Stellungnahme des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein–Westfalen zum Antrag auf Ministererlaubnis nach § 42 GWB der EDEKA Zentrale AG & Co. KG und der Kaiser’s Tengelmann GmbH Das von der EDEKA Zentrale AG & Co. KG und der Kaiser’s Tengelmann GmbH u.a. beabsichtigte Zusammenschlussverfahren hat unter diversen Gesichtspunkten nicht unerhebliche Auswirkungen auf Nordrhein-Westfalen. Die Ursprünge der Unternehmensgruppe Tengelmann liegen hier. Das Traditionsunternehmen Kaiser´s Tengelmann spielt jedoch nicht nur als Teil der historischen Wurzeln des nordrheinwestfälischen Einzelhandels eine wesentliche Rolle. Kaiser’s Tengelmann beschäftigt in Nordrhein-Westfalen mehrere Hundert Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den mehr als 130 Filial-Standorten sowie am Produktions- und Logistikstandort in Viersen (rund 350 Mitarbeiter) und in der Firmenzentrale in Mülheim an der Ruhr (rund 500 Mitarbeiter). Es liegt auf der Hand, dass sich die Landesregierung NRW bei dem vorliegenden Zusammenschlussvorhaben insbesondere um die Arbeitsplatzsicherung sorgt, zumal sich die Folgen des Zusammenschlusses, anders als in Berlin und München, schwerwiegender darstellen. Im Fokus der folgenden Ausführungen steht die Kernfrage des Ministererlaubnisverfahrens, ob gesamtwirtschaftliche Vorteile oder überragende Interessen der Allgemeinheit die Wettbewerbsbeschränkung aufwiegen. Die betroffenen Unternehmen kritisieren stark die Entscheidung des Bundeskartellamtes im Hinblick auf die erstmalige Anwendung des sog. SIEC-Tests. In diesem Zusammenhang werden wichtige rechtliche Fragen aufgeworfen, welche langfristig durch die künftige Praxis des Bundeskartellamtes, aber insbesondere auch im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle, zu klären sein werden. Die vom Bundeskartellamt in der Untersagungsverfügung vom 31. März 2015 und der Monopolkommission in ihrem Sondergutachten 70 festgestellten wettbewerblichen Auswirkungen des beabsichtigten Zusammenschlusses werden aus hiesiger Sicht nicht verkannt. So wird der ohnehin stark konzentrierte Wettbewerb im Lebensmitteleinzelhandel durch das geplante Vorhaben sowohl in Nordrhein-Westfalen – aber auch im gesamten Bundesgebiet – erheblich beeinflusst. Konsequenzen ergeben sich nicht nur für den Absatz-, sondern gleichwohl für den relevanten Beschaffungsmarkt. EDEKA, bundesweit in zahlreichen Bereichen Marktführer im Lebensmit- 2 teleinzelhandel, würde den Vorsprung zur Konkurrenz weiter ausbauen und erhielte mit dem Kauf von Kaiser‘s Tengelmann einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Lieferanten. Mit einer vergrößerten Marktmacht wäre EDEKA in der Lage, die Einstandspreise zu beeinflussen. Der Vortrag von EDEKA, dass hiermit automatisch die Verbraucherpreise sinken würden, was u.a. positive Effekte auf den Konsum hätte, ist zwar möglich aber kein Automatismus. Ob die Einzelhändler diese sinkenden Einkaufspreise tatsächlich an den Endkunden weitergeben, hängt von zahlreichen zusätzlichen wettbewerblichen Faktoren ab. Nicht auszuschließen ist auch, dass die Gewinnmargen zu Lasten der Lieferanten steigen, anstatt dass Verbraucherpreise sinken. Demgegenüber vertritt die Monopolkommission die Meinung, dass den beteiligten Unternehmen der Nachweis der mit dem Zusammenschluss verbundenen überwiegenden Gemeinwohlbelange nicht gelungen sei und von der Erteilung einer Ministererlaubnis abzusehen sei. Bezug nehmend auf die Ausführungen der Monopolkommission und mit besonderem Fokus auf Nordrhein-Westfalen wird im Folgenden vor allem zu dem Aspekt der Arbeitsplatzsicherung Stellung bezogen: Die Monopolkommission führt aus, dass 84 Kaiser‘s Tengelmann Filialen in Nordrhein-Westfalen in Netto Marken-Discount Filialen umgewandelt werden. Im Zuge dieses Prozesses hält sie den angekündigten Erhalt sämtlicher Arbeitsplätze für nicht darstellbar. In den Netto Marken-Discount Filialen bestünde ein deutlich niedrigerer Arbeitskräftebedarf. Kaiser’s Tengelmann Filialen in der Region Nordrhein käme ein durchschnittlicher Personalschlüssel von 24 zu; Netto Marken-Discount Filialen benötigten hingegen einen Personalschlüssel von 16. Auch nach Angaben der Unternehmen werden bei der Umwandlung nicht alle Arbeitsplätze erhalten bleiben können, da Netto MarkenDiscount ein anderes Format habe. Weiterhin bezweifelt die Monopolkommission, dass der Verlust der Arbeitsplätze durch Unternehmenswachstum von EDEKA aufgefangen werden könne. Sie schreibt, dass „jedenfalls in der Region Nordrhein eine vollständige Kompensation durch Arbeitsplätze in bestehenden sowie in Neu- oder Ersatzfilialen keinesfalls möglich sein wird“ (Rz 181 des Gutachtens). Den nach dem Zusammenschlusskonzept zu schließenden 22 Filialen in der Region Nordrhein stünden nur vier Neu- und Ersatzfilialen der EDEKA gegenüber. Auch bei einem Unternehmenswachstum sei immer noch mit einem Minderbedarf von mehreren Hundert Arbeitsplätzen zu rechnen, für den EDEKA keine Kompensation in anderen Filialen vorschlage. Mit Blick auf die Übergabe von ca. 30 Filialen an selbständige Kaufleute in Nordrhein-Westfalen äußert die Monopolkommission weitere Bedenken. Sie 3 rechnet durch die Privatisierung dieser Filialen mit einem Verlust von Arbeitnehmerrechten. Auch weist sie darauf hin, dass im Falle der Nichtumsetzbarkeit der Privatisierungsstrategie die in diesen Filialen bestehenden Arbeitsplätze gefährdet sind. Hinzu kommt, dass Edeka nach dem Gutachten der Monopolkommission für die zentralen Kaiser’s Tengelmann Bereiche Produktion, Logistik und Verwaltung die Notwendigkeit von Restrukturierungsmaßnahmen und einen damit einhergehenden Minderbedarf an Arbeitskräften eingeräumt hat. Dies beträfe in besonderem Maße rund 500 Mitarbeiter des Verwaltungsstandorts Mülheim an der Ruhr und rund 350 Mitarbeiter am Produktions- und Logistikstandort Viersen. Die Monopolkommission weist auch darauf hin, dass sich eine dauerhafte Garantie für die Arbeitsplätze weder aus dem Umstand der Gesamtübernahme noch im Zusammenhang mit § 613a BGB herleiten lasse. Es bliebe unklar, in welchen Zeiträumen die Arbeitsplätze in den Neu- und Ersatzfilialen geschaffen, die Beschäftigten in die Netto Marken-Discount Filialen übernommen oder Filialen privatisiert werden sollen. Im Allgemeinen ist eine Prognose über die zukünftige – insbesondere nachweisliche – Entwicklung neuer und bestehender Arbeitsplätze außerordentlich schwierig. Die Bereitstellung oder Erhaltung von Arbeitsplätzen ist wesentlich abhängig von dem Marktumfeld und der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung eines Unternehmens. Diese Faktoren weisen einen hohen Unsicherheitsfaktor auf, da dementsprechende Aussagen von Unternehmen immer mehr oder weniger als gut abgesicherte Absichtserklärungen zu verstehen sind. Beispielsweise ist im vorliegenden Fall nicht garantiert, dass sich die geplanten Veräußerungen der Kaiser’s Tengelmann Filialen an selbständige Kaufleute verwirklichen lassen. Auch kann entgegen der Bekundungen von EDEKA nicht ausgeschlossen werden, dass trotz der Gesamtübernahme von Kaiser’s Tengelmann zukünftige Restrukturierungen oder ein Arbeitsplatzabbau erforderlich werden. So ist der bereits angedachte Probebetrieb von Bedientheken in Netto Marken-Discount Filialen zwar sehr zu begrüßen. Eine verbindliche Entscheidung über den langfristigen Erhalt dieser Arbeitsplätze wird jedoch zu einem unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft getroffen werden müssen. In Bezug auf Nordrhein-Westfalen ist das beabsichtigte Zusammenschlussverfahren mit Risiken für die Arbeitsplätze verbunden. Zu erwarten ist ein Minderbedarf von Arbeitskräften bei den veräußerten Filialen, in der Verwaltung als auch am Produktions- und Logistikstandort Viersen. Diese Arbeitnehmer müssten aller Voraussicht nach in die angedachte Transfergesellschaft wechseln und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt werden. Inwieweit dies gelingen kann, ist nicht verlässlich prognostizierbar. 4 Wegen dieser zu erwartenden Folgen sind die Bedenken der Monopolkommission nachvollziehbar, dass – auch mit Blick auf Nordrhein-Westfalen – die Sicherung eines Teils der Arbeitsplätze durch Umwandlung in Netto Marken-Discount Filialen und die Weiterführung von Filialen durch selbständige Kaufleute, die erheblichen wettbewerblichen Auswirkungen des Zusammenschlusses nicht aufwiegen können. Die Sicherung einer nachhaltigen Bewahrung von Arbeitsplätzen, gerade in NordrheinWestfalen, kann nicht ohne weiteres angenommen werden. Es sollte allerdings auch die Situation in den Blick genommen werden, die sich in Nordrhein-Westfalen ergeben würde, wenn die Übernahme scheitert. Wiederholt haben die Unternehmen betont, dass ohne den Zusammenschluss ein Marktaustritt von Kaiser’s Tengelmann unvermeidlich sei und es zu einer Einzelabwicklung kommen werde. In Nordrhein-Westfalen ist eine Veräußerung größerer Teile der dort ansässigen Kaiser’s Tengelmann Filialen im Rahmen einer Einzelabwicklung aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation schwierig. Nach neueren Presseberichten stünde zwar REWE zur Übernahme aller Filialen von Kaiser’s Tengelmann in Nordrhein–Westfalen und zu Beschäftigungszusagen für die Mitarbeiter bereit. Im Unterschied zu der vollständigen Übernahme durch EDEKA würde es sich bei dem publizierten Angebot der REWE aber nur um einen Teilerwerb handeln, der weder die Verwaltung noch den Produktions- und Logistikstandort von Kaiser’s Tengelmann in Nordrhein- Westfalen umfasst. Dennoch wäre ein entsprechendes rechtsverbindliches Angebot der REWE zu begrüßen. Dieses sollte aber mindestens eine der Betriebsvereinbarung zwischen Kaiser’s Tengelmann und dem Betriebsrat Nordrhein vergleichbare Sicherung der Beschäftigungsverhältnisse enthalten. Zu berücksichtigen wäre zudem, dass einem Erwerb durch die REWE möglicherweise ähnliche kartellrechtliche Bedenken gegenüberstünden wie sie im vorliegenden Verfahren seitens des Bundeskartellamtes geltend gemacht werden. Im Fall einer Einzelabwicklung kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Zahl der fortbestehenden Filialen - zumindest mittelfristig - unter derjenigen liegt, die bei dem vorliegenden Zusammenschlussvorhaben erhalten werden sollen. Zur Arbeitsmarktlage der betroffenen Berufsgruppen hat die Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit eine differenzierte Einschätzung abgegeben: Mit leichten Einschränkungen sei die Situation für Groß- und Außenhandelskaufleute sowie Einzelhandelskaufleute grundsätzlich positiv. Die Arbeitslosigkeit sei zwar unterdurchschnittlich ausgeprägt (5,1 Prozent), allerdings sei der Anteil offener Arbeitsstellen an allen Arbeitsstellen recht niedrig. Die Arbeitsmarktlage in der Fleischverarbeitung sei dagegen uneinheitlich, aufgrund geringer offener Stellen aber eher negativ zu sehen. Negativ bewertet wird die Situation für Helferinnen und Helfer bei den 5 Logistikberufen. Für Fachkräfte in Logistikberufen sie die Arbeitsmarktlage dagegen deutlich positiv. Daher ist zu berücksichtigen, dass ohne den Zusammenschluss möglicherweise Arbeitsplätze in gleicher oder höherer Größenordnung verlorengehen könnten. Eine Einzelabwicklung von Kaiser’s Tengelmann und ggf. ein erforderliches erneutes Zusammenschlussverfahren würde zu einer weiteren Belastung für die direkt Betroffenen führen. Für die bei Kaiser’s Tengelmann beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeutete dies neben der Gefahr von Zeiten der Arbeitslosigkeit und schlimmstenfalls dem Verlust einer qualitativ hochwertigen Arbeitsstelle jedenfalls ein Andauern der bereits seit Monaten bestehenden Unsicherheit. Mit Blick auf die wettbewerbsrechtliche Einschätzung des Zusammenschlussvorhabens erscheint es grundsätzlich richtig, hohe Anforderungen an den konkreten Nachweis der Arbeitsplatzsicherung zu stellen. Die Hürden für die Nachweisbarkeit dürfen jedoch nicht so hoch gestellt werden, dass dieses Argument im Rahmen von § 42 Abs.1 S. 1 GWB praktisch leerläuft. Auch die Monopolkommission erkennt das Arbeitsplatzargument grundsätzlich als berücksichtigungsfähigen Gemeinwohlgrund an. Am 26. August 2015 wurde zwischen dem Betriebsrat Nordrhein und der Kaiser’s Tengelmann GmbH eine freiwillige Betriebsvereinbarung zur Beschäftigungssicherung und Bestandssicherung der Arbeitnehmerrechte für die Region Nordrhein geschlossen. Nach Angaben von Kaiser’s Tengelmann sei eine entsprechende Vereinbarung auch mit dem Regionalbetriebsrat Berlin abgeschlossen worden, der Regionalbetriebsrat von München habe ein verbindliches Angebot erhalten. Die mit dem Betriebsrat Nordrhein vereinbarte Betriebsvereinbarung sieht eine Beschäftigungssicherung für die Beschäftigten der 83 Filialen, die in Netto Filialen umgewandelt werden sollen, von 18 Monaten ab dem geplanten Vollzug des Zusammenschlusses zum 01. Januar 2016 vor. Im Falle der Überführung der 29 Filialen an selbständige Lebensmitteleinzelhändler kann sich die Beschäftigungssicherung auf bis zu 36 Monate erstrecken. Die Beschäftigten aus dem Lager, der regionalen Verwaltung der Region Nordrhein, dem Dienstleistungszentrum und aus 19 Filialen sollen zunächst bei Kaiser’s Tengelmann verbleiben, ein etwaig entstehender Personalüberhang wird in einer Transfergesellschaft mit einer Laufzeit von 12 Monaten aufgefangen werden. Zudem wird für eine Übergangszeit die Fortgeltung des TV Einzelhandel für die Beschäftigten und der Fortbestand des Betriebsrates festgelegt. Durch die Betriebsvereinbarung wurden die bisherigen Erklärungen der Unternehmen zu den Beschäftigungsverhältnissen für den Bezirk Nordrhein konkretisiert. 6 Gemäß den Angaben von Kaiser’s Tengelmann wurden die mit den jeweiligen Betriebsräten geschlossenen Betriebsvereinbarungen durch eine notariell beurkundete Ergänzung in den Kaufvertrag mit EDEKA aufgenommen. Hierdurch solle sichergestellt werden, dass mit Vollzug der Übertragung der Anteile an den Gesellschaften EDEKA als neue Eigentümerin an diese Vereinbarung gebunden ist. Für die im Ministererlaubnisverfahren vorzunehmende Abwägung wird von besonderer Bedeutung sein, dass diese Vereinbarungen, die dem Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen nicht vollständig vorliegen, sorgfältig auf ihre rechtliche Verbindlichkeit geprüft werden. Im Hinblick auf die Betriebsvereinbarung für die Region Nordrhein ist weiterhin zu berücksichtigen, dass neben der zeitlichen Begrenzung der Vereinbarungen ein voraussichtlich nicht ganz unerheblicher Anteil der Beschäftigten in die Transfergesellschaft überführt werden muss. Dies betrifft Beschäftigte aus dem Dienstleistungszentrum, den 19 Filialen der Gruppe 2 und der regionalen Verwaltung. Eine abschließende Aussage zur Gewichtung der Beschäftigungssicherung durch die Betriebsvereinbarungen im Verhältnis zu der seitens des Bundeskartellamtes und der Monopolkommission festgestellten wesentlichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs, welche durch den Zusammenschluss eintreten würde, ist wegen der erforderlichen Gesamtbetrachtung nicht möglich. Unter anderem liegt die mit dem Regionalbetriebsrat Berlin abgeschlossene Vereinbarung hier nicht vor. Die unterschiedliche Behandlung der von dem Zusammenschluss betroffenen Regionen in Folge der separaten Verhandlungen wird kritisch gesehen und wirft die Frage nach den Hintergründen für die differenzierte Ausgestaltung der Betriebsvereinbarungen auf. Die Betriebsvereinbarung für die Region Nordrhein basiert nach der Präambel auf dem Bestreben, dass eine Ministererlaubnis ohne Auflagen und Bedingungen erteilt wird. Die weiterhin bestehenden offenen Punkte, hier ist auch die noch ungeklärte Situation für die Beschäftigten von Kaiser’s Tengelmann in München zu nennen, machen es aber erforderlich, im weiteren Verfahren nicht nur die seitens der Unternehmen vorgelegten Vereinbarungen zu gewichten, sondern auch die von den Unternehmen im gesamten Verfahren angebotenen Zusagen darauf zu prüfen, ob sie möglichst umfassend rechtlich abgesichert werden können. Hierbei sollten Bedingungen und Auflagen nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Auf den ersten Blick sind Bedingungen und Auflagen zur Arbeitsplatzsicherung zwar nur schwer mit dem gesetzlichen Verbot von Bestimmungen, die eine laufende Verhaltenskontrolle erfordern, vereinbar. Jedoch sind Verhaltensauflagen vielfach die einzig geeigneten Nebenbestimmungen zur Durchsetzung von Gemeinwohlbelangen. Der Gesetzgeber selbst ging bei der 8. GWB-Novelle allerdings davon aus, dass diese Auflagen „geeignet und wirksam“ sind. Auch hat die Rechtsprechung in der 7 Vergangenheit bereits Auflagen bezogen auf das Verhalten akzeptiert, sofern diese einen gewissen strukturellen Einschlag haben. In der Praxis ist die Abgrenzung zwischen einer reinen Verhaltensauflage und einer Auflage mit struktureller Wirkung vielfach kaum möglich. Sowohl nach dem Wortlaut des § 40 Abs. 3 Satz 2 GWB als auch nach der Gesetzesbegründung besteht kein allgemeines Verbot von Verhaltensauflagen. Vielmehr sind diese möglich, wenn sie ebenso wirksam und geeignet sind, um dem identifizierten Wettbewerbsproblem zu begegnen und die beteiligten Unternehmen keiner laufenden Verhaltenskontrolle unterstellt werden. Bezogen auf den vorliegenden Fall ist ein hoher Beschäftigungsstand durch die Sicherung von Arbeitsplätzen unbestreitbar ein wichtiges wirtschaftspolitisches Ziel. Akzeptiert man dieses als gültigen Gemeinwohlbelang, muss dieser Belang aber auch durchsetzbar sein. Demgegenüber würde eine reine Orientierung an dem Begriff „strukturelle Zusagen“ dem Wesen und der Natur des Ministererlaubnisverfahrens nicht gerecht. Das Verfahren dient gerade als politisches Korrektiv zur Beurteilung des Bundeskartellamtes, wenn gesamtwirtschaftliche Vorteile des Zusammenschlusses die Wettbewerbsbeschränkung aufwiegen oder dieser durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt ist. Im weiteren Verfahren sollten konkrete Angebote der Unternehmen EDEKA und Kaiser’s Tengelmann zum Erhalt der 16.000 Arbeitsplätze im Zuge des Zusammenschlussverfahrens gewichtet und auf ihre mögliche Absicherung durch Bedingungen und Auflagen eingehend geprüft werden. Die von den Unternehmen zur Diskussion gestellte Möglichkeit der Überprüfung der Wirksamkeit von Zusagen zur Garantie der Arbeitsplätze sollte eingehend erörtert werden. Insoweit ist auch der Vorschlag der Unternehmen in den Blick zu nehmen, die Ministererlaubnis unter einer auflösenden Bedingung zu erteilen. Die geplante Anhörung bietet eine Gelegenheit für die Verfahrensbeteiligten, nochmals ihre Vorstellungen im Hinblick auf eine nachhaltige Arbeitsplatzsicherung zu konkretisieren.
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