Fall 4: Drogen Eine Motorradfahrt mit Folgen Luca, 17-jährig, ist mit seinem Roller unterwegs. Statt der erlaubten 50 km/h fährt er mit 80 km/h durch das Dorf. Dabei wird er von einer mobilen Radarkamera geblitzt. Ein bisschen weiter vorne winkt ihn die Polizei zur Seite. Luca weiss, dass er Mist gebaut hat und streitet gar nicht ab, zu schnell gefahren zu sein. Dem Polizisten fällt auf, dass Luca gerötete Augen hat. Auch seine Pupillen sind etwas verengt. Er fragt, ob Luca Drogen konsumiert habe. Dieser verneint. Der Polizist kann ihm das nicht glauben. Er fordert Luca auf, seinen Rucksack zu öffnen. Tatsächlich kommen dort drei Minigrips (kleine verschliessbare Plastiksäcke) mit Marihuana zum Vorschein. Luca gibt an, diese kurz vorher beim Bahnhof Wil von einer unbekannten Person gekauft zu haben. Da Luca verdächtigt wird, unter Drogen Roller gefahren zu sein, ordnet die Jugendanwältin eine Blut- und Urinprobe an. Luca wird vom Polizisten zum Bezirksarzt gebracht, der ihm Blut und Urin abnimmt, welches dann im Labor des Instituts für Rechtsmedizin ausgewertet wird. Aufgrund des im Blut und Urin von Luca festgestellten Wertes von THC (Tetrahydrocannabinol) ist bewiesen, dass Luca unter Drogeneinfluss Roller gefahren ist. Anlässlich der Befragung durch die Jugendanwältin gibt Luca zu, dass er regelmässig Marihuana kauft und konsumiert. Die Person, bei der er jeweils kauft, heisst Sebastian. Luca hat auch eine Handynummer, über die er Sebastian jeweils kontaktiert, wenn er Marihuana braucht. Luca erzählt auch, dass er kürzlich bei Sebastian in der Wohnung einen grösseren Sack mit weissem Pulver gesehen habe. Er weiss, dass dieser neben Marihuana auch Speed (Amphetamin) verkauft, weil sein Kollege Anton, 15-jährig, schon einmal bei Sebastian Speed gekauft hat. Es stellt sich heraus, dass Sebastian bereits volljährig ist. Darum gibt die Jugendanwältin diese Informationen an die Staatsanwaltschaft weiter, welche sich um die erwachsenen Straftäter kümmert. Da der Verdacht besteht, dass Sebastian in grösserem Stil Drogen verkauft, stellt die Staatsanwalt- 18 aktuell l Nr. 1 l 2016 l Verbrochen – Vorgeladen – Verurteilt schaft beim Zwangsmassnahmengericht ein Gesuch um Überwachung des Telefonanschlusses von Sebastian. Damit kann die Polizei während dreier Monate die Gespräche auf dem Handy von Sebastian abhören. Aus den Telefongesprächen erfährt die Polizei, dass Sebastian gerade wieder eine grössere Drogenlieferung erhalten hat. Im Anschluss an diese Information schlägt sie sofort zu. In den frühen Morgenstunden wird Sebastian von vier Polizisten und einem Drogenspürhund heimgesucht. Bei der Hausdurchsuchung findet der Hund tatsächlich einen grossen Sack mit Speed, der im Spülkasten der Toilette versteckt ist. In einem Küchenschrank hat Sebastian zudem diverse Säcke mit Marihuana versteckt. In der Wohnung findet man auch verschiedene Utensilien, die auf Drogenhandel hinweisen, wie Minigrips, eine Digitalwaage und eine Marihuanamühle, mit der Sebastian die Cannabisblätter zerkleinert, um sie, mit Tabak vermischt, in einem Joint rauchen zu können. Sebastian wird verhaftet. Er muss mit einer Anklage beim Kreisgericht rechnen. Auch gegen Lucas Kollegen Anton wird ein Verfahren eröffnet, weil er von Luca des Drogenkonsums belastet wird. Da er bloss gelegentlich einmal kifft und nur ein einziges Mal bei Sebastian Speed gekauft hat, um es einmal auszuprobieren, bietet ihm die Jugendanwaltschaft an, er solle sich freiwillig bei der Drogenberatungsstelle melden. Falls sich Anton darauf einlässt, kann die Jugendanwaltschaft von einer Bestrafung absehen. Tatsächlich meldet sich Anton bei der regionalen Drogenberatungs- Konsequenzen des Strassenverkehrsamtes (StVA), wenn man unter Drogen ein Motorfahrzeug führt Wird jemand wegen Fahrens unter Drogeneinfluss von der Polizei verzeigt, so verfügt das Strassenverkehrsamt (StVA) einen vorsorglichen Führerausweisentzug. Der betreffende Fahrzeuglenker wird aufgefordert, beim Institut für Rechtsmedizin (IRM) in St.Gallen eine Abklärung über seine Fahreignung zu machen. Hierzu muss ein Kostenvorschuss von 1500 Franken geleistet werden. Kommt das IRM zum Schluss, dass die Person ein chronischer Drogenkonsument ist, so erfolgt ein Sicherungsentzug durch das StVA. Der Führerausweis wird definitiv auf unbestimmte Zeit entzogen, bis die Fahreignung wieder hergestellt ist. Das dauert in der Regel 6 bis 12 Monate. Die betreffende Person muss regelmässig Urinproben beim Hausarzt sowie periodisch Haarproben beim IRM abgeben, welche keinen Hinweis auf Drogenkonsum geben dürfen. Bei nicht chronischen Drogenkonsumenten erfolgt ein Warnungsentzug des Führerausweises für mindestens 3 Monate. stelle. Er nimmt dort einige Termine wahr – einmal auch in Begleitung seiner Eltern. Der zuständige Berater gibt der Jugendanwaltschaft nach einigen Wochen Rückmel- Droge Cannabis (THC) dung, dass Anton die Drogenberatung erfolgreich besucht hat. Aus deren Sicht besteht bei Anton kein ernsthaftes Drogenproblem. Aufgrund dieser positiven Rück- Nachweis im Blut/Serum Aktives THC: 24 h Abbauprodukt THC-COOH: 2 bis 3 Tage (einmaliger Konsum) 3 bis 7 Tage (gelegentlicher Konsum) bis zu 4 Wochen (regelmässiger Konsum) meldung erlässt die Jugendanwältin eine Nichtanhandnahmeverfügung. Darin steht, dass das Strafverfahren gegen Anton nicht eröffnet wird, weil das Verschulden und die Tatfolgen gering sind und sich Anton durch die Gespräche bei der Drogenberatung mit der Suchtproblematik auseinandergesetzt hat. Luca hingegen wird von der Jugendanwältin mit einer Busse bestraft. Zudem wird ihm die Weisung erteilt, sich einer eingehenden Drogenberatung zu unterziehen. Nach dem Abschluss des Verfahrens schickt die Jugendanwaltschaft dem Strassenverkehrsamt eine Kopie ihres Entscheides zu. Das hat zur Folge, dass Luca zusätzlich zur Bestrafung der Jugendanwaltschaft vom Strassenverkehrsamt auch noch für drei Monate der Führerausweis entzogen wird. Nachweis im Urin Abbauprodukt THC-COOH: 2 bis 4 Tage (einmaliger Konsum) bis 10 Tage (gelegentlicher Konsum) 2 bis 5 Wochen (regelmässiger Konsum) Speed (Amphetamin) 24 h 2 Tage Ecstasy (MDMA) 24 h 1 bis 3 Tage LSD bis zu 12 h 1 bis 2 Tage Kokain 24 bis 48 h 2 bis 3 Tage Heroin 24 h 2 bis 3 Tage Alkohol Der menschliche Körper baut etwa 0,1 bis 0,15 ‰ pro Stunde ab. Dies ist jedoch stark abhängig vom Körpergewicht, Alter und Geschlecht. 19
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