Barbarossa-Schatz Die Kriegskasse des toten Kaisers

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verlorengegangenen Königreichs Jerusalem
verteidigte. Unterwegs bestanden sie erfolgreich ein größeres Gefecht gegen aiyubidische Truppen Sultan Saladins. In Tripolis
schiffte sich Herzog Friedrich mit seinen
Leuten nach Tyrus ein. Auf der kurzen
Überfahrt wurde die Flotte von einem
schweren Unwetter überrascht; drei der
Schiffe gingen mit Mann und Maus unter.
Bis dahin hatte Friedrich von Schwaben
noch immer die Gebeine seines Vaters mit
sich geführt, da sie ja erst in Jerusalem zur
letzten Ruhe gebettet werden sollten. Doch
dieser Vorsatz blieb unerfüllt. Ob er sie
schon in Tyros beisetzen ließ oder noch bis
Akkon mitnahm, bleibt angesichts widersprüchlicher Quellenaussagen ungewiß.
Auch die im Auftrag Bismarcks 1878 unternommene Reise der Archäologen Johann
Sepp und Heinrich Prutz zur Ausgrab ung
der längst zerstörten Kathedrale von Tyrus
und zur Suche nach Barbarossas Grab
brachte keine Aufschlüsse.
Münzein der
Mitte wurde
während der
zweiten Amtszeit
des Mainzer
Erzbischofs
Konrad /. (11831200) in der
Münzstätte
Fritzlar (Hessen)
geprägt.
Die anderen
Münzen sind,
von oben und im
Uhrzeigersinn:
ein Moritzpfennigdes
Erzstifts Magdeburg, ein halber Pfennig dfr Abtei Pegau (Thüringen), ein unbestimmter süddeutscher
Pfennig sowie Prägungen aus Würzburg, Nürnber , Lüttich und Donauwörth
~hnw,
Ende in Akkon
------Gerade die Unfaßbarkeit der Reste Barbarossas und seine Entrückung in einer
geheimnisvollen, undeutlichen orientalischen Ferne inspirierte seit dem Mittelalter
die Mythenbildung. Laut alten Volkssagen
wartet der verzauberte Kaiser in einem
unterirdischen Schloß im Kyffhäuser auf die
Wiedergeburt in Glanz und Frieden. In
Gedichten des 14. Jahrhunderts erscheint er
in Syrien wieder, um den Kreuzzug zu
vollenden, hängt seinen Schild an einen
verdorrten Baum, der wieder ergrünt, und
befreit das Heilige Land, das nie mehr mit
dem Schwert verteidigt zu werden braucht.
Am 7. Oktober 1190 traf Friedrich von
Schwaben mit den traurigen, auf etwa 1000
Mann zusammengeschmolzenen Resten
seines Heeres vor der Seefestung Akkon ein,
die noch immer belagert wurde. Neue
Epidemien, herbstliche Stürme und Regengüsse sowie ein harter Winter setzten den
Belagerern zu. Am 20. Januar 1191 erlag
auch Herzog Friedrich einer Krankheit.
Damit war der unglückliebe deutsche
Kreuzzug zu Ende. Friedrich wurde auf
dem Friedhof des deutschen Spitals bestattet. Seine letzten Tage verknüpften ihn mit
der Entstehung des Deutschen Ordens, dem
historischen Hauptresultat des deutschen
Kreuzzugs. Denn auf Friedrichs Veranlassung war das große Krankenzelt der Bremer
und Lübecker Bürger im Lager eine dauernde Stiftung für kranke Pilger geworden, aus
der dann der Deutsche Ritterorden hervorging.
Die Ankunft des englischen Königs Richard Löwenherz und des französischen
Königs Philipp Augustus mit ihren Truppen
im Lager sowie die erfolgreiche Rückeroberung Akkons hat Friedrich nicht mehr
0
erlebt.
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Geschichte Jhg. 16/ Nr. 94
Barbarossa-Schatz
Die Kriegskasse
des toten Kaisers
Ritter des untergehenden deutschen Kreuzfahrerheeres, so
glauben Wissenschaftler, vergruben vor ihrem Tod acht Kilo
Silber. Ein Großteil des Hortes, auf verschlungenen Wegen aus
der Türkei nach Deutschland gelangt, ist in München zu sehen
Von Bernd Ulrich Hucker
I
m Jahr 1982 ging die Nachricht
vom Auftauchen eines "Barbarossaschatzes" durch die Presse. Dabei handelte es sich um mehrere
Tausend Silbermünzen sowie Silberbarren und sogenanntes Hacksilber, insgesamt wohl mindestens acht Kilogramm
Silber. Der Hort war aus dem Nahen Osten
nach Westeuropa gebracht worden.
Der Name für den Silberschatz war
schnell gefunden, denn die immensen Werte
waren zu der Zeit vergraben worden, als
Kaiser Friedrich Barbarossa im osttürkischen Fluß Saleph ums Leben kam und sein
Kreuzzugsunternehmen in einem Desaster
endete.
Die Händler, denen Teile des Hortes
vermittelt wurden, hielten sich mit Äußerungen über die Herkunft des brisanten
Imports zurück, doch wissen wir heute, daß
er aus exakt der Gegend stammt, die das
Kreuzfahrerheer unter Führung des Kaisersohnes Friedrich von Schwaben Ende Juni
1190 durchzog.
Den wichtigsten Teil des Angebots erwarb die Staatliche Münzsammlung in
München; dort wurde dem Fund eine eigene Vitrine reserviert. Der Leiter der Sammlung, Dr. Wolfgang Hess, schrieb über diese
Neuerwerbung 1984 im "Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst", Band 35, auf
Seiten 252- 254.
Etwa 1500 Münzen gingen an das Münzkabinett des Württembergischen Landesmuseums in Stuttgart, kleinere Partien an
Museen in Tübingen, Karlsruhe, Münster
und Hamburg.
Wieweit hat der Schatz wirklich mit dem
Kaiser zu tun? Da er an einer Route
gefunden wurde, die zwar das Kreuzfahrerheer nahm, die aber abseits der großen
Handelswege und -häfen lag, kann man
ausschließen, daß er durch einen Kaufmann
hierher kam. Für einen Kreuzfahrerhort
L
spricht überdies die Zusammensetzung:
0 Das "Hacksilber", kleingehackter seldschuckischer Schmuck, geht auf ein bezeugtes Ereignis zurück: Am 18. Mai
1190 hatte das Heer die Seldschuckenresidenz lkonium belagert und nach deren
Erstürmung Gold, Silber und andere
Schätze im Wert von über 100 000 Mark
erbeutet.
0 Die Teilnehmer des Kreuzzugs stimmen
mit den im Fund repräsentierten Münzprägeherren überein. Kaum ein teilnehmender Fürst oder Bischof, von dem
nicht auch Silberpfennige vertreten wären - mit einer signifikanten Ausnahme:
Münzen aus Bremen, Harnburg und
Lübeck fehlen, denn die Bürger aus
diesen Städten waren per Schiff. nach
Akkon unterwegs.
Unklar war bisher, worum es sich bei
dem Schatz eigentlich gehandelt hat. Ist eine
Marketenderin in Panik geraten? Oder hatte
eine versprengte Abteilung in höchster Not
ihre Barschaft verstecken wollen? Zwei
Beobachtungen machen deutlich, daß es
sich wirklich um eine der offiziellen Kassen
der Staufer gehandelt haben muß:
0 Unter den Fundstücken ist ein Siegel
eines Sohnes des Fürsten Bobernund lU.
von Antiochia, Bobernund von Botrun.
Fürst Bobernund hat dem Herzog Friedrich von Schwaben gehuldigt und ihm
darüber "Privilegien" gegeben. Die Mitteilung davon steht bei dem Marbacher
Annalisten, dem gutinformierten Heinrich von St. Thomas (einem späteren
Kaplan Heinrichs VI.) zusammen mit
dem Tod des Bischofs Gottfried von
Würzburg in Antiochia am 8. Juli 1190.
0 Dieser Bischof ist sowohl der eigentliche
Leiter des Kreuzzuges gewesen als auch
der mit den meisten Exemplaren im Hort
vertretene Münzherr!
Gottfried war bis zu seiner Bischofserhebung Kanzler Barbarossas und wird diese
Funktion faktisch auch auf dem Kreuzzug
wahrgenommen haben, da sein Nachfolger,
Johannes von Trier, nicht an ihm teilnahm.
Auf einer Station wenige Tagesreisen von
der Ankunft in Antiochia Ende Juni 1190
hat Gottfried wohl einen Brief an die
Großen im Reich und in Westeuropa geschrieben, in dem er die Schicksale des
Heeres beklagt und auch auf die schlechte
Proviantlage eingeht (ed. MGH SS rer.
Germ. N.S. 6, 1928).
Es muß aber noch andere "Kriegskassen"
gegeben haben, denn wie der Gründungsbericht des Deutschen Ordens zu erkennen
gibt, hat der Kämmerer Friedrichs von
Schwaben dessen Geld in die von Akkon
gegründete Hospitalstiftung eingebracht.
Dieser weiter nicht hervorgetretene Kämmerer namens Burchard, also eine Art
Finanzbeamter, war wohl nur für die Kasse
des herzoglichen Gefolges zuständig, während der Ex-Kanzler Gottfried aus der
direkten Umgebung Barbarossas höhere
Funktionen ausübte.
Die Probe aufs Exempel liefert wieder
die Zusammensetzung des Fundes: kein
einziges Stück aus Hall, der damals bedeutendsten Reichsmünzstätte Schwabens,
während doch alle anderen Reichsmünzen
ausgiebig vorhanden sind! Der Haller Pfennig, bald als Heller berühmt geworden
(" ... nicht ein roter Heller"), kommt in anderen Funden der Zeit meist massenhaft vor.
Die Heller, die damals silbern und noch
nicht rot, also kupfern waren, befanden sich
offenbar ausschließlich in der Kasse des
Kämmerers.
Die Rekonstruktion des Schatzes erfolgt
durch die Stuttgarter Numismatiker Ulrich
Klein und Rainer Ulmer. Klein veröffentlichte bisherige Ergebnisse seiner Untersuchungen 1986 unter dem Titel "Die deutsche Münzprägung gegen Ende des 12.
Jahrhunderts und der Barbarossa-Fund"
auf Seiten 205- 218 in Band 65 der
"Schweizer Numismatischen Rundschau"
1988 unter dem Titel "Die süddeutschen
'Münzen des Barbarossa-Fundes'" in "Der
Münzen- und Medaillensammler" 28, Seiten 416- 425. Die Forschungen werden
noch einige Zeit andauern. Aber wenn nicht
alles täuscht, haben wir in dem Schatz die
zusammengeschmolzene Zentralkasse der
Kreuzzugsführung unter Bischof Gottfried
vor uns.
Über die Gründe, warum dieser Rest
versteckt wurde, können wir nur Vermutungen anstellen. Gottfried hatte letztwillig
bestimmt, daß wenigstens sein Arm in
Würzburg bestattet werden solle. Doch
wurden seine Gefolgsleute beraubt, so daß
es plausibel gewesen wäre, wenn sie sich in
all den Wirrnissen entschlossen hätten, die
Kasse dem Boden anzuvertrauen, um sie
dann nach Eintreffen der von See her
erwarteten Verstärkung sicherzustellen. 0
E ine
Mark Kötner
Pfennig,
aufgehäuft in
zwölf Schillingen
zu je zwölf
Pfennigen des
Kötner Erzbischofs Phitipp
von Beinsberg
BarbarossaSchatz gehörten
auch diese vier
Silberbarren
oder -lei/stücke
und zerhackter
Silberschmuck
wohl seldschuckischer
Herkunft
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