieden: EDEKA darf Kaiser´s Tengelmann übernehmen – ABER ... Jan Dietze Am 12. Januar 2016 hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in Aussicht gestellt, den vom Bundeskartellamt untersagten Zusammenschluss von EDEKA und Kaiser´s Tengelmann mit der sog. Ministererlaubnis zu genehmigen. Die Erlaubnis soll allerdings unter Bedingungen zur Sicherung der bestehenden Arbeitsverhältnisse gestellt werden. Die Beteiligten können nunmehr vor Erlass der Ministererlaubnis dazu Stellung nehmen. Angesichts der angekündigten strengen Bedingungen bleibt es weiterhin unklar, ob und - wenn ja - wann der Zusammenschluss von EDEKA und Kaiser´s Tengelmann tatsächlich vollzogen werden wird. Im Folgenden möchten wir Sie zunächst kurz zum Hintergrund einer Ministererlaubnis informieren (siehe unter 1.) und dann die vom Minister Gabriel formulierten Bedingungen erörtern (siehe unter 2.). 1. Hintergrund der Ministererlaubnis Daniela Schnell Dr. Timo Rosenkranz Eine Ministererlaubnis für einen Zusammenschluss kann beim Bundeswirtschaftsminister beantragt werden, nachdem das Vorhaben durch das Bundeskartellamt aufgrund seiner wettbewerbsbeschränkenden Folgen untersagt wurde (§ 42 GWB). Voraussetzung dafür, dass eine Ministererlaubnis erteilt wird, ist ein überwiegendes öffentliches Interesse an dem Zusammenschluss. Ein solches öffentliches Interesse liegt vor, wenn gesamtwirtschaftliche Vorteile die wettbewerbsbeschränkende Wirkung des Zusammenschlusses aufwiegen oder ein überragendes Interesse der Allgemeinheit den Zusammenschluss rechtfertigt (§ 42 Abs. 1 GWB). Eine Ministererlaubnis kann, ebenso wie Entscheidungen des Bundeskartellamtes, mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden. Grundsätzlich besteht beim Vorliegen dieser Voraussetzungen ein Anspruch auf Erteilung der Ministererlaubnis, wobei dem Minister bei der Ausfüllung der unbestimmten Rechtsbegriffe ein gewisser Beurteilungsspielraum zugestanden wird. Die Entscheidung über die Erteilung der Ministererlaubnis kann im Wege der Beschwerde einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden. Dies gilt in diesem Verfahren sowohl für die Antragsteller als auch für die insgesamt 13 beigeladenen Parteien. >> IMPRESSUM ZENK Rechtsanwälte Partnerschaft mbB | www.zenk.com Copyright © ZENK Rechtsanwälte. Weiterverbreitung der Inhalte nur unter Angabe der Quelle. Alle Rechte vorbehalten. Verantwortlich: Jan Dietze ([email protected]), Daniela Schnell ([email protected]) ZENK | BERLIN Reinhardtstrasse 29 10117 Berlin Tel +49 30 247574-0 Fax +49 30 2424555 [email protected] ZENK | HAMBURG Hartwicusstrasse 5 22087 Hamburg Tel +49 40 22664-0 Fax +49 40 2201805 [email protected] ZENK | Schlaglicht JANUAR 2016 KARTELLRECHT << 2. Zusammenschluss unter schwierigen Bedingungen a) Die Übernahme der rund 450 Kaiser’s Tengelmann Filialen durch EDEKA war im April 2015 zunächst durch das Bundeskartellamt aufgrund der Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen aus Verbrauchersicht untersagt worden. Das Bundeskartellamt war der Auffassung, dass in zahlreichen ohnehin stark konzentrierten regionalen Märkten, in denen Filialen übernommen werden sollten, die Auswahl- und Vergleichsmöglichkeiten für Verbraucher weiter eingeschränkt würden und zukünftige Preiserhöhungen zu erwarten seien. b) EDEKA und Kaiser´s Tengelmann hatten ihren daraufhin gestellten Antrag auf Erlass einer Ministererlaubnis damit begründet, dass im Falle der Versagung der Verlust von Arbeitsplätzen drohe. Sie hatten bereits gewisse Zusagen zum Erhalt von Arbeitsplätzen gemacht. c) Bundeswirtschaftsminister Gabriel hat EDEKA und Kaiser´s Tengelmann beim Wort genommen und zur Arbeitsplatzerhaltung insbesondere die folgenden, verschärften Bedingungen als Voraussetzung für die Genehmigung des Zusammenschlusses formuliert: § Die ca. 16.000 konkreten Beschäftigungsverhältnisse bei Kaiser´s Tengelmann sollen durch EDEKA weitergeführt werden. EDEKA und Kaiser´s Tengelmann hatten bislang lediglich angeboten, die Arbeitsplätze abstrakt zu erhalten und damit nur 93 % der konkreten Beschäftigungsverhältnisse weiterzuführen. § Die Fortführung der konkreten Beschäftigungsverhältnisse soll durch den Abschluss rechtssicherer Tarifverträge mit ver.di sichergestellt werden. EDEKA und Kaiser´s Tengelmann hatten bis dato lediglich vorgeschlagen, Betriebsvereinbarungen ohne die Beteiligung von Gewerkschaften zu schließen. § Die Tarifverträge sollen u. a. vorsehen, dass für einen Zeitraum von fünf Jahren keine der Filialen von Kaiser´s Tengelmann an den selbstständigen Lebensmitteleinzelhandel übergeben wird, wenn die Tarifparteien dem nicht zustimmen. EDEKA hatte sich demgegenüber vorbehalten, Überleitungen von Filialen bereits ab dem ersten Jahr des Zusammenschlusses vorzunehmen. § Es ist tarifvertraglich sicherzustellen, dass auch nach Übergabe einer Filiale an den selbstständigen Einzelhandel die Beschäftigungsverhältnisse der vom Übergang betroffenen Mitarbeiter für zwei weitere >> ZENK | SCHLAGLICHT Kartellrecht | JANUAR 2016 | WWW.ZENK.COM 2 ZENK | Schlaglicht JANUAR 2016 KARTELLRECHT << Jahre nicht betriebsbedingt gekündigt werden dürfen. EDEKA wollte bisher Regelungen zum Kündigungsschutz nach Übergabe von Filialen nur in Form freiwilliger Betriebsvereinbarungen (ohne Gewerkschaftsbeteiligung) akzeptieren. 3. Ausblick Dieses Verfahren ist bisher einmalig. Seit der Einführung der Ministererlaubnis im Jahre 1973 sind lediglich acht derartiger Genehmigungen erteilt worden. Dies wäre die erste, die unter aufschiebenden Bedingungen erklärt wird. Diese Bedingungen haben es in sich, denn sie bedürfen des Abschlusses von Tarifverträgen mit den Gewerkschaften ver.di und NGG zur Sicherstellung des Erhalts der 16.000 konkreten Beschäftigungsverhältnisse. Die Ausgestaltung als aufschiebende Bedingungen bedeutet, dass der Zusammenschluss erst nach Eintritt dieser Bedingungen tatsächlich vollzogen werden darf. Selbst wenn EDEKA und Kaiser´s Tengelmann die Erfüllung dieser Bedingungen akzeptieren, worauf die ersten Pressemitteilungen der Unternehmen hindeuten, so dürfte der Vollzug des Zusammenschlusses aufgrund der anstehenden Verhandlungen u. a. mit ver.di noch einige Zeit auf sich warten lassen. Das Verfahren bleibt damit spannend. Es ist durchaus vorstellbar, dass die Ministererlaubnis von einem der Beigeladenen oder angesichts der Bedingungen auch von den Antragstellern selbst noch einmal einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt wird. Offen ist auch, wie sich die Gewerkschaften in den anstehenden Verhandlungen verhalten, bei denen ihnen der Bundeswirtschaftsminister jetzt einen großen Hebel in die Hand gegeben hat. Der Teufel liegt ja bekanntlich im Detail. Zunächst einmal haben die Beteiligten bis zum 26. Januar 2016 Zeit, gegenüber dem Bundeswirtschaftsminister Stellung zu nehmen. Die Ministererlaubnis selbst wird dann im Verlauf des 1. Quartals 2016 erwartet. JAN DIETZE • [email protected] DANIELA SCHNELL • [email protected] DR. TIMO ROSENKRANZ • [email protected] ZENK | SCHLAGLICHT Kartellrecht | JANUAR 2016 | WWW.ZENK.COM 3
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